A168 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 5⏐⏐30. Januar 2009
P O L I T I K
D
er Präsident der Bundesärz- tekammer wird nie laut.Zweifel oder Kritik an gesundheits- politischen Weichenstellungen ver- packt Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe vorzugsweise in nachdenk- liche, zuweilen ironische Hinweise.
So auch beim diesjährigen traditio- nellen Neujahrsempfang von Bun- desärztekammer und Kassenärztli- cher Bundesvereinigung (KBV) am 22. Januar im Berliner „KaDeWe“.
Die Ärzteschaft sei dankbar für die Aufstockung der Budgets im ambulanten wie im stationären Be- reich, lässt er Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) wis- sen. „Aber es ist noch nicht genug“, fügt Hoppe unbeirrt hinzu. Außer- dem würden immer höhere Anfor- derungen an das Gesundheitssystem gestellt. Deshalb seien in nächster
Zeit „einige schwierige Entschei- dungen zu treffen“. Damit spielt Hoppe auf die anstehende gesetzli- che Regelung von Patientenverfü- gungen an (siehe Pro und Kontra in diesem Heft). Aus seiner Sicht kommt ein Jahr wie 2009 mit zahl- reichen Landtags- und einer Bun- destagswahl offenbar nicht ungele- gen. Wenn Gesundheitspolitik ein Thema im Wahlkampf sei, würden vielleicht die Parteipositionen kla- rer, sagt der Präsident.
Die Bundesgesundheitsministe- rin pariert den Wunsch nach mehr Geld für die Versorgung umgehend, und zwar gut gelaunt: Dieses Jahr seien rund elf Milliarden Euro mehr für die gesetzliche Krankenversi- cherung vorgesehen als zuvor, erin- nert Ulla Schmidt. Dennoch habe sie natürlich „nie damit gerechnet,
dass ich höre, jetzt reicht es“. Viele Ärzte und Pflegende hätten sicher- lich mehr Geld verdient, weil sie gute Arbeit leisteten. Doch sie müs- se eben das ganze System organisie- ren, stellte Schmidt klar.
Immerhin stocke der Staat seinen Steuerzuschuss nun um 1,5 Milliar- den Euro auf, betont die Ministerin noch, wünscht allen trotz der Wirt- schaftskrise ein gutes Jahr und rät den rund 600 Gästen: „Reden Sie viel miteinander; miteinander reden ist besser als gegeneinander.“
Auch dieser Satz fällt nicht ohne Hintersinn: Am Nachmittag hat es im Erweiterten Bewertungsaus- schuss zwischen den Krankenkas- sen und der KBV gekracht (siehe
„Seite eins“ in diesem Heft). Die KBV hat die Verhandlungen verlas- sen. Zankapfel sind neue Grundsät- ze darüber, wie die Ärztehonorare im Kollektivvertragsbereich zu kür- zen sind, wenn daneben Selektiv- verträge zu finanzieren sind.
Die Gesundheitspolitiker aus Ko- alition und Opposition, die gekom- men sind, halten sich offiziell zurück. Alle verzichten auf einen Redebeitrag. Wahlkampf? Später.n Sabine Rieser
NEUJAHRSEMPFANG DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT
Noch keine Spur von Wahlkampf
Seit Jahren laden Bundesärztekammer, Ärztekammer Berlin, Kassenärztliche Bundesvereinigung und KV Berlin ins „KaDeWe“ zum Neujahrsempfang. Im Traditionskaufhaus wird dann gegessen, getrunken und geredet – selbst wenn zwischen Politik und Ärzteschaft gerade Konflikte schwelen.
Ein Lächeln muss sein:Prof. Dr. med.
Jörg-Dietrich Hoppe (links) und Dr. med.
Frank Ulrich Montgo- mery begrüßen Bun- desgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt zum Neujahrsemp- fang.
Eine Rheinländerin allein stimmt nicht froh:Ernste Mienen nach dem Eklat im Bewertungsausschuss bei Dr. med. Carl- Heinz Müller (links) und Dr. med. Andreas Köhler (rechts).
Fotos:Georg J.Lopata