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Archiv "Selbstverwaltung und Staat: Erstes neues Kammergesetz nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung von 1972" (30.10.1975)

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THEMEN DER ZEIT:

Selbstverwaltung und Staat

BRIEFE AN DIE REDAKTION

BLICK ÜBER DIE GRENZEN:

Mit deutschen Ärzten auf Erkundungskurs Fernost Indien pockenfrei?

AUS DER RECHTSPRAXIS:

Die Kostenerstattung der Belegärzte nach dem neuen Pflegesatzrecht und das ärztliche Honorar

BEKANNTMACHUNGEN:

Vereinbarung über die ärztliche Versorgung der Soldaten der Bundeswehr Kassenarztsitze

PERSONALIA

Auf dem 76. Deutschen Ärztetag in München im Oktober 1973 hat Pro- fessor Dr. Hans Joachim Sewering zu Fragen der Weiterbildungsord- nung gesprochen. Er berichtete über die Entwicklung auf dem Ge- biet des Weiterbildungsrechtes, das bekanntlich bis in das vorige Jahrhundert zurückreicht. Es stell- te dabei drei besondere Kennzei- chen heraus. Die Entwicklung

• folgte zügig der wissenschaftli- chen Entwicklung der Medizin,

• wirkte prägend auf die sich dar- aus ergebende Art und Weise der ärztlichen Berufsausübung und

• lag in ihrer Gestaltung und Durchführung von Anfang an allein in den Händen der ärztlichen Selbstverwaltung.

Er meinte, diese kontinuierliche Entwicklung sei durch die Ent- scheidung des Bundesverfassungs- gerichtes vom 9. Mai 1972 zum Facharztrecht unterbrochen wor- den.

Das Bundesverfassungsgericht hat- te auf die Verfassungsbeschwerde von zwei Ärzten das geltende Wei- terbildungsrecht an den Normen des Grundgesetzes gemessen und in der genannten Entscheidung ausgeführt, daß im Bereich des Facharztwesens jedenfalls die

„statusbildenden" Normen in den Grundzügen durch ein förmliches Gesetz festgelegt werden müssen.

Als derartige Normen wurden aus-

drücklich diejenigen Regeln be- zeichnet, welche

I> die Voraussetzungen der Fach- arztanerkennung,

> die zugelassenen Facharztrich- tungen,

> die Mindestdauer der Ausbil- dung (gemeint: Weiterbildung),

> das Verfahren der Anerkennung,

> die Gründe für eine Zurücknah- me der Anerkennung und

> die allgemeine Stellung der Fachärzte innerhalb des gesamten Gesundheitswesens

betreffen.

Doch auch Bestimmungen über Berufspflichten, die sich von sta- tusbildenden Normen unterschei- den, aber in mehr oder minder starkem Maße die freie Berufsaus- übung einschränken, bedürften ei- ner konkreten gesetzlichen Grund- lage. Sie sei am besten im Zusam- menhang mit der erforderlichen gesetzlichen Regelung des Fach- arztwesens in Gesetzesform zu artikulieren; dazu gehöre insbeson- dere der Bereich einer Beschrän- kung der fachärztlichen Tätigkeit, die jedenfalls unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit stehen müsse.

Für zwei Komplexe — Weiterbil- dung und Berufspflichten — wurde also eine gesetzliche Norm ver- langt; nicht genüge allein die Be- rufsordnungsregelung.

Selbstverwaltung und Staat

Erstes neues Kammergesetz

nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung von 1972

Gunter A. Eberhard

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 44 vom 30. Oktober 1975 3057

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Weiterbildungsgesetz

Keine bindende Wirkung des Verfassungsgerichtsurteils Das Bundesverfassungsgericht hat- te seiner Entscheidung keine Bin- dungswirkung in dem Sinne beige- legt, daß es die nicht entsprechen- den Bestimmungen für nichtig er- klärt hätte. Die in den Ländern vor- handenen ärztlichen Berufsordnun- gen gelten also zunächst noch fort.

Dies entspricht auch der Auffas- sung des Bundesverwaltungsge- richts in seinem Urteil vom 12. De- zember 1972 (NJW 73, 576; DÖV 73, 311 ). Darin heißt es, daß ein mit der Verfassung nicht voll in Ein- klang stehender Rechtszustand für eine Übergangszeit hingenommen werden müsse, bis der Gesetzge- ber Gelegenheit gehabt habe, die in lebenswichtigen Sachgebieten durch neuere Rechtserkenntnisse entstandene Regelungslücke zu schließen. Die gleiche Auffassung vertritt auch das Bundessozialge- richt in seinem Urteil vom 18. Sep- tember 1973 (NJW 74, 617).

