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Wachstumsverhalten auf nicht vergärbaren Kohlenstoffquellen 107

4.7 Zelluläre Fluoreszenzfärbungen, Mikroskopie

5.1.8 Überprüfung der mitochondrialen Aktivität und Funktionalität

5.1.8.2 Wachstumsverhalten auf nicht vergärbaren Kohlenstoffquellen 107

Alle Experimente mit der Mutante G81 haben eine Beeinträchtigung der mitochondrialen Atmung, die mit verminderten Expressionsraten von Untereinheiten von Atmungsketten-Komplexen einher geht, gezeigt. Die 2D-Gel-Analyse erbrachte die Unterexpression von zum Teil mitochondrial codierten Untereinheiten von Cytochrom-c-Oxidase, Ubiquinol-Cytochrom-c-Reduktase und ATP-Synthase. Ferner verdeutlichte die Isolierung von YHM2 als Suppressor des Hochtemperaturphänotyps von G81 [YOUNG1998] den Zusammenhang zwischen der Sta-bilität des mitochondrialen Genoms und den phänotypischen Eigenschaften der Mutante. Dar-aus stellte sich die Frage, ob in G81-Zellen bei 25°C noch funktionsfähige mt-DNA enthalten war oder Mutationen im mitochondrialen Genom vorlagen, die zur Ausschaltung der auf ihm codierten Gene führten.

Je nach Ausmaß der Veränderung der mt-DNA teilt man mitochondriale Mutationen unter-schiedlich ein:

• Kleinere Läsionen, die einzelne Gen-Funktionen betreffen (bezeichnet als mit) bzw.ρ+. Die mitochondriale Atmungsfähigkeit in diesen Stämmen ist oftmals erhalten (falls kein atmungsessentielles Gen von der Mutation betroffen ist).

• Große Deletionsmutationen, welche die Synthese aller Mitochondrien-Proteine blockie-ren (bezeichnet als „cytoplasmatisch petite“ oderρ).

• Kompletter Verlust des mitochondrialen Genoms (ρ0).

mit-, ρ- oder ρ0-Mutantenstämme besitzen sogenannte Petite-Phänotypen (langsam wachsende Stämme aufgrund Ausfall oder Beeinträchtigung der mitochondrialen Atmung).

Petite-Hefestämme zeigen kein Wachstum auf nicht durch Gärung verwertbaren Kohlen-stoffquellen. Zur Prüfung auf Vorliegen eines Petite-Phänotyps bei G81-Zellen wurde daher die Wachstumsfähigkeit der Mutanten-Stämmen in Medien, die ausschließlich Ethanol und Gly-cerin als C-Quellen enthielten, parallel zum entsprechenden Wildtyp-Stamm getestet. Gleich-zeitig diente dieses Experiment zur Verifizierung der Ergebnisse, die aus der Messung des mi-tochondrialen Membranpotentials an isolierten Mitochondrien (Abschnitt 5.1.8.1) gewonnen

Für Transformation des Stammes WDH(hum)Gal eingesetzt:

Plasmid

pCMV189-Centromer-PlasmidHYP2/URA3 TE-Puffer

UWL -Glukose-SSM + Doxycyclin:

-UWL -Glukose-SSM:

-UHWL -Glukose-SSM:

-Abbildung 5.32: Überprüfung der Funktionalität des Tetracyclin-Off-Promotors im Single-Copy-Plasmid pCMV189-HYP2 /URA3. Das neu generierte Hefe-Wildtyp-Plasmid pCMV189-HYP2/URA3 wurde in den Stamm WDH(hum)Gal, der in den proteomischen und transkriptomischen Analysen als Wildtyp fungierte, transformiert.

Auf UWL-Selektivmedium ohne Zusatz des Antibiotikums Doxycyclin ist der Promotor des Tet.-Off-Plasmids aktiv, und es kommt zur Koloniebildung. Bei Doxycyclin-Gabe kommt es zur Repression. Das im Hefestamm noch vorhandene HYP(hum)-Gen auf dem HIS3-Plasmid ist durch den GAL-Promotor kontrolliert, der hier durch Glukose im Medium reprimiert ist.

wurden und die zunehmende Atmungsdefizienz bei Temperaturerhöhung auf 37°C gezeigt hat-ten.

In den bislang verwendeten Doppelknockout-Stämmen befanden sich alle HYP-Funktion komplementierenden Gene plasmidständig unter der Kontrolle des GAL1-10-Promotors. Da-mit war Galaktose im Medium obligat. Für den Versuch musste daher eine Umklonierung al-ler HYP-Genformen in Plasmide mit einer Zucker-unabhängigen Expressionsinduzierbarkeit erfolgen. Als Wirtsplasmid wurde pCMV189 ausgewählt, ein Plasmid, welches den stufen-los kontrollierbaren Tetracyclin-OFF-Promotor enthält. Es handelte sich um ein Single-Copy-Centromer-Plasmid mit einem URA3-auxotrophen Marker, bei dem die Expression im Fall der Abwesenheit eines Tetracyclin-Antibiotikums induziert ist. Mit steigender Antibiotikum-Konzentration nimmt die Repression des Promotors zu. Dementsprechend wurden die humane und die hefeeigene Wildtyp-Form (HYP2) sowie die punktmutierte Form G81 in das Plasmid pCMV189 kloniert.

