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3. MATERIAL UND METHODEN

5.4 Wirksamkeit der Behandlung mit Tilmicosin in den gewählten Intervallen

In Deutschland ist Tilmodil® (Injektionslösung für Schafe und Rinder, WDT eG, Garbsen), mit dem Wirkstoff Tilmicosin, das einzig zugelassene Präparat zur Behandlung der Moderhinke. Es erfüllt die von KALER et al. (2010a, 2012) formulierte Voraussetzung für einen Therapieerfolg, die Aufrechterhaltung eines

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therapeutischen Wirkstoffspiegels über 72 h zur Behandlung der akuten Form der Moderhinke.

Durch die gezielte regelmäßige Behandlung der an Moderhinke erkrankten Schafe mit Tilmicosin konnten in dieser Studie die Neuerkrankungsrate sowie die Krankheitssymptome deutlich reduziert werden.

Zu Beginn der vorliegenden Studie lag die Moderhinke-Prävalenz der Herde bei über 10%. Bei der Beurteilung der Krankheitsinzidenzen ist zu beachten, dass am ersten Behandlungstag nur im Stall gerade einmal 50 Tiere erfasst und behandelt werden konnten, die Anzahl der Erkrankten zu diesem Zeitpunkt aber in der Herde deutlich größer war. So kann von einer tatsächlichen Moderhinke-Prävalenz von mindestens 20% zu diesem Zeitpunkt ausgegangen werden. Beim vierten Besuchstermin (24.

Verlaufstag, 10.02.2012) konnten alle erkrankten Schafe erfasst werden und die Moderhinke Prävalenz lag bei knapp 15%. Danach sankt die Prävalenz deutlich (Abb. 5) und erreichte auch nie mehr das Anfangsniveau von über 10%. Nach nur 79 Verlaufstagen ließ sich die Infektionsrate auf unter 5% senken und nach 93 Verlaufstagen auf unter 1%. In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das, dass die Zahl der Neuerkrankungen innerhalb von 3 Monaten von zwischenzeitlich 73 Neuerkrankungen auf 0 Neuerkrankungen gesenkt pro Woche werden konnte (Abb.

5).

Besonders deutlich wird dieser Effekt in der Zeit vom 178. bis zum 302. Tag (Abb. 5).

In dieser Zeit stieg die Infektionsrate nur noch einmal auf 2% und lag ansonsten bei 1%. Dies war auch der längste Zeitraum in der Studie, in dem die Infektionsrate auf einem gleichbleibenden Niveau blieb, mit in der Regel unter 10 Neuerkrankungen pro Besuchstag.

Die auffälligen Peaks in den Abb. 5 und 6 am 170. und am 319. Verlaufstag unterbrechen den eingeleiteten Erfolg deutlich. Auf die Erhöhung der Neuerkrankungen um den 319. Verlaufstag (01.12.2012) wurde bereits eingegangen.

Der Peak um den 170. Verlaufstag hingegen beruht auf der Unterbrechung des einwöchigen Besuchsrhythmuses. In dieser Zeit musste der Besuchsrhythmus den Arbeitsspitzen und familiären Bedingungen des Betriebs angepasst werden (siehe

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Kap. 2). Dadurch entstand eine Behandlungslücke vom 07.06. bis zum 22.06.2012, in der die Zahl der Neuerkrankungen von 8 auf 30 anstieg. Auch zwischen dem 14.und 23.11.2012 war eine längere Pause, nach der die Zahl der Neuerkrankungen ebenfalls wieder anstieg.

Entsprechend haben unzureichende Beobachtung, inkonsequente Behandlungen und verlängerte Behandlungsintervalle Anstiege der Krankheitsinzidenz zur Folge.

Aber offenbar sind solche Situationen in der Praxis, aufgrund betrieblicher Arbeitsspitzen und rein menschlicher Probleme, nicht zu vermeiden.

Nicht überprüft wurde, ob eine höher frequente Kontrolle und Behandlung zu einer Beschleunigung der Reduktion der Moderhinke-Inzidenz geführt hätte.

Behandlungen innerhalb von 3 Tagen nach Auftreten einer Lahmheit werden von GREEN et al. (2011) vorgeschlagen, waren im vorliegenden Fall jedoch weder von tierärztlicher Seite noch von Seiten des Tierhalters umsetzbar.