Das Bundesverwaltungsgericht gab in dem genannten Urteil für die Landesgesetze noch einen weite- ren Hinweis: ln die neue gesetzli- che Regelung werde der Landes- gesetzgeber auch Grundsätze über die Pflichtteilnahme von Fachärz- ten am allgemeinen Notfalldienst sowie über die Befreiungsvoraus- setzungen aufzunehmen haben.

Ausdrücklich wurde der Landesge- setzgeber angesprochen, da nach der Zuständigkeitsregelung des Grundgesetzes der Bund wohl über die Ausbildung, nicht jedoch über die Weiterbildung zu befinden hat.

Auf Grund dieser höchstrichterli- chen Rechtsprechung setzte die Gesundheitsministerkonferenz eine Länderarbeitsgruppe "Facharzt- recht" ein zur Erarbeitung von Mu- stergesetzentwürfen, um möglichst bald das Facharztwesen länderein- heitlich gesetzlich neu regeln zu können. Die Länderarbeitsgruppe härte für ihre Vorarbeiten auch die Bundesärztekammer und zahlrei- che andere ärztliche Organisatio- nen. Nach Ausarbeitung von ent- sprechenden Mustergesetzentwür- fen - im übrigen auch für die ande-

ren Heilberufe - durch die Län- derarbeitsgruppe, beschloß die Ge- sundheitsministerkonferenz in ih- ren Sitzungen am 15./16. November 1973 und 16./17. Mai 1974, diese Entwürfe mit zwei Änderungen als Grundsätze für gesetzliche Bestim- mungen über das Facharztwesen und für gesetzliche Bestimmungen über die Berufsausübung der Ärz- te. Sie forderte die Landesregie- rungen auf, entsprechende Gesetz- entwürfe möglichst bald in ihrem Landesparlament einzubringen.

Nordrhein-Westfalen machte den Anfang

Das Land Nordrhein-Westfalen ist diesem Wunsch der Gesundheits- ministerkonferenz als erstes Land am 4. Dezember 1974 gefolgt. ln- zwischen hat übrigens auch der saarländische Landtag am 12. März 1975 einen entsprechenden Ge- setzentw(Jrf in 1. Lesung behandelt (der dann am 24. März 1975 bereits vom Landtag verabschiedet wur- de).

ln der Zwischenzeit von der end- gültigen Verabschiedung der Mu- stergesetzentwürfe durch die Ge- sundheitsministerkonferenz am 16./

17. Mai 1974 bis zur Übersendung an den nordrhein-westfälischen Landtag am 4. Dezember 1974, hat es um die Formulierung des Ge- setzentwurfs zwischen dem feder- führenden Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und den acht Heilberufskammern viele, zum Teil sehr harte Ausein- andersetzungen gegeben. Das Er- gebnis wurde in der Einbringungs- rede im Landtag so beschrieben:

~ "Die Heilberufskammern . unse-

res Landes haben nach zahlrei- chen Besprechungen dem Entwurf unter Zurückstellen von restlichen Bedenken ausdrücklich zuge- stimmt, um den rechtsunsicheren Zustand in dieser Wahlperiode zu beseitigen; denn seit der Entschei- dung des Bundesverfassungsge- richts konnten die Berufsordnun- gen mangels gesetzlicher Grundla- gen nicht fortentwickelt werden.

Die Zustimmung der Heilberufs-

3058 Heft 44 vom 30. Oktober 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATI

kammern unterstreicht, daß die Re- gelungsbedürftigkeit der in diesem Entwurf behandelten Fragen auch von den Berufsorganisationen be- jaht wird. Die vorgesehenen Lösun- gen beeinträchtigen daher in kei- ner Weise die Freiheit der durch dieses Gesetz angesprochenen Be- rufe. Die Landesregierung bejaht die Freiheit der Heilberufe. Dieser Gesetzentwurf ist kein Instrument, mit dem die Freiheit der Heilberufe angetastet wird."