Als weitere Kontrolle wurde die zu G81 analoge mutierte Form des hefeeigenen HYP2-Gens, G82V, in den Test einbezogen. Die codierende DNA-Sequenz wurde zuvor durch die

„Megaprimer-Methode“ [SARKARund SOMMER1990] hergestellt, mit der auf einfache Wei-se bereits zuvor die Punkt-MutageneWei-se der humanen HYP-Form durchgeführt worden war.

[WÖHL1994].

Mit den neugenerierten Plasmiden wurde der Hefestamm WDH(hum)Gal (humanes

Wildtyp-YPEG 25°C plattierte Zellzahl:

Wildtyp: WDH(hum)TO W303-h1h2-pCMV189-HYP(hum)/URA3

G

W303-h1h2-pCMV189- (G82V)

82:WDH TO

hyp2 /URA3 G82

1,8 10× 1,8 10× 3 10× 1,8 10× 1,8 10× 3 10× YPEG 37°C

5 3 2 5 3 2

G

W303-h1h2-pCMV189- (G81V)

81(Klon1):

hyp(hum) /URA3 WDHG TO81

G

W303-h1h2-pCMV189- (G81V)

81(Klon2) hyp(hum) /URA3

Abbildung 5.33:Wachstum der HYP(hum)-Mutante G81und der HYP2-Mutante G82auf YEPG-Medium (nur Glycerin und Ethanol als C-Quellen enthaltend) bei permissiver und restriktiver Temperatur. Als Wildtyp-Kontrolle diente der Stamm WDH(hum)TO. Alle HYP-Allele standen unter der Kontrolle des Tetracyclin-Off-Promotors des Plasmides pCMV189.

Gen auf Single-Copy-HIS3-Plasmid) transformiert. Nach spontanem Plasmidverlust durch Kul-tivierung der Stämme auf Vollmedium für mehrere Generationen konnte durch Plattierung auf UWL-SSM und anschließende Replika-Plattierung auf UHWL-SSM gegen den Verlust des HIS3-Plasmids selektiert werden, so dass die pCMV189-Plasmide die einzigen funktionieren-den HYP-Gene der Stämme stellten. Die so isolierten Hefestämme erhielten die Bezeichnungen WDH(hum)TO („TO“ für Tetracyclin-OFF), WDHyp2TO, WDHG81TO und WDHG82TO.

Die Funktionsfähigkeit der vier neuen pCMV-Plasmide und des Tetracyclin-Off-Promotors wurde bereits vor dem spontanen HIS3-Plasmid-Verlust überprüft. In Abbildung 5.32 ist exem-plarisch für das HYP2-tragende Plasmid dessen korrekte Funktion belegt, da es nach Plattierung des Stammes auf UWL-Medium mit Glukose als Kohlenstoffquelle zur Koloniebildung kam.

Diese wurde durch Anwesenheit von Doxycyclin in einer Konzentration, die den Promotor voll-ständig reprimierte, verhindert. Der GAL1-10-Promotor des HIS3-Plasmides war dabei durch den Repressor Glukose vollständig ausgeschaltet, was ebenfalls aus dem Fehlen einer Kolo-niebildung auf den Antibiotikum-haltigen UWL-Agarplatten geschlossen werden konnte. Die reale Anwesenheit des HIS-Plasmides war jedoch an der Koloniebildung auf UHWL-SSM ohne Doxycyclin-Zugabe erkennbar. Alle vier pCMV189-Plasmid-Stämme erwiesen sich als funktionell.

Abnehmende Zellzahlen der HYP(hum)/HIS3-Plasmid freien Stämme wurden auf YPEG-Medienplatten ausgestrichen und bei permissiver und restriktiver Temperatur inkubiert. Abbil-dung 5.33 zeigt das Ergebnis der Inkubation für die Mutanten-Stämme sowie den Wildtyp-Stamm WDH(hum)TO HYP(hum)/URA3. Bei 25°C wuchsen alle Stämme deutlich auf nicht vergärbaren Kohlenstoffquellen.

Bei 37°C besaß der Wildtyp ein praktisch unverändert starkes Wachstum. G82 zeigte eine moderate Wachstumsabnahme, was für das Vorhandensein einer schwachen

Temperatursen-sitivität sprach. Bei beiden G81-Kulturen stagnierte, wie zu erwarten, die Proliferation nach Anlegen der höheren Temperatur völlig. Die Wachstumsfähigkeit bei permissiver Tempera-tur beweist, dass G81-Zellen bei niedrigerer Temperatur in abgeschwächter Form in der La-ge sind, Stoffwechselenergie durch mitochondriale Atmung zu erzeuLa-gen. Dies bestätigte die Beobachtung des reduziert vorhandenen mitochondrialen Membranpotentials bei 25°C (Ab-schnitt 5.1.8.1) und spricht gegen das Vorliegen von Petite-Phänotypen.

