unterschiedlichen Pharmakokinetik für nicht vertretbar.
Weiterhin sollte eine hochdo- sierte, konsequente Chinin-/Tetra- cyclintherapie — falls nicht zwingend erforderlich — nach wenigen Tagen, zum Beispiel während der Umstel- lung auf orale Behandlung, nicht durch ein anderes Therapieregime ersetzt werden. Unserer Erfahrung nach reduziert dies weder Behand- lungsdauer noch Relapsquote, son- dern führt zu einem unübersichtli- chen Therapiechaos, das bei eventu- ellen Medikamentennebenwirkun- gen oder später erneuter Nachbe- handlung nur Probleme schafft. Den Stellenwert von Halfan® soll eine derzeit laufende Multicenterstudie deutscher Tropeninstitute klären.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Kombination mit Chinin nicht zu empfehlen.
Q Als therapeutische Reserve bei der Durchführung der Kombina- tionsprophylaxe mit Resochin®/Pa- ludrine® werden Fansidar®, Hal- fan®, Fansimef®, Lariam® gleichwer- tig aufgeführt. In Multiresistenzge- bieten liegen häufig gleichzeitig Fan- sidarresistenzen vor. Im allgemeinen genügt somit dieses Präparat nicht als Reservetherapeutikum. Fansi- mef® als Kombinationspräparat von Fansidar® und Lariam® hat kaum therapeutische Vorteile, vereint je- doch die Nebenwirkungen beider Medikamente und hat unserer Mei- nung nach keine Berechtigung für obige Indikation. Bei noch zu gerin- ger Erfahrung mit Halfan sollte der- zeit Lariam als Notfallmedikament zur Selbstmedikation mitgegeben werden.
• Lariam als Primärprophylaxe wird in unserer Ambulanz nur für Reisen bis vier Wochen nach Kenia, Tanzania und Nordthailand empfoh- len. Längerfristige Einnahmen sind aufgrund schwerer Nebenwirkun- gen und langer Plasmahalbwertszeit nicht empfehlenswert. Weiterhin wird eine Resistenzentwicklung bei Einnahme über drei bis vier Wochen gefördert, da dann eventuell resi- stente Gametozyten von Anopheles- mücken aufgenommen und nach ge- schlechtlicher Vermehrung als resi- stente Erreger weiter übertragen werden können.
• Lariam darf nicht prophylak- tisch bei Piloten, Kraftfahrern, Tau- chern und Maschinenführern ange- wendet werden, bei denen eine hohe räumliche Koordination erforderlich ist.
• Auch unkomplizierte Fälle von Malaria tropica mit Parasit- ämien von ein bis zehn Prozent (10 bis 100 Promille) sollten mit Lariam®
oder Chinin/Tetracyclin oder Hal- fan® therapiert werden. Die empfoh- lene Behandlung mit 1800 mg Chlo- roquin ist unserer Erfahrung nach nur bis zu einer Erregerzahl von un- ter zehn Promille unter sechsstündli- cher Ausstrichkontrolle geeignet.
• Interessanterweise verhalten sich Cholesterinspiegel und Erreger- zahl teilweise, aber keineswegs regel- mäßig synchron. Für eine Verlaufs- kontrolle halten wir jedoch nur die engmaschige Parasitenzählung für aussagekräftig.
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Die Gefahr der Hypoglyk- ämie bei schwerer Malaria tritt nicht nur in der Schwangerschaft, sondern vor allem unter intravenöser Chinin- therapie bei schwerer Malaria tropi- ca auf. Wir führen bei unseren Inten- sivpatienten deshalb zwei- bis vier- stündliche Glukosebestimmungen durch.• Hingewiesen sei noch auf Gefahr des interstitiellen Lungen- ödems durch Überinfusion. Trotz er- heblichen Fiebers können bereits kleine Infusionsmengen über Per- meabilit ätsstörungen im Lungen- kreislauf ein beatmungspflichtiges ARDS mitinduzieren. Eine begrenz- te parenterale und orale Flüssig- keitszufuhr unter engmaschiger Kontrolle des zentral-venösen Ve- nendrucks (bis 4 cm H 2O) hat sich bewährt.
Zur weiteren, näheren Informa- tion über Prophylaxe und Therapie der Malaria verweisen wir auf die Empfehlungen der Deutschen Tro- penmedizinischen Gesellschaft, die im Herbst 1990 erschienen sind.
Prof. Dr. med. Klaus Fleischer Dr. med. J. Wohlfart
Tropenmedizinische Abteilung Missionsärztliche Klinik Salvatorstraße 7
8700 Würzburg
In Anbetracht der relativ großen Anzahl importierter Malariainfek- tionen sowie der in den letzten Jah- ren immer komplizierter geworde- nen Resistenzprobleme ist es den Autoren sehr zu danken, eigene Er- fahrungen sowie den aktuellen Stand hinsichtlich Diagnostik, Therapie und Prophylaxe so übersichtlich dar- gestellt zu haben.
