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Die Proteininteraktion mit dem Hüllenprotein des L-A-Virus

Die Funktion des N-terminal GST-getaggten Hyp2-Proteins, welches die Grundlage der Affini-tätsstudie bildete, war in vivo auf jeden Fall gegeben. Dies bewies die Fähigkeit des Fusionspro-teins, die Hypp-Funktion in einem Hefestamm, in dem beide endogene HYP-Gene inaktiviert worden waren, uneingeschränkt zu übernehmen.

Es ist bekannt, dass die Überexpression Hypps in Hefe nur zu einer Teilhypusinylierung des Proteins führt. Dies wurde jedoch für diese Studie billigend in Kauf genommen.

Da die gefundene Interaktion Hypps mit dem Hüllenprotein des L-A-Virus auch bei einer GST-Hyp2p-I51-Punktmutante, die keine Hypusinbildung erfährt, gefunden wurde, ergibt sich die Unabhängigkeit der Interaktion von der posttranslationalen Modifikation. Diese Beobach-tung ist vereinbar mit der Postulierung, dass Hypp ein multimodulares Protein Protein sein könnte, welches gleichzeitig sowohl RNA als auch andere Proteine bindet [YAOet al. 2003]

pG m7 pG m7

pG m7

AAAAA m GpppG7

AAAAA

ppG ppG

ppG

Hypusinrest

Xrn1p(Ski1p) Exonuklease

Translation und Frameshift L-A-Gag

"Gag-Pol"-Fusionsprotein

L-A-Virus

L-A-(+)-ssRNA L-A-(+)-ssRNA

ohne 5’-Cap-Struktur zelluläre mRNA

5'

5' 5'

5'

3'

3'

3' Hypp

Hypp Hypp

NMD-Proteine

Abbildung 6.4: Mögliches Modell für die Interaktion Hypps mit dem Hüllenprotein des L-A-Virus. Hypps Rolle kann sowohl in der Unterstützung des L-A-Gag bei dessen Aktivität zur 5’-Cap-Abspaltung von zellulären mRNAs bestehen als auch in einer Kofaktoraktivität für die Exoribonuklease Xrn1p. Ebenso ist eine Rolle beim Transport und/oder bei der Translation der L-A-RNA denkbar, die selbst kein 5’-Cap trägt.

und dass die Hypusin-Modifikation als stark basische Aminosäure mit der hochkonservierten basischen Sequenz um sie herum eher ein RNA- als ein Protein-Bindungsmotiv darstellt.

L-A ist ein doppelsträngiges RNA-Virus (dsRNA-Virus), das sich ausschließlich in Saccha-romyces cerevisiae vermehrt. Die doppelsträngige RNA codiert für das majore Hüllenprotein (GagSCLAp, 76 kDa) und das minore Gag-Pol-Fusionsprotein (ca. 180 kDa). Das komplette Virus besitzt ikosahedrale Symmetrie, wobei die Hülle aus einer Einzelschicht von 60 Gag-Dimeren gebildet wird [WICKNER1996]. Die beiden Virus-ORFs überlappen in einem Bereich von 130 Basen-Paaren. Für die Bildung des Gag-Pol-Fusionsproteins, welches die Verdopplung einzelsträngiger viraler RNA katalysiert, ist ein -1-translationaler Frameshift erforderlich.

MASISONet al. haben gezeigt, dass das Gag von L-A sowohl in vitro als auch in vivo kova-lent an das m7G-Nukleotid von 5’-Cap-tragenden mRNAs bindet. Sie zeigten durch Messung des Killer-Toxin-Levels und der Toxinproduktion ausgehend von M1, einer Satelliten-dsRNA von L-A, welche für ein Killertoxin-Protein codiert, dass diese Aktivität für die Expression vira-ler Information notwendig ist [MASISON et al. 1995]. Durch Ausschaltung von XRN1 war die 5’-Cap-Bindungseigenschaft von Gag nicht mehr zu beobachten. Die Autoren bewiesen, das das L-A-Virus selbst Cap-lose mRNAs im Überschuss produziert, um die 5’→3’-Exonuklease Xrn1p auszutitrieren, welche spezifisch 5’-Cap-RNA abbaut. Durch diese Ausschaltung des RNA-Abbausystems wird es dem Virus ermöglicht, seine eigene kein 5’-Cap-tragende und kein Poly-A-3’-Ende besitzende einzelsträngige RNA vor zu starker Degradation zu schützen und ihre für Gag-Pol codierende Sequenz an cytosolischen Ribosomen zur Translation zu bringen.

