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2.3 Vorbeugende Maßnahmen

2.3.5 Kontrolle und Sanierung der Moderhinke

Zur Bekämpfung der Moderhinke in Schafherden können unterschiedliche Strategien verfolgt werden. Diese könnten aus einer Kontrolle der Moderhinke in der Herde bestehen, womit eine deutliche und dauerhafte Reduktion der Prävalenz der Erkrankung auf einem niedrigen Level gemeint ist, oder aus einer Sanierung der Moderhinke und der vollständigen Eradikation des Erregers aus der Herde (ABBOTT und LEWIS 2005).

Erfolgreiche Moderhinkesanierungen wurden in den "klassischen Schafzuchtländern"

wie New South Wales in Australien (MILLS et al. 2012), Neuseeland (HICKFORD 2001), dem United Kingdom (GREEEN und GEORGE 2008) oder der Schweiz (LÜCHINGER WÜEST 2010), aber auch Ländern ohne "Moderhinketradition" wie Norwegen (VATN et al. 2012) oder Dänemark (STAMPHØJ 2012) durchgeführt.

In England wurde im März 2011 vom Farm Animal Welfare Committee (FAWC) ein nationaler Kontrollplan, der "The Five Point Plan" (Abb. 2), vorgestellt, um eine Reduktion der Lahmheitsprävalenz auf unter 5% in fünf Jahren zu erreichen. Ziel dieses Sanierungsplanes war es, eine Reduktion der Empfindlichkeit der Schafherden gegenüber Moderhinke durch den Aufbau einer Immunität und einer Reduktion des Infektionsdruckes zu schaffen (FAWC 2011):

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Abb. 2: Fünf-Punkte-Plan (nach CLEMENTS 2012)

Der erste Schritt sollte das Erkennen der Hauptursache einer Lahmheit in einer Herde sein. Dafür muss eine Inspektion aller Klauen erfolgen, um ein Bild über den aktuellen Klauenstatus der Herde zu erhalten. Anschließend sollte die schrittweise Umsetzung der einzelnen Punkte des Kontrollplanes, unter Berücksichtigung der individuellen Stärken und Schwächen eines Betriebes, erfolgen (CLEMENTS 2012).

1. Keulung: Dies kann die Abgabe der kompletten Herde und Ersatz durch eine Moderhinke-freie neue Herde sein. Aufgrund der geringen Tenazität von D. nodosus kann die Neubelegung schon zwei Wochen später erfolgen. Zum anderen aber kann die Bekämpfung auch das Aussondern bzw. die Schlachtung einzelner, chronisch infizierter Tiere bedeuten (CLEMENTS 2012). Diese Maßnahmen können zu einer Eradikation des Erregers führen (RAADSMA und EGERTON 2013). Eine Keulung einzelner Tiere in Kombination mit einer Vakzination zeigte gute Ergebnisse, während die Merzung kranker Tiere mit metaphylaktischer parenteralen Antibiose der restlichen Herde als kontraindiziert für eine Eradikation angesehen wurde (ABBOTT und EGERTON 2003). Das Scheitern dieses Feldversuches begründeten die Autoren in einem Unterlassen einer Klauenbeurteilung vor Therapiebeginn und dem Vorhandensein von intermediären D. nodosus Stämmen.

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2. Quarantäne: Um Moderhinke-Infektionen in der Herde zu vermeiden, sollten Quarantänemaßnahmen zum Schutz der Neuzugänge, aber auch der bestehenden Herde, durchgeführt werden.

3. Behandlung: Dabei sollte auf die unverzügliche Behandlung klinischer Fälle geachtet werden, d.h. innerhalb von mindestens drei Tagen nach Beginn der Lahmheit, um eine Ausbreitung der Infektion zu vermeiden und den Infektionsdruck zu minimieren (Clements 2012). Wichtig dabei ist, dass kein erkranktes Tier zurück in die Herde gelangt (Lüchinger Wüest 2010).

4. Vorbeugung: Durch Meidung des direkten oder indirekten Kontaktes zwischen den Tieren verschiedener Herden kann eine Ausbreitung der Moderhinke verhindert werden (GRONENG et al. 2013). Hierzu kann innerhalb einer Herde auch eine Trennung der erkrankten Tiere von den gesunden Tieren von Bedeutung sein.

5. Impfung: Um eine gewisse Immunität in der Herde aufzubauen, sollte in Zeiten mit hohem Infektionsrisiko, wie bei der Aufstallung und im Sommer, eine zweimalige jährliche Vakzination erfolgen (Clements 2012).

Langfristig wird bei diesen Sanierungsprogrammen die Moderhinke-Freiheit in der Herde angestrebt. Das Ziel von Bekämpfungsmaßnahmen kann aber sowohl die Kontrolle der Moderhinke in einem Bestand, als auch die vollständige Eradikation des Erregers und der Krankheit aus dem Bestand sein (ABBOTT und LEWIS 2005).

Dabei kann sich aus einer geplanten Sanierung, die eine Kontrolle der Erkrankung zum Ziel hat, eine Sanierung mit Eradikation des Erregers aus der Herde entwickeln.

Zu Beginn der Bekämpfungsmaßnahmen muss entschieden werden, welches Ziel unter Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten einer Herde erreicht werden soll. In Herden mit einem starken Tierverkehr, oder häufigeren Kontakt zu Herden mit unbekanntem Moderhinke-Status, macht z.B. eine Eradikation keinen Sinn, sondern eher eine Kontrolle der Erkrankung (RAADSMA und EGERTON 2013). Zu den Grundsätzen der Kontrolle gehört, die Verbreitung des Erregers zu minimieren und die klinische Erscheinung der Erkrankung zu reduzieren (RAADSMA und EGERTON 2013). Hierfür beschreiben die Autoren präventive Maßnahmen, wie regelmäßige

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Klauenbäder der gesamten Herde besonders in Phasen mit hohem Infektionsrisiko.

