• Keine Ergebnisse gefunden

Vorbemerkungen zum empirischen Teil

5 Empirischer Teil I: Individualisierte Förderung etablieren

5.1 Vorbemerkungen zum empirischen Teil

5.1.1 Bezeichnung der Akteurinnen und Akteure und Begriffe

Im Zusammenhang mit der Reformierung der Schuleingangsstufe in den ver-schiedenen Kantonen der Schweiz besteht eine grosse Begriffsvielfalt. Damit bei der Lektüre keine Konfusion entsteht, werden im Folgenden die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe geklärt (vgl. Abb. 1).

Auf der Grundstufe setzt sich das Team der Grundstufe jeweils aus einer ehemaligen Lehrperson für den Kindergarten und einer ehemaligen Primarleh-rerin zusammen. Im Schulversuch wurden die beiden Pädagoginnen jeweils zu Recht im Sinne einer egalitären Erwähnung beide als „B0,)5!+,1#).#(0#-0%))#)C bezeichnet. Es könnte als Rückschritt gewertet werden, wenn in der vorliegenden Untersuchung wiederum die alten Bezeichnungen wie „Kinder-3H0+)#0%)“ (K) und „K#(0#0%)“ (L) verwendet werden. Ich stütze mich jedoch deshalb auf die herkömmlichen Bezeichnungen, weil gerade bei der Umstel-H,0<%2,4%+23%0','%7?@,H5*+'HH%+/'%,0.')3?@/'+H/?@'0%N'),E/?@'0%U')3('-./6'0%

nicht einfach verschwinden. Da die Perspektivität der bisherigen Berufssozia-lisation bei der Aushandlung und Einrichtung eines gemeinsamen Handlungs-feldes im neuen Schulversuch gerade bei Beginn wesentlich ist, werden im Sinne einer Verdeutlichung der Herkunft der Grundstufenlehrerinnen die alten Begriffe verwendet. Im Plural werden die beiden Lehrpersonen als „Grundstu-1#).#(0#0%))#)“ bezeichnet. Die ausschliessliche Verwendung der weiblichen Form ist dem Umstand geschuldet, dass in der vorliegenden Studie nur Frauen diese Funktion ausführen.

Die E'(,.%!'(#)*`#%."H523-3%))#)*,)5*`#%."H523-3#) sowie die

K-3-- "H5%))#)*,)5*K-3-"H5#)%N'@2H.'0%/@)'%*4S=/'HH'0%A'),43N'='/?@0,0<'0"%g')-den diese bei"H5%))#)*,)5*K-3-"H5#)%N'@2H.'0%/@)'%*4S=/'HH'0%A'),43N'='/?@0,0<'0"%g')-den sonderpädagogischen Berufsgruppen zusammen erwähnt, werden sie L2'("#0!-)#)*1N0*E-)5#0"H523-3%9 genannt. Der Einfachheit hal-ber werden die Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen in den

ein-gefügten Transkriptpassagen mit S1 abgekürzt, Logopädinnen und Logopäden resp. eine Sonderschullehrerin mit S2.

Diejenigen Pädagoginnen und Pädagogen, die im Schulalltag eine intensi- 6/').'%,0+%<'5'/0325%6')20.;*).'.'%U)2M/3%<'3.2H.'0\%2H3*%+/'%N'/+'0%a),0+-stufenlehrerinnen und der/die Schulische Heilpädagoge/-in werden mit Bezug auf die Schulstufe entweder „Grundstufenteam“, oder „Unterstufenteam“ ge-nannt. Als stufenübergreifende Bezeichnung für diese Teams wird der Begriff

„Klassenteam“ verwendet.

Sind sowohl die Fachpersonen für Sonderpädagogik und die Grundstufen- resp. Unterstufenlehrerinnen gemeint, wird von A;H523-3%))#)*,)5*;H523--3#)C*gesprochen.

