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Archiv "Die Pneumocystis-carinii-Pneumonie: Klinische, diagnostische und therapeutische Aspekte" (15.08.1984)

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(1)

Fieberschübe mit oder ohne röntgenologische Zeichen ei- ner pulmonalen Infiltration können Zeichen einer Pneu- mocystis-carinii-Pneumonie sein. Nicht selten fehlen typi- sche diagnostische Kriterien, wodurch der Arzt in die Irre ge- führt werden kann.

D

ie Pneumocystis-carinii- Pneumonie, auch als „in- terstitielle plasmazelluläre Pneumonie" bezeichnet, wurde früher fast ausschließlich bei Frühgeborenen und Säuglingen, besonders mit angeborenem Im- mundefekt (Hypo- und Agamma- globulinämien), beobachtet. Erst nach Einführung der immunsup- pressiven und zytostatischen The- rapie hat man eine zunehmende Häufigkeit dieser Infektion auch bei Erwachsenen beobachtet. Bei dem erworbenen Immunmangel- Syndrom, acquired immune defi- ciency syndrome, abgekürzt AIDS genannt, kommt sie besonders häufig vor.

Pneumocystis carinii zählt zu den opportunistischen Erregern, die bei verminderter zellulärer und humoraler Abwehrlage häufig zur Erkrankung der Lunge führen können. Chagas hat Pneumocy- stis carinii zuerst in experimentell mit Trypanosomen infizierten Meerschweinchen beschrieben.

Er vermutete dabei ein Entwick- lungsstadium der Trypanosomen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Die Pneumocystis-carinii-Pneumonie:

Klinische, diagnostische und therapeutische Aspekte

Andreas Szabados, Reinhard Hoffmann, Martin Luther, Edward Göbel, Günther Schierz und Friedrich Deinhardt Aus dem Max-von-Pettenkofer-Institut der Universität München (Vorstand: Professor Dr. med. Friedrich Deinhardt),

dem Kreiskrankenhaus München-Pasing

(Chefarzt: Privatdozent Dr. med. Martin Luther) und dem Institut für Vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität München (Vorstand: Professor Dr. med. vet. Dr. h. c. Josef Boch)

Abbildungen la bis d:

Entwicklungsstadien einer Pneumocystis- carinii-Zyste (Giemsa- Färbung):

Abbildung la (oben links): Präzyste Abbildung lb (oben rechts): reife Zyste mit Differenzierung der Tochterzellen (intrazy- stäre Körperchen) Abbildung lc (unten links): reife Zyste mit beginnender Separa- tion der Tochterzellen Abbildung ld (unten rechts): freiliegende Tochterzellen kurz nach Verlassen der Zyste

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 33 vom 15. August 1984 (31) 2359

(2)

Nach Arbeiten von Carini gelang dem Ehepaar Delanoes vom Pa- steur-lnstitut der Nachweis von Pneumocystis carinii in Ratten, die frei von Trypanosomen waren.

Sie gaben auch dem Erreger den Namen Pneumocystis carinii. Die Holländer van der Meer und Brug haben Pneumocystis carinii im menschlichen Organismus erst- mals 1942 beschrieben. Vanek, Ji- rovec und Lukes bestätigten in

Abbildung 2a: Pneumocystis carinii im Alveolarraum in Form eines "clusters"

den 50er Jahren die Beobachtun- gen von van der Meer und Brug über die eigenständige Pathoge- nität von Pneumocystis carinii beim Menschen. Pneumocystis carinii ist ein ubiquitär vorkom- mender einzelliger Eukaryont, den man als Protozoon am ehe- sten den Sporozoen zurechnen kann. Eine endgültige taxonomi- sche Zuordnung steht noch aus (1 ). Die Züchtung gelang bislang nur in immunsupprimierten Tie- ren und auf Zellkulturen. Es ent- wickeln sich zunächst Zysten mit acht kernhaltigen Zellen (intrazy-

stäre Körperchen), welche nach Exzystierung zu Trophozoiten heranreifen. Diese haften an Lun- genalveolarzellen des Typs I und bilden eine zystische Zellwand (Präzyste) (2). Im weiteren Verlauf entwickeln sich wiederum acht Tochterzellen (Abbildung 1). Bei Zerstörung der Alveolarzellen kann der Parasit in das Interstiti- um gelangen und entzündliche Prozesse verursachen. ln der Re-

Abbildung 2b: Pneumocystis carinii an der Alveolarwand angelagert. Der Al- veolaraum ist frei von Parasiten (modi- fizierte Silberfärbung)

gel verbleibt Pneumocystis carinii offenbar im Alveolarraum (Abbil- dung 2). Eine intrazelluläre Phase im Lebenszyklus ist nicht be- kannt.

