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Allein aufgrund der klinischen Symptomatik der Klauenveränderungen und auf der Basis des typischen modrig süßlichen Geruches, ist die Diagnose einer fortgeschrittenen Moderhinke klinisch recht sicher zu stellen. Allerdings kann im Anfangsstadium der Moderhinke der kulturelle oder fluoreszenzserologische Erregernachweis zur Abgrenzung möglicher Differentialdiagnosen, im Besonderen der Interdigitalen Dermatitis, sinnvoll sein (SELBITZ 2001). So zeigte sich bei histologischen Untersuchungen ein signifikant schlechterer mikroskopischer Zustand der Klauen bei Moderhinke, als die makroskopische Bewertung. Im fortgeschrittenen Zustand der Erkrankung, mit zunehmendem Überwachsungsgrad, verschlechterte sich neben dem mikroskopischen auch der makroskopische Befund der Klauen (PASSERAUB 2006). Auch zeigte der Erregernachweis mittels quantitativer PCR die höchste Bakterienlast von D. nodosus nicht bei der virulenten Moderhinke, sondern bei der benignen Form, jeweils mit dem klinischen Bild einer Interdigitalen Dermatitis (ID) drei bis vier Tage nach dem Beginn der Infektion. Zudem war der Vermehrung von D. nodosus und Invasion in die Epidermis immer eine Infektion mit F.

necrophorum vorausgegangen (WITCOMB et al. 2014). Bei hochgradigen Klauenveränderungen, ausgelöst durch Moderhinke, konnten die Bakterien nicht in der Tiefe des Zwischenklauensegmentes, sondern nur auf der Oberfläche nachgewiesen werden (PASSERAUB 2006). Diese Erkenntnisse sind besonders im Hinblick auf die Kontrolle der benignen Moderhinke, als Präventionsmaßnahme gegen das Auftreten der virulenten Form, von Bedeutung (WITCOMB et al. 2014).

Besonders zur Abgrenzung der Moderhinke von der Contagiösen Ovinen Digitalen Dermatitis (CODD), die eng miteinander assoziiert sein können (DUNCAN et al.

2012), sind auch mikrobiologische Untersuchungen der Klauenläsionen notwendig.

Diese werden aber wegen der aufwändigen Probenentnahme und Anzüchtung (anaerober Keim) nicht in der Routinediagnostik eingesetzt (WINTER 2004a).

Da die Lahmheit als Leitsymptom der Moderhinke anzuführen ist, kommen als mögliche Differentialdiagnosen diverse andere infektiös bedingte Lahmheiten, einerseits des Einzeltieres, andererseits der gesamten Herde, in Betracht. Aber auch

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nicht auf die Füße beschränkte Grunderkrankungen kommen in Betracht (s. Tabelle 1). Letztlich ist zur sicheren Abgrenzung einer Moderhinke-Erkrankung, die Diagnose mittels Erregernachweis von D. nodosus mittels kultureller Anzüchtung, PCR oder RT-PCR zu stellen.

Tab.1: Mögliche Differentialdiagnosen der ovinen Moderhinke (modifiziert nach STROBEL 2009)

Einzeltierprobleme Herdenprobleme Andere Grunderkrankung Hohle Wand Interdigitale Dermatitis Klauenrehe

Hornriss Benigne Moderhinke Lippengrind Verletzungen Virulente Moderhinke Rotlauf

Klauenabszess CODD* Blauzungenkrankheit

Klauengeschwür Ulcus pedis Maul- und Klauenseuche

Limax Atypische Moderhinke

Epidermolysis bullosa und andere genetisch bedingte Defekte der Haut und der Klauen

Panaritium

Traumatisches Lahmheitssyndrom

*Contagious Ovine Digital Dermatitis

Durch die verschiedenen Ausprägungsformen der Moderhinke und dem Umstand, dass die klinische Symptomatik von Umweltfaktoren und anderen Klauenerkrankungen mitbeeinflusst werden kann, wird eine differentialdiagnostische Abgrenzung bei einigen Klauenerkrankung oftmals erschwert. Dies trifft vor allem auf die Contagiöse Ovine Digitale Dermatitis (CODD), die Ovine Interdigitale Dermatitis (OID) und die benigne und virulente Form der Moderhinke zu (siehe Tabelle 2).