5.1.9 Differentielle Gen-Transkriptionsprofil-Analyse der HYP(hum)- Punktmutante G81V

Auf Proteinebene konnten zu diesem Zeitpunkt der Charakterisierung keine weiteren Aussagen über die zellulären Gründe der beobachteten Atmungsdefizienz gemacht werden. Daher wurde die Analyse auf die mRNA-Ebene verlagert, indem Transkriptomprofile der Mutante untersucht wurden. Die genomweite Transkriptomanalyse stellt eine wesentlich empfindlichere Methode zur Bestimmung der Genaktivität aller bekannten ORFs im Genom eines Organismus dar und vermag die Regulation von mRNA-Kandidaten im unteren Kopienbereich pro Zelle zu detek-tieren. Dies bereitet bei der Proteomanalyse von Low-Abundance-Proteinen noch Probleme.

Zusätzlich wurde dadurch ermöglicht, die gewonnenen Ergebnisse auf Proteinebene mit RNA-Transkriptom-Daten zu vergleichen.

Die Forschung der letzten Jahre am Hypusin enthaltenden Protein hat seine Interaktions-möglichkeit mit RNA offengelegt. Schon die Tatsache, dass Spermidin selbst, das Vorläufer-molekül der ersten Stufe der Hypusinsynthesereaktion, tRNA zu binden vermag

[POCHONund COHEN 1972], konnte erste Hinweise auf die Bindung Hypps an RNA geben.

Proteinsequenzvergleiche zeigten, dass die hochbasische Aminosäuresequenz in der Umge-bung des Hypusin-Restes Homologie zum NLS-Motiv des Proteins und anderer Rev-verwandter Proteine hat. Dort fungiert dieses Motiv sowohl als Kernimportsignal als auch als RNA-Bindungsstelle. Die direkte Interaktion des Proteins mit RNA in-vitro zeigten erst-mals BEVEC et al. [BEVECet al. 1996] durch RNA-Bindungsstudien eines C-terminal GST-getaggten humanen eIF-5A an die RNA-Sequenz des Rev-Responsive-Elements (RRE) aus HIV-1 im Komplex mit Rev-Protein. Desweiteren versuchten CHEN et al. zu beweisen, dass das Hypp für diese Bindung die Deoxyhypusin- oder die Hypusin-Modifikation enthalten muss und dass für die Interaktion Rev nicht essentiell ist [LIUet al. 1997]. Die Röntgenstrukturanaly-se der Hyp-Proteine aus den Archae-Bakterien Methanococcus jannashii [KIM et al. 1998] und Pyrococcus horikoshii [YAOet al. 2003] zeigten die hohe Motivähnlichkeit der C-terminalen Domäne mit einer OB-Fass-Struktur (Oligonukleotid-/Oligosaccharid-bindendes Motiv), eines der häufigsten RNA-Bindungs-Motive [MURZIN1993]. Hohe Ähnlichkeit weist diese Domä-ne auch mit dem Kälteschockprotein CspA aus E. coli auf, welches auch als RNA-Chaperon klassifiziert wurde [JIANGet al. 1997]. In der N-terminalen Domäne wurde neben einem kleinsäurebindungsmotiv um den Hypusin-Rest auch eine SH3-Fass-Struktur als weiteres Nu-kleinsäurebindungselement identifiziert. SH3-Domänen wurden z.B. in den DNA-bindenden

Sequenzanteilen von HIV-Integrase [LODI et al. 1995] oder der C-terminalen Domäne aus dem ribosomalen Protein L2-RBD [NAKAGAWA et al. 1999] gefunden.

Die Diskussion um die Eigenschaft Hypps, als RNA-Bindungsprotein am Export ei-nes speziellen Subsets von rRNA und/oder mRNA-Spezies aus dem Zellkern an die ribo-somalen Zentren im Cytosol beteiligt zu sein, führte zu der Hypothese, dass die RNA-Transporteigenschaften der Punktmutante G81V im Vergleich zum Wildtyp gestört vorliegen könnten, sowohl bei permissiver als auch ausgeprägter bei restriktiver Temperatur. Zur Über-prüfung dieser Hypothese sollte das Verhalten der Mutante im Vergleich zum Wildtyp auf RNA-Ebene einer Transkriptomanalyse überprüft werden, um so erstmals genauere Information über die RNA-Bindungskandidaten Hypps in vivo erhalten zu können.

Zur Realisierung dieser RNA-Profilanalyse wurde die Hefegenom-DNA-Chip-Technologie (Mikro-Array-Technik) eingesetzt. Dies ermöglichte neben der Messung aller bekannten ORF-mRNA-Transkripte auch die Expressionsmessung von ribosomalen Ribonukleinsäuren, tRNAs und anderer kleinerer RNA-Spezies. Eingesetzt wurde ein auf der Oligonukleotid-Technik ba-sierender Hefe-Genom-Chip der Firma Affymetrix. Die Methode wird im folgenden als „high-density oligonukleotid array“ (HDOA) bezeichnet [WODICKA et al. 1997].