Aus Gründen des Tierschutzes, um das Tier von Schmerzen und Leiden zu befreien, ist die unverzügliche Behandlung, der durch Moderhinke lahmen Schafe zu fordern und in diesem Falle der Einsatz von Tilmicosin zu rechtfertigen.

Durch die konsequente, regelmäßige Behandlung der Neuerkrankungen mit Tilmicosin wurden im vorliegenden Fall nicht nur die Lahmheitssymptome und Klauenveränderungen der Einzeltiere verbessert, sondern es konnte auch auf den gesamten Studienzeitraum betrachtet das Niveau der Lahmheiten und pathologischen Klauenveränderungen (Kap. 4.4.1.4, Kap. 4.5) insgesamt reduziert werden. Das bedeutet, dass nicht nur die Anzahl der Neuerkrankungen reduziert werden kann (Abb. 5), sondern, dass mit fortschreitender Reduktion der Moderhinke-Inzidenz auch der Schweregrad der Erkrankung reduziert wird. Es ist davon auszugehen, dass damit die wirtschaftlichen Verluste, die durch die Erkrankung entstehen, reduziert werden. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die gesundheitlichen Folgen der Moderhinke, wie z.B. reduzierte Futteraufnahme, verminderte Fruchtbarkeit und höhere allgemeine Krankheitsanfälligkeit, reduziert werden können (WINTER 204 a, LOVATT 2013).

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Ein weiter positiver Effekt der regelmäßigen und relativ schnellen Behandlung war, dass die Heilungstendenzen sich im Rahmen der Studie verbesserten. So sank das Niveau der Lahmheits- und TWDS-Werte der Nachkontrollen im Verlauf der Studie (Abb. 16+17). Die Werte der Nachkontrollen sind meist dann noch auffällig, wenn sehr viele Tiere zuvor behandelt und registriert wurden, wie z.B. am Anfang der Studie, bei plötzlichen Anstiegen der Erkrankungszahlen oder nach einer längeren Unterbrechung des Besuchsintervalls. Auch sind die Heilungschancen deutlich besser, wenn die Behandlung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt der Infektion erfolgt. Auch KALER et al. (2010) beschrieb den positiven Effekt auf die Heilung durch eine frühzeitige parenterale antibiotische Behandlung, im Vergleich zum reinen Klauenschnitt. Weiterhin ist zu vermuten, dass das Risiko von Rezidiven, bei frühzeitiger Behandlung der ersten Erkrankung, reduziert sein dürfte.

Durch die Verkürzung der Reaktionszeit und zügige Behandlung werden schwerere Schäden an den Klauen verhindert. Ob durch evtl. noch kürzere Besuchsabstände die Ergebnisse noch weiter optimiert werden können, besonders natürlich in Phasen mit vielen Neuerkrankungen oder in Phasen in denen man vermehrt Infektionen vermutet, ist zu überprüfen.

Die beobachteten Ergebnisse bestätigen die Untersuchungen von FRIESE (2013), dass durch den Einsatz von Tilmicosin eine Verbesserung des Locomotion- und Klauenscore bedingt wird und zu einem Therapieerfolg bei der Behandlung der Moderhinke führt. Ebenso bestätigt es Untersuchungen von SAWYER (2010), der in seiner Arbeit über den erfolgreichen Einsatz von Tilmicosin in Schafherden mit Lahmheiten berichtet. Er behandelte initial die gesamte Herde, mit dem Erfolg, dass diese anschließend Lahmheitsfrei waren. Auch bei späteren Kontrollen waren die Schafe ohne Anzeichen von Moderhinke oder CODD. Bis dahin aufgetretene Lahmheiten hatten andere Ursachen. Die Untersuchungen von TEGTMEYER et al.