Dies geschah am 18. Dezember 1974 in der 1. Lesung des Gesetz- entwurfs, der dann anschließend einstimmig den zuständigen Aus- schüssen, nämlich dem Gesund- heitsausschuß und dem Ernäh- rungsausschuß - wegen der in Nordrhein-Westfalen ebenfalls ein- bezogenen Tierärzte - überwiesen wurde. Bei den Beratungen dieser beiden Ausschüsse ergaben sich keine sachlichen Änderungen. So wurde der von der Landesregie- rung eingebrachte Gesetzentwurf praktisch ohne Änderungen vom Landtagsplenum am 12. März 1975, also zwölf Wochen nach seiner Ein- bringung, verabschiedet.

An Hand dieses vom Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen be- schlossenen Gesetzestextes läßt sich nun prüfen, ob die kontinuier- liche Entwicklung im Sinne von Professor Sewering irgendeine Ein- buße erlitten hat. Dabei sollte man bei jeder Bestimmung sich die ent- sprechenden Vorschriften der gel- tenden Berufsordnungen vergegen- wärtigen.

Geht man von den Normen aus, die das Bundesverfassungsgericht di- rekt als regelungsbedürftig durch den Gesetzgeber bezeichnet hat, so liegen die Schwerpunkte des Gesetzentwurfes für die Ärzte- schaft in folgendem:

~ Neben der durch Bundesgesetz geregelten Berufsbezeichnung

"Arzt" können Gebiets- und Teilge-

bietsbezeichnungen erst nach er- folgreicher Weiterbildung und Prü- fung auf Grund einer Anerkennung durch die Ärztekammer geführt

werden. !>

(3)

.,. Gebiets- und Teilgebietsbe- zeichnungen bestimmen die Ärzte- kammern in den sechs Fachrich- tungen: konservative Medizin, ope- rative Medizin, nervenheilkundliche Medizin, theoretische Medizin, Ökologie und methodisch-techni- sche Medizin sowie in Verbindung dieser Fachrichtungen.

.,. Die Weiterbildung muß minde- stens drei Jahre betragen.

.,. Über den Antrag auf Anerken- nung entscheidet die Ärztekammer auf Grund einer Prüfung, in der ln- halt, Umfang und Ergebnis der durchlaufenen Weiterbildungsab- schnitte nachztJweisen und die er- worbenen Kenntnisse mündlich darzulegen sind. Bei der Anerken- nung zur Führung einer Zusatzbe- zeichnung kann auf die Prüfung verzichtet werden.

.,. Die Anerkennung kann zurück- genommen werden, wenn die für die Erteilung erforderlichen Vor- aussetzungen nicht gegeben wa- ren.

.,. Das Führen der Gebietsbezeich- nung beschränkt die ärztliche Tä- tigkeit grundsätzlich auf das ent- sprechende Gebiet, verpflichtet je- doch im Interesse der gesundheitli- chen Versorgung der Bevölkerung zur Teilnahme am ärztlichen Not- falldienst, wobei Ausnahmen mög- lich sind, und zur Fortbildung da- für. Mehrere Gebietsbezeichnun- gen dürfen auf verwandten Gebie- ten nebeneinander geführt werden.

Mit diesen Schwerpunkten sind die vom Bundesverfassungsgericht verlangten "statusbildenden" Nor- men gesetzlich verankert. Das Wort "Facharzt" kommt nicht vor.

Die Entschließungen des Deut- schen Ärztetages dazu waren be- kannt. Ob es zukünftig: "Facharzt für ... " heißen soll oder nicht, bleibt damit weiterhin der Ärzte- schaft überlassen.

Die Entwicklung der Medizin fördern

Der Gesetzgeber hat sich bei Fest- legung der um die genannten Schwerpunkte rankenden Einzelbe- stimmungen durchaus bewußt ge-

macht, daß die Entwicklung der Medizin nicht nur nicht gehemmt, sondern im Gegenteil gefördert werden müsse. Schon in der Be- gründung des Gesetzentwurfes ist auf die Entwicklung der neueren Medizin hingewiesen worden. Im Gesetz selbst heißt es, daß die Kammern die Bezeichnungen für ihre Kammerangehörigen bestim- men, wenn dies im Hinblick auf die wissenschaftliche Entwicklung er- forderlich ist.