Infektionsmodus und Epidemiologie

Die Infektion erfolgt wahrschein- lich durch aerogene Übertragung (3). Es existieren bis jetzt keine Studien darüber, ob Kranken- hauspersonal bzw. latente Parasi- tenträger als Vektor in Frage kom-

men können. Eigene Tierexperi- mente zeigten, daß die Infektio- nen bei immunsupprimierten Rat- ten früher auftraten, wenn mehre- re Tiere im selben Käfig gehalten wurden. Eine räumliche Isolie- rung potentiell gefährdeter Perso- nen von Pneumocystic-carinii-lnfi- zierten scheint deshalb indiziert zu sein. Die Durchseuchungsrate ist bereits in den ersten Lebens- jahren außerordentlich hoch. Bei einer in Holland durchgeführten Studie konnten erregerspezifi- sche Antikörper bei fünfjährigen Kindern schon in über 90 Prozent nachgewiesen werden (4).

~ Folgende Risikofaktoren be- günstigen eine Pneumocystis-ca- rinii-Pneumonie (5, 6, 7, 8, 11):

C> Immunsuppressive Therapie,

vor allem mit Kortikosteroiden (aber auch bei Behandlung mit Cyclosporin A ist Pneumocystis- carinii-Pneumonie beobachtet worden);

C> angeborene oder erworbene

lmmunmangelsyndrome, einschl.

AIDS;

C> zytostatische Therapie (Kom-

binations- und Bestrahlungsthera- pie kann das Risiko erhöhen; bei malignen Erkrankungen tritt die Pneumocystis-carinii-lnfektion oft auch noch nach der Reduktion der zytostatischen Therapie in der Remissionsphase auf);

C> chronische Infekte wie Tbc,

Mykosen, u. a.;

C> Protein- und Kalorienmangel-

ernährung;

C> Drogenmißbrauch.

Klinische Manifestationen

Pneumocystis carinii besitzt eine weitgehende Organspezifität für die Lunge. Außerhalb der Lunge können nur ganz selten Erreger nachgewiesen werden. Die klini- schen und röntgenologischen Ma- nifestationen sind in Tabelle 1 zu-

(3)

keine oder diskrete, bila- terale perihiläre Verdich- tungen mit Zeichen für interstitielle und vor al- lem alveoläre Beteili- gung. Oft vorkommende

„atypische" Zeichen: Lo- bäre Infiltration, unscharf begrenztes solitäres Infil- trat, einseitiger Befall u.

a.

+—+

+

0

Frühstadium keine oder leichter, oft un-

(+)

produktiver Husten, dis- krete Belastungsdyspnoe, perkutorische Dämpfung über den betreffenden Thoraxpartien selten, un- charakteristische Zeichen wie Gewichtsverlust, ver- mehrtes Schwitzen, ab- nehmende körperliche Leistungsfähigkeit, Diar- rhoe, BKS-Beschleuni- gung

O—(+ )

Zeichen wie im Frühsta- dium, jedoch mit Fort- schreiten der Erkrankung zunehmend. Verstärkte interstitielle und alveolä- re Zeichnung perihilär mit Einbeziehung der Mittel- und Unterfelder, später auch der Lungen- spitzen. „Atypische" Zei- chen: Multiple noduläre Infiltrate, lineare und seg- mentale Atelektasen, Em- physemzeichen, über- wiegend einseitiger Be- fall u. a. Der Befund hinkt meistens dem klinischen Bild nach!

