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3. MATERIAL UND METHODEN

5.3 Einflussfaktoren auf die Moderhinke-Inzidenz

Im Rahmen der Studie wurden 671 Tiere behandelt. Von 605 Behandlungen liegen genauere Daten vor. Insgesamt wurden 415 Schafe im Laufe der Studie behandelt.

Davon waren 409 Tiere weiblich, 6 Tiere männlich. Da in der Herde zu dem Zeitpunkt der Studie nur 6 Zuchtböcke eingesetzt wurden, sind somit alle männlichen Zuchtschafe der Herde gegen Moderhinke behandelt worden. Da mehr weibliche Tiere in der Herde sind als männliche, ist eine Aussage über eine mögliche Geschlechts Prädisposition irrelevant. Da die Böcke immer im Focus des Schäfers liegen, wurde bei diesen sicher schneller bei einer pathologischen Veränderung reagiert, als bei anderen Tieren der Herde. Auch wurden diese nicht immer im Herdenverband gehalten, sondern teilweise im Stall. Da alle Zuchtböcke behandelt werden mussten, ist auch davon auszugehen, dass sie genetisch empfänglich waren. Um auch auf züchterischem Wege gegen die Moderhinke vorzugehen (HICKDORD 2001), waren die vorhandenen Böcke offensichtlich ungeeignet und sollten durch weniger Moderhinke empfängliche Böcke ersetzt werden.

Einen möglichen Einfluss von Alter und Rasse auf die Moderhinke-Inzidenz ließ sich mit den vorliegenden Daten nicht herausarbeiten, obwohl auffällig war, dass zumindest die Rhönschafe der Herde kaum an Moderhinke erkrankten, was sich aber mit den vorhandenen Daten nicht nachvollziehen ließ (s.o.). Die Aussage von THOMS (2006), dass es rassespezische Dispositionen hinsichtlich der Klauengesundheit gibt, würde die Vermutung unterstützen.

Bei der Betrachtung des Einflusses des Ortes, würde man mit einer Verteilung von 378 auf der Weide, 220 Aufnahmen im Stall und 7 auf der Koppel (Kap. 4.2.2) das höchste Risiko für eine Infektion auf der Weide vermuten. So wie z.B. auch ABBOTT und LEWIS (2005) die Weideperiode in Südengland von April bis Oktober als

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Übertragungsperiode beschreiben. Auch KUHLEMANN (2011) beschreibt in ihrer Arbeit in einigen Herden eine Erhöhung der Moderhinke-Prävalenz über den Frühling und Sommer. In Abb. 5 ist gut zu erkennen, dass vor allem zu Beginn der Studie und gegen Ende die Zahl der Neuerkrankungen erhöht ist. Von den insgesamt 671 in der Studie behandelten Tieren wurden in der Weideperiode, also in dem Zeitraum 20.03.2012 bis 25.10.2012, in dem der Hauptteil der Herde auf der Weide gehalten wurde, 306 Schafe gegen Moderhinke behandelt. Davon 299 auf der Weide, 13 im Stall und 7 auf der Koppel. In diesem Zeitraum von 220 Tagen wurden also 45,6%

der Behandlungen durchgeführt. In der kürzeren Stallphase (18.01.2012 bis 16.03.2012 und 02.11.2012 bis 26.01.21013), mit 142 Tagen wurden 365 Behandlungen (54,3%) durchgeführt, mit 207 im Stall und 158 auf der Weide. Die meisten Neuerkrankungen und Behandlungen waren somit in der Stallphase, in der die meisten Tiere im Stall waren oder sich dort zumindest kurzfristig, z.B. nach der Ablammung, aufgehalten hatten. Der Peak der Neuerkrankungen im Nov.-Dez.

(310.-330. Verlaufstag) deutet ebenfalls darauf hin, dass ein größeres Risiko für eine Neuinfektion im Stall vorhanden war (Abb. 5). Während der Stallhaltungsperiode sind viele Schafe zur Ablammung in den Stall verbracht worden, wodurch dort am 01.12.

und 08.12.2012 wieder vermehrt Neuerkrankungen registriert wurden. Im folgenden Zeitraum sank die Zahl der Neuerkrankungen wieder, stieg aber Ende Dezember wieder an. Die Zahl der Neuerkrankungen erreichte nicht mehr das Ausmaß, wie zu Beginn der Studie. So würde eine Trendlinie in Abb. 5 zunächst einen deutlichen Abfall der Neuerkrankungen zeigen, jedoch nie auf die Null-Linie kommen und würde schließlich auch wieder ansteigen. Würde man lediglich die Daten bis Tag 290 in die Berechnung einbeziehen, wäre das Bestimmtheitsmaß noch höher und die Trendlinie würde auch auf die Nulllinie kommen. Prinzipiell wäre also eine Sanierung durch regelmäßige konsequente antibiotische parenterale Behandlung aufgrund dieser Daten sogar wahrscheinlich. Der Eintrieb in den Stall macht allerdings die Erfolge der Bekämpfung auf der Weide wieder teilweise zunichte.

