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Wesentliche Kostenbestandteile

20.1 (1) Während im Krankenanstaltenbereich nach dem Bundesgesetz über die Doku­

mentation im Gesundheitswesen49 bundesweit einheitliche Vorgaben für die Kosten­

rechnung sowie entsprechende Meldepflichten bestanden und diese die Gegenüberstellungen einzelner Kostenbestandteile ermöglichten, existierten derar­

tige Vorgaben im Pflegebereich nicht. Sowohl die Pflegereform 2012 als auch die Novelle des PFG im Jahr 2017 und der „Masterplan Pflege“ vom Dezember 2018 enthielten das Ziel einer Harmonisierung von Pflegedienstleistungen und ihrer Finanzierung.

(2) Nicht alle Länder verfügten über eine Kalkulation, die eine Aufteilung der Kosten auf bestimmte Positionen (z.B. Pflegepersonal, Küche, Wäsche, Gebäude) ermög­

lichte. Auch soweit Kalkulationen erfolgten, waren diese nur eingeschränkt vergleich­

bar (z.B. waren Vergleiche zwischen Eigenerbringung der Leistungen und zugekauften Leistungen etwa bei Küche, Wäsche oder Reinigung mangels einheitlicher Kosten­

stellen schwierig).

• Die Länder Burgenland, Salzburg und Vorarlberg legten derartige Kalkulationen nicht vor. Dort war die Tarifhöhe das Ergebnis von Verhandlungen.

• Das Land Kärnten verfügte über Gutachten zur Vorbereitung von bereits im Jahr 2013 erfolgten Tarifverhandlungen. Eine Erklärung für die 2018 geltenden Tarife ließ sich daraus nicht ableiten.

49 BGBl. 745/1996 i.d.g.F.

• Die Länder Niederösterreich (für die Landesheime) und Oberösterreich (aus einem Controlling aller Anbieter) verfügten über Daten aus – jeweils unterschiedlich struk­

turierten – Kostenrechnungssystemen. So konnten sie darstellen, welche Aufwen­

dungen für welche Kostenbestandteile im Schnitt anfielen.

• In den Ländern Tirol und Wien lagen Berechnungsgrundlagen aus den Tarifverhand­

lungen mit den einzelnen Anbietern vor; diese stellten eine Mischung aus budgetier­

ten Kosten, historischen Ist–Werten und Normkosten dar.

• Das Land Steiermark verwendete seit 2006 ein Normkostenmodell, bei dem – unab­

hängig von den tatsächlichen Kosten der Leistungserbringer – bestimmten Kategorien normativ bestimmte Kosten zugeordnet waren. Gutachten dazu zeigten, dass eine Unterschreitung der Kosten möglich war bzw. nicht sichergestellt war, dass die Heime alle Leistungen auch tatsächlich wie kalkuliert erbrachten. Wesentliche Problemfelder betrafen zu geringe Abschreibungsdauern, zu hohe angenommene Errichtungskosten, die Overhead–Kosten (z.B. Buchhaltung, Heimleitung) und Kosten für fremdvergebene Leistungen (z.B. Küche, Wäsche, Reinigung). Dem Land Steiermark dazu vorliegenden Kalkulationen zufolge würden die Tarifzahlungen gemäß dem Normkostenmodell 2006 über den tatsächlichen Kosten der Heimbetreiber liegen. Eine systematische Analyse des Landes darüber fehlte, u.a. weil die Heimbetreiber dem Land keine Gebarungsda­

ten bereitzustellen hatten. In der Folge valorisierte die Steiermark die Tarife nicht; ab dem 1. Jänner 2019 galt ein neues Modell. Dabei erreichte die Steiermark keine Tarif­

reduktion, verpflichtete jedoch die Heimträger, regelmäßig und anonymisiert ihre Ist–

