• Keine Ergebnisse gefunden

Präventiv- und Unterstützungsmassnahmen durch Eltern und Lehrpersonen66

13. Verknüpfung und Vergleich von Literatur und Interviews

13.1 Präventiv- und Unterstützungsmassnahmen durch Eltern und Lehrpersonen66

13.1.1 Aufklärung und Beratung der Eltern und Lehrkräfte

Büch et al. beschreiben, dass die Eltern und Lehrkräfte selbst über die Problematik der Sozialen Angst, wie beispielsweise über die Angstsymptomatik oder die aufrechterhaltenden Faktoren, aufgeklärt werden müssen (2015, S. 96).

Im Interview hat die Befragter 2 folgendes gesagt:

«Genau, Psychoedukation heisst, dass man viel Wissen vermittelt mit Modellen und Büchern. Dann bespricht man das noch mit den Eltern und den Jugendlichen und auch mit den Kindern, je nach Alter, kindgerecht. Ich habe das immer als eine grosse Unterstützung für die Eltern und auch für die Lehrer erlebt.» (Zeile 107 – 110)

22 Vergleiche Kapitel «11.1 Die Begriffe Prävention und Unterstützung»

23 Dementsprechend dem Kapitel 11 Präventiv- und Unterstützungsmassnahmen

67 Auch der Befragte 1 hat erklärt:

«Und den gleichen Tipp den Eltern geben. Manchmal ist es den Eltern gar nicht so bewusst. Sie nehmen schon wahr, dass das Kind dort ein bisschen Mühe hat, aber es ist für sie so selbstverständlich, dass sie das Leben um das Kind herumarrangieren […]» (Zeile 256 – 259)

Besonders aus dem Interview 1 wird klar, dass nicht allen Eltern bewusst ist, dass bei ihrem Kind eine Störung vorliegt. Deshalb ist es, wie in der Theorie und von dem Befragten 2 beschrieben, wichtig, die Eltern und die Lehrpersonen aufzuklären, damit am Problem des Kindes gearbeitet werde kann.

13.1.2 Das Gespräch suchen

Friedrich und Friebel (2011, S. 46) sowie Rotthaus (2020, S. 51) beschreiben, dass das Gespräch über die Problematik mit dem Kind wichtig ist, wobei Rotthaus betont, dass sich auf die angstfreien Zeiten bezogen werden soll (ebd.). Specht-Tomann ergänzt, dass auch das Gespräch mit den Eltern aufgesucht werden soll (2007, S.

117).

Befragter 4 hat indirekt angedeutet, dass es wichtig sei, dem Kind anfangs deutlich zu machen, was das Problem ist. Spuren davon können dieser Aussage entnommen werden:

«Weil, die Gefahr bei dieser verhaltenstherapeutischen Fahrschiene, ist, dass wir das Kind dorthin bringen wollen, wo wir es gerne hätten als Erwachsene. Ist absolut verständlich. Aber für mich gibt es andere Wege. Nämlich, indem wir das anerkennen, was gewesen ist, warum das Kind das eben zeigt. Und eben, wo man einem Kind sagt

«Schau, deine Reaktion im Zusammenhang mit dem, was du damals erlebt hast, ist doch völlig okay. Du bist doch nicht falsch, sondern das Gegenteil. Ich bin so froh, dass du mir das so klar zeigen kannst». Und dann erkennen wir das Kind für das an, dass es damals in seinem Körper völlig richtig reagiert hat» (Zeile 412 – 420).

Im Interview mit dem Befragten 1 hat dieser erläutert:

«Und dann in einem intensiven Elterngespräch haben sich die Eltern rückbesonnen und haben gemerkt «Eigentlich haben wir schon in der Spielgruppe so gemerkt, dass er…» oder «Er wollte nie zu anderen spielen». Plötzlich, in diesem Licht dann, fallen ihnen Sachen auf, die darauf hingedeutet haben» (Zeile 270 – 272).

In diesen zwei Aussagen kann die Relevanz des Gesprächs mit den Eltern oder/und dem Kind aufgezeigt werden. Aus der Aussage vom Befragten 4 kann interpretiert werden, dass es bedeutsam ist, dem Kind zuzuhören, es auf die Angst anzusprechen und die Angst anzuerkennen.