Zusätzlich zum Anstieg der Neuerkrankungen steigt ebenfalls der Grad der Klauenveränderungen. So steigen mit zunehmender Anzahl der Neuerkrankung auch

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die Mittelwerte des TWDS (Abb. 8). Es konnte gezeigt werden (Kap. 4.4.1), dass diese Erhöhung z.T. nur auf einige wenige Neuerkrankungen bzw. Rezidiven von zuvor erkrankten Schafen (Wiederholer), mit entsprechenden Klauenveränderungen zurückzuführen waren.

Der Stall wird in den Sommermonaten ausschließlich von frisch abgelammten Schafen, kranken Schafen und Schlachttieren genutzt. Diese Tiere sind nach STEWART (1989) anfällig für eine Moderhinke-Infektion. Entsprechend dienen infizierte hochtragende Mutterschafe als Erregerreservoir und übertragen die Infektion auch auf ihre Lämmer (ABBOTT und EGERTON 2003). So wird mit dem regelmäßigen Verbringen von Schafen aus dem Stall in die Herde, die Infektionskette kontinuierlich aufrechterhalten. Da die Tiere hauptsächlich zur Ablammung oder kurze Zeit danach in den Stall verbracht wurden, lässt sich die Ablammphase im Stall als ein Risikofaktor in der Epidemiologie der Moderhinke in dieser Herde vermuten.

Dies lässt sich aber aufgrund fehlender Daten der Ablammungen nicht belegen.

Als weiteren Risikofaktor für das Auftreten von Moderhinke-Neuerkrankungen konnte die kurzfristige Koppelhaltung der Schafe ausgemacht werden (Kap. 4.2.2). In Abb. 5 kann man am 221. Verlaufstag, 25.08.2012, einen deutlichen Peak bei den Neuerkrankungen erkennen. Dieser ist u.a. dadurch entstanden, dass an diesem und an den beiden Besuchstagen zuvor bzw. danach Neuerkrankungen auf der Koppel registriert wurden (Abb. 4). Insgesamt wurden in der Studie zwar nur 7 Neuerkrankungen auf der Koppel registriert, aber die Koppel dient in dem Betrieb als

„Parkmöglichkeit“ für frisch abgelammte Mutterschafe mit ihren Lämmern, bevor sie in die Herde eingegliedert werden. Aufgrund der kontinuierlichen Belegung dieser Koppel kann davon ausgegangen werden, dass sie eine wesentliche Infektionsquelle darstellt. Vielfach wurde dieser Effekt jedoch noch dadurch verschleiert, dass die Schafe nur wenige Tage auf der Koppel standen und dann auf die weiter draußen liegenden Weiden verbracht wurden. Da D. nodosus noch 5 und 7 Tage in Klauenmaterial und Kot nachgewiesen werden kann (BEVERIDGE 1941, LAING und EGGERTON 1981), wird durch die kontinuierliche Belegung, sowohl des Stalles, wie

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auch der stallnahen Koppeln, die Infektkette aufrechterhalten. Auch wenn Triebwege und Transportfahrzeuge als indirekte Infektionsquelle dienen können (SELBITZ et al.2001), sind die größeren Risiken in der kontinuierlichen Belegung von Stall und angrenzender Koppel zu suchen.

Dass speziell die stallnahe Koppel in diesem Betrieb ein hohes Infektionsrisiko darstellt, wird auch bei den Infektionszahlen der Lämmer deutlich. So wurden die am 170., 178. und 199. Tag jeweils behandelten Lämmer alle auf der stallnahen Koppel (Kap.4.2.3 Lämmer) erfasst. Ob die Infektion erst dort oder schon im Stall stattgefunden hatte kann nur spekuliert werden. Diese Koppellämmer wurden meist erst zur Untersuchung vorgestellt, wenn bereits eine größere Gruppe Lahmheiten zeigte. In der Zeit, in der auf der Weide Neuerkrankungen bei Mutterschafen und Lämmern parallel registriert werden konnten, zeigte sich, dass die Erkrankungen bei den beiden Altersgruppen meist zeitgleich oder allenfalls leicht zeitversetzt (Tab. 7) auftraten. Besonders am 221. Verlaufstag (25.08.2012) und am 270. Verlaufstag (13.10.2015) wird der gemeinsame Anstieg der Neuerkrankungen deutlich (Abb. 6).