Kosten bekannt zu geben. Weiters beschrieb das Land detaillierter die zu erbringenden Leistungen. Betriebswirtschaftlich waren im Verhandlungsergebnis einige Besonder­

heiten enthalten (z.B. eine Vergütung der Kommunalsteuer auch für jene Heimbetrei­

ber, die diese gar nicht zu bezahlen hatten, oder eine Vergütung von flächenbezogenen Kosten auf Basis einer Mindestgröße, selbst wenn diese nicht eingehalten war). Der RH hatte 2012 im Bereich der Förderungen für Menschen mit Behinderungen festgestellt, dass die Festsetzung von Normkosten grundsätzlich sinnvoll, eine regelmäßige Evaluie­

rung anhand der Ist–Kosten jedoch unabdingbar war.50

50 RH–Bericht „Sozialabteilung der Landesregierung Steiermark und Bundessozialamt – Koordination und Paral­

lelität“ (Reihe Bund 2012/12, TZ 25)

(3) Zu den Kostenbestandteilen war Folgendes anzumerken:

• Ein wichtiger Faktor für die Kosten waren personelle Vorgaben (Anzahl der Bediens­

teten, TZ 31). Die beiden Länder mit dem höchsten Personalschlüssel (die Länder Vorarlberg und Wien) hatten auch die höchsten Kosten bzw. Tarife. Die Länder mit hohem Personalschlüssel betrachteten dies als Qualitätskriterium, andere Länder lehnten diese Betrachtung ab. Das Land Burgenland hatte trotz niedrigstem Perso­

nalschlüssel nicht die niedrigsten Kosten je Verrechnungstag und evaluierte zur Zeit der Gebarungsüberprüfung die Höhe von Kosten und Tarifen.

• Die Kosten waren unterschiedlich auf Unterbringung und Verpflegung sowie den Bereich Pflege verteilt. Zum Beispiel lag der Kostenanteil für Pflegepersonal in Ober­

österreich bei rd. 60 %, in der Steiermark bei etwa vergleichbaren Gesamtkosten bei rd. 47 %.

• Die Länder gingen von unterschiedlichen Errichtungskosten je Heimplatz aus. Die Bandbreite lag dabei zwischen rd. 105.000 EUR (Oberösterreich, Steiermark) und rd. 194.000 EUR je Heimplatz (Vorarlberg).

• Insbesondere bei sprungfixen Kosten (wie z.B. der Besetzung von Nachtdiensten) war eine höhere Anzahl von Plätzen je Pflegeheim ein Faktor, der zu einer höheren Effizienz und zur Reduktion der Kosten beitragen konnte. Ein Verlust von Wohnort­

nähe oder Übersichtlichkeit der Wohnverhältnisse konnte bei größeren Heimen auch als qualitativer Nachteil angesehen werden.

(4) Die durchschnittliche Pflegeheimgröße je Land lag zwischen rd. 47 Plätzen in Vorarlberg und rd. 191 Plätzen in Wien und stellte sich wie folgt dar:

Tabelle 15: Durchschnittliche Anzahl der Plätze je Pflegeheim im Jahr 2018

Land durchschnittliche Anzahl der Plätze je Pflegeheim

Burgenland 52

Kärnten 71

Niederösterreich 102

Oberösterreich 94

Salzburg 70

Steiermark 64

Tirol 70

Vorarlberg 47

Wien 191

Österreich 86

Quellen: Länder; Berechnung: RH

20.2 Der RH kritisierte, dass für die stationäre Pflege keine vergleichbaren Kostenrech­

nungsergebnisse vorlagen, die eine Zuordnung der unterschiedlichen Kosten der Länder auf bestimmte Positionen (z.B. Pflegepersonal, Gebäude) zuließen. Der RH hielt im Hinblick auf die vom Bundesgesetzgeber bzw. von der Bundesregierung mehrfach als Ziel formulierte Harmonisierung von Pflegedienstleistungen eine Vergleichbarkeit der Kosten der einzelnen Leistungen für unabdingbar.

