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Durchführung und Aufbereitung der Gruppendiskussionen

4 Forschungsprozess

4.2 Durchführung und Aufbereitung der Gruppendiskussionen

Im Folgenden wird erläutert, in welchem zeitlichen Rhythmus mit welchen Klassenteams die Erhebungen durchgeführt wurden (Kap. 4.2.1), welche Regeln bei der Durchführung der Gruppendiskussionen als Leitlinien galten (Kap. 4.2.2) sowie bei der Transkription (Kap. 4.2.3).

4.2.1. Durchführungszeitpunkte Grundstufenteams

Mit den Grundstufenteams wurden jeweils zwei Gespräche durchgeführt. Be-suchten zwei der fokussierten Kinder die gleiche Grundstufe, beteiligte sich das Klassenteams an zwei separat geführten Gruppendiskussionen. Dabei ge-staltete sich die Zusammensetzung der Klassenteams je nach Fördersituation unterschiedlich. So fand beispielsweise bei Nathan das Gespräch mit den bei-den Grundstufenlehrerinnen und der ihm zugewiesenen Sonderschullehrerin, nicht jedoch mit der Schulischen Heilpädagogin statt. Letztere wiederum be-teiligte sich an der Gruppendiskussion von Thomas. Ebenso nahmen die jewei-ligen Logopädinnen oder Logopäden an den Gruppendiskussionen zu Ajatan, Barbara, Diana, Jeton und Orlando teil (vgl. Tabelle 4-1).

Die erste Gruppendiskussion fand bei Aufnahme des Kindes in die Fall-studie in den ersten beiden Monaten des Schuljahres statt (August/September) und zwar zu ersten sieben Kindern im ersten Jahr der Fallstudie (2005), zu den weiteren drei Kindern im Folgejahr (2006). Bei der ersten Gruppendis-kussion kannten die Pädagoginnen und Pädagogen die fokussierten Kinder teilweise bereits aus dem ersten Erfahrungsjahr im Schulversuch (Diana, Ivan, Jean, Nathan, Orlando). Drei Kinder besuchten vorgängig den herkömmlichen Kindergarten bei einer der beiden Grundstufenlehrerinnen (Damian, Ajatan, Jeton). Zwei Gruppendiskussionen bezogen sich auf Kinder, die das ganze Klassenteam erst seit Schuljahresbeginn kennen konnte. Es sind dies Barbara, die vorgängig einen Sprachheilkindergarten besuchte sowie Thomas, der als einziges Kind mit Studienbeginn just sein erstes Grundstufenjahr antrat (vgl.

Kap. 4.1.3).

Die zweite Gruppendiskussion wurde stets vor dem Übertritt des Kindes in die zweite Klasse der Primarschule im Monat Juni geführt. Dem Klassenteam

;2)%'3%+2+,)?@%5l<H/?@\%+/'%R0.3?@'/+,0<3S0+,0<%@/03/?@.H/?@%+'3%N'6*)3.'-henden Übertritts sowie eine Bilanz zum Lern- und Entwicklungsstand des fokussierten Kindes zu thematisieren. Aufgrund der unterschiedlichen Alter der Kinder resp. deren Zuordnung zu den Grundstufengruppen (vgl. Tabelle

4-3) gestaltete sich die Verweildauer der fokussierten Kinder in der Grundstufe ganz unterschiedlich. Die zeitliche Spanne zwischen den Durchführungszeit-punkten der beiden Gruppendiskussionen variiert somit zwischen einem und drei Jahre.

Insgesamt ermöglicht das variantenreiche Sample mit verschiedenen Durchführungszeitpunkten stets den Vergleich zwischen der ersten und zwei-ten Gruppendiskussion pro Klassenteam. Bei den Klassenteams mit zwei fo-kussierten Kindern ergab sich überdies die Möglichkeit, mittels des Vergleichs von insgesamt vier Gruppendiskussionen die Handlungsorientierungen der VH233'0.'253%,02N@J0</<%+')%3('=/S3?@'0%7/.,2./*0%+')%4*-,33/').'0%V/0+')%

herauszuarbeiten. Damit war mitunter auch ausgeschlossen, dass sich

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mit einzelnen Kinder auf die Ergebnisse hätten auswirken können (vgl. Kelle/

Kluge 2010, 41).

Unterstufenteams

Nach den Übertritten von neun der zehn fokussierten Kinder in die zweite Primarklasse konnten mit den entsprechenden Klassenteams Gruppendiskussi-onen durchgeführt werden. Am Gespräch beteiligten sich wiederum die für die Förderung des Kindes relevanten Lehr- und Fachpersonen. Diese Gespräche fanden jeweils im zweiten Schulquartal in den Monaten November und De-zember (2006-2008) statt. Der Beizug der Gruppendiskussionen mit den Un-terstufenteams dient dazu, den Geltungsbereich der vorgenommenen Analysen für den Schulversuch Grundstufe einschätzen zu können, indem schulstufen-übergreifende Gemeinsamkeiten oder Unterschiede erkannt werden können (vgl. Kap 4.3.4). Der Korpus dieser Gruppendiskussionen entspricht etwa ei-nem Viertel am Gesamt aller Analysen.