Abb. 1: Begriffsbezeichnungen der Akteurinnen und Akteure Grundstufe

Unterstufe

Quelle: eigene Darstellung

5.1.2 Typologie im Überblick

Die Redewendung „wie man sich bettet, so liegt man“ verweist auf die folgen-schwere Handlungskonsequenz, die mit dem Akt des Einrichtens in einer neu-'0%7/.,2./*0%'/0@')<'@.K%g/'%520%3/?@%/0%'/0')%7/.,2./*0%;/'+')S0+'.\%@2.%5/.%

vorangegangenen, mehr oder weniger bewusst getroffenen Entscheidungen beim Einrichten zu tun. Sich in einer Situation einrichten heisst umgekehrt, sich Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen, die für gewisse

Grundstufenteam/ Klassenteam

Grundstufenlehrerinnen

Kindergärtnerin (K) Lehrerin (L) Schulische/r Heilpädagoge/-in (S1) Logopäde/ -in (S2) Sonderschullehrer/-in (S2) Fachpersonen für Sonderpädagogik Pädagoginnen und Pädagogen

Unterstufenteam/Klassenteam Unterstufenlehrerinnen

Lehrerin (L1) Lehrerin (L2) Schulische/r Heilpädagoge/-in (S1) Logopäde/ -in (S2)

Fachpersonen für Sonderpädagogik Pädagoginnen und Pädagogen

lungsoptionen geeignet, für andere wiederum eher einschränkend sind. Das Einrichten gibt der Situation Struktur und damit grundlegende Orientierung.

Die Art und Weise, wie die vielfältigen pädagogischen oder sonderpäd-agogischen Aufgaben, Verantwortungen, Aktivitäten und Zuständigkeiten im Klassenteam geregelt werden, sind „Einrichtungs“-Entscheidungen. Daraus resultieren stets mehr oder weniger aufeinander bezogene oder autonome Do-mänen für jede Person, die im Team arbeitet. Wie die verschiedenen Berufs-gruppen ihre pädagogischen Domänen im konkreten Schulalltag voneinander abgrenzen oder aufeinander beziehen, das strukturiert massgeblich die Ausge-staltung einer Fördersituation für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Bildungsbedarf.

Aufgrund der sinngenetischen Typenbildung konnte eine erste Typologie mit zwei Basistypen (zur Begriffsverwendung vgl. Kap. 4.3.3.1) entwickelt werden

_%Basistypus I: Pädagogische Domänen separieren _%Basistypus II: Pädagogische Domänen verbinden

Ihnen werden unterschiedliche Handlungstypen zugeordnet, die sich überdies auf die drei Dimensionen Bildungskulturen Kindergarten/Schule, Schulische Heilpädagogik und Logopädie beziehen. Im Sinne einer ersten Orientierung wird diese erste Typologie mit ihren verschiedenen Typen in der Tabelle 5-1 vorangestellt. Die Kapitelangaben verweisen auf die entsprechenden Stellen der vorliegenden Arbeit.

Tabelle 5-1: Sinngenetische Typologie zur Basistypik „Pädagogische Domänen differenzieren“ mit den beiden Basistypen „Domänen separieren“ und

„Domänen verbinden“ und den jeweiligen Handlungstypen entlang der Bereiche Bildungskulturen Kindergarten/Schule, Schulische Heilpädagogik und Logopädie

Basistypik „Pädagogische Domänen differenzieren“

Domänen separieren (Basistypus I; Kap. 5.2)

Domänen verbinden (Basistypus II; Kap 5.3) Handlungstypen

Bildungskulturen Kindergarten und Schule

Herkömmliche Domänengrenzen bewahren

(Kap. 5.2.1.1 )

Herkömmliche Domänengrenzen aufheben und lernen

(Kap. 5.3.1 ) Domänengrenzen verlagern

(Kap. 5.2.1.2)

Schulische Heilpädagogik

Domänen separieren und kompen-sieren

(Kap. 5.2.2.1)

Autonom und flexibel agieren (Kap. 5.3.2)

Domäne durch Beauftragung defi-nieren

(Kap. 5.2.2.2)

Domänengrenzen mit Ambivalenz bearbeiten

(Kap. 5.2.2.3)

Logopädie Disziplinäre Domänengrenzen setzen (Kap. 5.2.3.1)

Domänenübergänge gestalten (Kap. 5.3.3)

Autonomie durch disziplinären Grundauftrag aufrechterhalten (Kap. 5.2.3.2)

Quelle: eigene Darstellung

Die beiden Basistypen sind in der folgenden Darstellung vom Umfang her ,0.')3?@/'+H/?@%)'()J3'0./')."%7*%S0+'.%3/?@%=,5%A23/3.](,3%kZ*5J0'0%3'(2-rieren“ deutlich mehr empirisches Material. Ein Rückschluss auf eine quan-titative Repräsentativität lässt sich nicht vornehmen, da sich die vorliegende Untersuchung an einer inhaltlichen Repräsentativität orientiert.

