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Archiv "Diagnostische Aspekte der Dünndarmbiopsie" (10.08.1978)

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Diagnostische Aspekte der Dünndarmbiopsie

Herwart F. Otto

Aus dem Pathologischen Institut der Universität Hamburg (Direktor: Professor Dr. med. Gerhard Seifert)

Die Dünndarmbiopsie gehört neben der Funktionsdiagno- stik zu den wichtigsten Unter- suchungsmethoden bei den Durchfallerkrankungen. Lu- penmikroskopie, Lichtmikro- skopie und Elektronenmikro- skopie erlauben eine exakte Klassifikation der in Frage kommenden Krankheitsbilder mit morphologischen Verän- derungen.

Die perorale Dünndarmbiopsie mit lupen- und lichtmikroskopischer Untersuchung hat als Routineme- thode neben den Methoden der Funktionsanalyse einen festen Platz in der Diagnostik vor allem der diffu- sen Enteropathien (1, 2, 3). Als biop- tische Verfahren stehen die blinde Saugbiopsie und die gezielte endo- skopische Gewebsentnahme zur Verfügung.

Die Saugbiopsie ist, unter röntgeno- logischer Positionskontrolle vorge- nommen, eine fast komplikationslo- se Methode, die auch an nichtspe- zialisierten Abteilungen durchge- führt werden kann. Das Prinzip der Saugbiopsie ist die Mukosa-Aspira- tion und Abtrennung mittels einer oral eingeführten, an einer Sonde befestigten Kapsel. Die Unterschie- de der zahlreichen Instrumente be- ruhen im wesentlichen auf der Akti- vierung (Kraftübertragung) bezie- hungsweise Steuerung des Messers im Sondenkopf (Bowdenzugsonden, durch Unterdruck aktivierte Syste- me, hydraulische Systeme) (Abbil- dung 1).

Bei der gezielten endoskopischen Biopsie (Zangen- und/oder Schlin- genbiopsie) handelt es sich derzeit noch um eine Spezialmethode, die wenigen Zentren vorbehalten ist.

Der Vorteil dieser Methode liegt in der vergleichenden Beurteilung von makro- und mikromorphologischen

Befunden. Andererseits sind die en- doskopisch gewonnenen Biopsie- partikel vergleichsweise klein und oft auch mechanisch alteriert. Da- durch kann die Beurteilbarkeit ein- geschränkt sein.

Diagnostische Methoden

In der täglichen Routinediagnostik erfolgt die Beurteilung einer Dünn- darmbiopsie sowohl lupenmikro- skopisch (Reliefbeurteilung) als auch lichtmikroskopisch. Beide Be- urteilungsmöglichkeiten sind einan- der ergänzende Verfahren. Erst durch die histologische Untersu- chung eines Biopsates werden dia- gnostisch spezifische Befunde er- faßt.

Lupenmikroskopie

Unmittelbar nach der Biopsie wird das Schleimhautmaterial vorsichtig ausgebreitet und in einer Petrischa- le mit 4- bis 10prozentigem, neutral gepuffertem Formalin überschichtet und erst dann lupenmikroskopisch beurteilt.

Die lupenmikroskopischen Reliefbe- funde lassen sich folgendermaßen klassifizieren:

Normale Schleimhaut mit finger-, blatt- und/oder zungenförmigem Zottenrelief (Abbildung 2);

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Abbildung 1: Biopsie-Sonde nach Quinton.

A) Betriebsbereites Instrument. Nur Raum 1 ist mit isotonischer Kochsalz- lösung gefüllt. Ein Teil der Mukosa ist in die seitliche Öffnung des In- strumentes hineingesogen.

B) Unter Druckerhöhung in Raum 1 wird das Messer bewegt, das den aspirierten Schleimhautanteil ab- trennt. Gleichzeitig wird ein Kanal (Pfeil) geöffnet. der beide Räume ver- bindet, so daß die Kochsalzlösung auch in Raum 2 fließen kann.

C) Das Biopsat wird mit dem Flüssig- keitsstrom aus dem Instrument ge- spült. Sobald der hohe Druck in Raum 1 aufgehoben ist. springt das Messer in die Ausgangsstellung (A) zurück (aus Otto und Gebbers 1977)

memeemeeme...

