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DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
AUS DER INDUSTRIE
N
ur vor Ort, also in der Praxis des niedergelassenen Arztes, an unaus- gelesenen Patienten und un- ter Feldbedingungen zeigt sich, was von der Wirksam- keit, Verträglichkeit und Wirtschaftlichkeit eines Arz- neimittels beim Gros der Pa- tienten zu halten ist. Dies ist die These des Medizinstatisti- kers Dr. Horst Fassl, Univer- sität Lübeck, der engagiert für wissenschaftlich und ethisch klar konzipierte offe-Horst Fassl
ne multizentrische Praxisstu- dien eintritt, die er als den gangbaren Weg ansieht, um die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen.
Ein Modell solcher Praxis- studien, wie sie Professor Fassl zur Erfassung von Ne- benwirkungen beim breiten Einsatz neuer Wirkstoffe propagiert, ist das „Drug Monitoring Peroxinorm" , das im Rahmen des 36. Berli- ner Fortbildungskongresses im Juni 1987 von der Firma Grünenthal, Stolberg, in ei- nem Fachpressegespräch vor- gestellt wurde.
Die Prämisse für dieses Modell: Weder aus den klini- schen Studien noch durch Spontan-Melde-Systeme sind gültige und genaue Aussagen über die Sicherheit eines Arz- neimittels zu erlangen. Sie sind vielmehr zu erzielen durch eine besonders sorgfäl- tige Dokumentation aller Anwendungen in möglichst vielen Praxen über einen aus- reichend langen Zeitraum.
Nicht gemeint sind manche herkömmlichen Feldstudien, die als „Verordnungsfallen"
gelten, wenn die teilnehmen- den Ärzte zugleich mit dem zu prüfenden Präparat bemu- stert werden.
Die Firma Grünenthal hat sich nun zusammen mit ei- nem wissenschaftlichen Bei- rat aus den Professoren Horst Fassl, Institut für medizini- sche Statistik und Dokumen- tation, Lübeck; E. M. Lem- mel, Staatliches Rheuma- krankenhaus Baden-Baden,
und Wolfhard Puhl, Ortho- pädische Klinik der Universi- tät Ulm, auf ein Projekt des Drug Monitoring eingelas- sen: 350 Orthopäden und Rheumatologen haben nach einem vorbereitenden Semi- nar vom 1. Januar bis 31. De- zember 1986 alle ihre Be- handlungsfälle mit Orgotein (Peroxinorm 9) ausführlich dokumentiert. (Es war eine der Vorgaben, daß diese Therapie nicht zum Zwecke der Erhebung begonnen wer- den durfte). Professor Fassl konnte inzwischen die Daten über 13 086 Patienten aus- werten und in Berlin die er- sten Ergebnisse bekannt-
machen: Bei 36 Prozent der Patienten ging es um eine ak- tivierte Gonarthrose, 21 Pro- zent hatten eine Periarthritis humeroscapularis, zehn Pro- zent eine Epikondylitis. Bei mehr als sechzig Prozent wa- ren eine bis drei Injektionen der Substanz Orgotein aus- reichend; zirka siebzig Pro- zent der Patienten wurden beschwerdefrei oder zufrie- denstellend gebessert, in
achtzehn Prozent der Fälle war diese Therapie wirkungs- los. Arzt- und Patientenurteil über die Verträglichkeit wa- ren nahezu deckungsgleich:
um neunzig Prozent sehr gut/
gut; 92,8 Prozent ohne Ne- benwirkungen. Bei 324 Pa- tienten wurden Nebenwir- kungen angegeben, davon 214 als lokale Reizungen, die möglicherweise auch dem Lokalanästhetikum oder der Injektionstechnik zuzuschrei- ben sind. Allergische Reak- tionen gab es bei 71 Patien- ten, das sind 0,5 Prozent der Fälle.
Was Professor Fassl in diesem Zusammenhang her-
vorhob: Risikofaktoren wer- den bei Erhebungen jeder Art nicht spontan genannt, danach müsse stets ausdrück- lich gefragt werden: Diabe- tes, Allergien, Asthma, Epi- lepsie. Man rechnet im Schnitt mit solchen Risiko- faktoren bei zwanzig Prozent der Bevölkerung. Zu fünf- zehn Prozent gibt es sie be- reits bei den Jüngeren, den 15- bis 45jährigen.
Die genauere Auswertung der Daten des Drug Monito- ring Peroxinorm wird auch den Einfluß der Risikofakto- ren noch bestimmen Profes- sor Fassl wird mit gefächer- ten Ergebnissen aus dieser Modellstudie seine These noch breiter stützen können.
Er hofft auf Zustimmung in der Ärzteschaft und auch in deren Organisationen, um solche sauber gemachten Pra- xisstudien wissenschaftlich voranzubringen und ihnen im Dienste der Arzneimittelsi- cherheit zur Anerkennung zu verhelfen. r-h
Antihistaminika gegen Juckreiz
Da Histamin für den Juck- reiz beim atopischen Ekzem verantwortlich beziehungs- weise mitverantwortlich ist, kann es therapeutisch sinn- voll sein, Antihistaminika einzusetzen. Über Studien, die mit einem sedierungsfrei- en Antihistaminikum wie zum Beispiel Astemizol (His- manal®) bei Juckreiz infolge einer chronischen Urtikaria durchgeführt wurden, berich- tete N. Rombaut, Belgien, bei einem Symposium im Rahmen des 17. Weltkon- gresses der Dermatologen im Mai in Berlin. Mit Astemizol konnten bei 73 Prozent von 450 Urtikaria-Patienten gute und sehr gute Erfolge erzielt werden; in der Plazebogrup- pe waren es nur 22 Prozent.
Ein nicht müde machendes Antihistaminikum ist beson- ders bei denjenigen Patienten indiziert, deren Leistungsfä- higkeit nicht beeinträchtigt werden soll. the Drug Monitoring Peroxinorm
Praxisstudie mit großem
wissenschaftlichen Anspruch
Dt. Ärztebl. 84, Heft 42, 15. Oktober 1987 (87) A-2811