5.1.3 Einbezug der Analysen zu den Gruppendiskussionen auf der Unterstufe

Die vorliegende Fallstudie fokussiert in erster Linie die Situation der alters-durchmischten Grundstufe während der Zeit der Einführung des Schulmo-dells. Die Analysen der Unterstufe werden in ergänzender Weise jeweils in +'0%'/0='H0'0%>0.')-2(/.'H0%'/0<'E*?@.'0"%Z25/.%')</N.%3/?@%+/'%ml<H/?@-'/.\%

die Begrenztheit der Handlungsorientierungen auf den Schulversuch resp. die Reichweite desselben über das Modell des Schulversuchs hinaus zu verstehen (vgl. Kap. 4.3.4).

5.1.4 Quellenangaben

Die Verweise auf das empirische Material werden wie folgt vorgenommen: Zu-erst wird jeweils der Name des fokussierten Kindes festgehalten, worauf sich das Klassenteam in der Gruppendiskussion bezieht. Mit den Buchstaben „G“

für Grundstufe sowie „U“ für Unterstufe werden die unterschiedlichen Schul-stufen ausgewiesen. Die beiden Durchführungszeitpunkte auf der Grundstufe bei Aufnahme des fokussierten Kindes in die Studie sowie vor dem Übertritt in die Unterstufe (vgl. Kap. 4.2.1) werden mit den römischen Zahlen I und II markiert. Wird auf eine Stelle der formulierenden Interpretation verwiesen,

;'H?@'%3/?@%/5%+'.2/HH/').'0%1@'5'06')H2,4%W6<H"%V2("%D"$"#c%N'S0+'.\%;/)+%+23%

Kürzel „TV“ verwendet. Jedes Transkript ist mit einer Zeitangabe hinterlegt, welche den Zeitpunkt des Beginns der Sequenz im Verlauf der Gruppendiskus-sion markiert. Beginnt das Transkript beispielsweise nach acht Minuten und 40 Sekunden wird dies mit 8.40 ausgewiesen. Die entsprechende Stelle innerhalb des Transkripts wird mit den jeweiligen Zeilennummern markiert. Hier ein Beispiel: Ajatan G II: 8.40, 53-66.

5.1.5 Basistypen und institutionelle Erfahrungen

Gerade bei Reformprojekten im Bildungsbereich, deren Gelingen im öffent-H/?@'0% Z/3-,)3% @J,S<% 2,33?@H/'33H/?@% /5% :,3255'0@20<% 5/.% &2@5'0N'-dingungen wie beispielsweise dem Umfang verfügbarer Lektionen für die sonderpädagogische Förderung oder der Klassengrössen thematisiert werden, stellt sich die Frage, wie sich die jeweiligen Handlungstypen allenfalls mit institutionellen Erfahrungen begründen lassen (Kap. 5.4). Der Zugang hier-für wird einerseits über rekonstruierte konjunktive institutionelle Erfahrungen zur Arbeitssituation vorgenommen. So konnten beispielsweise Dominanz- und m2)</02H/3/'),0<3')42@),0<'0% *+')% -*0E/-.@24.'% +/6')<'0.'% p)/'0./'),0<'0%

)'-*03.),/').%;')+'0\%+/'%3/?@%/5%<'5'/0325'0%>0.'))/?@.%0/?@.%2,El3'0%H23- 3'0"%Z/'3'%L02H]3'0%;')+'0%')<J0=.%5/.%'M(H/=/.'0%R/03?@J.=,0<'0%,0+%A',)-teilungen der Klassenteams zu verschiedenen Aspekten ihrer Arbeitssituation, die sich in der Gruppendiskussion durch die Nachfragen des Gesprächsleiters oder über Selbstthematisierungen ergeben haben. In einem weiteren Schritt wird sodann der Zusammenhang untersucht, inwiefern die im Datenmaterial rekonstruierten institutionellen Erfahrungen sich mit organisationalen Rah-menbedingungen wie beispielsweise der Anzahl verfügbarer Lektionen für die Schulische Heilpädagogik, der Klassengrösse oder dem Anteil Kinder mit an-derssprachigen Eltern in Verbindung bringen lassen (Kap. 5.4.3).