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3.7 Unterstützende Aktivitäten der Wertkette und RFID

3.7.3 RFID in der Technologieentwicklung

3.7.3.1 Warenwirtschaftssysteme

Begriffserklärung Warenwirtschaft

„Der Begriff Warenwirtschaft umschreibt ein System der Warenverteilung vom Hersteller bis zum Letztverwender oder –abnehmer und bildet die Summe der Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ware“.124

Begriffserklärung Warenwirtschaftssystem

121 vgl. Lippok [Umdenken durch RFID 2005], S. 42

122 Anm. d. Verfasserin

123 Wui Lun Wong, Viehland [Critical Issues that Will Determine the Future of RFID 2007], S. 2

124 Barth, Hartmann, Schröder [Betriebswirtschaftslehre des Handels 2002], S. 444

Das Warenwirtschaftssystem, (kurz WWS genannt), beinhaltet alle materiellen, monetären, personenbezogenen, informationsbezogenen Vorgänge und kommunikative Prozesse in einem Unternehmen.125 Ein Warenwirtschaftssystem kann somit definiert werden „als die Summe aller Maßnahmen der Informationsgewinnung, -verarbeitung, -abgabe und –speicherung, welche zur Kontrolle und Steuerung der materiellen Warenvorgänge sowie der hierauf bezogenen Geld- und Personalabläufe dienen“.126 Ziel des WWS ist es, dass man den Warenfluss mengen- und wertmäßig artikelgenau und lückenlos erfassen kann.

Daraus ergeben sich die wesentlichen Aufgaben von WWS. Das sind die Disposition, das Bestellwesen, die Wareneingangserfassung, die Rechnungskontrolle, die Warenausgangserfassung, die Kassenabwicklung, die Inventur und die warenbezogene Auswertung. Ein Warenwirtschaftssystem umfasst demnach die Module Wareneingang, Warenausgang, Disposition und Bestellwesen sowie ein Marketing-Management-Modul.127

Die folgende Abbildung zeigt die Informationsvernetzung von interner und externer Integration computergestützter Warenwirtschaftssysteme.

Abbildung 15: Interne und externe Integration computergestützter Warenwirtschaftssysteme128

125 vgl. Gritsch [RFID im Einzelhandel 2006], S. 26f.

126 vgl. Lerchenmüller [Handelsbetriebslehre 1998], S. 445

127 vgl. Meffert [Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 2000], S. 670f.

128 Quelle: Meffert [Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 2000], S. 671

Die Informationsvernetzung ermöglicht dabei ausgehend von Handelsunternehmen die verbesserte Informationsbasis innerhalb des Handelssystems (interne Integration). Es besteht aber auch die Möglichkeit der externen Vernetzung, beispielsweise mit Banken, Lieferanten, Kunden oder Marktforschungsinstituten (externe Integration).129

Bedeutung von Warenwirtschaftssystemen

Der Handel hat eine seit Jahren steigende Informationsflut zu verarbeiten, was damit erklärt werden kann, dass zunehmend in internationale Märkte investiert wird, immer neue und größere Betriebsformen entstehen, was demzufolge zu immer stärkerer Konkurrenz und zunehmenden Wettbewerbsdruck führt. Außerdem gibt es zusätzlich eine immer stärkere Sortimentsrotation, d.h. in vielen Handelsunternehmen findet innerhalb weniger Jahre eine vollständige Sortimentsveränderung statt.130 Zwar trifft dies auf den Lebensmitteleinzelhandel nicht in dieser extremen Form zu, aber dennoch erweitert sich sein Sortiment stetig um neue Produkte.131 Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es daher notwendig, entscheidungsrelevante Informationen, z.B. welche Artikel neu ins Sortiment aufgenommen werden müssen und welche entfernt werden sollen, schnell zu erfassen und richtig weiterzuverarbeiten. Um das zu können, bedarf es Systemen, die in der Lage sind, große Datenmengen zu verwalten und zu verarbeiten.132 Die richtige, schnelle und fehlerfreie Verwaltung der Daten ist Grundvoraussetzung jedes Unternehmens. Wer auf solche Systeme verzichtet, wird in Zukunft nicht mehr konkurrenzfähig sein.

Durch RFID kann dieser Prozess der Datenverarbeitung nochmals beschleunigt werden und zu einer fehlerfreien Verwaltung beitragen, was wiederum Wettbewerbsvorteile generiert.133 Hier geht es vor allem um Prozessinnovationen mit smarten Dingen respektive smarten Produkten bzw. um den Begriff des Ubiquitous Computing. Diese drei Benennungen werden an dieser Stelle kurz erläutert.

129 vgl. Meffert [Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 2000], S. 671f.