Abbildung 2: Lupenmikroskopischer Befund. Duodenum: blattförmige Zotten- variante

Dünndarmbiopsie

Gyriformes (hirnwindungsartig,

„convoluted") Zottenrelief, das hi- stologisch der partiellen Zotten-

„Atrophie” entspricht;

Flache, zottenlose Mukosa. Die Öffnung der Schleimhautkrypten ist direkt einsehbar. Diese Umformung entspricht histologisch der subtota-

len (beziehungsweise totalen) Zot- ten-„Atrophie".

Systematische Untersuchungen der Dünndarmschleimhaut haben ge- zeigt, daß große physiologische Va- riationsbreiten bestehen können.

Sie müssen bei der Beurteilung ei- nes jeden Biopsiepräparates in

Rechnung gestellt werden. Außer- dem spielen hinsichtlich der statisti- schen Norm regionale (geographi- sche) und sozioökonomische Be- sonderheiten (Ernährungsgewohn- heiten, Exposition gegenüber ente- ralen Infekten) eine nicht unerhebli- che Rolle.

Lichtmikroskopie

Der diagnostische Informationsge- halt einer Dünndarmbiopsie ist ab- hängig von der Kenntnis des Ent- nahmeortes und von einer sachge- rechten Materialaufarbeitung. Ne- ben der optimalen Gewebefixierung ist vor allem eine orthograde (verti- kale) Schnittführung durch die Ach- se der Schleimhautzotten und -kryp- ten bedeutsam.

Die histologische Untersuchung be- rücksichtigt den strukturellen Auf- bau der Schleimhautzotten und -krypten und die zellulären Bauele- mente der Mukosa (Lamina epithe- lialis mucosae und Lamina propria mucosae).

Die Lamina epithelialis mucosae ge- hört zu den sogenannten Wechsel- geweben. Sie besitzt zwei verschie- dene Zellkompartimente: ein funk- tionell und strukturell ausgereiftes Resorptionsepithel (Enterozyten) beziehungsweise sekretorisch akti- ve Zellen (Paneth- und Becherzel- len) und ein proliferatives Krypten- epithel (Abbildung 3).

Aus proliferationskinetischen Unter- suchungen ist bekannt, daß die phä- nomenologische Vielfalt krankhafter Schleimhautveränderungen hin- sichtlich der formalen Pathogenese auf zwei Reaktionsformen zurück- geführt werden kann:

auf eine sogenannte hyperrege- neratorische Reaktionsform mit ge- steigerter Zellproliferation (Abbil- dung 4). In klassischer Weise findet man diese Form bei der glutensensi- tiven Enteropathie („coeliac-sprue") (= sprue-typisch, aber nicht patho- gnomonisch umgebaute Schleim- haut) mit einer deutlichen Steige- rung der proliferativen Aktivität

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strukturen. Mor- phometrische Parameter

IV

Abbildung 4: Schematische Darstellung des Schleimhautumbaus vom hyper- regeneratorischen Typ. — I. Normale Schleimhaut. — II. Partielle Zottenatrophie.

— III. Subtotale Zottenatrophie. — IV. Totale Zottenatrophie, jeweils mit Kryp- tenhyperplasie. — V = Schleimhautzotte. C = Schleimhautkrypte (aus Otto und Gebbers 1977)

Zottenlänge

Differenzierungszone

Kryptentiefe

Muscularis mucosae

Zottenbreite

Abbildung 5: Glutensensitive, unbehandelte Enteropathie: sprue-typisch umgebaute Schleimhaut mit Zottenatrophie und Kryptenhyperplasie

(Kryptenhyperplasie beziehungswei- se „Hyperplasie der Enteroblasten") (Abbildung 5);

auf eine hyporegeneratorische Reaktionsform mit reduzierter Zell- proliferation (Atrophie im eigentli- chen Sinne). Diese Reaktionsform findet man bei herabgesetzter mito- tischer Aktivität, etwa nach Gamma- strahlen oder nach zytostatischer Therapie (Methotrexat), aber auch bei globalem Nahrungsmangel. Aus der verminderten proliferativen Akti- vität resultiert eine Reduktion so- wohl der Zotten- als auch der Kryp- tenlänge. In strengem Sinne gilt nur für diese exogen und/oder endogen (Hormonmangel bei Zustand nach Hypophysektomie) verursachte Re- aktionsform die Bezeichnung Atro- phie.