.,. Eine weitere Voraussetzung ist eine angemessene Versorgung der Bevölkerung. Auch ist das Recht der europäischen Gemeinschaft zu beachten. Die Kammern sind also gehalten, kraft Gesetzes im Rah- men ihrer Satzungsgewalt je nach dem Stande der wissenschaftlichen Entwicklung und der Notwendigkeit einer angemessenen Versorgung der Bevölkerung die einzelnen Be- zeichnungen zu bestimmen. Diese Bestimmung kann keineswegs eine nur einmalige Maßnahme der Ärz- tekammer sein. Der Gesetzgeber hat von der wissenschaftlichen Entwicklung gesprochen; das be- deutet, daß die entsprechende Kammersatzung immer wieder neu überdacht werden muß. So be- stimmt das Gesetz auch ausdrück- lich, daß Bezeichnungen aufzuhe- ben sind, wenn die Voraussetzun- gen nicht mehr vorliegen. Im übri- gen heißt es hierzu ausdrücklich noch in der Begründung, eine zu starke Aufsplitterung der Fachbe- reiche für sie sei gesundheitspoli- tisch bedenklich; sie würde z. B.

beim einzelnen Arzt das Wissen um die größeren Zusammenhänge in der Medizin in Frage stellen.

Das Gesetz postuliert: Die Weiter- bildung erfolgt in den Gebieten und Teilgebieten in praktischer Be- rufstätigkeit und theoretischer Un- terweisung. Dies ist vor allem als ein Appell an den Weiterbildenden zu interpretieren. Er soll vor allem die Theorie selbst vermitteln und nicht etwa den Weiterbildenden auf bestimmte Bücher oder die ein- schlägige Fachliteratur verweisen. Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten muß ganztägig

3060 Heft 44 vom 30. Oktober 1975 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

und in hauptberuflicher Stellung durchgeführt werden. Nur dann, wenn eine ganztägige Weiterbil- dung aus persönlichen Gründen unzumutbar ist, kann die Weiterbil- dung für eine Zeit von höchstens vier Jahren halbtägig erfolgen, wo- bei diese Zeit bis zur Hälfte an- rechnungsfähig ist. Eine derartige Teilzeitweiterbildung für die Dauer von vier Jahren ist insbesondere für weibliche Berufsangehörige ge- dacht, die noch in der Familie be- nötigt werden, also kleine Kinder haben. Hier wird bereits einer künf- tigen EG-Regelung vorgegriffen, für die sich insbesondere die weib- lichen Ärzteverbände Englands ausgesprochen haben. Das Nähere sollen die Kammern in den Weiter- bi ldungsordnungen bestimmen.

Dabei kommt es auch darauf an, eine qualifizierte praktische Be- rufstätigkeit sicherzustellen, d. h., die praktische Krankenhaustätig- keit kann nicht vier Jahre lang nur nachmittags, also in der etwas pra- xisärmeren Zeit, ausgeübt werden.

Weiterbildungsstätte wechseln Die Weiterbildungsstätte und der Weiterbildende sind wenigstens ein- mal zu wechseln. Dieses ist be- stimmt, damit der Weiterzubildende verschiedene Praktiken und Auffas- sungen kennenlernt Allerdings können davon auch Ausnahmen zu- gelassen werden, z. B. für den Fall, wenn nicht ausreichend Weiterbil- dungsstätten vorhanden sind. Ge- dacht ist da an kleinere Gebiete oder Teilgebiete, etwa im Bereich der Augenheilkunde.

Die Ärzte, die weiterbilden wollen, bedürfen dazu einer besonderen Ermächtigung durch die Ärztekam- mer. Sie kann dem Arzt nur für das Gebiet oder Teilgebiet erteilt wer- den, dessen Bezeichnung er führt.

Die Weiterbildung wird in den Hochschulen oder in zugelassenen Krankenhausabteilungen und in sonstigen Weiterbildungsstätten durchgeführt. Für die Zulassung der Weiterbildungsstätten ist der Gesundheitsminister zuständig. Mit der gesetzlichen Festlegung von Einrichtungen der Hochschulen als

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Weiterbildungsstätte hat sich der Gesetzgeber bereits nach den zu- künftigen EG-Richtlinien gerichtet.