Eine Unterscheidung von CODD, die initial vom Kronrand ausgeht, sich dann auf die Wand und Sohle ausbreitet und schließlich zum Ausschuhen führt, ist im Anfangsstadium daher noch möglich, im Endstadium klinisch aber nicht mehr von

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Endstadien virulenter Moderhinke zu unterscheiden (WINTER 2004a). Die Tiere sind hochgradig lahm, ähnlich wie bei der virulenten Form der Moderhinke. Allerdings sind gegenüber der Moderhinke keine Entzündungen im Interdigitalspalt festzustellen (WINTER 2004a). Als Ursache wird eine Infektion mit bovinene Spirochaeten (Treponema sp.) in Synergismus mit D.nodosus angesehen (MOOR et al. 2005).

Dabei kann D. nodosus und häufig auch seine Proteinaseaktivität nachgewiesen werden, dies gelingt aber nicht in allen Fällen. Eine Heilung erfolgt in der Regel nur durch die Behandlung mit Antibiotika (WINTER 2004b).

Bei der Stoppellähme (Interdigitale Dermatitis, [OID], Scald), einer Entzündung der Haut im Interdigitalspalt, ist eine Unterscheidung vor allem zur benignen Form der Moderhinke nicht möglich (PARSONSON et al. 1967). Allerdings kommt es bei dieser Erkrankung nicht zur Unterwanderung und Ablösung des Sohlenhorns (WINTER 2004a). Isolierte Erreger sind meist F.necrophorum, z.T. mit noch anderen, in der Fäkalflora des Schafes, vorkommenden Keimen. Die Interdigitale Dermatitis und die damit verbundene Keimflora kann aber auch noch zu Wegbereitern der Moderhinke werden (Kap.2.2.2). Nach anhaltender Nässe kann es zu Schwellungen und Erosionen kommen, die zu Ablösungen des Horns führen können. Allerdings bleibt die Ablösung auf den Ballenbereich beschränkt. Der Interdigitalspalt ist mit nekrotischem Material gefüllt (WINTER 2004a). Im Unterschied zur Moderhinke kann D.nodosus bei der OID nicht nachgewiesen werden.

Die Unterscheidung zwischen benigner und virulenter Form der Moderhinke ist im Anfangsstadium der Erkrankung kaum möglich. Bei beiden Formen kann D.nodosus nachgewiesen werden. Bei der benignen Form beschränken sich die entzündlichen Prozesse auf den Interdigitalspalt (EGERTON und PARSONSON 1969).

Gelegentlich sind Hyperkeratosen und Läsionen im weichen Gewebe der Klaue möglich. Bei der virulenten Form hingegen kommt es im weiteren Verlauf der Erkrankung zu den oben beschriebenen Unterminierungen und Deformationen des Klauenhorns (WINTER 2004a). Zur Unterscheidung zwischen benignen und virulenten D. nodosus Stämmen wird ihre Proteinaseaktivtät herangezogen. Stämme mit hitzestabiler Protease sind in der Lage, virulente Moderhinke auszulösen.

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Tab. 2: Diagnostische Abgrenzung von Interdigitaler Dermatitis, Moderhinke und Contagiöser Oviner Digitaler Dermatitis

Erkrankung Klinik Diagnostik

Interdigitale Dermatitis

Interdigitale Dermatitis ohne Unterwanderung des Sohlen- und Wandhorns

D. nodosus PCR und kulturell negativ

Benigne Moderhinke

Interdigitale Dermatitis evtl. mit Unterwanderung maximal des axialen Unterwanderung des Sohlen- und Wandhorns

Digitale Dermatitis mit Ablösung des Hornschuhs ausgehend vom (sieheTab.1) abzugrenzen. Diese Infektion geht vom Klauenspalt aus und führt ebenfalls zu Ablösungen des Klauenhorns und kann sich auch in Schwellungen und Erosionen, bis in den Bereich der Afterklaue manifestieren (SARGISON und SCOTT 2011, STROBEL et al.2012). Bei dieser Erkrankung kann aber D. nodosus nicht nachgewiesen werden. Es handelt sich vielmehr um eine Mischinfektion von Prevotella melaninogenica und F. necrophorum. Ein direkter oder indirekter Kontakt mit Rindern wird für die Infektion als Ursache vermutet.

