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4.1 Der Marketing-Mix im Lebensmitteleinzelhandel

4.1.2 RFID in der Produktpolitik

Begriffserklärung Produktpolitik

Die Produktpolitik umfasst alle Entscheidungen, die sich auf die Gestaltung der Absatzleistung beziehen. Es handelt sich dabei um die Gesamtheit der Waren und Dienstleistungen, die den Kunden angeboten werden.198 Art und Umfang der angebotenen Produkte und Leistungen und deren Eigenschaften werden unter Abwägung marktbezogener und unternehmensinterner Faktoren festgelegt.199

4.1.2.1 Kundendienst und RFID

Im Rahmen der Produktpolitik lassen sich diverse Serviceleistungen mit einem RFID-basierten Added Value unterstützen, um so den Kundennutzen nachhaltig zu erhöhen.200

Beispiel: METRO Future Store

Im Real Future Store in Tönisvorst werden neue Formen und Services im Kundendienst getestet. In der Drogerieabteilung Beauty & More erhalten Kunden Tipps & Tricks zur Schönheitspflege. Vor Ort steht ein interaktiver Hautberatungsterminal, an dem die Kunden ihren Hauttyp selbständig bestimmen und sich entsprechend fachlich beraten lassen können. Außerdem ist in der Wein- und Spirituosenabteilung eine Wein-Probier-Station eröffnet worden. Der Kunde kann sich 16 verschiedene gekühlte Sorten Wein verkosten lassen, die er per Knopfdruck

196 vgl. Funsch [Einsatzmöglichkeiten von RFID 2003], S. 22

197 vgl. Jäger [RFID als Marketingstrategie 2007], S. 48

198 vgl. Meffert [Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 2000], S. 1197

199 vgl. o.V. [Meyers Lexikon Online o.J.], o.S. URL: http://lexikon.meyers.de/meyers/Produktpolitik, 20.08.2008

200 vgl. Wiedmann, Reeh [Einsatz und Potenziale von RFID entlang der Wertschöpfungskette 2007], S. 254

gratis in Becher füllt.. An der Information des SB-Warenhauses erhält er eine Plastikkarte gegen eine Gebühr von drei Euro, die mit dem gleichen Betrag aufgeladen ist und ihm die Verkostung von sechs verschiedenen Weinen ermöglicht.201

4.1.2.2 Garantieabwicklung und Rückrufaktionen

Im Falle einer Garantieabwicklung ist es für den Kunden von Vorteil, dass sich jeder gekaufte Artikel eindeutig identifizieren lässt. Der Kunde kann beim Hersteller ohne Beleg nachweisen, dass es sich bei dem beanstandeten Produkt wirklich um einen dort erstandenen Artikel handelt.202 Die Historie jedes einzelnen Produktes lässt sich klar und eindeutig zurückverfolgen, Garantieansprüche können schnell und kundenfreundlich geklärt werden.203 Folgende Abbildung veranschaulicht diesen Vorgang.

Abbildung 24: Garantieabwicklung mittels RFID204

Der Kundendienst profitiert einerseits von der schnelleren Auftragsbearbeitung und andererseits davon, dass Fehler, die innerhalb einer bestimmten Charge besonders häufig aufgetreten sind, in Zusammenarbeit mit dem Hersteller leichter ausfindig gemacht und so Rückrufaktionen dementsprechend besser gesteuert und koordiniert

201 vgl. Lambertz [Mobiles Einkaufen mit dem Handy 2008], S. 14

202 vgl. Wiedmann, Reeh [Einsatz und Potenziale von RFID entlang der Wertschöpfungskette 2007], S. 254

203 vgl. Centrale für Coorganisation GmbH (Hrsg) [RFID – Optimierung der Value Chain 2003], S. 9, URL:

http://www.gs1austria.at/epc/downloads/MIP_deutsch030505.pdf, 20.08.2008

204 Quelle: Centrale für Coorganisation GmbH (Hrsg) [RFID – Optimierung der Value Chain 2003], S. 9, URL:

http://www.gs1austria.at/epc/downloads/MIP_deutsch030505.pdf, 20.08.2008

werden können. Produkthaftung und Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln spielen hier ebenso eine Rolle.205