Der eigentliche Grund für eine be- sondere Zulassung von Kranken- hausabteilungen und sonstigen In- stituten als Weiterbildungsstätten besteht in der Art der Kranken- hausfinanzierung. Bau und Einrich- tung der Krankenhäuser (die soge- nannten Vorhaltekosten) werden im wesentlichen aus Steuergeldern vom Staat bezahlt. ln Durchführung seiner Planung haben heute nicht mehr alle Krankenhäuser Abteilun- gen für sämtliche Fachbereiche. Der Gesetzgeber will damit vermeiden, daß der Staat indirekt gezwungen wird, Krankenhausabteilungen zu finanzieren, die nicht mit seiner Krankenhausplanung im Einklang stehen. Er geht aber davon aus (da Ermächtigung von Weiterbildenden und Zulassung von Krankenhaus- abteilungen zur Weiterbildung in engem Zusammenhang stehen), daß zwischen Kammer und Ge- sundheitsminister eine enge Zu- sammenarbeit entsteht.

Prüfung

nach Abschluß der Weiterbildung Nach Abschluß der Weiterbildung ist eine Prüfung abzulegen. Hier- über gab es bei den Gesetzesvor- arbeiten die meisten und härtesten Auseinandersetzungen. Es sei aber daran erinnert, daß sich nicht un- maßgebliche Ärztegruppen für die Prüfung eingesetzt haben, um der Weiterbildung national und interna- tional den ihr gebührenden Rang zu geben. Auch die Gesundheitsmi- nister und die interparlamentari- sche Arbeitsgemeinschaft haben sich für die Einführung der Prüfung ausgesprochen. Tatsächlich finden bereits bei vielen Kammern soge- nannte Fachgespräche vor Ausstel- lung der Anerkennung statt, die gar nicht so weit von einer Prüfung entfernt liegen. Die Prüfung hat aber auch vielfach den Charakter des Abschlusses einer Ausbildung.

..,.. Es hätte also die Gefahr beste- hen können, daß die Prüfung zum Abschluß der Weiterbildung als die Hinführung zu einem eigenen ärzt-

Iichen Beruf angesehen werden könnte. Damit wäre aber die ärztli- che Approbation in ihrem Bestand berührt und die Einheit des ärztli- chen Berufes gefährdet gewesen.

Eine Prüfung nach etwa sechsjähri- ger Weiterbildung hätte auch nicht in kurzer Zeit erledigt werden kön- nen; denn um Theorie und Praxis in den Gebieten, die eine sechsjäh- rige Weiterbildungszeit erfordern, prüfen zu können, hätte es länge- rer Zeit als nur einen Tag pro Per- son und besonderer Institutionen sowie Prüfungsordnungen bedurft.

Alles dies haben die Gesundheits- minister der Länder erkannt. Sie haben daher nach ihrer Entschlie- ßung vom 16./17. Mai 1974 die Auf- fassung der Länderarbeitsgruppe

"Facharztrecht" ausdrücklich ge- billigt, daß die Feststellung der Be- fähigung maßgeblich sowohl auf Grund der Auswertung der vorzule- genden Nachweise über Inhalt, Umfang und Ergebnis der durch- laufenden Weiterbildungsabschnit- te als auch durch die mündliche Darlegung der Kenntnisse zu erfol- gen hat. Diese Nachweise können daher nicht nur Zulassungsvoraus- setzungen sein, sondern müssen die wesentliche materielle Grund- lage der Anerkennungsentschei- dung darstellen. Dies ergäbe sich daraus, daß sich die ärztliche Wei- terbildung völlig von den Ausbil- dungsgängen im ärztlichen und an- deren Bereichen unterscheidet. Sie ist Vertiefung ärztlichen Wissens und ärztlichen Könnens, die auf der vollberuflichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit beruht. Die Ge- sundheitsministerkonferenz hat da- her ausdrücklich betont, daß die Weiterbildung zum Facharzt den Status und das Arbeitsverhältnis des auf Grund der Approbation zur umfassenden Ausübung des ärztli- chen Berufs ermächtigten Arztes in keiner Weise berührt.

Demgemäß stellt das nordrhein- westfälische Gesetz fest, daß die Prüfung der Feststellung dient, ob der Antragsteller in seiner nach abgeschlossener Berufsausbildung durchgeführten Weiterbildung auf dem von ihm gewählten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich die als

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Weiterbildungsgesetz

Voraussetzung für die Anerken- nung vorgeschriebenen besonde- ren oder zusätzlichen Kenntnisse erworben hat. Die Zulassung zur Prüfung setzt voraus, so heißt es weiter, daß die ordnungsgemäße Weiterbildung durch Zeugnisse nachgewiesen wird. Zur Feststel- lung des Prüfungsergebnisses hat der Prüfungsausschuß sowohl ln- halt, Umfang und Ergebnis der vor- gelegten Zeugnisse über die ein- zelnen durchlaufenden Weiterbil- dungsabschnitte als auch die vom Antragsteller mündlich dargelegte Kenntnis zu beurteilen.

