A-1933
Seite eins
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 33, 14. August 1998 (1)
Viagra
Was danach kommt . . .
D
er Kelch ist noch einmal vorübergegangen. Mehr- kosten durch Viagra für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wurden in der Größenord- nung von jährlich 15 Milliarden DM vermutet (Krimmel in DÄ 24). Der Bundesausschuß Ärzte und Krankenkassen hat einem der- artigen Ausgabenboom mit sei- nem ablehnenden Votum zunächst einmal einen Riegel vorgeschoben.Die Betonung liegt auf „zunächst einmal“; Rechtsstreite sind ange- kündigt.
Viagra ist nur ein erstes mah- nendes Beispiel dafür, was auf uns zukommen kann. In der Pipeline pharmazeutischer Firmen befinden sich eine Reihe von neuen Wirk- stoffen gegen häufige Krankheiten.
Irgendwann einmal, und dies ist vielleicht gar nicht mehr so lange hin, sind solche Mittel auf dem Markt. Und hier beginnt unser Szenario.
Man stelle sich vor, irgendwo in der Welt wird ein Arzneimittel auf den Markt gebracht, das eine eindeutige und nachgewiesene, präventive oder therapeutische Wirkung bei Krebs oder auch nur bei einer Krebsform hat, zum Bei- spiel beim Mammakarzinom. Das Arzneimittel wird auch in Deutsch- land zugelassen. Es handelt sich um ein Arzneimittel, das Mitgliedern der GKV verschrieben werden kann, gleich zu welchem Preis. Die damit verbundenen Ausgaben der GKV könnten sich in einer Grö- ßenordnung bewegen, die noch oberhalb der für Viagra vermute- ten Ausgaben liegt, mit dem ent- scheidenden Unterschied jedoch, daß nach derzeitiger Rechtslage kein Bundesausschuß die Ver- schreibung dieses Arzneimittels unterbinden kann. Eine Unterbin- dung wäre wohl auch politisch kaum durchsetzbar, abgesehen von ethischen Gesichtspunkten.
Kommt nun ein weiteres oder sogar ein drittes Arzneimittel hin- zu, verschärft sich die Situation bis hin zu der Frage, ob die Mittel der GKV überhaupt ausreichen, um eine derartige Entwicklung aufzu- fangen. Eine Utopie?
Aus ärztlicher Sicht kann die Entwicklung neuartiger Arznei- mittel gegen Krankheiten, die heu- te kaum oder ungenügend behan- delt werden können, nur begrüßt werden. Aus Sicht der pharmazeu- tischen Industrie ist die Entwick- lung solcher Mittel sogar eine Überlebensfrage. Was sollte sonst auch eine forschende pharmazeu- tische Industrie?
Wie bereiten wir uns, wie be- reitet sich die GKV, wie bereitet sich die Politik auf eine solche Ent- wicklung vor, die nahezu unauf- haltsam ist?
Viagra ist ein Signal. Hoffent- lich wird es verstanden.
Fritz Beske, Kiel
Managed Care
Nicht übertragbar
D
as Managed-Care-System, das in den USA bei der Fi- nanzierung und Versor- gung mit Gesundheitsleistungen angewandt wird, ist nicht auf das deutsche Gesundheitswesen zu übertragen, in vieler Hinsicht wäre dies sogar kontraproduktiv. So je- denfalls der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausge- sellschaft e.V., Jörg Robbers. Das sogenannte Einkaufsmodell oder andere Managed-Care-Elementegefährdeten eine flächendeckende Versorgung und den gleichen Zu- gang der Patienten zu den sta- tionären Krankenhausleistungen.
Zudem würde eine Übernahme des Managed-Care-Systems zu ei- ner Entsolidarisierung der Gesetz- lichen Krankenversicherung füh- ren, ohne den Kostenanstieg auf Dauer bremsen zu können. Die Krankenhäuser befürworten eine leistungsgerechte Vergütung, bei der auch die individuellen Bedin-
gungen der Kliniken „vor Ort“
berücksichtigt werden müßten.
Dagegen hat der Bundesver- band Managed Care e.V., Mün- chen, dazu aufgefordert, Man- aged-Care-Systeme unvoreinge- nommen zu beurteilen. Managed Care sei ein Oberbegriff un- terschiedlichster Management-In- strumente zur Steuerung von Qua- lität und Wirtschaftlichkeit der gesundheitlichen Versorgung von Versicherten. Dr. Harald Clade