Voll ausge- prägtes Krankheits- bild

febrile Temperaturen (38-40 0 C) als Kontinua oder schwankend, progre- diente Dyspnoe, unpro- duktiver, trockener Hu- sten, Thoraxschmerzen, zunehmende Tachypnoe, abgeschwächte Atemge- räusche. RGs selten, Na- senflügelatmung, je nach Progredienz Zyanose, die auch sehr diskret sein kann. Zunehmende kör- perliche Schwäche, p0 2 <

80 mmHg, pCO 2 normal oder erniedrigt, der arte- rielle pH ist oft erhöht (un- kompensierte respiratori- sche Alkalosis), leichte An- ämie, normale bis leicht er- höhte Leukozytenzahl mit Lymphopenie

(+) + +—

+++ 3)

+—+ + +++

(+)—+

Spätstadium ausgeprägte Pneumoni-

tis mit diffusen, bilatera- len, z. T. konfluierenden, retikulonodulären Infil- traten mit voller Einbe- ziehung der Peripherie.

Pleurabeteiligung selten, hauptsächlich durch Grunderkrankung be- dingt

Fieber, ausgeprägte Ta- chypnoe, Orthopnoe, star- ke Zyanose, aschgraues Hautkolorit, körperlicher Verfall, Verwirrtheit, Som- nolenz, moribunder Zu- stand, Blutgase trotz Druckbeatmung mit 0 2 an der Grenze des Existenz- minimums, plötzlicher Exi- tus. (Leukopenie < 3000 pro mm 3 mit schwerer Hyp- oxie sind prognostisch in:

fauste Zeichen) Stadium der

Erkrankung

Klinische Symptome Mikrobiologische Diagnostik') Röntgenologische Zeichen Latenter

Befall

ENTA2) 0

Broncho- pulm.

Aspiration

0

keine Spu-

tum 0

Lungen- biopsie

(+ )

+

keine Klinik und Diagnostik der Pneumocystis-carinii-lnfektion

1)Voraussetzungen: Optimale Nachweismethoden, so gfältige Verarbeitung des Materials, Erfahrung in der Pneumocystis-carinii-Diagnostik (Gefahr falsch negativer oder falsch positiver Ergeb- nisse)

2) Endotracheale Absaugung

3) je nach Untersuchungsgut (s. Tabelle 3)

0—(+) = keine bzw. sehr ge inge diagnostische Chance +—+++ = annehmbare bis sehr gute diagnostische Chance zum

Nachweis des Erregers

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pneumocystis-carinii-Pneumonie

Tabelle 1

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 33 vom 15. August 1984 (33) 2361

(4)

sammengefaßt. Die verschiede- nen Symptome einer Pneumocy- stis-carinii-lnfektion können schleichend im Laufe von Wo- chen oder ganz plötzlich, inner- halb von Stunden, einsetzen (7).

0

Die endemisch-infantile und die schleichende Verlaufsform bei

Kindern und Erwachsenen wurde besonders nach dem II. Weltkrieg in Europa, oft während des Viet- namkrieges sowie in Hungerge- bieten der Dritten Weit beobach- tet. Vermutliche Ursache, neben einer lmmunschwäche, ist eine Mangelernährung, insbesondere an Proteinen. Bis zum Auftreten

Abbildung 3: Makroskopische Aufnahme von der Lungenspitze eines 40jährigen AIDS-Patienten, der an Pneumocystis-carinii-Pneumonie verstorben ist. Typische Veränderungen: ungleichmäßig vermehrte Konsistenz, graurötliche Verfärbung

Histologische Manifestationen der Pneumocystis-carinii-Pneumonie

0

Charakteristische Befunde

~ Dichtes, schaumiges Exsudat mit eosinephilern Material in den Alveolen

~ Interstitielle Entzündung mit Infiltration durch Lymphozyten, Plasmazellen und Histiozyten, Ödem der lnterlobularsepten mit nur geringer entzündlicher Zell- infiltration

~ Pneu mocystis-.. Ciusters" (in Haufen vorkommende Erreger) im Alveolarraum, die nur mit se- lektiven Färbeverfahren darstell- bar sind

~ Alveolardeckzelldesquama- tion, gelegentlich hyaline Mem- branen

Tabelle 2

8

Weniger charakteristische Befunde

~ Intraalveolares Exsudat fehlt oder ist kaum vorhanden. Im ei- weißreichen Exsudat sind im Frühstadium nur vereinzelt Pneumazysten zu finden.