Das Schleimhautstroma enthält schon unter physiologischen Kondi- tionen eine Vielzahl von verschiede- nen Rundzellen: Lymphozyten, Plas- mazellen, Makrophagen, Mastzellen und Granulozyten. Diese Zellformen haben ein recht charakteristisches Verteilungsmuster. Bei verschiede- nen Erkrankungen (Immunopathien, Mastozytose, eosinophile Enteritis) kann es in typischer und diagno- stisch relevanter Weise verändert sein. Gegebenenfalls sind spezielle Untersuchungsmethoden, wie Im- munhistologie (selektiver IgA-Man- gel) und/oder Elektronenmikrosko- pie (Makrophagendefekte) indiziert.

Pathologische Ablagerungen im Schleimhautstroma, sowohl intra- zellulär (Morbus Whipple) als auch extrazellulär (Amyloidose), sind in vielen Fällen krankheitsspezifisch und somit von großer diagnosti- scher Relevanz. Andererseits haben Erweiterungen der intestinalen Lymphgefäße eine diagnostische Bedeutung beim kongenitalen Eiweißverlustsyndrom.

Mikrodissektionsverfahren

Durch das von R. M. Clarke (Litera- tur bei 2) ausgearbeitete Mikrodis- sektionsverfahren ist es möglich ge- worden, auf relativ einfache Art und Weise exakte quantitative Daten zur

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 32 vom 10. August 1978 1813

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Tabelle 1: Primäre Immunmangelsyndrome (aus Otto und Gebbers 1977)

Intestinale Symptome Immundefekt Beteiligung und Histologie

B-Zelt-Defekte Infantile Agamma- globulinämie (chro- mosomal gebunden) Chromosomal ge- bundener Immun- mangel mit Hyper- IgM

Selektiver IgA-Man- gel

Transitäre Hypogam- maglobulinämie der Säuglinge

Immunmangelsyn- drome mit normalen Serum-Immunglobu- linen

Erworbene

Hypogammag lobu I i n- ämien

T-Zelt-Defekte Di-George-Syndrom

B- und T-Zell-Defekte Immunmangel mit Ataxia teleangiec- tatica

Wiskott-Aldrich-Syn- drom

Dwarfismus

Immunmangel mit Thymomen

Kombinierte Immun- mangelsyndrome (autosomal rezessiv, chromosomal ge- bunden, sporadisch)

Lambliasis,

Mangel (Fehlen) an Plasmazellen

Zöliakie, noduläre lymphoide Hyperpla- sie, Lambliasis, Mali- gnome

Diarrhö Malabsorption

Noduläre lymphoide Hyperplasie, Zölia- kie, Lambliasis, Mali- gnome, Kolitis, B 12

-Malabsorption

Malignome, Diarrhöe

Magenkarzinome, B 12-Malabsorption

Blutige Diarrhöe, Malabsorption Diarrhöe und Stea- torrhöe, lipidspei- chernde Makropha- gen, Kryptenab- szesse

Diarrhöe

Diarrhöe, Malab- sorption, Mangel an Plasmazellen, lipid- speichernde Makro- phagen

(+)

++ +

(+)

+++

Dünndarmbiopsie

Oberflächenstruktur der menschli- chen Dünndarmschleimhaut zu er- halten. Das Verfahren basiert auf der isolierten morphometrischen, das heißt quantitativen Analyse von Schleimhautzotten und -krypten.

Diese quantitative Strukturanalyse hat gezeigt, daß zwischen der Zot- tenhöhe und der resorbierenden Oberfläche eine signifikante Korre- lation besteht.

Pathologisch veränderte Schleimhautbilder

Das Spektrum der krankhaften Ver- änderungen der Dünndarmschleim- haut kann unter ausschließlich dia- gnostischen Gesichtspunkten in fol- gende Gruppen unterteilt werden:

Erkrankungen mit diagnostisch spezifischen (pathognomonischen) Biopsiebefunden.