130 vgl. Gritsch [RFID im Einzelhandel 2006], S. 25

131 vgl. Anm. d. Verfasserin

132 vgl. Grytsch, Kintzel [Warenwirtschaft im Einzelhandel 1996], S 11 zitiert nach [Gritsch [RFID im Einzelhandel 2006], S. 26

133 Anm. d. Verfasserin

Ubiquitous Computing

Ubiquitous Computing (kurz UbiComp genannt) ist ein logischer nächster Entwicklungsschritt von betrieblicher Informationsverarbeitung. Während die integrierten Informationssysteme (wie R/3 von SAP) und E-Business-Systeme in Warenwirtschaftssystemen die Verknüpfung von immer mehr Applikationen und Datenbanken verfolgen, zielt UbiComp auf die Integration dieser Applikationen und Datenbanken mit der realen betrieblichen Umgebung, wie beispielsweise dem Lagerhaus ab. Mit Hilfe solcher Informationstechnologien sollen Medienbrüche eliminiert werden. Ein Beispiel für einen Medienbruch ist die mehrfache Erfassung eines Auftrags in unterschiedlichen betrieblichen Informationssystemen innerhalb einer Wertschöpfungskette. So wird Langsamkeit, Intransparenz und Fehleranfälligkeit verursacht.134

Die nachfolgende Tabelle zeigt verschiedene Arten von Medienbrüchen

Tabelle 7: Medienbrüche und betriebliche Informationssysteme135

UbiComp-Technologien können den Medienbruch zwischen physischen Prozessen und deren Informationsverarbeitung vermeiden. So ermöglichen sie eine vollautomatisierbare Maschine-Maschine-Beziehung zwischen physischen Dingen und klassischen Informationssystemen, indem sie ersteren einen „Minicomputer“

134 vgl. Fleisch, Kickuth, Dierkes [Ubiquitous Computing 2003], S. 29

135 Quelle: Fleisch, Kickuth, Dierkes [Ubiquitous Computing 2003], S. 29

zufügen und ihn mit klassischen Informationssystemen verbinden.136 Das heißt, UbiComp hilft, die Dateieingabe zu automatisieren. Oder anders ausgedrückt:

UbiComp automatisiert die Abbildung der realen Welt der Menschen, Produkte und Betriebsmittel in die virtuelle Welt des Internets, der ERP- und der Supply-Chain-Management-Systeme und ersetzt damit den Menschen als Mediator zwischen realer und virtueller Welt.137

Smarte Dinge

Wenn von Smarten Dingen gesprochen wird, sind damit Alltagsgegenstände, die mit Informationstechnologien zum Sammeln, Speichern, Verarbeiten und Kommunizieren von Daten „aufgerüstet“ sind, gemeint. So erhalten sie gegenüber ihrem ursprünglichen Zweck eine erweiterte Funktionalität und somit eine zusätzliche Qualität. Der informationsverarbeitende Anteil ist vollkommen in den Gegenstand und seine Eigenschaften integriert. Die smarten Dinge müssen z.B. über Sensoren mit Informationen ihrer Umgebung versorgt werden und kommunizieren können, weil erst dadurch eine Wechselwirkung zwischen Computer und Umgebung möglich wird.

Ein Beispiel für smarte Dinge wären Autoreifen, die den Fahrer benachrichtigen, wenn der Luftdruck abnimmt, oder Medikamente, die sich rechtzeitig bemerkbar machen, bevor ihr Haltbarkeitsdatum abläuft. Auch können smarte Dinge darüber Auskunft geben, wo sie sich befinden, welche anderen Gegenstände in der Nähe sind, was in der Vergangenheit mit ihnen geschah und was in ihrer Umgebung los ist.138

Smarte Produkte

Smarte Produkte sind in dem Zusammenhang Produkte, die Zusatzfunktionen aus der neuen höheren Abbildungsqualität durch Ubiquitous Computing Technologien erzielen. Ihre Funktion ist abhängig von der unmittelbaren Umgebung, von der Nachbarschaft, Verwandtschaft, Vertrautheit und Geschichte der Bauteile, Betriebsmittel, Verbrauchsteile, Ersatzteile und Werkzeuge, mit denen sie interagieren. Z.B. können folgende Fragen beantwortet werden: Welche Verbrauchsteile sind die richtigen? Welche Funktion muss pro Verkaufsteil gestartet

136 vgl. Fleisch, Kickuth, Dierkes [Ubiquitous Computing 2003], S. 29

137 vgl. Fleisch, Gross [Prozessinnovationen mit smarten Dingen 2002], S. 87

138 vgl. Fleisch, Friedemann [Das Internet der Dinge 2005], S. 61

werden? Welche Ersatzteile sind die richtigen? Wann müssen sie ersetzt werden?

Wann verfallen sie oder eine andere Funktion? Welche Teile gehören zusammen, d.h. funktionieren nur zusammen? Welche Teile dürfen nicht zusammen sein, welche müssen zusammen sein? Welche Funktionen werden an welchem Ort zur Verfügung gestellt? Für Produkte im Lebensmitteleinzelhandel könnte das beispielsweise die Austernverpackung sein, die sicherstellt, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird, die Fleischverpackung „meldet“ sich, bevor sie abläuft, die Regale geben die Auskunft, dass sie nachgefüllt werden müssen etc.139