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23.1 (1) In der Art. 15a B–VG Vereinbarung 1993 verpflichteten sich die Länder, für die Qualität der Sachleistungen und die Kontrolle bzw. die Aufsicht zu sorgen. Der Mindeststandard der Sachleistungen hatte bestimmten Qualitätskriterien für die ambu­

lanten, teilstationären und stationären Dienste zu entsprechen. Diese 1993 festgelegten Qualitätskriterien für Heime betrafen im Wesentlichen Strukturkriterien, wie bspw.

(übersichtliche) Heimgröße, (ausreichende) Zimmergröße, Besuchsrecht, Infrastruktur, Standort und Umgebung, Personal und ärztliche Versorgung. Weiters hatten die Länder Regelungen für die Aufsicht von Alten– und Pflegeheimen zu erlassen, die auch den rechtlichen Schutz der Heimbewohnerinnen und –bewohner gewährleisteten.

Im Jahr 2017 erfolgte in § 3a PFG eine weitere Regelung zur Qualität, nach der im Jahr 2021 mindestens die Hälfte der stationären Einrichtungen über Qualitätssiche­

rungssysteme verfügen sollte. Bundesweite Regelungen zur Prozess– oder Ergebnis­

qualität waren nicht vorgesehen, ebenso wenig wie eine Definition von Zielen oder der angestrebten Pflegequalität, eine Auflistung von Bewohnerrechten oder Indika­

toren zur Qualitätsmessung.

(2) Im Vergleich dazu regelte der Gesetzgeber in Deutschland mehr: Er verpflichtete die Finanzierer und die Heimbetreiber zur Sicherstellung der Pflegequalität und zu einer Vereinbarung über die Konkretisierung der Qualität. Diese Vereinbarung hatte auf wissenschaftlich fundierten und fachlich abgestimmten Expertenstandards zu basieren. Weiters waren indikatorengestützte Verfahren zur vergleichenden Messung und Darstellung der Ergebnisqualität im stationären Bereich vorgesehen, die auf der Grundlage einer strukturierten Datenerhebung im Rahmen des internen Qualitätsma­

nagements eine Qualitätsberichterstattung und die externe Qualitätsprüfung ermögli­

chen. In der Folge entstand in Deutschland eine entsprechende Vereinbarung zwischen Heimbetreibern und Finanzierern mit einer Liste von rd. 80 Kriterien, welche die Finan­

zierer jährlich in allen Pflegeheimen prüften. Die Vereinbarung enthielt auch ein Verfahren zur Prüfung und Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Prüfungen.

(3) Im Bereich der Gesundheit machte der Gesetzgeber in Österreich Vorgaben, die weiter gingen als bei der Pflege. Mit Erlassung des Gesundheitsqualitätsge­

setzes 200451 hob er die Bedeutung der Ergebnisqualität hervor und schuf Voraus­

setzungen für die Erstellung von Qualitätsstandards. Mit der Gesundheitsreform 2013 verankerte er weiters eine Teilnahmeverpflichtung an einer bundesweiten Ergebnis­

qualitätsmessung (Austrian Inpatient Quality Indicators).

(4) Unabhängige Einrichtungen in Österreich merkten in ihren Publikationen an, dass eine Festlegung der zu erbringenden Pflegedienstleistungen bzw. deren Quali­

tät in Österreich in mehreren Aspekten offen blieb. Qualität könne sich z.B. an einem primär pflegefachlichen Maßstab orientieren oder an einem umfassenden Konzept der Lebensqualität. Weiters könne sie lediglich direkt vom Heimträger beeinfluss­

bare Größen berücksichtigen oder ein Gesamtsystem (inkl. Angehörigen und ärztli­

cher Versorgung) einbeziehen. Subjektive (Kundenzufriedenheit) und objektivierbare Kriterien (z.B. gesundheitliche Verbesserungen oder Verschlechterungen bei den Pflegebedürftigen) seien zueinander in Beziehung zu setzen. Das Fehlen konkreter Vorgaben habe zu einer großen Bandbreite von Definitionen und Konzepten sowie wenig Transparenz hinsichtlich der tatsächlich erbrachten Leistungen bzw. deren Qualität geführt.

51 BGBl. I 179/2004 i.d.g.F.

23.2 Der RH wies kritisch darauf hin, dass in Österreich im Pflegebereich im Unterschied zu Deutschland bzw. im Unterschied zum Gesundheitsbereich eine grundlegende, österreichweite Festlegung der Prozess– und Ergebnisqualität sowie von Zielen weit­

gehend fehlte. Dies wäre für eine Sicherstellung der guten Betreuung der Heimbe­

wohnerinnen und –bewohner, aber auch für eine vergleichbare Qualitätsmessung und für die Nutzung von Effizienzkriterien eine grundlegende Voraussetzung.

Der RH empfahl dem Sozialministerium und den Ländern, ein einheitliches Verständ­

nis zur Qualität in Pflegeheimen für die wesentlichen Bereiche (z.B. Fachpflege, Lebensqualität, ärztliche oder soziale Betreuung) zu erarbeiten und dafür

• eine fachliche Detaillierung („Pflegestandards“),

• Indikatoren zur Messung der Struktur–, Prozess– und Ergebnisqualität sowie

• Kontrollaspekte (z.B. Art und Häufigkeit der Überprüfung, Transparenz der Ergebnisse) festzulegen.