Es sei mir gestattet, einige Er- fahrungen hinzuzufügen, die ich während eines ärztlichen Aufenthal- tes im vergangenen Jahr in Kamerun sammeln konnte, wo ausschließlich M. tropica vorkommt, allerdings in einer sehr starken Verbreitung.
Es scheint in der Chemotherapie der M. tropica zwischen dem anglo- phonen und frankophonen Afrika ei- ne unterschiedliche medikamentöse Verfahrensweise zu bestehen. Wäh- rend im ersteren Wirtschaftseinfluß- bereich bei Chloroquinresistenz un- ter den neueren Medikamenten vor- rangig zu Fansidar und Mefloquin (Lariam) gegriffen wird, scheint im frankophonen Einflußbereich das Chinin (Quinimax) zu dominieren — mit guten jahrelangen Erfahrungen der Arzte. Bereits bei mittelschwe- ren Formen wird häufig mit Chinin- infusionen (Glukoselösungen) be- gonnen. Es kommt rasch zu Entfie- berung oder Abklingen des Be- schwerdebildes.
Selbst bei komatöser zerebraler Malaria, so berichtete ein französi- scher Kollege aus einem größeren Hospital, habe er während des ver- gangenen Dreivierteljahres mit die- ser Infusionsbehandlung stets eine Heilung erzielen können. Auf Resi- stenzprobleme gegenüber Chinin gab es keine Hinweise — sie wurden auch in Fachkreisen negiert. Resi- stenzen seien in besonders hohem Maße lediglich gegenüber Chloro- quin gesichert, aber auch bereits ge- genüber Fansidar. Rückfälle nach Chinintherapie könnte man sich trotzdem vorstellen, da in der Regel nicht sehr lange behandelt wurde — oft nur drei Tage. Todesfälle seien bei frühzeitigem Beginn damit je- doch immer verhütbar. Bemerkens- wert war aber besonders die gute
I 3 Malaria aus „frankopho- ner afrikanischer Sicht"
A-990 (72) Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991
Verträglichkeit des Chinins. Kompli- kationen waren so gut wie unbekannt
— und befragte Ärzte mit einer bis zu 20jährigen Berufserfahrung konnten sich insbesondere nicht an einen ein- zigen Fall von Schwarzwasserfieber erinnern.
Ganz im Gegensatz dazu hatte das Lariam (Mefloquin) infolge aus- geprägter subjektiv sehr lästiger Ne- benwirkungen einen schlechten Ruf.
Besonders wurde über Übelkeit und lang anhaltende Gleichgewichtsstö- rungen geklagt. Eine deutsche Pa- tientin, die Lariam therapeutisch er- halten hatte, gab an, sie habe sich et- wa 14 Tage lang beim Laufen und Stehen am Tisch festhalten müssen.
Wegen dieser Nebenwirkungen sei Lariam bisher in Kamerun nicht frei- gegeben worden, und dazu wird auch weiterhin kein zwingender Grund bestehen, zumal Quinimax nicht nur rascher wirkt und deutlich weniger Nebenwirkungen aufweist, sondern auch wesentlich billiger ist als Lari- am (Kosten für die Behandlung mit Quinimax-Tabletten zum Teil niedri- ger als die Kosten für den Blutaus- strich und dicken Tropfen). Unter- dessen werden auch von der WHO die Nebenwirkungen von Lariam (Mefloquin) mit besonderer Auf- merksamkeit verfolgt.
Hinsichtlich des Schutzes vor Malaria waren für mich die Angaben eines kamerunischen Kollegen über die große Wirksamkeit einer Exposi- tionsprophylaxe sehr eindrucksvoll.
Er berichtete, während der letzten 20 Jahre trotz der großen Verbrei- tung in der Umgebung nicht an Ma- laria erkrankt gewesen zu sein, was er in erster Linie mit den Gazefen- stern an seinem Haus in Verbindung brachte. Angehörige des mittleren medizinischen Personals dagegen, deren Wohnungen in der Regel kei- ne Gazefenster besaßen, waren in den letzten Jahren oft mehrmals er- krankt. — Hinsichtlich weiterer Mög- lichkeiten des individuellen Schutzes vor dem Moskitostich (Expositions- prophylaxe) sei auf die Arbeit von Bommer und Mitarbeitern verwiesen.
