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Archiv "Leprahilfe im Ogaden nicht vergebens?" (07.09.1978)

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Leprahilfe im Ogaden nicht

vergebens?

Wilhelm Schulze

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen BLICK ÜBER DIE GRENZEN

Das „Relief Center Bisidimo" des Deutschen Aussätzigenhilfswerks im Ogaden Angesichts der Kriegs- und

Bürgerkriegsberichte aus Äthiopien erinnert sich der Verfasser an seine Arbeit im Leprazentrum Bisidimo; er hofft, daß die Ausbildung des einheimischen Personals in- tensiv genug war, daß diese Einrichtung die Wirren der Zeit überdauern kann.

Als wir am Samstag, dem 12. Juni 1976, um 6 Uhr 30 aus dem Camp fuhren, läuteten die Glocken von dem Turm unserer Kapelle. Vier Jah- re lang hatten wir hier gewirkt. Was haben wir zurückgelassen, und wie mag es jetzt dort ausschauen?

Das Relief Center mit seinem 200- Betten-Hospital und mit den 63 Au- ßenstationen, mit einer ausgedehn- ten Ambulanz, mit einer gepflegten Landwirtschaft und Plantagen und mit allen erdenklichen Werkstätten, hatte sich im Laufe der fast 20 Jahre seines Bestehens zu dem größten Leprazentrum des Deutschen Aus- sätzigen-Hilfswerks Würzburg (DAHW) entwickelt. Es war ja auch die Keimzelle des DAHW überhaupt gewesen. 1956 kamen der deutsche Journalist Franz Graf von Magnis und der Theologiestudent Richard Recke anläßlich des 25jährigen Re- gierungsjubiläums des damaligen Kaisers Haile Selassie — des Negus — nach Harar. Sie spürten hier das ent- setzliche Elend der Leprakranken auf. Aus dem zunächst ins Leben gerufenen Hilfswerk „Ganda-Feron"

für die Leprastation in Harar entwik- kelte sich schließlich das DAHW, welches wohl das bedeutendste und das segensreichste seiner Art in

Deutschland, vielleicht in der gan- zen Welt ist.

Es war nur zu gut verständlich, daß Würzburg gerade diesem ersten Sprößling, dem Lepra-Hilfszentrum Bisidimo, welches als Ersatz für die primitive Harar-Hilfsstelle gedacht war, seine besondere Fürsorge und Sorgfalt widmete. Und es wurde ein dankbarer Sproß, möchte ich nach- träglich feststellen.

Zu diesem Schluß werden jetzt die 16 000 von hier aus betreuten Lepra- kranken kommen, nachdem ihre

„Alma mater" nicht mehr im ur- sprünglichen Sinne existiert. Auch wir, die wir in dem Zentrum lebten, wußten damals nicht zu schätzen, wie gut wir es hier hatten.

Bisidimo war im Laufe der Jahre nicht nur in der Harar-Provinz be- kannt. Es war für ganz Äthiopien bis hinauf zu den Regierungsstellen ein Begriff geworden. Wir profitierten insofern davon, als wir, einmal als Touristen unterwegs, sobald wir uns als Bisidimo-Leute ausgaben, gleich

„number one" wurden. Bisidimo war sogar ein Begriff für den Welt- tourismus geworden.

Besonders in den beiden ersten Jah- ren unserer Tätigkeit vor der Revolu- tion erlebten wir es mehrfach, daß Touristenbusse bei uns aufkreuzten, deren Passagiere uns zwar von der Arbeit abhielten, wie wir es damals sahen. Durch ihre Anwesenheit wur- de uns jedoch immer wieder ins Be- wußtsein gebracht, an welch bedeu- tendem Platz wir uns hier aufhielten.

Inmitten einer öden Buschland- schaft am Ufer des Bisidimo-River gelegen, imponierte das Camp schon aus der Ferne, wenn man auf der Piste von Harar-Djijiga darauf zufuhr: wie der „Garten Eden" mit seinen umliegenden fruchtbaren be- wässerten Feldern, Gärten, Planta- gen und gepflegten Anlagen und Gebäuden. An diesem Projekt wurde besonders deutlich, was man schaf- fen kann, wenn man sich regt.