68 13.1.3 Nicht das Kind, sondern die Angst ist das Problem

Hierbei geht es darum, dem sozial ängstlichen Kind das Gefühl zu geben, dass mit ihm alles in Ordnung ist und es geliebt wird (Specht-Tomann, 2007, S. 119). Rotthaus verweist auf die Formulierung, welche beim Gespräch über die Angst verwendet wird (2020, S. 54).

Hier kann erneut die Aussage vom Befragten 4 als Beispiel zur Verdeutlichung genommen werden:

««Schau, deine Reaktion im Zusammenhang mit dem, was du damals erlebt hast, ist doch völlig okay. Du bist doch nicht falsch, sondern das Gegenteil. Ich bin so froh, dass du mir das so klar zeigen kannst»» (wörtliches Zitat in einem Zitat) (Zeile 417 – 419) Ein weiteres Zitat aus dem Interview des Befragten 4:

««Dass du Angst hast, spüre ich. Ich habe jetzt gar keine Angst, aber bei dir ist es anders.» Und dann anerkennen wir das Kind. Das Kind merkt dann, «jetzt werde ich gesehen und gehört so wie ich bin».» (Zeile 126 – 128).

13.1.4 Stressquellen reduzieren

Rotthaus schlägt vor, Stressquellen zu reduzieren, indem man Struktur in den Alltag des Kindes, beispielsweise anhand von Stundenplänen und Regelmässigkeiten wie Mahlzeiten oder Spielzeiten, bringt (2020, S. 51).

Befragter 3 hat in diesem Zusammenhang folgendes erwähnt:

«Nicht vor vollendete Tatsachen stellen, sondern Sachen ankündigen. Oder einen Wochenplan machen hilft auch sehr, dass neue Situationen vorbereitet sind» (Zeile 218 – 220).

Befragter 5 hat bezüglich Stressquellenreduktion angedeutet:

«Die beim Vortrag müssen wissen, dass ich da bin. Man muss reden mit dem Kind und schauen, dass technisch auch alles funktioniert […]» (Zeile 214 – 216).

Auch Befragter 1 bezieht sich mit folgender Aussage auf die Stressreduktion:

«Das Erste, das mir in den Sinn kommt, ist natürlich, dass du gewisse Stresssituationen auch einfach vermeidest. Also, dass du dir halt etwas organisierst. Wie zum Beispiel, für so ein Kind kann es sein für eine Partnerarbeit «Jetzt muss ich einen Partner suchen». Dann machst du die Pärchen schon» (Zeile 464 – 467)

Bei dieser Präventivmassnahme wird klar, dass sich das Kind mithilfe der Stressreduktion mental auf allenfalls als schwierig empfundene, soziale Situationen vorbereiten und nicht die ganze Zeit darüber nachdenken und sich sorgen muss, wann die Soziale Angst auftritt.

69 13.1.5 Dem Kind Dinge zutrauen – Das Entgegenkommen abbauen

Bei dieser Massnahme soll dem Kind aufgezeigt werden, dass Erziehungspersonen Vertrauen in die kindlichen Fähigkeiten, die Angst zu bewältigen, haben (Rotthaus, 2020, S. 56). Der Autor schreibt ebenfalls, dass den Wünschen des Kindes entgegenkommendes und «an seine Forderungen angepasstes Verhalten» abgebaut werden muss (Rotthaus, 2020, S. 57).

Befragter 2 verdeutlicht das elterliche Entgegenkommen wie folgt:

«Das ist meine Hypothese, dass es sicherlich in einem gesunden Grad angefangen hat aber je mehr Schwierigkeiten das Kind hatte, desto mehr haben die Eltern versucht das Kind zu schützen. Oder dass es ihm besser geht, haben sie dem Kind immer mehr abgenommen. Dann ist es aber in eine ungesunde Richtung gegangen» (Zeile 77 – 80).

Die Befragte 1 beschrieb folgendes im Kontext, dass bei Kindern die Eltern entgegenkommen, sozial ängstliche Erwachsene gewisse Sachen jedoch einfach erlernen müssen, weil im Berufsleben nicht auf ihre Ängste Rücksicht genommen werden kann:

«Bei einem Kind, wenn die Eltern sagen es soll zum Beck und Brot holen, und es will nicht, dann zwingt es keine Mutter dies trotzdem zu machen» (Zeile 178 – 180) Bei dieser Präventivmassnahme hat keiner der Befragten erwähnt, dass das Entgegenkommen der Eltern abgebaut werden muss. Allerdings wird aus den Aussagen klar, dass die Fürsorge in eine ungesunde Richtung gehen und es später dafür zu Problemen im Berufsalltag kommen kann.