~ Diffuse Desquamation und Zerstörung der Alveolarzellen

~ Interstitielle Fibrose

~ Epithelaide Granulome, in-

traalveolar und interstitiell mit Pneumozysten, gelegentlich mehrkernige Riesenzellen

~ Massive interstitielle Zellinfil- tration

~ Starke alveolare Makropha- geninfiltration

~ Kalzifizierung des Alveolarin- haltes

von schweren Symptomen nach anfänglich uncharakteristischen Zeichen (Husten, Diarrhoe, Ge- wichtsverlust, subfebrilen Tempe- raturen) können mehrere Tage bis Wochen vergehen. Die Letalität beträgt ohne Therapie bis zu 50 Prozent. Wegen ihres schleichen- den Verlaufes können die Pneu- mocystis-cari n i i-Erkranku ngen von AIDS-Patienten in diese Grup- pe eingeordnet werden.

8

Die akut-fulminante Verlaufs- form beobachtet man vor allem bei immunsupprimierten Kindern und Erwachsenen. Nach Auftreten von Fieber, Dyspnoe, Tachypnoe und später Zyanose entwickeln sich röntgenologische Zeichen für eine massive pulmonale Infiltra- tion und Pneumonitis erst verzö- gert, wodurch die Schwere der Er- krankung oft unterschätzt wird. Unbehandelt endet diese Ver- laufsform meist letal. Eine durch Pneumocystis cann11 bedingte

,,Transplantationspneumonie''

kann nach mehrwöchiger immun- suppressiver Therapie auch dann noch eintreten, wenn die Dosie- rung der Immunsuppressiva redu- ziert wird.

Pathologische Anatomie der Pneumocystis-carinii-Pneumonie

Makroskopisch erscheint die Lun- ge oft rötlich- oder gelblich-grau

und ist unregelmäßig verfestigt,

mit Iufthaitigen Arealen zwischen den meist stark konsistenzver- mehrten Abschnitten (s. a. Abbil- dung 3). Typisch ist die Beteili- gung beider Lungenflügel. Bei der histologischen Beurteilung ist zu beachten, daß neben typischen Zeichen der Pneumocystis-carinii- Pneumonie oft auch Veränderun- gen auftreten, die eher an andere Erkrankungen denken lassen (9, 10, 11).

Tabelle 2 gibt einen Überblick über die häufigen charakteristi- schen un.d weniger charakteristi- schen histologischen Befunde bei der Pneu mocystis-cari n i i-Pneu- monie. Pneumazysten lassen sich

(5)

Abbildung 4: Pneu- mocystic-carinii- Pneumonie bei ei- nem 40jährigen AIDS-Patienten mit schwerer respirato- rischer Insuffizienz, die eine künstliche Beatmung notwen- dig machte Abbildung 5: Pneu- mocystic-carinii-be- dingte „Transplan- tationspneumonie"

bei einer 60jähri- gen Patientin nach Nierentransplanta- tion

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pneumocystis-carinii-Pneumonie

Methoden der Lungenbiopsie zum Erregernachweis bei der Pneumocystis-carinii-Infektion nach abnehmender Erfolgsquote

Nachteile/Komplikationen Vorteile

Art des Eingriffs

Offene Lungenbiopsie sehr hohe Trefferquote, da- durch Zeitgewinn für schnelle therapeutische Entscheidun- gen, Biopsie kann selektiv unter Sicht erfolgen,

genug Material für alle weiteren diagnostischen Maßnahmen

Vollnarkose notwendig, nicht ausführbar bei schwerkranken Patienten

Transthorakale Nadelbiopsie Lokalanästhesie genügt, aus- führbar bei Schwerkranken, ho- he Trefferquote

Pneumothorax, Pneumomedia- stinum, Hämatothorax, wenig Material für die weitere Diagno- stik

Transbronchiale Biopsie mit Bronchoskop ausführbar, niedrige Komplikationsrate, Ma- terial reicht für Histologie, noch annehmbare Trefferquote

Pneumothorax, Hämatothorax Hämoptysis

Endobronchiale Bürstenbiopsie mit Bronchoskop ausführbar, niedrige Komplikationsrate

Hämoptysis (selten), Treffer- quote fragwürdig

Tabelle 3

in der routinemäßigen HE-Fär- bung nur unvollkommen oder gar nicht darstellen. Besonders irre- führend kann es sein, wenn Lun- gengewebe durch die Therapie, durch die Grunderkrankung oder durch andere Infekte bereits vor- geschädigt ist. Bei verdächtigen histologischen Befunden sollten geeignete Spezialfärbungen, wie z. B. die Grocott-Silberfärbung,

zum Erregernachweis ausgeführt werden. Erst dadurch ist ein si- cherer histologischer Nachweis oder Ausschluß möglich.