Auch der gemeinsame Anstieg der Neuerkrankungen ab dem 300. Verlaufstag, bei dem die neuerkrankten Lämmer ausschließlich im Stall registriert wurden, zeigt, dass die Lämmer demselben Infektionsrisiko ausgesetzt waren, wie die Mutterschafe. Die Datenlage ist bei den Lämmern eingeschränkt, da bei den Lämmern nur die Tiere erfasst wurden, die auch behandelt werden konnten. Tiere, die alsbald geschlachtet werden sollten, konnten aufgrund der Wartezeit nicht behandelt werden und wurden deshalb auch nicht dokumentiert. Aufgrund der Arzneimittelunverträglichkeit bei Lämmern unter 30 kg KGW wurden lahme Lämmer dieser Gewichtsklasse nicht erfasst und nicht behandelt.

Bei der Erstellung von Sanierungs- und Behandlungskonzepten, sollte auf den Umgang mit den an Moderhinke erkrankten und behandelten Schafen eingegangen werden. Im Rahmen der durchgeführten Studie wurden die neuerkrankten Schafe registriert, gescored und anschließend behandelt. Danach aber im Herdenverband belassen. Dabei empfehlen zahlreiche Autoren eine Trennung der infizierten und behandelten Tiere (GREEN et al. 2002, WASSINK et al. 2003, LUCHINGER WÜEST

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2012, sowie RAADSMA und EGERTON 2013). Nicht nur, dass diese erkrankten Tiere, ein Infektionspotential für gesunde, noch nicht infizierte Tiere darstellen, auch ist die Behandlung bei einer Aufstallung in trockener Umgebung effizienter.

Einen weiteren, nicht unerheblichen, Einfluss auf die Aufrechterhaltung der Infektionskette und der Moderhinke-Erkrankung in der Herde haben die rückfälligen Tiere. Hierzu zählen diejenigen Tiere, bei denen nach einer initialen Behandlung nur eine kurzfristige Verbesserung eintrat, so wie es für die Heilungsverläufe vom 13.04.

und 20.04.2012 (Abb. 17) beschrieben wurde. Als Ursache müssen sicherlich Fehlinjektionen in Erwägung gezogen werden. Im Besonderen sind mit rückfälligen Tiere jedoch diejenigen Schafe gemeint, bei denen nach einer Behandlung eine Heilung einsetzt hat, diese aber zu einem späteren Zeitpunkt erneut erkrankten. Wie in Kap. 4.2.1 dargestellt, wurden mit 605 Behandlungen nur 415 Einzeltiere behandelt. Von diesen wurden 291 (Tab. 5) nur einmal behandelt, der Rest mehrmals. Mehr als die Hälfte der durchgeführten Behandlungen wurde an Tieren durchgeführt, die wiederholt erkrankten (siehe Kap. 4.2.1). Ein Schaf wurde im Rahmen der Studie 6 malig registriert und behandelt (Tab. 5). Es wurde, wie andere rückfällige Tiere auch, trotz dazwischen liegenden Behandlungen, 2 malig per Klauentupfer positiv auf D. nodosus getestet. Dieses Tier konnte im Laufe der Studie gut verfolgt werden (Abb. 19) und war von Anfang bis zum Ende der Untersuchung auffällig. Nicht nur, dass durch diese rezidivierenden erkrankten Tiere die Behandlungskosten in die Höhe getrieben werden, tragen sie auch zur Erhaltung der Erkrankung in der Herde bei. So empfehlen diverse Autoren die Eliminierung dieser chronisch erkrankten Tiere (ABBOTT und LEWIS 2005, Clemens 2012, RAADSMA und EGERTON 2013) aus der Herde. Die Empfehlung lautet diese chronisch erkrankten Tiere zu kennzeichnen, zu separieren und aus dem Bestand zu entfernen. Dieses erfolgte im Rahmen dieser Studie aufgrund des Wiederstandes des Tierbesitzers nicht. Entsprechend der Absprache hätten 11,3% der Schafe gemerzt werden müssen.

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Als möglichen weiteren Einflussfaktor auf die Moderhinke-Inzidenz ist das Klima zu nennen. Niederschläge über 50 bis 100 mm³/m² und durchschnittliche Temperaturen über 10 bis 15°C werden nach GRAHAM et al. 1968 und GLYNN 1963 mit einem erhöhten Risiko für die Übertragung von D. nodosus verbunden, wobei die Mehrzahl der Erkrankungen z.T. erst 3 bis 4 Monate später auftreten und anhalten können.