13.1.6 Vorbild sein

Friedrich und Friebel machen deutlich, dass Erwachsene in ihrer Vorbildrolle dem sozial ängstlichen Kind aufzeigen können, dass es möglich ist, der eigenen Angst gegenüberzutreten (2011, S. 81).

Der Befragte 4 hat zu der Vorbildfunktion der Erwachsenen zwei Aussagen gemacht:

«[…] vor allem auch Eltern, die ihre eigene Geschichte auch anschauen. Und sagen

«Hey, Moment einmal. Ich kenne das doch.» Dann sage ich ab und zu «Ja, haben Sie ihrem Kind schon einmal erzählt, wie Sie es als Kind gehabt haben?». «Ouh, nein.

Habe ich noch nie.» Dann muss ich sagen «Das fände ich vermutlich wichtig. Und wenn, dann hört das Kind, wie Sie mit dem umgegangen sind. Wie Sie es geschafft haben. Und das könnte ein gutes Beispiel sein». Wenn das Kind sagt «Hey, wenn das Mami das macht, dann kann ich das doch auch» (Zeile 662 – 668)

«Und das gibt dem Kind Vertrauen «Hey, ich kann dieser Welt begegnen, weil das Mami begegnet der Welt, der Papi begegnet der Welt» und es ist einfach da, selbstbewusst, «Das kann ich auch». Und Kinder schauen ganz genau, was die Erwachsenen machen. Ich sage immer wieder, wir müssen Kinder nicht erziehen, wir müssen ihnen nur ein Beispiel geben, und dann schauen die schon was wir machen und machen es uns nach» (Zeile 271 – 276)

70 Aus den theoretischen Grundlagen und aus dem Interview des Befragten 4 kann interpretiert werden, dass es einen positiven Einfluss auf das Selbstvertrauen des sozial ängstlichen Kindes hat, wenn Erwachsene sich ihrer Vorbildrolle bewusst sind und entsprechend handeln.

13.1.7 Positive Erfahrungen und das Vorbereiten auf neue soziale Situationen Sowohl Friedrich & Friebel als auch Specht-Tomann berichten, wie wichtig Erfolgserlebnisse und positive Erfahrungen zur Bewältigung der Angst sind (2011, S.

46; 2007, S. 107). Sozial ängstliche Kinder können mithilfe von beispielsweise Schnuppertagen oder Rollenspielen auf neue soziale Situationen vorbereitet werden (Specht-Tomann, 2007, S. 118).

Befragter 5 hat bezüglich des Vorbereitens auf neue Situationen geäussert:

«Was vielleicht helfen würde, ist wenn man ein wenig Theater spielt. Sodass sie sich gewohnt sind oder daran gewöhnen, vor anderen das zu machen» (Zeile 249 – 251) Zu den Rollenspielen hat der Befragte 2 erzählt:

«Für den Aufmerksamkeitsfokus machen wir Rollenspiele: zehn Stühle immer zwei nebeneinander, stellen wir im Zimmer auf und wir lernen Busfahren. Dann bin ich der Buschauffeur und das Kind muss einsteigen, muss sich irgendwo hinsetzen. Dann machen wir diese Szene, oder es muss ein Glacé kaufen» (Zeile 364 – 367)

Diese Aussage steht jedoch im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeitsfokussierung und nicht dem Rollenspiel als Vorbereitung auf soziale Situationen. Befragter 2 hat allerdings folgendes ergänzt:

«[…] üben wir zuerst die Situation 1, die am wenigsten beängstigende Situation. Und das Kind bekommt Hausaufgaben, um diese Situationen zu Hause zu wiederholen»

(Zeile 401 – 403)

Aus dieser Aussage geht hervor, dass das Rollenspiel nicht nur zur Fokussierung der Aufmerksamkeit dient, sondern das betroffene Kind auch auf die angsteinflössenden Situationen vorbereiten soll.

Demnach können beispielsweise das Rollenspiel oder das Theaterspielen für das sozial ängstliche Kind sehr hilfreich sein, weil es sich auf mögliche ähnliche, reale Situationen vorbereiten kann. Im geschützten Rahmen ist diese Präventivmassnahme demzufolge in der Theorie sowie der konkreten Arbeit von den Befragten vertreten.