Klinische Diagnostik

Die Diagnose muß möglichst früh- zeitig gestellt werden. In der Pra- xis entstehen oft Verzögerungen

durch Warten auf mikrobiologi- sche und serologische Befunde, während man den Patienten anti- biotisch breit abgedeckt in relati- ver Sicherheit wähnt. Mittlerweile kann beim Patienten eine bedenk- liche Progredienz mit schwerer 1-lypoxie auftreten, die mit Inten-

sivmaßnahmen, einschließlich Druckbeatmung mit Sauerstoff, bekämpft werden muß. C>

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 33 vom 15. August 1984 (37) 2363

(6)

Abbildung 6:

Angereicherte Bronchiallavage der Patientin (Bild 5) (Grocott-Silber- färbung)

Der rasche Nachweis oder Aus- schluß einer Pneumocystis-cari- nii-Infektion entscheidet über die therapeutischen Konsequenzen (Fortführung oder Absetzen der immunsuppressiven oder zytosta- tischen Therapie, Einsatz von Co- Trimoxazol oder anderen antimi- krobiellen Substanzen) und damit auch weitgehend über die Pro- gnose der Erkrankung, weil der Zeitpunkt des Beginns der spezifi- schen Behandlung von entschei- dender Bedeutung für den Aus- gang der Erkrankung ist.

Für die Diagnostik ist mittels Biop- sie gewonnenes Lungengewebe das optimale Material. — Grund- sätzlich gilt, daß — gerade wegen des meist diffusen Befalls der Lunge im fortgeschrittenen Stadi- um — jede Art der Lungenbiopsie besseren Erfolg verspricht als die wiederholte Untersuchung von Bronchial- oder Trachealaspiraten (s. a. Tabelle 1, Klinik und Diagno- stik bei der Pneumocystis- carinii- Pneumonie). Sputum ist selbst im Spätstadium für die Diagnostik zu unsicher. Liegt Pneumocystis-ca- rinii-Pneumonie-Verdacht bei Ri- sikopatienten insbesondere bei schneller Progredienz vor, so ist

zum Erregernachweis die offene Lungenbiopsie als die sicherste Methode zu empfehlen (11).

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die am meisten verwendeten Biopsiemethoden zum Pneumo- cystis-carinii-Nachweis. Wie inva- siv der diagnostische Eingriff ge- staltet wird (oder werden kann), muß vom Kliniker je nach Fall ent- schieden werden.

Bei Risikopatienten ist es bei Ver- dacht auf Pneumocystis-carinii- Pneumonie empfehlenswert, gleich mit der Therapie zu begin- nen und anschließend die diagno- stischen Maßnahmen zum Erre- gernachweis einzuleiten.

Außer dem Erregernachweis soll- te die Kontrolle der Blutgase zu den Standarduntersuchungen ge- hören, die über eventuelle Inten- sivmaßnahmen entscheiden.

Radiologische Diagnostik

Die röntgenologische Thoraxun- tersuchung mit kurzfristigen Ver- laufskontrollen gehört zu den dia- gnostischen Routinemaßnahmen

bei der Pneumocystis-carinii- Pneumonie (s.a. Tabelle 1, röntge- nologische Zeichen der Pneumo- cystis-carinii-Pneumonie). Jedoch ist bei der Beurteilung besondere Vorsicht geboten:

II> Bei beginnender Erkrankung fehlen häufig ausreichende Zei- chen für einen Lungenbefall, die Veränderungen hinken dem klini- schen Bild deutlich nach. Das gilt auch für die Heilungsphase. Nicht selten sind Fälle, bei denen für Pneumocystis-carinii-Pneu mon ie

„atypische" Veränderungen zu- mindest in der Anfangsphase vor- herrschend sind (12).

