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Archiv "Interleukine als Mediatoren bei akuten Erkrankungen" (11.12.1985)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

EDITORIAL

Interleukine als Mediatoren bei akuten Erkrankungen

M

ehrfach hatten wir in früheren Editorials, von den Lymphozyten her kommend, die Interleukine ge- streift, ohne näher auf sie ein- zugehen. Hier sollen nach dem neuesten Stand einige

Definitionen versucht und Be- ziehungen zu den Reaktionen des Organismus auf akute Er- krankungen herausgestellt werden.

Eine Fülle von experimentel- len Daten, die individuelle No- menklatur der einzelnen For- schergruppen, die anderer- seits nichts präjudiziert, er- schweren die Übersicht über eine große und wichtige Grup- pe von Mediatoren der akuten Entzündung. Sie werden heu- te, wegen ihrer bevorzugten Entstehung in Reaktion mit Lymphozyten, vorwiegend un- ter dem Begriff der Lymphoki- ne zusammengefaßt. Dabei muß zwischen den (meist syn- ergistischen) unspezifischen und den antigenspezifischen Wirkstoffen und Zellen unter- schieden werden. Antigene können im weiteren Sinn Mi- kroben aller Art, Gewebsschä- den, ja entzündliche Prozesse per se und Tumorzellen sein.

Interleukin 1 (IL-1)

Es kann als gesichert gelten, daß dieser auch „Lymphozy- tenaktivierender Faktor" (LAF) genannte Stoff ein Molekular- gewicht von 15 000 bis 18 000 Dalton hat und aus einem ein- heitlichen oder aus ähnlichen Polypeptiden besteht (Verun- reinigungen?). Er entsteht be- vorzugt, wenn auch nicht aus-

schließlich (zum Beispiel Ke- ratinozyten der Haut, Epithel- zellen der Gingiva und ande- re!) in Makrophagen und Pha- gozyten, besonders des reti- kulo-histiozytären Systems (RHS = RES alter Aschoff- scher Nomenklatur), wenn sie mit einem „Nicht-Selbst" im Sinne der Theorie von Mac- Farlane Burnet in Kontakt kommen. Er stimuliert eine T- (und/oder) B-Zellreaktion und eine Fülle von Umstellungen in verschiedenen Organen, von denen die wichtigsten noch zu nennen sind. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß vor allem T-Lymphozyten an- geregt werden und Thymozy- ten unter der Wirkung von In- terleukin 1 zytotoxische Ei- genschaften zeigen.

Interleukin 2 (IL-2) Unter dieser Bezeichnung werden frühere zahlreiche Be- zeichnungen zusammenge- faßt, unter denen vielleicht die des „T-cell growth (promo- ting) factor" oder des „Costi- mulators" die wichtigsten sind: In den angeregten T- Lymphozyten führt die weitere Teilung, vor allem aus der G 1

-Phase heraus (Christensen und de Weck), zu weiteren Teilungen und Aktivierungen.

Interleukin 2 ist deshalb nach Paetkau das notwendige

„zweite Signal". Paetkau setzt auch das Molekulargewicht des bisher offenbar nicht ho- mogen dargestellten „Costi- mulators" auf etwa 30 000, das eines mitosesteigernden Pro- duktes auf 20 000 Dalton an.

Interleukin 2 ist somit ein Pro-

dukt aktivierter T-Lymphozy- ten und zugleich ihr eigener Stimulator.

Manifestationen

der Akute-Phasen-Reaktion Interleukin 1 entfaltet nach ei- ner neueren Übersicht von Di- narello eine solche Fülle bio- logischer Wirkungen, daß man von einem „Universal-Media-

tor" der Abwehrreaktionen sprechen kann. Sie werden Stunden oder Tage nach dem Einsetzen einer Infektion oder Entzündung beobachtet, kön- nen aber — ganz im Sinne der Persistenz akute Entzündun- gen nach Schilling — subakut oder chronisch längerfristig anhalten. Zu den auslösenden Ursachen gehören neben (vor allem bakteriellen) Infekten vermutlich Autoimmunerkran- kungen wie der M. Crohn, rheumatische Entzündungen, Pleura- und Peritonealergüs- se, bei Gesunden (in abge- schwächter Form) auch starke körperliche Belastungen. Um- gekehrt kann die Interleukin- wirkung ausbleiben oder ab- geschwächt sein bei Unterer- nährung oder ausgebreiteten Tumoren. Die praktisch wich- tigsten, für jeden Arzt erkenn- baren Wirkungen sind das durch eine Umstellung im Temperaturzentrum des Hypo- thalamus ausgelöste Fieber, eine Leukozytose, eine Sen- kungsbeschleunigung. Labor- diagnostisch lassen sich rela- tiv leicht erfassen eine Hypergammaglobulinämie, das verstärkte Auftreten von Akute-Phasen-Proteinen wie C-reaktives Protein, Haptoglo- bin, Protease-Inhibitoren, Komplementfaktoren, Caeru- leoplasmin, Fibrinogen. Cha- rakteristisch ist auch eine Er- niedrigung des Serumeisens (oft in Verbindung mit einer

3780 (52) Heft 50 vom 11. Dezember 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN EDITORIAL

leichten Anämie) und des Se- rumzinks bei gleichzeitiger Er- höhung des Serumkupfers.

Nicht ohne weiteres erkenn- bar, aber biologisch vielleicht am wichtigsten, ist die oben bereits genannte Stimulation der T-Lymphozyten. Nach Duff und Durum läßt sich die pyro- gene Wirkung von Interleukin 1 nicht von der Stimulation der T-Lymphozyten trennen.