13.1.8 Erinnerungskarten

Nach Friedrich und Friebel sollen Kinder, auch mithilfe der Erwachsenen, Karten erstellen, die sie an Orte legen, an denen sie sie sehen (2011, S. 87). Diese Karten sollen die betroffenen Kinder an das günstige Verhalten in einer von der Sozialen Angst beherrschten Situation erinnern und zu einer Tätigkeit bewegen (Friedrich &

Friebel, 2011, S. 96).

71 Diese Unterstützungsmassnahme kann im Interview mit dem Befragten 2 wiedergefunden werden:

«B2: Ja genau, das ist eigentlich ihre Vorstellung. Wir üben auch positive Gedanken und positive Sätze. Zum Beispiel «Oh, ich bin ganz komisch» ist ein negativer Satz, eine negative Instruktion/Gedanke, und ein positiver Gedanke wäre: «Ich bleibe ruhig und entspannt.» Oder «So wie ich bin, bin ich gut.»

I1: Üben Sie das nur verbal?

B2: Wir schreiben das auf. Wir machen mit den Kindern Kärtchen, wo wir die Sachen aufschreiben, damit sie es zu Hause an den Spiegel kleben können oder an die Zimmertüre. Sich den Satz mehrmals am Tag vorsagen, laut vorsagen oder leise und einprägen.» (Zeile 382 – 390)

Das Aufschreiben positiver Sätze scheint demnach wichtig zu sein, weil sich das Kind immer wieder daran erinnert, dass es an seiner Angst arbeiten muss und seine Gedanken in eine positive Richtung lenken soll.

13.1.9 Märchen und Geschichten

Nach Rotthaus sind Märchen und Geschichten insofern hilfreich, dass sie das Interesse und die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler wecken und unter anderem Lösungsvorschläge und wichtige Botschaften bezüglich der Bewältigung der Sozialen Angst beinhalten (2020, S. 81).

Der Befragte 1 hat diesbezüglich erwähnt:

«In dem Alter kann man sehr gut mit Geschichten und Bilderbüchern arbeiten.

Mittlerweile gibt es ja zu fast allem etwas. Ich erfinde meistens Geschichten selber. Ja, sodass die Kinder auch merken «Aha, da in der Geschichte ist auch jemand wie ich», und manchmal sagen sie sogar: «Ja, ich habe das auch» […]» (Zeile 74 – 77) Daraus lässt sich schliessen, dass sich sozial ängstliche Kinder mit Charakteren aus Geschichten identifizieren und deren Lösungsansätze für reale Situationen aus ihrem Leben brauchen können.

13.1.10 Angst beeinflussen

Kinder spüren, wenn ihre Angst zum Vorschein kommt (Rotthaus, 2020, S. 66).

Deshalb ist es wichtig, in dieser Situation die Angst positiv zu beeinflussen und mit dem Kind gemeinsam nachzudenken, was die Angstattacke abwehren könnte (Rotthaus, 2020, S. 67).

Der Befragte 2 erwähnte in diesem Zusammenhang:

«Wir lernen zuerst Entspannungstechniken, weil die einzige körperliche Reaktion, die wir willentlich beeinflussen können, unsere Atmung ist. […] Das einzige, was wir beeinflussen können, ist eben die Atmung, weil wir können dem Bauch nicht sagen:

«Schau bitte, dass dir nicht mehr übel ist.» Oder du kannst auch nicht dem Speichel sagen: « Fliess wieder, ich kann nicht so einen trockenen Mund haben, wenn ich eine Antwort geben muss.» Aber wir können bewusst atmen. Das lernen wir mit den Kindern.» (Zeile 325 – 338)

72 Aus der Theorie und der Aussage des Befragten lässt sich schlussfolgern, dass Kinder ihre Angstattacken meisten vorher spüren, es aber Wege gibt, die Angst positiv zu beeinflussen, unter anderem mit der gezielten Atmungsübungen.

13.1.11 Ablenkung

Die Ablenkung dient dazu, dass das Kind in einer angsteinflössenden Situation entspannt bleibt und nicht an die Angst denkt. Rotthaus betont, dass alleine das Nachdenken über die Angst diese aufrechterhält (2020, S. 67).