Das in der Abbildung 4 gezeigte Röntgen-Thoraxbild eines AIDS- Patienten mit Pneumocystis-cari- nii-Pneumonie entspricht keines- wegs der bei diesem Patienten bereits eingetretenen dramati- schen Situation mit Dyspnoe, Hyp- oxie, Tachypnoe und Zyanose.

Mikrobiologische Diagnostik

Grundsätzlich sollte der Erreger- nachweis so bald wie möglich er- folgen. Über die Chancen, den Er-

(7)

Präparat Länge der Therapie

Mögliche Nebenwirkungen

Heilungs- chancen') Dosis

Trimethoprim- Sulfamethoxazol (Bactrim®, Eusa- prim®)

20 mg TMP} pro 100 mg SMZ kg/Tag i. v. oder p. o.

(verteilt in 3-4 Dosen)

Knochenmarksto- xizität, Nausea, Emesis, Allergie, Diarrhoe, abdo- minale Beschwer- den

9-14 Tage 71-88%

Pentamidin-lso- thionat

(Lomidinee)

4 mg pro kg/Tag i. m.

Nieren- und Le- bertoxizität, Hy- poglykämie, Hy- potonie, periphe- re Neuritis, Lokal- reaktionen an der Applikationsstelle

9-15 Tage 42-75%

Trimethoprim- Sulfamethoxazol

5 mg TMP} pro 25 mg SMZ kg/Tag

p.o.

Verträglichkeit gut, keine signifi- kanten Unter- schiede zwischen den beiden Grup- pen festgestellt

Ergebnis einer Studie 2) mit 160 Patienten:

Placebo-Gruppe (80 Patienten) 21% PC-Infektio- nen

TMP-SMZ- Gruppe (80 Patienten)

keine PC-Infektio- nen

Pentamidin- Isothionat

nicht geeignet

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Pneumocystis-carinii-Pneumonie

reger in verschiedenen Materia- lien nachweisen zu können, gibt Tabelle 1 Aufschluß.

Die Grocott-Silberfärbung bie- tet die größte diagnostische Si- cherheit für den Erregernachweis sowohl im Lungengewebe (Tupf-

präparat und histologische Schnitte) als auch bei Aspiraten und Spülungen (9, 11), die ange- reichert werden sollten.

41)

Fast gleich gute Ergebnisse lie- fern noch die Kresylechtviolett- und 0-Toluidinblaufärbungen. Die

Gram-Weigert-Färbung kann da- gegen nur bedingt empfohlen werden (6, 11).

Die früher bevorzugte Giemsa- Färbung ergibt häufig falsch ne- gative Ergebnisse. Sie bietet je- doch auch Vorteile, weil sie die Therapie der Pneumocystis-carinii-Infektion

Therapieschema bei fortgeschrittener Erkrankung:

1. v. für die ersten 5-9 Tage, anschließend bei Besserung (Erhöhung des arteriellen 0 2-Druckes, Temperatur- rückgang) Übergang auf p.o.-Therapie. Bei Ausbleiben eines Therapieerfolges nach 4-5 Tagen, Umsetzen auf Pentamidin-Isothionat.

Prophylaxe bei Risikopatienten:

1) Auf Grund verschiedener Studien in den letzten 10 Jahren;

1) Ausgenommen AIDS-Fälle; hier mit beiden Mitteln nur geringe Heilungsaussichten 2) Abhängig vom rechtzeitigen Beginn der Therapie und von der Grunderkrankung

2) Insgesamt 30 589 Patiententage; Länge der Prophylaxe: 0,5-99 Monate, im Durchschnitt 339 Tage/Patient

Tabelle 4

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 33 vom 15. August 1984 (41) 2365

(8)

Parasitenumgebung (Zellen, Bak- terien, Pilze) sehr gut darstellt und sich deshalb zur Kontrolle der Qualität des Untersuchungsmate- rials gut eignet. Ferner stellt sie die Trophozoiten und die Innen- struktur der Zysten am besten dar, während die drei erwähnten Se- lektivfärbungen vor allem die äu- ßere Parasitenmembran anfärben. ..,.. Gut bewäj'rrt hat sich folgende Verfahrensweise: Alle Proben werden routinemäßig mittels Sil- berfärbung, Kresylechtviolettfär- bung und Giemsafärbung aufge- arbeitet. Von Lungenbiopsien werden zusätzlich histologische Schnitte angefertigt und nach Grocott-Silberfärbung sowie mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt. Diese Maßnahmen erhöhen zusätzlich die diagnostische Sicherheit, weil man bei schwächerem Befall den Erreger in loco (im Alveolarsy- stem) gezielt suchen kann und auch ein Bild über die histopatho- logischen Verhältnisse bekommt.