Aus diesem Zentrum fuhren wir hin- aus, nachdem wir 14 Tage lang Ab- schied gefeiert hatten. Wir waren noch in die weiße Festtracht der Am- haren gekleidet worden, die wir von der äthiopischen Belegschaft als be- sondere Anerkennung für unsere Tätigkeit geschenkt bekommen hat- ten. Meine Frau wurde besonders geehrt; sie bekam einen kostbaren alten amharischen Hochzeits- schmuck überreicht.

Trotz der frühen Morgenstunde war an diesem Tage das gesamte Camp auf den Beinen. Eine Anzahl beglei- tete uns noch zum Flugplatz Dire- Dawa. Ich sehe noch neben mir, auf die Maschine wartend, einen unse- rer Dresser, wie ihm die Tränen über die Wangen rollten. Father und Mother hatte er uns immer genannt.

Wir hatten anstelle seiner Eltern, die in Erithrea lebten, das „Ja-Wort" zu seiner Ehe gegeben und hatten die strapaziösen Hochzeitsfeierlichkei- ten zusammen durchgestanden. Un- ser Kontakt ist trotz Schwierigkeiten noch nicht abgebrochen. Hoffent- lich erreicht ihn ein Päckchen mei-

DEUTSCHES ARZ l'EBL ATT Heft 36 vom 7. September 1978 2015

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

BLICK ÜBER DIE GRENZEN

ner Frau, das sie für sein Töchter- chen abgesandt hat.

Nachdem der Krieg über den Oga- den und über die Harar-Provinz hin- weggebraust ist, werden die Nach- richten von ehemaligen Mitarbeitern immer spärlicher. Als letzte Neuig- keit haben wir erfahren, daß Bisidi- mo bombardiert worden ist. Daß man die Patienten in Richtung We- sten in einen Ort halbwegs zwischen Harar und Addis Abeba schon vor- her vorsorglich verlegt hatte, haben wir schon vor einigen Monaten er- fahren. Sie konnten in einer Einrich- tung untergebracht werden, die schon früher einmal vorbereitet wor- den war als Rehabilitationszentrum für Leprakranke.

Aus diesem Ort meldete sich vor kurzem unser schon erwähnter be- sonderer Freund, mein alter Dresser Bekele. Zu meiner besonderen Freu- de konnte er mir berichten, daß der Lepra-Kontrolldienst, wie er von uns aufgebaut worden war, in diesem Gebiet fortgeführt werden kann. Be- kele gab mir einen Bericht, wie ich ihn von den Fieldworkern und Sou- pervisaren in monatlichen Abstän- den gefordert hatte " - soundsoviel neue Patienten, davon 30 Prozent lepromatös und 70 Prozent tuberku- loid; bei einem Survey gab es fol- gendes Ergebnis ... "

Das war ein Beweis für mich, daß unsere Arbeit nicht vergebens war.

Mögen auch die Gebäude zerstört und zerbombt, Äcker, Gärten und Plantagen nicht bestellt, die Vieh- ställe leer, unsere ehemaligen Woh- nungen ausgeplündert, das von uns ausgebildete Personal in alle Winde zerstreut sein- es ist eine Genugtu- ung für mich, zu erfahren, daß die Arbeit des von uns ausgebildeten Personals in unserem Sinne und im alten Bisidimo-Geiste zum Wohle der Leprakranken weitergeht. So be- trachtet, war die Arbeit doch eine echte und erfolgreiche Entwick- lungshilfe.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Wilhelm Schulze Friedenskamp 6