(2014) konnte dies nur zum Teil bestätigen. Dieser behandelte 2 Herden mit Tilmicosin, wobei er bei einer Herde keinen Sanierungserfolg hatte. Die zweite Herde war aber 3 Tage nach Behandlung lahmheitsfrei. Für die zweite Herde nutzte er gegenüber den Herstellerempfehlungen eine doppelte Dosis von 10 mg/kg Tilmicosin

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(Tilmodil®, WDT, eG, Garbsen). FRIESE (2013) konnte durch die Erhöhung der Dosis von 5 auf 10 mg Tilmicosin/kg KGW keine signifikanten Unterschiede im Heilungsverlauf feststellen. Bei den eigenen Untersuchungen waren wir an die Einhaltung der Dosierungsempfehlung des Herstellers gebunden. Bei Verwendung von 5 mg Tilmicosin/kg KGW konnte die Anzahl der Neuerkrankungen zwar reduziert werden, doch ein Großteil der behandelten Schafe waren Tiere, die zuvor schon einmal behandelt worden waren (Tab. 5). Inwieweit dabei nun genetische Empfänglichkeit, Fehlinjektionen, Neuinfektionen, persistierende Infektion oder der evtl. zu späte Behandlungszeitpunkt und der fortgeschrittene Grad der Klauenveränderung eine Rolle spielte, war nicht zu differenzieren.

Beim Einsatz von Tilmicosin ist noch auf die Wartezeit von 42 Tagen auf essbares Gewebe hinzuweisen. Dies schränkt den Einsatz in gewissen Bereichen, z.B. bei den Lämmern, erheblich ein. So sind nach GREEN et al. (2011) die langen Wartezeiten ein Hindernis für die Etablierung von Antibiotikatherapien bei der Moderhinke. Die uneingeschränkte Vermarktungsfähigkeit des Schafes beeinflusst also auch das therapeutische Vorgehen (JORDAN et al. 1996, GREEN et al. 2011).

Beim Einsatz von Tilmicosin für eine Herdenbehandlung ist außerdem zu berücksichtigen, dass dieses Medikament nicht an den Tierhalter abgegeben werden darf. Auf der Produktbeschreibung sind entsprechende Warnhinweise für den Anwender aufgeführt. Die Injektion dieses Arzneimittels kann beim Menschen tödlich verlaufen (Vetidata). Das bedeutet, wenn die Anwendung dieses Präparates auf den Tierarzt beschränkt ist, nicht unerhebliche Kosten auf den Tierhalter zukommen. In der durchgeführten Studie würden sich Medikamentenkosten, bei einem Preis von 81,09€ netto (Delta Liste 154 Ausgabe Juli 2015) pro 50 ml Tilmodil®(WDT eg Garbsen) für die durchgeführten Behandlungen der Mutterschafe und Lämmer in Höhe von ca. 2500 € ergeben. Hinzu würde noch die tierärztliche Leistung der Behandlung nach der Gebührenordnung für Tierärzte (Stand Juli 2008) kommen.

Berechnen könnte man einen Bestandsbesuch (15 Min. = 17,18€) und dabei eine Behandlungszeit von 1 Min. pro Tier (WASSINK et al 2010b) annehmen. Zusätzlich

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ist der Preis für die Injektionen bei den Schafen zu berechnen, eine Injektion 3,44 € (einfacher Satz), bis zu 5 Injektionen 1,14€, jede weitere Injektion 0,57€.

Die Kosten sind für den Tierhalter, im Vergleich zu anderen Präparaten oder auch anderen Behandlungsmethoden, abzuwägen. Obwohl dabei zu berücksichtigen ist, dass in Deutschland nur Tilmodil®(WDT eg, Garbsen) eine Zulassung für antibiotische Behandlung der Moderhinke hat und so lang kein Therapienotstand (§

56 AMG) besteht, zu verwenden ist. Im Zusammenhang mit dem Versuch, eine wirkliche Sanierung der Moderhinke in einer Herde mit der hier vorgefunden Struktur und ganzjährigen Ablammung durchzuführen, erscheint Tilmodil® ungeeignet, da es nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Lämmern unter 30 kg Körpergewicht Todesfälle hervorrufen kann. Eine Behandlung aller im Bestand vorhandenen Schafe incl. Lämmer zum gleichen Zeitpunkt ist deshalb nicht möglich. Dies würde meines Erachtens einem Therapienotstand gleichkommen und insbesondere die Anwendung eines besser verträglichen und gleichzeitig hoch wirksamen Makrolids, wie z.B.

Gamithromycin (STAMPHØJ 2012) rechtfertigen.

5.5.Vor- und Nachteile der Bekämpfung der Moderhinke mit