Insgesamt war mein Eindruck, daß man bei Reisen in Malaria-En- demiegebiete bereits mit einer kon- sequenten Expositionsprophylaxe ei- ne sehr hohe Schutzwirkung erzielen
kann. Dadurch wird diese gegenüber der immer weniger wirksam und im- mer komplizierter werdenden medi- kamentösen Prophylaxe wieder an Bedeutung gewinnen. Am wichtig- sten erscheinen während des Auf- enthaltes in Malaria-tropica-Gebie- ten und während eines Zeitraumes von etwa sechs Monaten danach das Denken an M. tropica und das sofor- tige Handeln bei Auftreten von aku- tem Krankheitsgefühl und/oder Fie- ber („Grippe"). Für eine stand-by- Behandlung wird dabei neben dem Mefloquin in Anbetracht der darge- legten Gesichtspunkte auch das Chi- nin an Bedeutung gewinnen. So ist es von der WHO 1990 bereits als Alter- native für die sogenannten Zonen B und C vorgeschlagen worden (betref- fen fast sämtliche tropischen Länder, in denen M. tropica vorkommt). Die Notwendigkeit einer Kombination von Chinin mit einem weiteren Che- motherapeutikum betrifft weniger Afrika, sondern mehr Südostasien (Indochina), wo Polyresistenzen, die teilweise auch gegenüber Chinin be- stehen, bereits weit verbreitet sind und bei denen mitunter nur die Kombination Chinin + Tetracyclin/
Doxycyclin zur Heilung führt.
Dr. med. Stefan Schubert
Medizinisch-Poliklinisches Institut der Karl-Marx-Universität
Ambulanz für Tropenmedizin und klinische Parasitologie
Kickerlingsberg 14 0-7022 Leipzig
Schlußwort
Bei dem Artikel über importier- te Malariainfektionen im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT handelt es sich um eine Kurzfassung der gleich- zeitig in der Zeitschrift „Medizini- sche Klinik" erschienenen Original- arbeit (85, Nr. 5, 15. Mai 1990, S.
310-318). Dort findet sich auf Seite 317 der Hinweis, daß Personen mit hohen beruflichen Anforderungen an ihr Reaktionsvermögen — zum Beispiel Flugpiloten — Lariam nicht zur Malariaprophylaxe verwenden sollen. Flugpiloten sollten überhaupt auf eine Chemoprophylaxe verzich- ten und statt dessen zur ständigen
Mitführung einer therapeutischen Reserve, zum Beispiel Fansimef, ver- pflichtet sein. Lariam (Mefloquin) ist zur Selbsttherapie weniger geeig- net, weil zusätzliche Maßnahmen wie Bettruhe und Antiemetika erfor- derlich sind, um eventuellen Neben- wirkungen zu begegnen und den Therapieerfolg zu sichern.
Eine Monotherapie mit Chinin wird wegen der im gesamten Ver- breitungsgebiet der Falciparum-Ma- laria nachlassenden Chininsensibili- tät von Tropica-Plasmodien prak- tisch nirgends mehr geübt. Sie wird zum Beispiel von W. H. Wernsdorfer (WHO) „heute fast als Kunstfehler angesehen".* Eine alleinige Chinin- behandlung über nur drei Tage — wie im dritten Leserbrief erwähnt — ist aus therapeutischer wie auch aus epidemiologischer Sicht nicht zu ver- antworten. In Asien macht man unvollständige Chininbehandlungen für die erschreckende Ausbreitung der Chininresistenz verantwortlich.
Die von uns im Zusammenhang mit Chinin genannten Malaria-Heil- mittel dürfen — mit Ausnahme von Doxycyclin/Tetracyclin und Halofan- trin — nicht gleichzeitig mit Chinin verabreicht werden, sondern sind als Folgetherapie nach einer Behand- lungspause von mindestens zwölf Stunden zu verstehen. Bei Einhaltung dieses Intervalls ist die Anwendung der genannten Medikamente unbe- denklich. Die häufiger auftretenden Nebenwirkungen bei einer Lariam- therapie — Brechreiz und Schwindel — können, wie oben bereits angedeutet, vermieden werden, wenn grundsätz- lich vor jeder Tabletteneinnahme ein Antiemetikum sowie eine kleine Mahlzeit verabreicht werden, und wenn Bettruhe bis zum Abschluß der Therapie eingehalten wird.
In unserem Beitrag in der „Me- dizinischen Klinik" wurde auf die Gefahr einer Hypoglykämie unter Chininbehandlung sowie auf die Verhütung des Lungenödems bei der Infusionstherapie ausdrücklich hin- gewiesen.
* Vergl. W. H. Wernsdorfer: „Malaria": Epi- demiologie, Resistenzprobleme, Prophylaxe.
Schriftenreihe der Robert-Koch-Stiftung: Tro- penkrankheiten, Hrsg. H. G. Schwieck, Umwelt und Medizin Verl.-Ges., Frankfurt/Main 1988, Seite 33
Dt. Ärztebl. 88, Heft 12, 21. März 1991 (75) A-991