2300 Kranshagen/Kiel

VEREINIGTE STAATEN

Negative Diskriminierung aufgehoben

Das höchste Gericht der USA, der Supreme Court, hat dem kaliforni- schen Studenten Allan Bakke' einen Medizinstudienplatz an der Universi- tät von Kalifornien verschafft. Zu- gleich wurde damit den in vielen US- Staaten auf den verschiedensten Gebieten geltenden Gesetzen oder sonstigen Vorschriften, in denen in exzessiver Weise Minderheiten- schutz getrieben wurde, ein gehöri- ger Schlag versetzt. Allan Bakke war nicht zum Medizinstudium zugelas- sen worden, obwohl sein Zeugnis- durchschnitt, der an der Universität eine entscheidende Rolle spielte, er- heblich besser war als die Noten an- derer, zugelassener Bewerber. Diese zugelassenen Bewerber hatten je- doch den Vorzug, einer Minderheit anzugehören- meist handelt es sich in Kalifornien dabei um Farbige oder Mexikaner. Die Antidiskriminie- rungsbestimmungen verlangten, daß die Minderheiten proportional zu den Studiengängen zugelassen werden, wobei die sonstigen Vor- aussetzungen für einen Hochschul- besuch keine Rolle spielen durften. Die Gerichtsentscheidung war mit 5:4 allerdings äußerst knapp. bt

Weiterbildung deutscher Ärzte

Aufgrund eines vom Kongreß im Au- gust 1977 verabschiedeten Geset- zes, das am 10. Januar 1978 rechts- kräftig wurde (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATI, Heft 47/1977, Seite 2787), ist die Einreise ausländischer Ärzte zu Weiterbildungszwecken an Kran- kenhäusern in den USA neu geregelt worden. Seit diesem Datum erhalten ausländische Ärzte nur noch dann ein Austauschbesuchervisum für ei- nen bis zu zwei Jahren befristeten Aufenthalt in den USA, sofern sie eine Bestätigung der Regierung ih- res Heimatlandes beibringen, daß in dem betreffenden Land ein Bedarf an Ärzten mit den Fähigkeiten und Kenntnissen besteht, die diese Ärzte

2016 Heft 36 vom 7. September 1978 DEUTSCHES ARZTEBLATT

während ihrer Weiterbildung in den USA erwerben wollen. Seit dem 10.

Januar 1978 dürfen Anstellungsver- träge mit ausländischen Ärzten durch US-Krankenhäuser auch nur noch dann abgeschlossen werden, wenn zuvor das sogenannte "VQE- Examen" zusätzlich zum bisher schon erforderlichen ECFMG-Ex- amen absolviert wurde. Außerdem muß der ausländische Arzt schrift- lich versichern, daß er nach der zweijährigen Weiterbildung in sein Heimatland zurückkehren wird. Eine Verlängerung der auf zwei Jahre be- fristeten Weiterbildung in den USA kann höchstens um ein Jahr erfol- gen. Einem entsprechenden Antrag wird nur dann zugestimmt, wenn dies durch die Regierung des Hei- matlandes schriftlich befürwortet worden ist und sich das amerikani- sche Krankenhaus schriftlich mit der Verlängerung der Beschäftigungs- zeit einverstanden erklärt hat.

Nachdem diese Bestimmungen für die Tätigkeit ausländischer Ärzte in den USA an verschiedenen US- Krankenhäusern zu einem gewissen Ärztemangel geführt haben, ist eine der einschränkenden Bestimmun- gen in der Zwischenzeit vorerst bis zum 31. Dezember 1980 aufgehoben worden: Ausländische Ärzte, die sich um eine Anstellung an einem amerikanischen Krankenhaus, das Ärztemangel gemeldet hat, bewer- ben, müssen den Nachweis der Ab- solvierung des VQE-Examens nicht mehr erbringen.

..,.. Ins einzelne gehende Informatio- nen darüber, an welchen amerikani- schen Krankenhäusern Ärztemangel besteht, liegen der Bundesärzte- kammer bisher nicht vor. Diesbe- zügliche Informationen können bei

der "Educational Commission for

Foreign Medical Graduales" 3624 Market St., Philadelphia/Pa 19 104, USA, eingeholt werden. Ein Ver- zeichnis der Krankenhäuser, an de- nen eine Weiterbildung absolviert werden kann, kann bei den Amerika- häusern in der Bundesrepublik, den deutsch-amerikanischen Instituten sowie Organisationen mit amerika- nischer Bibliothek eingesehen wer-

den. uer

Referenzen

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