Damit sich das Kind in einer angsterregenden Situation ablenken kann, wurde vom Befragten 2 geschildert:

«Wir üben den Fokus nach aussen zu richten. Nicht wenn die Lehrerin einen etwas fragt, denken: «Oh Gott oh Gott, wie fühlt sich meine Stimme an, wie fühlt sich mein Herz an?» Sondern beispielsweise schauen «Aha, dort ist eine Babuschka. Unten ist sie rot mit gelb.» Einfach mit der Aufmerksamkeit im Raum draussen bleiben. Konkrete Dinge anschauen. Was ist alles hier? Damit der Fokus nicht auf die eigene körperliche Verfassung geht.» (Zeile 198 – 203)

Die Ablenkung nützt, die Angst eines sozialphobischen Kindes in diesem Moment zu senken oder gar nicht an diese zu denken. Allerdings ist unklar, ob diese Massnahme längerfristig bei der Bekämpfung der Sozialen Angst hilft.

13.1.12 Exposition

Bei der Exposition muss sich das sozial ängstliche Kind den Angstsituationen stellen und so die Erfahrung machen, dass es die eigene Angst aushalten kann, bis sie nachlässt (Rotthaus, 2020, S. 60).

In den Interviews wurde bezüglich der Exposition nie eine Massnahme seitens der Eltern oder der Lehrkräfte erwähnt. Der Befragte 2 schildert die Expositionsbehandlung anhand eines Beispiels, welches sich jedoch auf die therapeutische Arbeit bezieht und im nächsten Kapitel (13.2) näher ausgeführt wird.

13.1.13 Trost und Ermutigung

Friedrich und Friebel halten fest, dass Kinder in Konfrontation mit ihrer Angst Schutz und Trost von Erwachsenen brauchen (2011, S. 76). Trotz der Beihilfe zur Selbstständigkeit, sollen Erzieher nicht beim Trost «sparen», wenn das betroffene Kind danach sucht (ebd.).

Die Aussage des Befragten 1 verdeutlicht dies:

«Manchmal schätzt man Sachen ganz falsch ein und dann kommt eine Reaktion, mit der du nicht gerechnet hast und dann bleibt dir nur das Trösten übrig.» (Zeile 503 – 505)

Wenn es um die Ermutigung und Beistand geht, hat Befragter 4 ausgesagt:

«Ich weiss nie wo es langgeht. Keine Ahnung, oder. Aber ich kann da sein, um zu schauen: Was braucht das Kind? Wo, in welcher Form kann ich es unterstützen, damit es den Impuls, der kommt, sage: «Hey, probiere es noch einmal. Schau, du hast das dort so gemacht. Hey, das ist von dir gekommen. Mach es doch noch einmal, ich bin

73 hier.» Und dann merkt es dann: «He, ich darf das wagen, was in mir ist.» Und dann verschwindet die Ängstlichkeit, weil es merkt: «Hey, ich schaffe das doch.» (Zeile 641 – 647)

Sowohl aus der Theorie wie auch aus den Aussagen der Befragten geht hervor, dass es von grosser Bedeutung ist, dem sozial ängstlichen Kind Sicherheit zu vermitteln und Trost zu spenden, wenn es dies braucht. Allerdings soll nicht nur getröstet, sondern auch ermutigt werden, damit das Kind nochmals versucht, sein Vorhaben umzusetzen.

13.1.14 Unterstützendes Elternverhalten

Beim unterstützenden Elternverhalten geht es darum, dass Eltern Massnahmen treffen, um das Selbstvertrauen ihrer Kinder zu stärken (Rotthaus, 2020, S. 87). Als Beispiel führt Rotthaus das Ritual auf, bei welchem sich die Eltern abends 15 Minuten Zeit nehmen, um die bewältigten Situationen, die das Kind an diesem Tag geschafft hat, aufzuschreiben und es am nächsten Tag mit dem Kind zu besprechen (ebd.).

In der folgenden Aussage des Befragten 4 geht es weniger um die Fähigkeiten, die das Kind an dem Tag erbracht hat, sondern mehr um die Sicherheit und Unterstützung, die von den Eltern vermittelt werden soll:

«Und dass auch die Eltern, zum Beispiel in der Art, in der Kinder Angst haben, in einem Ritual am Abend zum Beispiel sagen: «Schau, diese Nacht sind wir da und wir schauen auf dich. Und damals ist das nicht sicher gewesen, und ich konnte dich nicht schützen.