Durch diese Verfahren können falsch negative Ergebnisse weit- gehend ausgeschlossen werden. Falsch positive Ergebnisse (z. B.

durch Überfärbungen von Zellen und Zellbestandteilen) dürften bei Mitführung von Kontrollen und Untersuchung durch einen geüb- ten Diagnostiker kaum vorkom- men.

Der Nachweis pneumocystis-cari- nii-spezifischer Antikörper ist so- wohl durch falsch positive als auch falsch negative Resultate be- lastet und bietet für sich allein kei- ne ausreichende diagnostische Sicherheit (4,6). Erfolgverspre- chend erscheint der Antigennach- weis, wenn es in der Zukunft ge- lingt, heute noch bestehende technische Probleme zu lösen.

Therapie der

Pneumocystis-carinii-Pneumonie Tabelle 4 gibt eine Übersicht über therapeutische Möglichkeiten, Er- folgsaussichten und die Gefahr von Nebenwirkungen. Der früh- zeitige Therapiebeginn verbes-

sert die Prognose entscheidend (6, 9, 13, 14). Pentamidin-lsothio- nat (Lomidine®) allein oder in Kombination mit Co-Trimoxazol soll wegen der erheblichen Ne- benwirkungen auf die therapiere- sistenten Fälle beschränkt blei- ben. Mit Symptomen einer Aller- gie ist bei Co-Trimoxazol in weni- ger als 5 Prozent der Fälle zu rechnen. Bei AIDS-Patienten in Los Angeles und San Francisco sind allerdings zu über 60 Prozent makulopapuläre Exantheme be- obachtet worden, welche nach Absetzen des Co-Trimoxazols rasch abklangen (15). Für die The- rapie mit anderen Präparaten (z. B. Kombination von Pyrimetha- min mit Sulfonamiden oder Rifam- picin) liegen nicht genügend gesi- cherte bzw. widersprüchliche Er- gebnisse vor. Alle anderen be- kannten Antibiotika, Antimykotika sowie Antiprotozoenmittel haben bis jetzt keine ausreichende The- rapiewirkung auf Pneumocystis carinii gezeigt.

Schlußbetrachtung

Zu erwarten ist, daß die Diagnose einer Pneu mocystis-cari n i i-1 nfek- tion, insbesondere im Zusammen- hang mit den bisher häufig unge- klärten "atypischen Pneumonien"

in Zukunft häufiger gestellt wer- den wird. Einerseits wird mit zu- nehmendem Bekanntheitsgrad dieser Erkrankung und verbesser- ter Diagnostik durch selektive di- rekte Nachweismethoden des Er- regers die bisher anzunehmende hohe Dunkelziffer dieser Infektion abgebaut werden, andererseits ist bei einer steigenden Anzahl von Organtransplantationen auch eine echte Zunahme der Pneumocy- stis-carinii-lnfektion zu erwarten.

Die Häufigkeit der Pneumocystis- carinii-Pneumonie bei immunsup- primierten oder bei immunge- schwächten Patienten einschließ- lich Patienten mit AIDS und der oft letale Ausgang unterstreichten die Notwendigkeit, daß sich alle Ärzte, insbesondere die Klinikärz- te, mit diesem Krankheitsbild ver-

traut machen. Eine frühe Diagno- se vermag die ungünstige Pro- gnose entscheidend zu verbes- sern, obwohl die Suche nach ef- fektiveren bzw. mit weniger Ne- benwirkungen . belasteten Thera- piemaßnahmen bislang ohne Er- folg geblieben ist.

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Anschrift für die Verfasser: Dr. med. Diplom-Biochemiker And reas Szabados

Max-v .-Petten kofer-1 nstitut für medizinische Hygiene und Mikrobiologie Pettenkoferstraße 9a 8000 München 2

Referenzen

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