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Die Soziale Angststörung kann verschiedene Ursachen haben (siehe Büch et al., 2015, S. 58ff.). Dabei ist es wichtig, zwischen entwicklungsbedingten Ängsten und einer effektiven Sozialen Phobie zu unterscheiden (vgl. Friedrich & Friebel, 2011, S.

18f.). Im Laufe der Entwicklung baut fast jedes Kind gewisse Ängste auf, die zum Schutzmechanismus des Körpers gehören (ebd.). Zwei Beispiele sind Trennungsängste oder die Angst vor der Dunkelheit, die normal sind und meist von selbst wieder verschwinden (ebd.). Einer Soziale Angststörung können traumatische Erlebnisse als auch biologische Ursachen zugrunde liegen (Leichsensring et al., 2015, S. 13 & Schmitz & Asbrand, 2020, S. 58). Aus diesem Grund wird eine Soziale Angststörung im Gegensatz zu entwicklungsbedingten Ängsten mittels einer Therapie behandelt (Friedrich & Friebel, 2011, S. 19).

8.1 Biologische Faktoren

Einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung einer Angststörung hat das Temperament eines Kindes (Schmitz & Asbrand, 2020, S. 58). Eine starke Hemmung gegenüber neuen Situationen und neuen Menschen wird als zentral für die Entstehung einer Sozialen Angststörung betrachtet (Hirshfeld-Becker et al., 2007, o.S., zit. in Schmitz & Asbrand, 2020, S. 59). Ein Indikator für die Verhaltenshemmung ist die Zeitspanne, in welcher sich ein Kind einer Person oder einem Objekt nähert (Schmitz

& Asbrand, 2020, S. 59). Das Risiko, bei einer ausgeprägten Verhaltenshemmung eine Soziale Angststörung zu entwickeln, ist vor allem dann vorhanden, wenn die Eltern überprotektiv sind (Hirschfeld-Becker et al., 2014, o.S., zit. in Schmitz & Asbrand, 2020, S. 59). Es kann somit festgehalten werden, dass Temperament nur in Verbindung mit externalen Faktoren zu einer Sozialen Angststörung führt (Hudson &

Dodd, 2012; Hudson, Dodd & Bovopoulos, 2011, zit. in Schmitz & Asbrand, 2020, S.

59). Weiterhin zeigen sich Ängste, und somit auch die Soziale Angst, vermehrt in Familien (Schmitz & Asbrand, 2020, S. 59). Eine genetische Veranlagung ist somit sehr wahrscheinlich (ebd.). In Zwillingsstudien wurde entdeckt, dass eineiige Zwillinge einen grösseren Einfluss von genetischen Faktoren aufweisen als zweieiige Zwillinge (Schmitz & Asbrand, 2020, S. 59).

Das kognitive Modell von Clark und Wells (1995) beschäftigt sich mit der Annahme, dass Menschen mit Sozialer Angststörung einen möglichst guten Eindruck bei anderen hinterlassen möchten und gleichzeitig die Unsicherheit verspüren, dies zu schaffen (Schmitz & Asbrand, 2020, S. 61f.). Somit wird die Soziale Angst aufgrund der Ursache der kognitiven Störung aufrechterhalten.

Schmitz und Asbrand beschreiben die kognitiven Prozesse als Ursache und gleichzeitig als Aufrechterhaltung der Sozialen Angst: Die kognitiven Prozesse beginnen, sobald sich eine sozial ängstliche Person in eine soziale Situation begibt und die Gefahr der negativen Bewertung durch andere wahrnimmt. Die Person begibt sich in den Beobachtermodus und nimmt sich selbst so wahr, wie sie von anderen wahrgenommen zu werden scheint. Menschen mit Sozialer Angststörung wirken oft arrogant und unfreundlich, weil sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Typisch

23 für eine Soziale Angststörung sind auch die Gedanken vor und nach einer sozialen Situation. Es werden bereits vor der Situation negative Erfahrungen ins Gedächtnis gerufen. Die Erwartungen und das bildliche Vorstellen des eigenen Versagens führen entweder zur Vermeidung der Situation oder zu einem starken Fokus auf die eigene Person. Nach der Situation konzentriert sich die Person nur auf die negativen Aspekte, die immer wieder durchgespielt werden. Dieser Prozess erhöht die Wahrscheinlichkeit, kommende Situationen zu vermeiden und zudem wird das negative Selbstbild aufrechterhalten (2020, S. 62).