GRAHAM und EGERTON (1968) beschrieben die optimalen Bedingungen für die Übertragung der Moderhinke in Australien mit Temperaturen über 10°C und 3 monatige Niederschlägen über 50 mm³/m² als begünstigende Faktoren für die Übertragung. Lang anhaltende Feuchtigkeit, die auch von üppigen Weiden oder Tau stammen kann, lassen ein für Moderhinke günstiges Mikroklima entstehen. ABBOTT und LEWIS (2005) beschrieben für Südengland den Zeitraum von April bis Oktober, mit entsprechenden Regenfällen, als Übertragungszeit.

Im Rahmen der Studie wurde an den Besuchstagen die Tagesdurchschnittstemperatur und die Niederschlagsmenge der vorangegangenen Woche erfasst. Besonders zu Beginn der Studie war die Zahl der Neuerkrankungen pro Besuchstag noch relativ hoch (Abb. 5). Bei den ersten Besuchstagen konnte, aufgrund der großen Zahl von Neuerkrankungen, nur die Neuerkrankungen im Stall erfasst werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Außentemperaturen im Durchschnitt noch deutlich unter 10°C. Die Temperaturen im Stall waren nach Aussage des Schäfers zu dieser Zeit über 10°C. Durch die Temperatur, die Feuchtigkeit in der Einstreu und der hohen Tierdichte ergab sich somit im Stall ein günstiges Mikroklima für eine Erregerübertragung, unabhängig von den Außentemperaturen.

Erst ab dem 10.2.2012 konnten auch Schafe auf der Weide registriert und behandelt werden. Ab dem 18.02.2012 stieg die Temperatur stetig an und erreichte am 16.03.

2012 eine Durchschnittstemperatur von mindestens 10°C. Parallel dazu stieg auch die Niederschlagsmenge an (Tab. 7). Die Zahl der Neuerkrankungen stieg in dieser Zeit ebenfalls, an mit 33 Neuerkrankungen am 09.03.2012 und 61 Neuerkrankungen am 20.03. 2012 (Tab. 7). Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit den oben zitierten Erfahrungen. Für die Weideperiode, vom 20.03. - 23.11.2012, konnten die Zusammenhänge zwischen Temperatur, Niederschlägen und Moderhinke-Inzidenz

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nur z.T. bestätigt werden (Abb. 20). Deutlich zeigen sich evtl. Zusammenhänge am 06.07.2012, 115. Verlaufstag. Einmal stiegen in dieser Zeit die Temperaturen deutlich an, zum andern nahm die Niederschlagsmenge zu (Abb. 20, Tab. 7). Bei den Mutterschafen wurden 12 Neuerkrankungen registriert. Hinzu kamen an diesem Tag aber noch 30 Lämmer (Abb. 7), die aufgrund von Moderhinke behandelt werden mussten.

Wie von GRAHAM et al. 1968 und GLYNN 1993 beschrieben, können die durch die klimatischen Bedingungen verursachten Neuinfektionen z.T. erst 3 bis 4 Monate später auftreten. Bei den eigenen Untersuchungen scheinen die Einflüsse jedoch deutlich kurzfristigere Wirkung zu zeigen. Da die Herde ständig in Bewegung war und die Tiere jeweils anderen lokalen Mikroklimata ausgesetzt waren, sind die Zusammenhänge jedoch nicht so einfach nachvollziehbar. Eine genauere Dokumentation, über die Bewegung oder das Verbringen der Tiere, hätte die Analyse zum Einfluss von Klima und Ort im vorliegenden Fall sicher erleichtert. So kann man insgesamt nur Trends erahnen, aber statistisch nicht sicher belegen (Abb. 20).

Aufgrund der vielfältigen Einflüsse und der in einigen Bereichen unsicheren Datenlage wurde auf eine statistische Bearbeitung der Einflussfaktoren auf die Moderhinke-Inzidenz, z.B. in Form einer mehrfaktoriellen Varianzanalyse, verzichtet.

Bei der Planung von Sanierungsmaßnahmen sollte aber versucht werden, bestimmte Perioden, in denen die Übertragung von D. nodosus in Deutschland begünstigt wird zu meiden (FITZPARICK 1961, EGGERTON 1989). Allerdings wären hierzu erhebliche Umstellungen bei dem hier untersuchten Betrieb notwendig gewesen.

5.4 Wirksamkeit der Behandlung mit Tilmicosin in den gewählten