Differentialdiagnostisch sind zur Moderhinke zudem Verletzungen und andere lahmheitsverursachende Erkrankungen in Betracht zu ziehen, wie beispielsweise eine Ablösung des Wandhorns in der weißen Linie, wodurch eine Tasche entsteht, die wiederum eine Prädilektionsstelle für die Moderhinke sein kann. So müssen auch einfache Klauen- und Spitzenabszesse, sowie Nekrosen und Abszesse in der

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weißen Linie, als Folge von eingetretenen Fremdkörpern, oder auch Quetschungen differentialdiagnostisch abgegrenzt werden.

Ebenso müssen aber auch Erkrankungen, wie die podale Form des Lippengrinds, eine Viruserkrankung, die zu Bläschen und Krusten im Kronsaumbereich führt, differentialdiagnostisch von der Moderhinke abgegrenzt werden (EGERTON et al.

1969, WINTER 2004a). Weitere mögliche Differentialdiagnosen sind das Panaritium, als akute oder chronische Entzündung der Weichteile der Klaue, das Zwischenklauengeschwür (Limax), sowie die Herlitz Junktionale Epidermolysis bullosa, die bisher als autosomal vererbte Erkrankung nur beim weißen Alpenschaf und Schwarzköpfigen Fleischschaf festgestellt wurde (KERKMANN et al. 2010;

MÖMKE et al. 2011).

Durch nutritive und metabolische Dysregulation und durch mechanische Überbelastung können Klauenrehen ausgelöst werden, die wiederum von der Moderhinke zu unterscheiden sind. Es kommt dabei zu Durchblutungsstörungen in den Kapillaren der Lederhaut und zu Klauenlederhautentzündungen, die sich in akuten Lahmheiten mit Festliegen der Schafe und zum Teil Ablösen des Hornschuhs manifestieren können (ULBRICH et al. 2004). Aber auch infektiöse Erkrankungen, wie die Maul- und Klauenseuche oder die Blauzungenkrankheit, zählen zu möglichen Differentialdiagnosen (SELBITZ 2001). Diese viralen Erkrankungen gehen im Gegensatz zur Moderhinke mit Störungen des Gesamtorganismus einher. So zeigen die Tiere bei der Maul- und Klauenseuche hohes Fieber (40 bis 41°C), verstärkte Salivation und haben vesikuläre Eruptionen an Klauen- und Maulschleimhaut (BEHRENS et al. 2001). Diese Vesikel im Maul, Interdigitalbereich, am Kronsaum und Ballenbereich können aufbrechen, sich verkrusten und zusätzlich bakteriell infizieren. Treten diese Vesikel an ein oder mehreren Gliedmaßen auf und führen zu Lahmheiten, ist eine Unterscheidung zur Moderhinke sehr schwer (GANTER et al 2001).

Auch bei der Blauzungenkrankheit zeigen die Tiere hohes Fieber, Salivation, sowie Schwellungen und Rötungen am Kopf und Erosionen im buccalen Bereich.

Zusätzlich kann es zu Läsionen an der Klaue kommen, die sich in Laminitis und

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Veränderungen am Kronsaum äußern. Die Tiere zeigen evtl. Lahmheiten auf allen 4 Gliedmaßen (EGERTON und GRAHAM 1969a, EGERTON 1989). Allerdings wurden solche hochgradigen Lahmheiten, bei der in Europa in den letzten Jahren aufgetretenen Blauzungenkrankheit mit verschiedenen Serotypen, nicht berichtet.