4.2.2 Prinzipien der Gesprächsleitung

Für den Vergleich der verschiedenen Gespräche bei der Auswertung sind ge-wisse Standardisierungen thematischer Art bei der Gestaltung der Ausgangs-fragestellungen notwendig. So soll die Gesprächsleitung durchaus für den Forschungsgegenstand relevante Themen einbringen resp. im Hinblick auf +23%X*)3?@,0<3/0.')'33'%TN')%e2?@4)2<'0%'/0@*H'0%W6<H"%A*@032?-%!OOB\%$COY%

2008, 210). Hierfür wurde im Forschungsprojekt INTEGRU für die verschie-denen thematischen Schwerpunkte ein Leitfaden entwickelt, der mit einer Eingangsfragestellung beginnt und mögliche weitere thematische Aspekte im

Sinne einer Erinnerungsstütze für den Gesprächsleiter festgehalten (vgl. Leit-faden im Anhang 8.2).30

Damit sich jedoch die konjunktiven Erfahrungen der Gruppe im Diskurs aktualisieren können (vgl. Kap. 3.3), müssen die Forschenden beim Leiten solcher Gruppendiskussionen einen Rahmen schaffen, worin den Beteiligten Raum gewährt wird, die für sie relevanten Themen, Erfahrungen und

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entwickelte AZ#S#=%:#* ;0%)$%"%#)C vor, welche die forschende Person darin ,0.')3.T.='0%-l00'0\%+/'%(2)2+*M'%7/.,2./*0%=,%5'/3.')0\%'/0'0%3'HN3.HJ,S<'0%

Diskurs unter den Beteiligten zu initiieren, ohne diesen selbst durch eigene propositionale Vorgaben nachhaltig zu strukturieren (vgl. Bohnsack 2008, 208).

Bei den Eingangsfragestellungen, die das Thema in einem sehr offenen Sinne ansprechen, ist darauf zu achten, dass D-02))2(@#)*-5#0*/%)!+#..,)3#)*

5#0*B#!"0H'(!.#%+,)3*:#0@%#5#) werden, um der Gruppe die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Relevanzsetzungen vorzunehmen (vgl. Bohnsack 2008, 208). Werden gleichwohl eigene Annahmen in der Frage portiert, lässt sich bei der Analyse meist gut erkennen, wie sich die Gruppe stets zuerst an der Proposition der Gesprächsleitung abarbeitet, um später wieder auf die eige-ne Deutung der Thematik zurückzukommen. Deshalb wird bei der Auswahl der zu transkribierenden Sequenzen darauf geachtet, die eröffnende Frage der Gesprächsleitung in die Analysen einzubeziehen, um so die Standortgebun-+'0@'/.% +')% a'3()J?@3H'/.,0<% ,0+% /03N'3*0+')'% +')'0% R/0E,33% 2,4% +'0% Z/3-kursverlauf der Gruppe methodisch kontrollieren zu können.

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Gesprächsleitung überdies mit dem G#@-)!+0%#0#)* :-)* L#.510#@5(#%+* ,)5*

Unkenntnis zum Ausdruck bringen. Dies gelingt, indem die Fragestellungen

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mit sprachlichen Fragewendungen ergänzt werden wie beispielsweise „wie muss ich mir das vorstellen“ oder „wie ist das so bei euch“. Solch unpräzises Anstossen von Themen provoziert bei den Diskursteilnehmenden in der Regel präzisierende Beschreibungen und Erzählungen.

Gerade in Gesprächen mit Professionsgruppen, die Möglichkeiten haben, ihr Handeln in theoretischen Kategorien zu fassen, kann der Diskurs einen rein argumentativen Charakter annehmen, in dem entweder dem Gesprächsleiter im Sinne einer Übersetzung Situationen „erklärt“ werden oder normative, so-zial erwünschte Botschaften vermittelt werden. In solchen Situationen können Impulse, die zu 5#+2%..%#0+#0* 4#!'(0#%6,)3* -5#0* /0$H(.,)3*auffordern, dem Z/3-,)3%'/0'%g'0+'%')5l<H/?@'0"%RM(H/=/.'%L,44*)+'),0<'0%02?@%A'/3(/'H'0%

30% %L,4<),0+%+'3%X*)3?@,0<3/0.')'33'3%+')%7.,+/'%Fe1Ra&>%S0+'0%3/?@%/5%['/.42+'0%2,?@%X)2-gen beispielsweise zum Interaktionsgeschehen zwischen den Kindern, zum Elternhaus oder zur Einschätzung der schulischen Entwicklung der fokussierten Kinder sowie zum Übertritt in die zweite Klasse.