In diese Gruppe gehören der Mor- bus Whipple mit einer Ansammlung von sogenannten SPC-(„sickleform particles containing"-)Zellen im Schleimhautstroma, die kollagene Sprue mit breiten, subepithelialen Kollagenablagerungen, die A-ß-Li- poproteinämie (Bassen-Kornzweig- Syndrom) mit einer Akkumulation von Triglyceriden in den Enterozy- ten, Immunmangelsyndrome (Tabel- le 1), die eosinophile Enteritis und die Amyloidose.

Erkrankungen mit charakteristi- schen, aber unspezifischen Biopsie- befunden.

Typischer Vertreter dieser Gruppe ist die einheimische, glutensensitive Sprue („coeliac-sprue"). Der cha- rakteristische histologische Befund bei der unbehandelten glutensensi- tiven Enteropathie ist die subtotale (beziehungsweise totale) Zotten-

„Atrophie” mit einer deutlichen Ver- längerung der Schleimhautkrypten.

In statistischer Hinsicht spricht ein solcher Befund zumindest für mittel- europäische Breiten mit großer Wahrscheinlichkeit für einen Glu- tenschaden. Vergleichbare Läsio- nen finden sich aber auch bei der sogenannten unklassifizierbaren

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Tabelle 2: Histologische Klassifikation der Duodenitis (nach Whitehead et al. 1975)

Schwere- grad

Histologische, den Schweregrad charakte- risierende Befunde

Generelle histologische Befunde Befunde

Grad 0 Normal

Oberflächenepithel + Zottenarchitektur, nor- male zelluläre Infiltra- tion des Schleimhaut- stroma (Lymphozyten, Plasmazellen)

Entzündlich-degenera- tive Veränderungen des Oberflächenepithels

Zunehmen- Neutrophile de entzünd- Granulozy- liche Infil- ten tration des Schleim-

hautstroma Metaplasie und reakti- gastraler ve Zotten- (mukoider) atrophie Oberflä-

chenzellen Grad 1

Grad 2

Grad 3 Erosive Mukosadefekte V V

Sprue (spricht nicht auf gliadinfreie Diät an; Ausschlußdiagnose), bei der Sojaproteinintoleranz, gelegentlich auch bei der tropischen Sprue, beim Kwashiorkor, bei der chronischulze- rativen, nichtgranulomatösen Jeju- noileitis und bei der (malabsorpti- ven) Dermatitis herpetiformis Duh- ring.

Auch bei den verschiedenen Lipid- speicherkrankheiten (Cholesterin- ester-Speicherkrankheit, Tangier- Krankheit, Wolmansche Choleste- rinlipoidose) finden sich histolo- gisch zwar charakteristische, indes- sen unspezifische Veränderungen, so daß für die exakte Diagnose bio- chemische Untersuchungen not- wendig sind.

(I)

Erkrankungen mit nur inkonstant nachweisbaren Läsionen, entweder diagnostisch spezifischer oder cha- rakteristischer Art. Sofern derartige Läsionen erfaßt werden, sind dia- gnostisch relevante Aussagen mög- lich. Mithin ist in dieser Gruppe nur der positive Biopsiebefund diagno- stisch verwertbar. Negativbefunde schließen das Vorliegen einer Krankheit nicht aus. Typische Ver- treter dieser Gruppe sind der Mor- bus Crohn, die verschiedenen para- sitären Erkrankungen, die primäre intestinale Lymphangiektasie oder maligne Lymphome.

Die diagnostische Effizienz der Dünndarmbiopsie wird besonders bei segmental manifestierten Läsio- nen durch Stufenbiopsien entlang der intestinalen Wegstrecke wesent- lich erhöht. Darüber hinaus können durch multiple Biopsien segmentar- tige Läsionen relativ exakt gegen- über gesunden Darmabschnitten abgegrenzt werden. Das ist gegebe- nenfalls für operativ-therapeutische Interventionen von ausschlaggeben- der Bedeutung. So kann beispiels- weise bei der primären intestinalen Lymphangiektasie die präoperative Ermittlung derjenigen Areale mit

„maximaler Lymphangiektasiedich- te - wesentliches zur Operationsindi- kation und zum operationstakti- schen Vorgehen beitragen.

Erkrankungen mit abnormen Biopsiebefunden, aber ohne dia-

gnostisch spezifischen oder charak- teristischen Informationsgehalt.