4.1.2.3 POS-Operationen und RFID

Der Point of Sale bezeichnet den Verkaufsort von Handelsunternehmen. Im Lebensmitteleinzelhandel müssen Waren vom Lager in die Verkaufsregale einsortiert und bei Bedarf wieder aufgestockt werden. An diesem Ort kommt auch der Kunde als Endkonsument mit den Produkten in Berührung.206

4.1.2.3.1 Rückverfolgbarkeit der Waren

Wenn jeder Artikel einen Transponder besitzt, hat der Kunde die Möglichkeit, mit diesem Artikel zu einem Informationsterminal zu gehen und sich dort über die Herkunft des Produktes, die Produkteigenschaften, den Warenbestand und eventuell über aktuelle Werbeaktionen zu informieren.207 Vor allem in der heutigen Zeit wird dieser Aspekt immer wichtiger, man denke an die Gammelfleischskandale vor zwei Jahren, um nur ein Beispiel zu nennen. Vielfach werden Produkte als „Bio-Waren“

verkauft, sind es aber in der Tat nicht. Vor allem im Lebensmittelbereich kann sich dadurch der Einsatz von RFID positiv für den Konsumenten auswirken. Da jedes Produkt bis zu seinem Ursprung zurückverfolgt werden kann, ist es dem Kunden möglich, auf die Qualität und die Informationen zu vertrauen. 208 Menschen, die Wert auf eine umweltschonende Herstellung legen oder menschenwürdige Entlohnung in der Dritten Welt unterstützen wollen, wissen auf einen Blick, ob sie den Kauf ihrer Produkte auch ethisch vertreten können.209 Die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, wird von der EU-Richtlinie 178/2002 bei allen Lebensmitteln gefordert.210 Dazu hat die EU allgemeine Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts und der Lebensmittelsicherheit hergestellt. Aufgrund der vielen Lebensmittelskandale wie BSE, Dioxinverseuchung oder Acrylamid wurde eigens die

205 vgl. Wiedmann, Reeh [Einsatz und Potenziale von RFID entlang der Wertschöpfungskette 2007], S. 254

206 vgl. Marek [RFID – Kosten und Nutzen 2007], S. 28

207 vgl. Jäger [RFID als Marketingstrategie 2007], S. 45

208 Anm. d. Verfasserin

209 vgl. Braun [Marketingideen 2008], S. 75

210 vgl. Müller [Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln o.J.], S. 10, URL: http://www.agric-econ.uni-kiel.de/Abteilungen/II/PDFs/RV-LM_RFID.pdf, 20.08.2008

europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit gegründet. Alle Lebensmittelhersteller und der Handel müssen seitdem Systeme und Verfahren einrichten, um Lebensmittel für Lieferungen in den EU-Raum rückverfolgen zu können. Die RFID-Technologie bietet in diesem Fall die Lösung und eine große Hilfe, da die Chips eine große Speicherkapazität haben und so alle vorgeschriebenen Informationen gespeichert werden können.211

Beispiel: Royal Friesland Foods

Eines der zehn größten Molkereiunternehmen der Welt, Royal Friesland Foods, hat aufgrund der genannten EU-Verordnung, RFID an seinen Produkten eingesetzt. Das Unternehmen verfügt über ein Sortiment, das aus natürlichen, nahrhaften und qualitativ erstklassigen Milchprodukten, fruchtbasierenden Getränken und Zutaten, die sowohl für den Endkunden als auch für den Lebensmitteleinzelhandel bestimmt sind. Am Produktionsstandort Deutschland hat das Unternehmen ein Track & Trace System integriert, dass die EU-Verordnungen nicht nur erfüllt, sondern auch noch übertrifft. Dem Verbraucher wird zusätzliche Sicherheit geboten, da die Produktkennzeichnung die Rückverfolgung bis zur Produktion der Rohmilch auf dem Bauernhof gewährleistet.212