Der RH überprüfte in der Folge die Regelungen der einzelnen Länder. Er behandelte dabei zunächst die grundsätzlichen Festlegungen (TZ 24) und im Anschluss anhand eines ausgewählten Beispiels (Ernährung, TZ 25) die detaillierten Vorgaben, Indika­

toren und Kontrollen in den einzelnen Ländern.

23.3 (1) Das Sozialministerium führte in seiner Stellungnahme aus, dass es einem einheit­

lichen Verständnis von Qualität in Pflegeheimen positiv gegenüberstehe und in der Vergangenheit bereits einige Maßnahmen dazu gesetzt habe, z.B. durch die Novelle des PFG im Jahr 2017 oder mit dem Nationalen Qualitätszertifikat für Alten– und Pflegeheime. So sehe das Nationale Qualitätszertifikat bundesweit einheitliche Regelungen zur Prozess– und Ergebnisqualität sowie die Definition von Zielen und Sollwerten (z.B. für die angestrebte Pflegequalität) vor. Es beruhe auf einem einheit­

lichen Fremdbewertungsverfahren für Alten– und Pflegeheime, die ein Qualitätsma­

nagement–System eingeführt hätten und sich mit Zustimmung des jeweiligen Landes freiwillig zur Zertifizierung anmelden würden.

Der Fokus liege auf fünf Bereichen (insbesondere der Lebensqualität der Bewohne­

rinnen und Bewohner, aber auch der Bewertung der Arbeitsplatzqualität der Bediensteten oder der Führungsqualität) mit je 30 Qualitätsfeldern und 30 Ergebnis­

feldern. Die Häuser würden zu den Qualitätsfeldern ihr systematisches Vorgehen (Strukturen und Prozesse) beschreiben und zu mindestens zehn (bei Rezertifizierun­

gen 15) ausgewählten Ergebnisfeldern Kennzahlen einreichen sowie den Bezug der von ihnen eingereichten Kennzahlen zur Lebensqualität der Heimbewohnerinnen und –bewohner herstellen. Die jeweilige Zertifizierung erfolge durch speziell ausge­

bildete Führungskräfte aus der Branche, wodurch Wissen aus der Branche generiert werde und mit den Zertifizierungen wieder in die Branche zurückfließe. Unter

Einbindung der Branche und der Länder entwickle sich das Nationale Qualitäts­

zertifikat laufend weiter.

(2) Das Land Kärnten stimmte in seiner Stellungnahme der Empfehlung grundsätz­

lich zu. Es verwies jedoch darauf, dass es in der Folge zu einheitlichen gesetzlichen Regelungen kommen müsse und vertrat die Ansicht, dass damit einhergehende Kostensteigerungen vom Bund (im Rahmen des Pflegefonds) zu berücksichtigen seien.

(3) Das Land Niederösterreich nahm in seiner Stellungnahme die Empfehlung unter Hinweis auf die dafür notwendige Berücksichtigung der bestehenden Kompetenz­

lage und der konzeptbezogenen Unterschiede zur Kenntnis.

(4) Das Land Salzburg verwies in seiner Stellungnahme auf die Mindeststandards für alle Pflegeeinrichtungen gemäß Salzburger Pflegegesetz. Es führte aus, dass die vom RH empfohlene „fachliche Detaillierung“ in Form von „Pflegestandards“ in vielen Bereichen dem Prinzip einer individuellen und angemessenen Gesundheits– und Krankenpflege widerspreche. „Pflegestandards“ seien in Akutkrankenhäusern state of the art, würden jedoch im Langzeitpflegebereich aufgrund der multiplen Aufga­

benstellungen und unterschiedlichsten Pflegebedarfe einer individuellen Lebens­

qualität entgegenstehen.

Das Land Salzburg erhebe regelmäßig zumindest einmal jährlich von allen Pflegeein­

richtungen Indikatoren zur Messung der Struktur–, Prozess– und Ergebnisqualität.

Die Frequenz der Überprüfungen habe sich sowohl durch die Akzeptanz der Pflege­

einrichtungen als auch durch die häufige Inanspruchnahme der Heimaufsicht für Beschwerden durch Pflegebedürftige, Personal und Angehörige als ausreichend erwiesen.

(5) Die Stadt Wien unterstütze laut ihrer Stellungnahme die Empfehlung des RH. Die fachliche Auseinandersetzung dazu habe in Wien mit der Erstellung der evidenz­

basierten Handlungsleitlinien (Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen) bereits stattgefunden. Bei der Weiterentwicklung von Kontrollaspekten wies die Stadt Wien darauf hin, dass bei der Art der Erhebung eine professionelle Fremdeinschätzung einer Selbsteinschätzung durch die Leistungsanbieter vorzuziehen sei.

23.4 Der RH erwiderte dem Land Salzburg, dass die von ihm empfohlenen Pflegestan­

dards auch eine individuell optimierte Lebensführung unterstützen würden, und verwies auf die in den Ländern teilweise bereits im Einsatz befindlichen Regelungen.

Da bei Fehlen von Pflegestandards eine individuell optimierte Pflegesituation nicht garantiert werden kann, erachtete der RH Pflegestandards als zweckmäßig und merkte an, dass eine Planung (z.B. von Personal und Kosten) von bestimmten Vorgaben zur Pflegequalität ausgehen muss.

Ziele, Pflegequalität und Rechte der