oder Erfahrungsberichten sind dazu geeignet (vgl. Bohnsack 2008, 210). Sol-che können beispielsweise wie folgt lauten: „Könnt ihr dazu einmal ein Bei-spiel geben!“ oder „Könnt ihr einmal eure Erfahrungen erzählen, die ihr dabei gemacht habt!“

Solche Impulse, Nachfragen oder auch das Initiieren neuer Themen sind möglichst immanent, also in Anknüpfung an das laufende Diskursgeschehen +')%a),(('%=,%<'3.2H.'0\%,5%+/'%7'HN3.HJ,S<-'/.%+'3%a'3()J?@3%0/?@.%=,%3.l)'0%

(vgl. ebd.). Damit die Gruppe die konjunktiven Erfahrungen im Diskursver-lauf aktualisieren können, sollte das Gespräch möglichst unter den Erforsch-.'0%3'HN3.%3.2..S0+'0"%7*H?@'%,0.')%+'0%a'3()J?@3.'/H0'@5'0+'0%<'<'03'/./<'%

Bezugnahmen während der Diskussion lassen sich in der Analyse nachträg-lich auf die Entwicklung von Themen sowie auf Dynamiken zwischen den Teilnehmenden untersuchen (vgl. beispielsweise die Dominanz- und Margi-nalisierungs-Erfahrungen im Grundstufenteam von E-Stadt in Kap. 5.2.4.3).

Die Gesprächsleitung enthält sich bei der D#0+#%.,)3*:-)*Z#5#6#%+0H3#)*und demonstriert gegenüber der Gruppe jegliche moderierende Funktion im Ge-spräch nicht übernehmen zu wollen. Dieses grundlegende Prinzip, wonach das Gespräch in erster Linie zwischen den Teilnehmenden und nicht vermittelnd über die Gesprächsleitung laufen sollte, wird denn auch bei Beginn des Ge-sprächs transparent kommuniziert.

4.2.3 Transkription

In der deutsch-schweizerischen Forschungstradition ist es vergleichsweise un-üblich die Vielfalt der Schweizerdeutschen Dialekte zu transkribieren. Dies im Unterschied zu Studien im übrigen deutschsprachigen Raum, bei denen die lautgetreue dialektale Umschrift den Lesenden zugemutet wird. Mit einer 6*)'/H/<'0%oN')3'.=,0<%+')%WN'),43Qc5/H/',3('=/S3?@'0%7()2?@'%/0%7.20+2)+-3()2?@'% -l00.'% d'+*?@% +')% /5520'0.'% ,0+% 5/H/',3('=/S3?@'% 7/00<'@2H.% +')%

Gruppe verloren gehen und wäre so der Analyse nicht mehr zugänglich. Kon-junktive Erfahrungen kommen gerade durch umgangssprachliche oder meta-phorische Redewendungen mit dialektaler Prägung besonders originär zum Ausdruck. Aus diesem Grund liegen alle Transkripte in lautgetreuer Umschrift vor. Diese wurden mehrheitlich durch studentische Hilfskräfte umgesetzt. Vor der Analyse habe ich stets eine Kontrolle mit der Tonspur durchgeführt und allfällige präzisierende Korrekturen vorgenommen. Bei der Transkription des Schweizerdeutschen wurde die Schreibweise nach Dieth (1986), bezüglich der Transkriptionsregeln weitgehend die Richtlinien von Bohnsack (2008, 235) befolgt (vgl. Anhang 8.1).31 Obwohl alle Gruppendiskussionen im Kanton

Zü-31 Einzig das Lachen oder das lachende Sprechen wurde nicht mit dem Zeichen @ transkribiert, sondern wie alle anderen parasprachlichen Kommentare mit der Doppelklammer umgesetzt ((lachend)).

)/?@%+,)?@<'4T@).%;,)+'0\%S0+'0%3/?@%2,?@%;'/.')'%Z',.3?@3?@;'/=')%Z/2H'-.'%

unter den Gesprächsteilnehmenden. Für alle Lesenden, denen die Schweizer Dialekte wenig vertraut sind, habe ich bei den für die Darstellung ausgewähl-ten Passagen stets eine „Übersetzung“ in Standardsprache zur Seite gestellt.

7/'%3/0+%+')%7.20+2).*).@*<)2S'%6')(E/?@.'.%W=,)%>0.')3?@'/+,0<%+')%6')3?@/'-denen Umschriften bei Transkripten vgl. Kowal/O’Connell, 2005, 440f.). So haben die Lesenden die Wahl, welche Umschrift sie zur Lektüre bevorzugen.

Sämtliche Namen oder Ortsbezeichnungen sind anonymisiert.