Der RH hielt auf Basis der vorliegenden Unterlagen den Pflegebedarf der Heimbe­

wohnerinnen und –bewohner und die Personalausstattung der Heime für die wich­

tigsten Kostenfaktoren, erachtete jedoch auch die bauliche Ausgestaltung der Heime und die Heimgröße als maßgeblich. Der RH wies auch auf unterbliebene bzw. nicht geeignete Kalkulationen von Tarifen hin, die gegenüber den tatsächlich erbrachten Leistungen überhöht sein konnten.

Der RH empfahl dem Sozialministerium und den Ländern, die wesentlichen Kosten­

bestandteile der stationären Pflege (Pflegepersonal, Gebäude etc.) nach einheit­

lichen Kriterien zu erfassen und – z.B. im Arbeitskreis Pflegevorsorge – regelmäßig zu vergleichen sowie daraus Best Practice–Beispiele zu entwickeln.

20.3 (1) Das Sozialministerium wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass dem Bund im Bereich Gesundheit eine wesentlich weitere Regelungskompetenz als im Bereich Pflege zukomme. Ob die gemeinsam akkordierte Vorgangsweise im Bereich Gesund­

heit auch für die Pflege möglich sei, könne das Sozialministerium nicht allein entscheiden. Abgesehen davon wies es auf die Wichtigkeit von Harmonisierungs­

schritten hin und führte aus, dass es die Thematik der Erfassung der wesentlichen Kostenbestandteile nach einheitlichen Kriterien mit den Ländern eingehend disku­

tieren würde. Auch sei vorstellbar, den Arbeitskreis Pflegevorsorge als Gremium für regelmäßige Vergleiche zu installieren.

(2) Das Land Kärnten führte in seiner Stellungnahme aus, dass die Entwicklung eines abgestimmten, einheitlichen Finanzierungssystems die Vereinheitlichung der zu erfassenden Kostenbereiche voraussetze.

(3) Das Land Niederösterreich hielt in seiner Stellungnahme fest, dass eine Entwicklung einheitlicher Grundsätze zur Tarifgestaltung bzw. einheitlicher Kalkulationsmodelle in die bisherige Struktur der Leistungserbringung und Finanzierung der Länder eingreife. Es sei im Vorfeld ein allfälliger Nutzen der Vereinheitlichung gegen etwaige Mehraufwendungen abzuwägen.

Zur Verbesserung der Datenqualität und zum Umfang der zu erhebenden Daten führte das Land Niederösterreich aus, dass aus verwaltungsökonomischen Gründen vorerst eine Konkretisierung der gewünschten Daten und deren Notwendigkeit bzw. Zweck­

mäßigkeit für die Planung und Steuerung der Pflegedienstleistungen zu prüfen seien.

Zur empfohlenen österreichweit abgestimmten Gesamtstrategie zur Pflegevorsorge bzw. Harmonisierung von Leistungen wies das Land Niederösterreich auf Beschlüsse der Landessozialreferentenkonferenz hin, wonach Harmonisierungsmaßnahmen bei der Angebotsstruktur unterstützt würden, sofern regionale Besonderheiten und historisch gewachsene Standards respektiert und die Veränderungen für die jeweili­

gen Länder kostenneutral erfolgen würden. Eine Harmonisierung setze eine schritt­

weise Umsetzung in einem längerfristigen Zeitrahmen voraus, zumal dies auch Veränderungen und Weiterentwicklungen von bestehenden Standards unter Einbin­

dung der Sozialpartner bedeute. Keinesfalls solle eine Harmonisierung das infor­

melle Pflegepotenzial schwächen.

(4) Laut Stellungnahme des Landes Salzburg dürfe diese Maßnahme nicht zu zusätz­

lichem Verwaltungsaufwand führen.

(5) Die Stadt Wien führte in ihrer Stellungnahme aus, sie werde sich in entspre­

chende Vorhaben einbringen und biete dafür ihre Mitarbeit und Expertise an.

20.4 Der RH wies die Länder Niederösterreich und Salzburg darauf hin, dass seiner Ansicht nach ein Volumen von rd. 3,4 Mrd. EUR für stationäre Pflege in Österreich einen Vergleich der Kosten und eine Analyse damit verbundener Optimierungspotenziale rechtfertigt.