Mit Blick auf die Funktionseinschränkung des Xrn1p-abhängigen 5’-3’-mRNA-Abbaus in G81 deutet die Proteininteraktion auf eine Funktion Hypps im Cytoplasma in Verbindung mit

der Xrn1p-Funktion. Das GagSCLAp ist wie oben beschrieben ein 5’-Cap-Abspaltungsenzym, das 5’-Cap-Gruppen an sich selbst bindet. Somit könnte Hypp auch Kofaktor dieser enzymati-schen Reaktion sein.

ZUK et al. belegten die Anreicherung von mRNA ohne 5’-Cap-Struktur in der ts-Hyp2p-Mutante ts1159 bei 37°C und postulierten eine Funktion stromabwärts der 5’-Cap-Abspaltung im RNA-Abbau. Als Bestätigung dieser Schlußfolgerung wird in dieser Arbeit als Hypothese vorgeschlagen, dass Hypp ein Protein mit Bindungseigenschaft an mRNA ohne 5’-Cap sein könnte (vgl. Abb. 6.4) und dass diese Eigenschaft für die 5’-Cap-Abspaltungsaktivität des Gag-SCLAp notwendig sein könnte. Die Eigenschaft Hypps, mRNA ohne 5’-Cap-Struktur zu bin-den, wäre noch zu beweisen.

Denkbar in diesem Zusammenhang ist auch eine Rolle bei der Stabilisierung oder der Translation der viralen Einzelstrang-RNA des Virus, die kein 5’-Cap besitzt. In diesem Zu-sammenhang muss beachtet werden, dass die L-A-virale RNA selbst zu einer potentiellen Zielmolekülgruppe für den NMD-Weg gehört, da zur Translation des Gag und des Gag-Pol-Fusionsproteins ein -1-Frameschift erforderlich ist. Sowohl +1- als auch -1-Frameshift-mRNAs werden als Substrate des NMD-Abbauweges diskutiert. Für +1-Leserahmenverschiebungen ist dies aus den genomweiten Analysen von upf∆-, dcp1∆- und xrn1∆-Mutanten deutlich gewor-den [HEet al. 2003]. Früh wurde Upf3p mit +1-Leserahmenverschiebungen in Verbindung ge-bracht [[RUIZet al. 1998]; [DINMANet al. 2000]]. Die Bezeichnung der drei Upf-Proteine als

„up frameshift proteins (UPF)“ zeigt dies an.

Einen Hinweis auf die Beteiligung von NMD an -1-Leserahmenverschiebungen gab die Identifizierung von UPF1 als eines von neun MOF-Allelen („maintenance of frame“). So er-höhten UPF1-Mutanten die Effizienz des -1-ribosomalen Frameshiftings des L-A-Virus und führten zum Verlust des M1-L-A-Satelliten-Virus [CUIet al. 1996]. Somit ist eine Beteiligung Hypps neben einer Rolle in NMD auch an ribosomalen Frameshift-Ereignissen viraler RNAs denkbar.

Eine direkte Verbindung zwischen Polyaminen und +1-ribosomalen Frameshifts wurde bereits 1994 gezeigt. Hefe-Mutanten, die nicht zur Spermidin-Synthese durch eine Disrupti-on im SPE2-Gen fähig waren, wiesen eine erhöhte +1-Frameshift-, jedoch keine erhöhte -1-Frameshift-Effizienz auf. Daneben wurde eine deutliche Abnahme der Ty1-Retrotransposition festgestellt [BALASUNDARAMet al. 1994b], ein Ergebnis, das in dieselbe Richtung weist wie die Anreicherung retrotransposabler RNA in G81.