Interleukin wirkt aber auch auf Leber, Pankreas, Knochen und Muskulatur. Die Eiweißbi- lanz wird negativ. Nach neue- ren Untersuchungen begün- stigt Interleukin 1 auch den Schlaf unter langsamen EEG- Wellen. Auch hier ergibt sich sofort die Brücke zum Schlaf- bedürfnis, das der Kliniker und Praktiker so oft bei aku- ten Infektionen („Heilschlaf") beobachten kann.

Faßt man alle diese Verände- rungen zusammen, so ent- sprechen sie dem typischen Bild der akuten oder subaku- ten Entzündung bis hin zur Sepsis. In diesem Sinne ist auch Fieber — wenn es die Ho- moiostase nicht gefährdet — eine phylogenetisch alte und zugleich zweckmäßige Kom- ponente des Schutzmechanis- mus bei Infektionen. Ein wich- tiger Mediator, wenn auch vielleicht nicht der einzige, ist das bereits beschriebene In- terleukin 1; ein Teil seiner Wirkung könnte unmittelbar erfolgen; ein anderer wird wohl durch Prostaglandine — besonders durch Prostaglan- din E2 — vermittelt.

Konsequenzen für die Praxis

Die breite Umstellung auf eine Abwehrreaktion, von denen nur die wichtigsten genannt wurden, wirft zwei Fragen auf:

1. Soll man in diese Schutz- mechanismen eingreifen?

2. Kann man die Bildung oder Wirkung von Interleukin 1 be- einflussen?

Da Frage 1 in Würdigung der jeweiligen Gesamtsituation zu beantworten ist, beschränken wir uns auf die noch unvoll- ständigen Kenntnisse über die zweite Frage. Antipyretika wie Aminosalicylsäure, nicht-stero- idale Antiphlogistika wie etwa Indomethacin (z. B. Amuno®) oder Ibuprofen (z. B. Brufen®) sowie Cyclosporin haben kei- nen nachweisbaren Einfluß auf die Produktion von Inter- leukin 1. Umgekehrt hemmen Kortikosteroide die Interleu- kin-Produktion in vitro und in vivo; diese Wirkung ist aller- dings schwer von der Sup- pression der Lymphozyten zu trennen. Die zuerst genannten und andere Medikamente wir- ken allerdings auf die prosta- glandin-vermittelten Interleu- kin-Wirkungen wie Fieber, Ge- lenkentzündungen, Muskel- schmerzen. Dinarello schließt

— unseres Erachtens sehr rich- tig —, daß man sich bei der An- wendung von Antipyretika mehr vom Krankheitsbild als ganzem als von dem subjekti- ven Befinden des Kranken lei- ten lassen sollte.

Literatur

(mit weiterführenden Angaben) Dinarello, Ch. A.: Interleukin 1 and the Pathogenesis of the Acute-Phase-Re- sponse. New Engl. J. Med. 311 (1984) 1413 — Duff, G. W.; Du rum, L. K.: The py- rogenic and mitogenic actions of Inter .- leukin 1 are related. Nature 304 (1983) 449 — Hadden, W.; Stewart II, W. E.: The Lymphokines. Clifton, Humana Press (1981)Khen, A.; Hill, N. 0.: Human Lymphokines. New York, Academic Press (1982)

Professor Dr. med.

Rudolf Gross

Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41

Chinidin i. v.

wirksam bei schwerer Malaria tropica

Chinidin hat sich als wirksameres Pharmakon als Chinin gegen chlo- roquin-resistentes Plasmodium falciparum erwiesen, in vitro und bei Patienten mit unkomplizierter Erkrankung.

Um die Wirksamkeit und Pharma- kokinetik von Chinidin zu untersu- chen, verabreichten die Autoren 14 Patienten mit schwerer Malaria tropica intravenös Chinidingluko- nat; einer Anfangsdosis von 15 mg/kg Körpergewicht folgten alle acht Stunden 7,5 mk/kg Körperge- wicht.

Zwei von fünf Patienten mit Hirn- malaria starben, doch bei zwölf Patienten wurde die Parasitämie beseitigt. Bei zwei Patienten wur- de am 25. und 28. Tag eine rezidi- vierende Parasitämie beobachtet.

Der erforderliche Zeitraum zur Pa- rasiten-Clearance und Beseiti- gung des Fiebers (49,4 ± 17,8 und 69,5 ± 18,7 Stunden) war ver- gleichbar mit dem früherer Stu- dien mit einer hochdosierten Chi- nintherapie. Chinidin scheint ein größeres Verteilungsvolumen auf- zuweisen als Chinin. Die Elimina- tionshalbwertzeit des Medika- ments betrug 12,8 Stunden, das Verteilungsvolumen 1,68 1/kg, die vollständige Clearance 1,75 ml/kg in der Minute und die Harnstoff- Clearance 0,62 ml/kg in der Mi- nute.

Elektrokardiographische Verän- derungen traten auf, es wurden jedoch keine Dysrhythmien fest- gestellt. Bei zwei Patienten fiel der Blutdruck während der An- fangsinfusion mit Chinidin. Lng

Phillips, R. E.; Warrell, D. A.; White, N.J.; Looa- reesuwan, S.; Karbwang, J.: Intravenous Quini- dine for the Treatment of Severe Falciparum Malaria: Clinical and Pharmacokinetic Studies, The New England Journal of Medicine 312 (1985) 1273-1278.

Dr. Warrell, Faculty of Tropical Medicine, 420/6 Rajvithi Rd., Bangkok 10400, Thailand.

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 50 vom 11. Dezember 1985 (55) 3781

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