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eit der Einführung der Glucocorticoide vor circa 40 Jahren ist erstmals ein neues therapeutisches Prinzip zur Lokalbehandlung der ato- pischen Dermatitis in Sicht:Topisch applizierbare Immun- modulatoren, die keine Atro- phie der Haut bewirken. Als erster Vertreter dieser Sub- stanzklasse ist Tacrolimus in Japan, USA und Kanada be- reits zugelassen. In Europa wird Protopic®wahrscheinlich im zweiten Quartal 2002 auf den Markt kommen.
Die bisherigen Erfahrun- gen mit Tacrolimus wurden bei einem Satelliten-Sympo- sium der Firma Fujisawa (München) im Rahmen des 10. Kongresses der Europäi- schen Akademie für Derma- tologie und Venerologie in München vorgestellt. Prof.
Thomas Ruzicka (Düssel- dorf) und sein Münchener Kollege Prof. Johannes Ring werteten die neue Wirksub- stanz als Meilenstein in der Lokaltherapie der atopischen Dermatitis (AD), weil sie die immunologische Imbalance in der Haut ausgleicht: Durch die TH2-getriebene Hyper- sensitivität auf Allergene werden inflammatorische Zy- tokine ausgeschüttet, die die allergische Hautirritation in- itiieren. Tacrolimus inhibiert diese Zytokinproduktion.
Wie Prof. Malcolm Rustin (London) berichtete, wurde Tacrolimus-Salbe in 28 klini- schen Studien bei mehr als 10 000 Patienten getestet. Bei Erwachsenen mit moderater bis schwerer AD (n = 570) zeigten sich nach dreiwöchiger Anwendung von 0,1-prozenti- ger Tacrolimus-Salbe (bid) ebenso gute klinische Haut- verbesserungen wie beim Ein- satz des mittelpotenten Hy- drocortisonbutyrats (0,1 Pro- zent); bei niedrigerer Dosie- rung der neuen Substanz (0,03 Prozent bid) waren die Ergeb- nisse etwas schlechter. Rustin stufte Tacrolimus als gut ver- träglich ein, charakteristisch sei ein anfängliches Brennen und Jucken an den Applikati- onsstellen.
Ähnliche Erfahrungen zi- tierte Prof. Jan Bos (Amster-
dam) anhand einer Studie mit 560 Kindern und Jugendlichen mit mittelschwerer bis schwe- rer AD. Hier wurde Tacro- limus in beiden Dosierun- gen mit der topischen Stan- dardtherapie, dem schwach wirksamen Hydrocortisonace- tat (ein Prozent), verglichen.
Bereits nach drei Tagen wur- den klinische Besserungen do- kumentiert; nach dreiwöchiger Therapie schnitt Tacrolimus in beiden Dosierungen hinsicht- lich der klinischen Besserungs- raten (> 90 Prozent) in einem speziellen Bewertungssystem (mEASI) signifikant besser ab als die Standardbehandlung.
Die Nebenwirkungen – transi-
entes Brennen und Jucken zu Beginn der Therapie drei Tage lang – entsprachen denjenigen bei Erwachsenen. Bos stufte deshalb die neue Salbe als gut verträglich ein.
Bei längerfristiger Anwen- dung hat Prof. Sakari Reita- mo (Helsinki) eine kontinu- ierliche Verbesserung der be- fallenen Hautareale beobach- tet – ohne Hautatrophie oder Tachyphylaxie. Bei Patienten, die nach einem Jahr Therapie
„geheilt“ waren (> 90-prozen- tige Besserung), konnte eine Normalisierung der Hautbar- riere und ein Abfall des Se- rum-IgE nachgewiesen wer- den. Dies mache die Mono-
therapie mit Tacrolimus zu ei- ner Herausforderung für die therapeutischen Standards.
Wie Cyclosporin A sei die neue Substanz den Immun- suppressiva zuzuordnen, die Blutspiegel bei topischer Ap- plikation lägen jedoch um ein Vielfaches niedriger (0,01 ng/ml bei 0,03-prozentiger und 0,2 ng/ml bei 0,1-prozenti- iger Salbe) als die Erhaltungs- spiegel nach Transplantatio- nen (5 bis 15 ng/ml), so Bos.
Deshalb sei es nicht notwen- dig, im Umgang mit der Sonne spezifische Restriktionen aus- zusprechen – die allgemein- gültigen Empfehlungen zur UV-Exposition sollten jedoch beachtet werden.
Aufgrund des pathogeneti- schen Ansatzes an den TH2- Zytokinen sind für Tacroli- mus prinzipiell auch andere Hauterkrankungen potenzi- elle Indikationen, bei denen diese Botenstoffe involviert sind. Dr. Renate Leinmüller V A R I A
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 5½½½½1. Februar 2002 AA305
Atopische Dermatitis
Tacrolimus bald als topische Alternative
Unternehmen
Eine Million Menschen ster- ben jährlich in Deutschland an einer ambulant erworbe- nen Pneumonie. Das verdeut- licht, wie wichtig eine antibio- tische Behandlung ist, die so- fort greift, die also durch eine hohe Bakterizidie des Anti- biotikums die Keime rasch eliminiert. Eine solche Sub- stanz stellt das Chinolon Mo- xifloxacin dar, wie bei einem internationalen Symposium in Paris dargelegt wurde.
Moxifloxacin, das ab 2002 auch in der parenteralen Form verfügbar sein wird, weist eine hohe antibakteriel- le Aktivität gegen gramnega- tive und auch gegen gram- positive Keime sowie ge- gen atypische Bakterien und Anaerobier auf.
Bei sequenzieller parente- ral-oraler Gabe hat der mo-
derne Wirkstoff deutliche Vorteile, wie eine von Prof.
Javier Garau (Barcelona) präsentierte Doppelblindstu- die bei der ambulant erworbe- nen Pneumonie belegt. Die Patienten wurden entweder mit Moxifloxacin (Avalox®, Bayer AG) zunächst i. v., dann oral behandelt (n = 258) oder mit Amoxicillin-Clavulansäu- re (n = 113) und das gegebe- nenfalls in Kombination mit Clarithromycin (n = 167).
Bei der Monotherapie mit Moxifloxacin wurden mit 93,4 Prozent deutlich höhere klini- sche Heilungsraten erzielt als in der Vergleichsgruppe (85,4 Prozent), und auch die bakte- riologischen Heilungsraten waren mit 94 Prozent signifi- kant besser als in der Kon- trollgruppe (82 Prozent). Zwi- schen den Gruppen zeigten
sich nach Garau weitere Un- terschiede: So waren die Pati- enten unter Moxifloxacin in der Regel einen Tag schneller fieberfrei. Sie konnten früher auf eine orale Medikation umgestellt und auch früher aus dem Krankenhaus entlas- sen werden.
Die rasche Bakterizidie führte auch zu einer gerin- geren Mortalität: So verstar- ben an der Pneumonie unter Moxifloxacin 3,5, unter der Vergleichsmedikation jedoch sechs Prozent der Patien- ten. Signifikant war der Un- terschied bei der Mortalität in den ersten 72 Stunden, die bei Moxifloxacin null Pro- zent betrug und in der Kon- trollgruppe bei 2,2 Prozent lag.
Die rasche und zuverlässi- ge antibakterielle Wirksam- keit des Chinolons dürfte – nach Prof. Karl Weiss (Mon- treal) – zudem günstige Aus- wirkungen auf das Resistenz- potenzial des Wirkstoffs ha- ben, denn Resistenzen bilden sich nur, wenn mutierte Keime überleben und sich vermehren können. Christine Vetter