Die Prüfung soll von einem bei der jeweiligen Kammer zu bildenden Ausschuß durchgeführt werden.

Das Gesetz bestimmt, daß jedem Ausschuß mindestens drei von der Kammer zu bestimmende Mitglie- der angehören. Der zuständige Fachminister kann ein weiteres Mitglied bestimmen. Die Prüfung kann aber auch bei Abwesenheit des vom Fachminister bestimmten Mitglieds durchgeführt werden. Mit der Bestimmung, der Prüfungs- ausschuß sei bei der Ärztekammer zu bilden, ist gesagt, daß der Prü- fungsausschuß eine "Einrichtung der Ärztekammer" ist. Der Prü- fungsausschuß wurde ausdrücklich der Kammer zugeordnet. Eine insti- tutionelle Verselbständigung des Prüfungsausschusses wird dadurch nicht bewirkt. Bereits jetzt besteht zur Prüfung der Anerkennungs- und Genehmigungsanträge bei den Ärztekammern nach der Berufsord- nung ein Ausschuß und ein Wider- spruchsausschuß. Die jetzt durch das Gesetz gegebene Möglichkeit der Bestimmung eines weiteren Mitglieds durch den zuständigen Minister weist auf die dem Prü- fungsgeschehen zugemessene Be- deutung hin. Das staatliche Mit- glied, das zur Vermeidung von Konfliktmöglichkeiten - jedenfalls in Nordrhein-Westfalen - nicht Kammerangehöriger sein kann, wird auf die Einhaltung des formell richtigen Prüfungsablaufs zu achten haben. Das bedeutet auch eine Er- leichterung für die in dem Prü- fungsausschuß tätigen Ärzte. ~

DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Heft 44 vom 30. Oktober 1975

3061

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Zwei Gebietsbezeichnungen eingeführt

Es soll noch darauf hingewiesen werden, daß die Gebietsbezeich- nungen „Allgemeinmedizin" und ,,Öffentliches Gesundheitswesen"

ausdrücklich durch das Gesetz ein- geführt sind. Mit der Gebietsbe- zeichnung „Allgemeinmedizin" hat der Gesetzgeber die vom Deut- schen Ärztetag beschlossene Rich- tung weiter ausgebaut. Auf den All- gemeinpraktiker kann im Interesse einer bestmöglichen ambulanten ärztlichen Versorgung der Bevölke- rung nicht verzichtet werden. So ist auch eine über die Fortbildung hin- ausgehende Weiterbildung des in der gesamten Humanmedizin täti- gen Arztes gesundheitspolitisch er- wünscht. — Gesetzessystematisch war die hierfür entsprechende Ge-

bietsbezeichnung besonders auf- zuführen, da die von den Ärztekam- mern zu bestimmenden Bezeich- nungen von der Spezialisierung auf einem bestimmten Gebiet oder Teil- bzw. Zusatzgebiet ausgehen;

dies trifft auf den Allgemeinprakti- ker gerade nicht zu. Die Weiterbil- dung im Gebiet „Allgemeinmedi- zin" kann im übrigen, anders als bei der sonstigen Weiterbildung, teilweise auch bei einem von der Ärztekammer ermächtigten nieder- gelassenen Arzt durchgeführt wer- den, muß also nicht ausschließlich in Universitätskliniken oder Kran- kenhäusern stattfinden.

Eine besondere Bezeichnung für Ärzte, die nach mehrjähriger Wei- terbildung u. a. im öffentlichen Ge- sundheitsdienst und nach Teilnah- me an einem Akademielehrgang für öffentliches Gesundheitswesen mit mindestens 600 Unterrichts- stunden die staatsärztliche Prüfung abgelegt haben, ist seit vielen Jah- ren gefordert worden. Im Ausland gibt es dafür beispielsweise den M.p.h. (Master of Public Health).