Für eine mögliche Funktion bei Frameshift-Ereignissen spricht auch die Auffindung des ri-bosomalen Proteins L5 als Bindungspartner Hypps in Bäckerhefe [YOUNG1998] und höheren Eukaryonten [SCHATZet al. 1998]. L5 stellt eine zentrale Komponente des 5S-rRNA-Export-Systems dar. Die 5S-rRNA wiederum ist an +1- und -1-Frameshift-Ereignissen und der Erhal-tung des Leserahmens während Translationsvorgängen beteiligt [DINMANund WICKNER1995].

Die gezielte Mutierung des L5-Proteins löste erhöhte Frameshifting-Effizienzen in beide Rich-tungen (+1 und -1) aus, erniedrigte die Ty1-Retrotranspositionsrate und verhinderte die Reifung des L-A-M1-Virus [MESKAUSKASund DINMAN2001]. Die Autoren sehen L5 als Helferpro-tein, welches Peptidyl-tRNA an der ribosomalen P-Bindungsstelle verankert.

Eine Beteiligung an Leserahmenverschiebungen bringt Hypp auch mit

Translations-Elon-gationsabläufen in Verbindung. In einer 2D-Gel-Studie zur Wirkung der Hypusinsynthese-Inhibitoren GC-7 und Mimosin in Saccharomyces cerevisiae, die in unserem Arbeitskreis mit dem Hefestamm WDHyp2Gal (trägt die Doppeldisruption beider HYP-Gene und das komple-mentierende Single-Copy-Plasmid pRSG313HYP2) als Ausgangsstamm durchgeführt wurde [VON ZYCHLINSKI2001], konnte in beiden Fällen bereits nach 2 Stunden eine starke Pro-teinabnahme für EF-1α, dem eukaryontischen Translations-Elongationsfaktor 1, beobachtet werden. Auch EF-1α wird mit Leserahmenverschiebungen in Verbindung gebracht. Bestimm-te mutierBestimm-te Allele des Faktors zeigBestimm-ten erhöhBestimm-te +1- und -1-Frameshift-Effizienzen und eine herabgesetzte Fähigkeit, den „Killer-Phänotyp“ des M1-Satelliten-Virus von L-A zu erhalten [DINMANund KINZY1997]. Ferner zeigt das L-A-antivirale Protein Ski7p Motivähnlichkei-ten zu EF-1α. Eine Überexpression reprimierte die Expression von nicht-polyadenylierter RNA und damit der L-A-viralen RNA. Die Gruppe der SKI-Gene wurde nach der Ausbildung ei-nes „Superkiller-Phänotyps“ bei Mutierung eiei-nes der Gene SKI1-8 benannt. Das Gen SKI1 ist identisch mit XRN1 und Doppeldisruptanten von XRN1+SKI2 bzw. XRN1+SKI7 führen zu tem-peratursensitiven Phänotypen und Arretierungen des Zellzyklus am G1-Kontrollpunkt ähnlich zum ts-Phänotyp von G81 [BENARD et al. 1999].

Aus den Ergebnissen von [MASISONet al. 1995] geht eine Interaktion des Gag-SCLAp mit normaler zellulärer mRNA, deren 5’-Cap es an sich bindet, hervor. In diesem Zusammenhang ist auch denkbar, dass die gefundene Interaktion Hypps mit Gag-SCLAp von indirekter Natur sein könnte, indem Gag mRNA bindet, die wiederum an Hypp gebunden ist. Als nächster Schritt wäre demnach zu überprüfen, ob die gesehene Interaktion auch bei völligem Fehlen von RNA auftritt. Träfe dies nicht zu, würde das gefundene Ergebnis immer noch die direkte Interaktion Hypps mit zellulärer mRNA in vivo beweisen und würde mit anderen Ergebnissen dieser Arbeit im Einklang stehen.