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Archiv "Klinische Forschung zum Nierenzellkarzinom: Kosten, Nutzen und Konsequenz" (20.10.2000)

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M E D I Z I N

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A2780 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 42½½½½20. Oktober 2000

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elche Kosten die Immunthera- pie bei einem relativ seltenen Tumor wie dem Nierenzellkar- zinom verursacht, lässt sich schwer aus- rechnen. Fest steht jedoch: für viel Geld wenig Erkenntnisgewinn! Diese Schluss- folgerung dürfte sich unschwer auf an- dere Indikationen der „aktiv spezifischen Immuntherapie“ (ASI) übertragen las- sen. Was ist die Ursache für ein solches Dilemma in einer Zeit, in der hart um Arzneimittelbudgets gerungen wird? Für das lokal fortgeschrittene, lymphkno- tenpositive Nierenzellkarzinom wird die Tumorvakzinierung als adjuvante Thera- pie seit 20 Jahren angeboten (8). Die kli- nische Forschung tritt trotz aller experi- mentellen Fortschritte (2, 4, 6, 7) auf der Stelle – auch, weil Reputationsbemühun- gen von Ärzten, die außerhalb der müh- sam geschaffenen allgemeinen Regeln zur Durchführung von Studien eine eige- ne „klinische Forschung“ betreiben, kon- traproduktiv sind. Obwohl der Bundes- ausschuss der Ärzte und Krankenkassen den Bundesminister für Gesundheit 1994 und 1998 aufgefordert hat, durch Novel- lierung des AMG über die Fertigarznei- mittel hinaus auch die Rezepturarznei- mittel der Überprüfung, Zulassung und Überwachung durch das BfArM zu un- terwerfen, steht eine solche Entschei- dung bisher aus. Damit wird die Frage, ob Krankenkassen derartige Therapien bezahlen müssen oder nicht im Einzelfall durch Gerichte entschieden. Mit Bedau- ern muss man dabei Kostenübernahme- Urteile des niedersächsischen Landesso- zialgerichts in Celle zur Kenntnis neh- men, wobei insbesondere die Verurtei- lung der AOK Niedersachsen im Falle ei- nes Siegelring-Karzinoms des Magens (AZ.: L 4 KR 14/96, Berufung zurückge- wiesen am 22. September 1999) verblüf- fen muss. ASI wurde inzwischen durch

Aufnahme in Anlage B „nicht anerkann- te Untersuchungs- oder Behandlungs- methoden“ der BUB-Richtlinien als Lei- stung der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen (DA Jg. 97, B 2063). Das Bundessozialgericht (BSG) hat in meh- reren Revisionsverfahren Klagen auf Kostenübernahme unter anderem we- gen des fehlenden, aber grundsätzlich möglichen Wirksamkeitsnachweises zu- rückgewiesen. Das BSG führte zum wie- derholten Male aus, neue Behandlungs- methoden dürften nach § 135 Abs. 1 SGB V nur dann zu Lasten der Krankenkas- sen angewandt werden, wenn der Bun- desausschuss sie in den BUB-Richtlinien als wirksam und therapeutisch zweck- mäßig anerkannt habe. Auch bei fehlen- dem Votum (und dem Sonderfall „Sy- stemversagen“) hat der Senat grundsätz- lich daran festgehalten, dass die Wirk- samkeit der neuen Methode „in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt werden muss“. Die Auffassung der Vorinstanz, bei Defizi- ten, in der Entscheidungspraxis des Bun- desausschusses habe das Gericht gene- rell nur noch die Verbreitung der Metho- de in der medizinischen Praxis zu prüfen, sei unzutreffend. Diese klaren Aussagen sind für die Zukunft wichtig, da der Markt für nicht zulassungspflichtig auto- loge Immuntherapeutika verlockend ist:

Hersteller der ASI haben bereits ihr An- gebot um Vakzine mit dendritischen Zel- len erweitert.

Am metastasierten Nierenzellkarzi- nom ist lange Zeit für viel Geld herumge- werkelt worden. Was ist dabei herausge- kommen?

Eine Inflation von Phase-2-Studien zur Immuntherapie, die zwar Hinweise auf eine mögliche Überlebensverlänge- rung liefern, aber meistens mit der Auf- forderung zu multizentrischen Studien enden (1, 2, 5).

Wenige große prospektive Studien, die keinen signifikanten Überlebensvor- teil demonstrieren konnten (3).

Eine erhebliche Verunsicherung von Patienten, Ärzten und Kostenträgern in der Bewertung des inhaltlichen Nutzens und der sozialrechtlichen Basis der syste- mischen Immuntherapie.

Das von Fischer et al. verfasste Manu- skript ist eine nüchterne Bilanz, die den Blick in die Zukunft nicht verstellt. Der Studienbedarf und die damit verbunde- nen Beweisanforderungen werden ge- nannt. Der konsequente Aufruf zu ei- nem „Nationalen Tumorprojekt – Nie- renzellkarzinom“ bedeutet, die Kräfte zu sammeln und diszipliniert interdiszi- plinär zu arbeiten. Nur so wird klinische Forschung unseren Patienten nutzen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 2780 [Heft 42]

Literatur

1.Atzpodien J, Buer J, Janssen J et al.: Chemoimmunthera- pie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms. Urologe [A] 1999; 38: 474–478.

2. Kugler A, Seseke F, Thelen P et al.: Autologous and allo- genic hybrid cell vaccine in patients with metastatic renal cell carcinoma. Br J Urol 1998; 82: 487–493.

3. Negrier S, Escudier B, Lasset Ch et al.: Recombinant hu- man interleukin-2, recombinant human interferon alfa- 2a, or both in metastatic renal-cell carcinoma. N Engl J Med 1998; 338: 1272–1278.

4. Raychaudhuri S, Rock KL: Fully mobilizing host defense:

Building better vaccines. Nat Biotechnol 1998; 16:

1025–1031.

5. Samland D, Steinbach F, Reiher F et al.: Results of immunotherapy with interleukin-2, interferon-alfa-2a and 5-Fluorouracil in the treatment of metastatic renal cell cancer. Eur Urol 1999; 35: 204-209.

6. Seigne J, Turner J, Diaz J et al.: A feasibility study of gene gun mediated immunotherapy for renal cell carcinoma.

J Urol 1999; 162: 1259–1263.

7. Thurner M, Rieser C, Höltl L et al.: Dentritic cell-based immunotherapy of renal cell carcinoma. Urol Int 1998;

61: 67–71.

8. Tyka H, Oravisto KJ, Lehtonen T: Active specific immuno- therapy of advanced renal cell carcinoma. Eur J Urol 1978; 4: 250–254.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Lothar Weißbach

Krankenhaus Am Urban, Dieffenbachstraße 1, 10967 Berlin E-Mail: lothar.weissbach@kau-berlin.de

Klinische Forschung

zum Nierenzellkarzinom

Kosten, Nutzen und Konsequenz Editorial

Abteilung für Urologie (Chefarzt: Prof. Dr. med. Lothar Weißbach), Krankenhaus Am Urban, Berlin

Lothar Weißbach

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