Für eine Graduierung dieser Ärzte ist in Deutschland — jedenfalls zur Zeit — der Weg nicht offen. Da hier aber eine echte Weiterbildung stattfindet, die jedoch mit einer staatlichen Prüfung abschließt, hat der Gesetzgeber unter dem Ge- sichtspunkt der Einheit des ärztli-

chen Berufs, andererseits wegen der Besonderheit der Weiterbil- dung die Gebietsbezeichnung „Öf- fentliches Gesundheitswesen" im Gesetz festgelegt.

Pflicht zur Fortbildung

• Eine konkrete gesetzliche Grundlage entsprechend der be- reits erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nun auch für die Pflicht aller berufsausübenden Ärzte zur beruflichen Fortbildung und zur Teilnahme am Notfalldienst gegeben; speziell für die Ärzte, die eine Gebiets-, Teilgebiets- oder Zu- satzbezeichnung führen und also auch grundsätzlich verpflichtet sind, am Notfalldienst teilzuneh- men, ist außerdem bestimmt, daß sie sich auch für eine Tätigkeit im Rahmen des Notfalldienstes fortzu- bilden haben.

Die Einzelheiten zu allen im Gesetz geregelten Punkten werden ihren Niederschlag in den von den Ärzte- kammern zu erlassenen Berufs- bzw. Weiterbildungsordnungen fin- den müssen. Die Ermächtigungen dafür sind im Gesetz enthalten. So liegt die spezielle Gestaltung und Durchführung des Weiterbildungs- rechts nunmehr in den Händen der ärztlichen Selbstverwaltung.

Es bleibt zu hoffen, daß in den an- deren Bundesländern möglichst bald, so wie es die Gesundheitsmi- nister für notwendig gehalten ha- ben, die im Grundsatz gleichlau- tenden Gesetze erlassen werden.

Dies würde die Einheitlichkeit des Arztrechts gewährleisten, wie sie bisher durch die von den Ärzte- kammern nach Beratungen und Empfehlungen des Deutschen Ärz- tetages erlassenen Satzungen ge- wahrt war.

(Referat, gehalten während des XXIII. Internationalen Fortbildungs- kongresses der Bundesärztekam- mer in Davos am 21. März 1975.)

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Gunter A. Eberhard Leitender Ministerialrat 4 Düsseldorf 30 Mozartstraße 17

JUGENDARBEITSSCHUTZ

Zu dem Leserbrief von Dr. A. Ochmann in Heft 30/1975, der Probleme des Jugendarbeitsschutzes unter anderem im Hinblick auf die wirtschaftliche Re- zession angesprochen hatte:

letzten Endes der Wirtschaft zur Last

Die dankenswerterweise angespro- chene Frage bedarf sicherlich ei- ner ausgiebigen Erörterung, weil die dargestellte Unsicherheit viele Kollegen bedrücken dürfte.

Kollege 0. hat allerdings nur einige Argumente zugunsten einer groß- zügigen Beurteilung des Leistungs- vermögens gebracht; die dagegen sprechenden sollten aber auch dis- kutiert werden: Die Jugendlichen, die mit Hilfe einer derartigen groß- zügigen Beurteilung für einen Be- ruf ausgebildet werden, dem sie gesundheitlich auf die Dauer nicht gewachsen sind, werden in Zeiten der Hochkonjunktur zwar ihren Le- bensunterhalt verdienen, aber in Krisenzeiten wegen ihrer von vorn- herein geminderten Konkurrenzfä- higkeit als erste arbeitslos werden bzw. nach Abschluß der Ausbil- dung nicht vermittelt werden kön- nen; viele von ihnen müssen umge- schult werden. Sie fallen also im Regelfall einer Versichertenge- meinschaft und letzten Endes der Allgemeinheit zur Last. Ein hoher Anteil der z. Z. notwendigen Um- schulungen hätte sicherlich ver- mieden werden können, hätten sich die begutachtenden Kollegen von den Jugendlichen oder deren Eltern nicht unter Druck setzen las- sen.

Ergänzend ist festzustellen, daß zu einer verwertbaren Beurtei- lung wenigstens minimale Grund- kenntnisse über die gesundheitli- chen Anforderungen in den ver- schiedenen Berufen unerläßlich sind ...

Dr. med. J. E. Rollenhagen 1 Berlin 19

Reichssportfeldstraße 16/852

3062 Heft 44 vom 30. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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