Ebenso zählen die Vakzination und die Behandlung der erkrankten Tier dazu (s.o.).

Eine vollständige Eradikation des Erregers wird meist nur in Fällen der virulenten oder intermediären Form der Moderhinke angestrebt (RAADSMA und EGERTON 2013). Die genannten Autoren empfehlen die Merzung der gesamten Herde, oder des infizierten Teilbestandes, als mögliche Maßnahmen. Als weniger erfolgreich beschreiben sie die Behandlung der erkrankten Tiere (s.o.), mit anschließender Kontrolle und wieder Eingliederung in die Herde.

Studien zeigen, dass die Wahl der Sanierungsmethoden auch durch die Größe der zu sanierenden Herde mitbestimmt wird. So wählten kleinere Betriebe (< 500 Schafe) eher die komplette Bestandserneuerung zur Eradikation des Erregers, während größere Betriebe meist vor dem Versuch der Eradikation Abstand nahmen. Die Bestandsgröße und das Sanierungsverfahren wirkten sich selbst auf die Quarantänezeit aus, die bei der kompletten Neubelegung am kürzesten war (MILLS et al. 2012).

Auch zeigte sich bei einer Befragung englischer Schafhalter zum Herdenmanagement und zur Herdensanierung, dass die Wahl der angewandten Maßnahmen abhängig von der Moderhinke-Prävalenz war. Betriebe mit niedriger Prävalenz ≤ 5% führten eine parenterale Antibiotikabehandlung der lahmen Tiere innerhalb von 3 Tagen durch, während eine signifikante Reduktion der Moderhinke mittels routinemäßigem Klauenschnitt, Klauenbad und einer Impfung nicht erzielt werden konnte, somit die Prävalenzen höher (> 5%) lagen (WASSINK et al. 2010a).

Besonders wichtig für den Erfolg von Kontroll- und Eradikationsmaßnahmen ist ein klar definiertes Überwachungsprogramm. Dazu zählt die sofortige Einzeltieruntersuchung bei Auftreten einer Lahmheit oder anderen Zeichen von Moderhinke in der Herde. Aber auch die mindestens einmal jährliche Kontrolle der Klauengesundheit aller Tiere und die Überprüfung der Klauengesundheit bei Neuzugängen in der Herde (RAADSMA und EGERTON 2013) zählen dazu.

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Aufgrund möglicher Kreuzinfektionen von virulentem Dichelobacter nodosus Stämmen müssen auch Kühe und evtl. auch andere Klauen- und Huftiere als Träger des Erregers bei Eliminationsprogrammen mit berücksichtigt werden (KNAPPE-POINDECKER et al. 2014).

Zur Kontrolle der Moderhinke-Freiheit könnte das Screening von Klauentupfern mittels PCR eingesetzt werden. So wurde beispielsweise zur Kontrolle des Eradikationserfolgs in Dänemark die regelmäßige Untersuchung von Klauentupfern mittels PCR durchgeführt STAMPHØJ 2013). Wurden dort mittels PCR bei Tieren eines Bestandes D. nodosus-Genomabschnitte nachgewiesen, erfolgte eine systemische antibiotische Herdenbehandlung, mit anschließender Kontrolle von Klauentupfern einzelner Tiere, einen und sechs Monate nach der Therapie. Fielen beide Kontrollen negativ aus, wurde die Herde als Moderhinke-frei deklariert. Strikte Hygienemaßnahmen, die auch einen Kontakt der Herde zu nicht Moderhinke kontrollierten Herden ausschließen, sowie ein jährliches Screening von Klauentupfern mittels D. nodosus PCR bei Einzeltieren wurde von STAMPHØJ (2012) empfohlen, um den krankheitsfreien Status der Herde zu dokumentieren.

Das Sanierungskonzept des schweizerischen Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer verzichtet bewusst auf die Behandlung mit Antibiotika. Deren Behandlung stützte sich zunächst ausschließlich auf die Isolierung und Merzung der an Moderhinke erkrankten Schafe, der Behandlung durch Klauenbäder und der regelmäßigen mehrmaligen Klauenkontrolle durch unabhängige Klauenkontrolleure.

Damit sollten sowohl kleine als auch größere Herden saniert werden (Beratungs-und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer 2001, LÜCHINGER-WUEST 2010). Dieses Programm wurde in den letzten beiden Jahren, im Rahmen eines Versuchs um die Kontrolle des Moderhinke-Status mittels Klauentupfern und Untersuchung mittels D.

nodosus-PCR ergänzt (GREBER et al 2015).

Die neu eingesetzte PCR erlaubte neben dem D. nodosus Nachweis auch eine Differenzierung in benigne und virulente Moderhinke-Stämme (KENNAN et al.

2010,STÄUBLE et al. 2014 a).

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Allerdings machen die Autoren beim Nachweis von D. nodosus die Sanierungsmaßnahmen nicht von den Ergebnissen der Stammdifferenzierung abhängig. Bei Tieren einer positiven Herde soll nach der Diagnose ein Klauenschnitt durchgeführt und alle Tiere für 10 Minuten in ein Klauenbad mit 10% igem Zinksulfat verbracht werden. Bei den Nachkontrollen werden die Tier wieder beprobt, evtl. der Klauenschnitt wiederholt und alle Tier wieder per Klauenbad behandelt. Auf die Applikation von Antibiotika wird bei diesem Bekämpfungsprogramm bewusst verzichtet.