4.1.2.3.2 Category Management

Eine Ausstattung des Verkaufsraums durch RFID-Tags an Regalen und Produkten ist vorteilhaft für die Verbesserung der Warenplatzierung. Kundenlaufwege könnten automatisch erfasst werden, außerdem die Reihenfolge der Produktkontakte des Kunden.213 Das hat den Vorteil, die Produkte im Geschäft so positionieren zu können, dass Absatzsteigerungen erreicht werden können. Außerdem kann das Category Management effizienter betrieben werden, da genau Informationen vorliegen, welche Produkte in welcher Reihenfolge und welchem Zeitabstand gekauft

211 vgl. Jäger [RFID als Marketingstrategie 2007], S. 45

212 vgl. o.V. [Von der Kuh bis ins Regal 2007], S. 38f., URL:

http://www.ident.de/uploads/media/ident_2007_7_Web.pdf, 18.08.2008.

213 vgl. Roussos [Enabling RFID in the Retail Industry 2006], S. 27

werden. So kann die Produktpositionierung genau auf die Kunden abgestimmt werden.214

4.1.2.3.3 Qualitätssicherung

RFID wird im Lebensmitteleinzelhandel auch im Kühlbereich eingesetzt. Werden den RFID-Tags zusätzlich Sensoren eingebaut, so können diese bei dem Transport oder der Lagerung beispielsweise die vorgeschriebene Mindestkühltemperatur überwachen. Wird der gespeicherte Wert über- bzw. unterschritten, ertönt ein automatisches Alarmsignal. Dadurch könnten Skandale wie Salmonellen oder verdorbenes Fleisch vermieden werden. 215

Beispiel: METRO Future Store

Im METRO Future Store in Tönisvorst kommt RFID in der markteigenen Metzgerei zum Einsatz. Wenn der Kunde aus der intelligenten Kühltruhe einen mit einem Smart Chip versehenen Artikel entnimmt, so wird das vom installierten Lesegerät automatisch registriert. Dadurch lässt sich die Produktion von frischem Fleisch im Markt planen und die Qualitätssicherung wird optimiert.216

Weitere Vorteile sind, dass die aufwendige manuelle Kontrolle der Mindesthaltbarkeitsdaten entfällt und weniger Ware abgeschrieben werden muss.217 Außerdem können die Regale auch darüber informieren, wie lange ein Produkt noch haltbar ist, bzw. wann es abgelaufen ist und aus dem Sortiment entfernt werden muss. In dem Zusammenhang können beispielsweise Sonderpreisaktionen den Verkauf der Produkte beschleunigen.218

214 Anm. d. Verfasserin

215 vgl. Jäger [RFID als Marketingstrategie 2007], S. 46

216 vgl. Bruckner [Handys, RFID-Tags und Display-Technik prägen den Future Store 2008], S. 11

217 vgl. Liening [Virtuelle Lotsen durch reale Einkaufswelten 2008], S. 12

218 vgl. Zweck, Holtmannspötter [RFID-Technologie 2005], S. 11, URL:

http://www2.bremen.de/technologiebeauftragter/Kap5/RFID-Bericht.pdf, 20.08.2008

Folgende Abbildung zeigt die Fleischverpackungen des METRO Future Store in Tönisvorst, der am 28. Mai 2008 an den Start ging. Jede einzelne Verpackung ist mit einem RFID-Chip ausgestattet.219

Abbildung 25: Fleischschale mit RFID-Chip220

Beispiel: Spar AG

Während des gesamten LKW-Transportes wird die Temperatur der Tiefkühlwaren mit Hilfe von RFID überwacht. Dazu wurde ein spezieller Sensor entwickelt. Der RFID-Tag inklusive Temperaturfühler wurde dafür in ein Gel mit Eis-ähnlichen Eigenschaften eingegossen. Dieser Sensor speichert alle paar Minuten die aktuelle Temperatur und überträgt die Messwerte bei der Auslieferung an den Supermarkt per Funk auf einen mobilen Computer. Die Mitarbeiter wissen sofort, ob die Tiefkühl-Produkte im LKW oder beim Umladen warmen Temperaturen ausgesetzt waren. So kann der Kunde auf 100 prozentige Qualität vertrauen.221