Zahlreiche endogene Faktoren (Stoffwechselprodukte, selektive Mangelzustände) und exogene No- xen können unterschiedlich schwe- re Malabsorptionssymptome hervor- rufen. Bei dieser großen Gruppe von primär zum Teil extraintestinalen Er- krankungen ist der dünndarmbiopti- sche Befund meist so uncharakteri- stisch, daß ein wesentlicher Beitrag zur Diagnose nicht zu erwarten ist.

Dies gilt beispielsweise für Malab- sorptionssymptome bei verschiede- nen Endokrinopathien (diabetische Enteropathie), bei chronischem Al- koholabusus, bei medikamentösen Schleimhautschäden oder auch bei Viruserkrankungen. Die Dünndarm- biopsie kann meist nur dem differ- entialdiagnostischen Ausschluß ei- ner glutensensitiven Enteropathie dienen.

Erkrankungen mit normalen (zu- mindest mit licht- und lupenmikro- skopisch normalen) Biopsiebefun- den.

In diese Gruppe gehören die konge- nitalen Störungen der Darmresorp-

tion, die sogenannten brush border membrane diseases. Es handelt sich um zumeist nur isolierte Störungen der Resorption infolge eines isolier- ten Enzymausfalls (Enzymopathien), wie etwa bei den Disaccharidmalab- sorptionen.

Der jeweilige Enzymmangel ist en- zymhistologisch (vor allem aber bio- chemisch) mit einer exakten zytoto- pographischen Zuordnung zu den entsprechenden Zellstrukturen nachweisbar.

Entzündliche Duodenalerkrankun- gen: „Duodenitis"

Die Frage, ob eine eigenständige, akut oder chronisch verlaufende Duodenitis im Sinne einer klinisch- pathologischen Entität existiert, ver- gleichbar etwa der Gastritis, ist noch immer nicht endgültig entschieden.

Auch die gezielte duodenoskopi- sche Biopsie hat unseres Erachtens das Problem der sozusagen „essen- tiellen" Duodenitis noch nicht klä- ren können. Entzündungen im Duo- denum sind zumeist wohl sekundär- entzündliche Läsionen im Rahmen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 32 vom 10. August 1978 1815

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Dünndarmbiopsie

anderer Grundkrankheiten (Gastro- enteritis, Morbus Crohn, Zollinger- Ellison-Syndrom u. a.).

Ungeachtet dieser Probleme ist in letzter Zeit mehrfach versucht wor- den, die entzündlichen Duodenallä- sionen hinsichtlich ihres Schwere- grades und ihres Verlaufes zu klassi- fizieren. Brauchbar erscheint uns die Klassifikation von Whitehead et al. (4), die außer der entzündlich- zellulären Reaktion auch die epithe- lialen Veränderungen berücksichtigt (Tabelle 2).

Tumoröse Dünndarmläsionen Der bioptisch-histologische Nach- weis von Dünndarmtumoren kann im täglichen Routinebetrieb allen- falls für den Bereich des Duodenum als einigermaßen effektiv bezeichnet werden. Eine wesentliche Wandlung hat sich hier vor allem durch die gezielte Gewebsentnahme im Rah- men gastroduodenoskopischer Un- tersuchungen ergeben.

Allerdings liefert die Zangenbiopsie gar nicht so selten ein falsch negati- ves Ergebnis, insofern, als Tumoren der Papillenregion sich zum Teil un- ter der Duodenalschleimhaut, im Pa- pillendelta, ausbreiten, die Mukosa zwar polypös vorwölben, sie aber nicht infiltrieren. In solchen Fällen sind zur sicheren diagnostischen Abklärung Schlingenbiopsien indi- ziert.

Tumoröse Läsionen (Polypen, Karzi- nome, mesenchymale Tumoren) des Jejunum und Ileum sind auch heute noch Domäne der Röntgendiagno- stik, wenngleich in Einzelfällen die histologische Sicherung der Dia- gnose und sogar therapeutische Po- lypektomien gelungen sind.

Verschiedene lymphoretikuläre Tu- moren (maligne Lymphome) können zu einer teils diffusen, teils herdför- mig betonten Infiltration des Inte- stinaltraktes führen, gelegentlich mit unterschiedlich schweren Mal- absorptionssymptomen. Der biopti- sche Tumornachweis gelingt vor al- lem bei den diffusen Formen.