8.2 Umwelt

Neben den biologischen Faktoren hat die Umwelt eines Kindes einen entscheidenden Einfluss auf die Sozialen Angststörungen (vgl. Schmitz & Asbrand, 2020, S. 66f.). Dazu zählen sowohl das Verhalten der Eltern als auch der Umgang mit Gleichaltrigen (ebd.).

Nach Schmitz und Asbrand sind Eltern entscheidend für die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder und stellen grundsätzlich eine stabile Umgebung dar (2020, S.66). Im Zusammenhang mit der Sozialen Angststörung sind das Ausmass an Überbehütung, Kontrolle, Wärme und Kritik von Bedeutung (McLeod, Wood & Weisz, 2007, zit. in ebd.). Eigene Soziale Ängstlichkeit der Eltern oder die Angst vor negativen Bewertungen des Kindes können ausschlaggebend für eine Angststörung dessen werden (Schreier & Heinrichs, 2010, zit. in ebd.). Zeigen Eltern zurückhaltendes Verhalten in neuen sozialen Situationen, geschieht eine Übertragung auf das Kind anhand des sogenannten Modelllernens (ebd.). Da Eltern die Ängste ihrer Kinder besonders gut nachempfinden können, wenn sie diese von sich selbst kennen, tendieren sie zur Unterstützung des Vermeidungsverhaltens (ebd.). Weiterhin neigen sie dazu, gewisse Situationen zu meiden und dem Kind Entscheidungen abzunehmen.

Dies erhält Angst des Kindes aufrecht (ebd.). Dem Kind wird das Gefühl vermittelt, dass soziale Umgebungen unberechenbar und gefährlich sind. Eltern haben folglich einen sehr grossen Einfluss auf das Verhalten, vor allem bei jüngeren Kindern, was im Falle einer Sozialen Angststörung sowohl Ursache als auch Aufrechterhaltung dieser bedeuten kann (ebd.).

Weil eine Soziale Angststörung zu unsicherem Verhalten führt, dass bei Gleichaltrigen als arrogant und abwesend erlebt wird (Schmitz & Asbrand, 2020, S. 67), sind sozial ängstliche Kinder oft weniger beliebt in der Schule (Barrow, Baker & Hudsen, 2011, zit. in Büch et al., 2015, S. 18). Nach Ranta et al. erhöht Mobbing das Risiko, eine Soziale Angststörung zu entwickeln (zit. in Büch et al., 2015, S. 18). Festzustellen ist auch, das Mädchen durch relationale Aggressionen (z.B. Gerüchte in die Welt setzen) ein deutlich höheres Risiko für eine Soziale Phobie haben (ebd.). Verbindungen zu Gleichaltrigen, positive Erfahrungen aus Freundschaften sowie intime Beziehungen im Jugendalter sind deshalb zentral, um sich vor Gefühlen der Sozialen Angst schützen zu können (Greca & Harrison, 2005, zit. in Schmitz & Asbrand, 2020, S. 67).

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8.3 Traumatische Erlebnisse

Viele Erwachsene mit einer Sozialen Angststörung berichten von Belastungen in der Kindheit (Subic-Wrana et al., 2011, zit. in Leichsenring et al., 2015, S. 13). Darunter werden emotionale und körperliche Misshandlungen, sexuelle Gewalt und emotionale und körperliche Vernachlässigung verstanden (ebd.). Ursachen einer Sozialen Angststörung können deshalb auch traumatische Erlebnisse während der Kindheit sein. Entscheidend sind dabei negative soziale Erfahrungen in der Kindheit (Leichsenring et al., 2015, S. 13). Dazu zählen vor allem sozial ausgeschlossen, verspottet oder sozial stigmatisiert zu werden (ebd.). Neurobiologisch gibt es Hinweise auf eine reduzierte Aktivierung in der Grosshirnrinde und eine verstärkte Aktivierung älterer Angstkreisläufe in sozialen Stresssituationen (Kent & Rauch, 2003; Tillfors et al., 2001; Veit et al., 2002, zit. in Leichsenring et al., 2015, S.13). Zusammengefasst bedeutet dies, dass bestimmte soziale Situationen automatisch negative Gedanken hervorrufen (Leichsenring et al. 2015, S. 13). Dementsprechend ist es bei der Diagnose einer Sozialen Angststörung wichtig, auch Ursachen in der Vergangenheit zu suchen.

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