Aber jetzt sind Mami und Papi da und du wirst gesehen. Wir lassen nicht mehr zu, dass das passiert.»» (Zeile 350 – 354)

Wie das Selbstvertrauen, dass Rotthaus (ebd.) betont, gestärkt werden kann, erklärt Befragter 4 ebenfalls hiermit:

«Sicherheit geben, und dann hat das Kind auch keine Angst. Warum denn eigentlich auch? Und das ist genau gleich in der Begegnung mit Menschen. Wenn ich Sicherheit ausstrahle, wenn ich Vertrauen ausstrahle, macht das Kind das nach.» (Zeile 294 – 296)

Unterstützendes Elternverhalten heisst, dass die Eltern die Angst ihrer Kinder anerkennen, sich Zeit nehmen, diese mit den Kindern zu verarbeiten, und Sicherheit vermitteln, sodass sozial ängstliche Kinder Selbstvertrauen aufbauen können.

74

13.2 Präventiv- und Unterstützungsmassnahmen durch Therapeutinnen und Therapeuten

13.2.1 Expositionsbehandlung

Büch et al. definieren die Expositionsbehandlung als eine Löschung des Vermeidungsverhaltens (2015, S. 24). Dabei werden neue Erfahrungen in angstauslösenden Situationen gemacht und die Aufmerksamkeit von innen nach aussen gelenkt (Büch et al., 2015, S. 24f.).

Aus dem Interview 2 stammt folgende Aussage:

«Nachdem es diese Fähigkeiten hat, die Entspannungstechniken, die positive Selbstinstruktion, Kraft bilden, Fokus nach aussen gerichtet, üben wir zuerst die Situation Eins, die am wenigsten beängstigende Situation. Und das Kind bekommt Hausaufgaben, um diese Situationen zu Hause zu wiederholen.» (Zeile 399 – 403) Aus der Aussage wird ersichtlich, dass diese Massnahme erst eingesetzt wird, wenn das betroffene Kind die nötigen Fähigkeiten dazu hat, sich der Angst auszusetzen.

Sowohl der Befragte 2 (Zeile 395 – 399) als auch Büch et al. (2015, S. 25) erwähnen, dass bei der Exposition die Situationen mehrmals wiederholt und nach Schwierigkeitsgrad geübt werden müssen.

13.2.2 Soziale Fertigkeitstrainings

Zu diesem Training gehören die Psychoedukation, kognitive Umstrukturierung, Emotionserkennung, Entspannungstechniken sowie das bereits erwähnt schrittweise Expositionsverfahren (Büch et al., 2015, S. 25).

Die Psychoedukation und das Expositionsverfahren wurden bereits in den vorgängigen Kapiteln aufgeführt und mit den Aussagen der Befragten verknüpft.

Die Entspannungstechniken konnten in diesen Aussagen wiedergefunden werden:

«Wir machen Atemübungen und wir machen mit den Kindern immer Progressive Muskelentspannung. Ich weiss nicht, ob ihr das schon gelesen habt, aber das ist das Klassische bei der Behandlung von Sozialer Angst, Angststörungen. Das ist Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Es geht darum, dass du bewusst einen Muskel anspannst und dann bewusst loslässt. Ein Muskel, der zuerst bewusst angespannt ist, kann nachher viel besser entspannen. Kinder sind ja sowieso angespannt, sie müssen lernen zu entspannen.» (Zeile 338 – 345)

Der Befragte 4 erwähnte nicht spezifisch eine Entspannungstechnik, die vom Kind ausgeführt werden soll, sondern, dass das Kind die Spannung aus dem Umfeld aufnimmt. Sind beispielsweise die Eltern entspannt, so überträgt sich diese Entspannung auf das Kind. In folgenden Absatz findet sich diese Aussage wieder:

«Aber nachher arbeite ich mehrheitlich mit den Eltern. Weil sie sind die wichtigen Faktoren. Wenn es denen gut geht, geht es dem Kind auch gut. Und gleichzeitig eben auch, mit Eltern arbeiten heisst: «Was passiert bei Ihnen, wenn das Kind das zeigt?»

«Aber nachher arbeite ich mehrheitlich mit den Eltern. Weil sie sind die wichtigen Faktoren. Wenn es denen gut geht, geht es dem Kind auch gut. Und gleichzeitig eben auch, mit Eltern arbeiten heisst: «Was passiert bei Ihnen, wenn das Kind das zeigt?»