Die Dünndarmbiopsie hat als metho- disch einfaches und komplikations- armes Verfahren in der Diagnostik verschiedener Enteropathien eine entscheidende Bedeutung erlangt.

Die Reaktionsmöglichkeiten der Darmschleimhaut auf verschiedene Noxen indessen sind begrenzt. Die- ser Sachverhalt erschwert zum Teil die Interpretation der morphologi- schen Befunde hinsichtlich einer Kausalanalyse.

Es kommt hinzu, daß in der Biopsie nie alle Darmwandschichten (als der eigentlichen Organeinheit) erfaßt werden. Auch das mag ein Nachteil der Methode sein. Die diagnostische Auswertung eines Dünndarmbiop- sates fragt deshalb in erster Linie nach den gestaltlichen Ursachen ei- ner gastrointestinalen Erkrankung.

Insofern handelt es sich um funktio- nelle Morphologie.

Literatur

(1) Gottesbüren, Riecken, E. 0.: Die Dünn- darmbiopsie - Methodik und diagnostische Aussage. Leber-Magen-Darm 7 (1977) 182 - (2) Otto, H. F., Gebbers, Die Dünndarm- biopsie. In: Das gastroenterologische Kompen- dium, Bd. 2. Baden-Baden, Brüssel, Köln, New York: Witzstrock 1977 - (3) Perera, D.

Weinstein, W. M., Rubin, C. E.: Small intestinal biopsy. Hum. Pathol. 6 (1975) 157 - (4) White- head, R., Roca, M., Meikle, D. D., Skinner, J., Truelove, S. C.: The histological classification of duodenitis in fibreoptic biopsy specimens, Digestion 13 (1975) 129

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Herwart F. Otto Pathologisches Institut

der Universität Hamburg Martinistraße 52

2000 Hamburg 20

FÜR SIE GELESEN

Sulfinpyrazon

zur Prävention nach Myokardinfarkt

Von September 1975 bis Juli 1977 wurden an 21 Kliniken der USA und an 5 kanadischen Kliniken insge- samt 1620 Patienten im Alter von 45 bis 70 Jahren 25 bis 35 Tage nach überstandenem Myokardinfarkt in die Studie eingebracht. Von den 1475 zur Auswertung Akzeptierten erhielten 742 Patienten Plazebo und 733 Patienten 800 mg Sulfinpyrazon täglich. Dropouts gab es insgesamt 214.

Mittels Randomisierung und Schichtung wurde eine gleichmäßi- ge Verteilung der Risikofaktoren auf die beiden Gruppen erreicht, mit Ausnahme der Herzrhythmusstörun- gen, die signifikant häufiger in der Plazebo-Gruppe waren (S 83:P 111).

Zum Zeitpunkt dieser Vorauswer- tung betrug der durchschnittliche Beobachtungszeitraum 8,4 Monate.

Todesfälle aus kardiovaskulärer Ur- sache (plötzlicher Herztod, Reinfarkt und andere kardiovaskuläre Ursa- chen) waren signifikant reduziert (P

= 0,018) in der Sulfinpyrazon-Grup- pe (5,1 Prozent; n = 24) gegenüber der Plazebo-Gruppe (9,5 Prozent; n

= 44), und zwar um 48,5 Prozent.

Bezogen allein auf den plötzlichen Herztod, lag die Reduktion sogar bei 57,2 Prozent.

Keine signifikanten Unterschiede, jedoch positive Trends zugunsten der Sulfinpyrazon-Therapie wurden beobachtet bei überlebtem Rein- farkt (P 41:S 31), Rhythmusstörun- gen (P 25:S 14), zerebrovaskulären Erkrankungen (P 11:S 5) und sonsti- gen kardiovaskulären Erkrankungen (P 17:S 6). Nach diesen Ergebnissen reduziert Sulfinpyrazon innerhalb des ersten Jahres nach Myokardin- farkt die Todesfälle aus kardiovas- kulärer Ursache. Wle

Sulfinpyrazone in the Prevention of Cardiac Death after Myocardial lnfarction. The An- turane Reinfarction Trial Research Group, New Eng. J. of Med. Vol. 298 (1978) Nr. 6, 289-295

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