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6. Diskussion der angewandten Methodik

6.4. Unsicherheitsanalyse

Ein wichtiger Teil der Interpretationsphase einer Ökobilanz ist die Analyse der Unsicherheiten in den Resultaten. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da einerseits sehr viele Daten in eine Ökobilanz

0 20 40 60 80 100 120

0% 20% 40% 60% 80% 100%

m g /k g TS

Anteil Werte

Pb Cu

Wert SALCA-SM

Wert SALCA-SM

einfliessen und auf verschiedenen Stufen Unsicherheiten auf das System wirken, und es andererseits noch keine etablierte Standardmethode gibt, um alle auftretenden Unsicherheiten abschätzen zu können.

Unsicherheiten in der Ökobilanzberechnung entstehen primär auf zwei Stufen:

- Unsicherheit in den Eingangsparametern (Systembeschreibung)

- Unsicherheit in den Berechnungen (Modellierungen, Wirkungsabschätzungsfaktoren).

Um Unsicherheiten in der Systembeschreibung und den Produktionsparametern abzuschätzen, wurden in dieser Studie verschiedene Sensitivitätsanalysen vorgenommen. Dabei bezog sich die Untersuchung auf systemdefinierende Parameter wie die Allokationsfaktoren bezüglich Milch und Fleisch, Produktionsparameter mit bekannten Änderungen wie das Endgewicht bei der Mutterkuhhaltung und Produktionsparameter mit grosser Unsicherheit wie die Berücksichtigung der Landnutzungsänderung (alle Kapitel 3.8.2) und den Pestizideinsatz im Bereich Ökotoxizität (Kapitel 6.3). Die in der Studie gemachten Aussagen sind auch unter Berücksichtigung der erwähnten Sensitivitätsanalysen nach wie vor gültig. Die Grösse der einzelnen Umweltwirkungen kann sich jedoch je nach getroffenen Annahmen erheblich ändern. Dies muss bei der Interpretation der Resultate und bei der Definition der Verbesserungsmassnahmen berücksichtigt werden.

Eine weitere Unsicherheit entsteht durch die Variabilität der Betriebe innerhalb eines Systems. In dieser Studie wird diese Unsicherheit in einem gewissen Masse dadurch entschärft, dass mit den Modellbetrieben und den modellierten Systemen durchschnittliche Produktionsweisen betrachtet wurden.

Zwischen den einzelnen Modellbetrieben, welche für die Schweizer Rinder- und Schweinemast analysiert wurden, bestehen beträchtliche Unterschiede in ihrer Umweltwirkung. Aufgrund der geringen Anzahl der analysierten Modellbetriebe kann die Signifikanz der Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben nicht mittels statistischen Tests geprüft werden. Um die Relevanz der Unterschiede trotzdem abzuschätzen, wurde jeweils die doppelte Standardabweichung betrachtet (siehe Abbildung 53, Beispiel Nährstoffmanagement Rindermast). In der doppelten Standardabweichung befinden sich, eine Normalverteilung der Zufallsgrössen vorausgesetzt, rund 95 % aller zu erwartenden Werte. Wenn sich die Bereiche der doppelten Standardabweichung zweier Systeme nicht überlappen, ist der Unterschied also mit 95 %-iger Sicherheit stabil. In dieser Studie wurde nur dann von einem deutlichen Unterschied zwischen den Systemen ausgegangen, wenn sich die Bereiche der doppelten Standardabweichung nicht überlappten. Sonst wurde von tendenziellen Unterschieden gesprochen.

Abbildung 53: Vergleich der Schweizer Rindermastsysteme (Stufe Hoftor) im Bereich Nährstoffmanagement mit Angabe der doppelten Standardabweichung. Bei der aquatischen Eutrophierung P gibt es keine deutlichen Unterschiede zwischen den analysierten Systemen. In den anderen drei Umweltwirkungen unterscheidet sich das System GVM ÖLN deutlich von den übrigen drei untersuchten Systemen. Bei der terrestrischen Eutrophierung und der Versauerung ist zudem das System MK Bio deutlich höher als das System MK ÖLN.

0%

50%

100%

150%

200%

250%

300%

350%

Terr. Eutrophierung Aq. Eutrophierung N Aq. Eutrophierung P Versauerung GVM ÖLN MK ÖLN MK Bio GVM Bio

Die Gültigkeit der Aussagen wurde dazu auch mittels einer Monte-Carlo-Analyse geprüft. Dabei werden die Parameter auf Stufe Sachbilanz, d. h. die Produktionsparameter sowie die berechneten direkten Emissionen, gemäss einer vorgegebenen Verteilung variiert. Bei jeder Variante wird für jede analysierte Umweltwirkung berechnet, ob ein bestimmtes System nun höher oder tiefer ist als ein anderes System.

Ebenso wird für jede Umweltwirkung ihre Verteilung dargestellt. Die durchgeführten Monte-Carlo-Analysen bestätigten die Aussagen dieser Studie sowohl für die Schweizer Rinder- wie auch die Schweinemast.

Neben den Systemparametern können auch gewisse methodische Entscheidungen, wie etwa die Definition der Systemgrenzen und die Allokation zwischen ev. vorhandenen Koprodukten, einen grossen Einfluss auf die Resultate haben. Solche Entscheidungen können mittels Sensitivitätsanalysen untersucht und bei den Resultaten diskutiert werden. In dieser Studie spielt die Allokation zwischen verschiedenen Produkten hauptsächlich für die Rindermastsysteme eine Rolle, da in den Grossviehmastsystemen neben Fleisch auch noch Milch produziert wird, in den Mutterkuhsystemen hingegen nur Fleisch. Die Bedeutung der Wahl der Allokationsfaktoren für Milch und Fleisch auf die Resultate wird in Kapitel 3.8.2 diskutiert.

Bei der Wahl der Systemgrenzen spielt in Fleischproduktionssystemen besonders die Aufteilung der Hofdünger (inklusiv der entsprechenden Emissionen) zwischen Tier- und Pflanzenproduktion eine grosse Rolle. Dieser Aspekt wird am Beispiel der Ökotoxizität im Kapitel 6.3 diskutiert.

Am schwierigsten abzuschätzen ist die Unsicherheit in den angewandten Methoden, d. h. die Unsicherheit in den verwendeten Wirkungsabschätzungsfaktoren. Hier gibt es keine standardisierte Methode, um diese Unsicherheit zu qualifizieren. Die Aussagen in der Studie sind jedoch auch gültig, wenn man andere Ökobilanzmethoden wie Recipe oder UBP auf Stufe mid-point anwendet. Eine Ausnahme bildet der Bereich Ökotoxizität, wo je nach verwendeter Methode die Resultate unterschiedlich ausfallen. Die Unsicherheit im Bereich Ökotoxizität wurde in Kapitel 6.3 diskutiert.

6.5. Literatur

ecoinvent Centre, 2007: ecoinvent Data - The Life Cycle Inventory Data. Swiss Centre for Life Cycle Inventories, Dübendorf, ISBN 3-905594-38-2, verfügbar unter www.ecoinvent.org.

Foster, C., Green, K., Bleda, M., Dewick, P., Evans, B., Flynn, A. und Mylan, J., 2006: Environmental Impacts of Food Production and Consumption: A report to the Department for Environment, Food and Rural Affairs. Manchester Business School. Defra, London.

Hersener et al., 2011: Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirtschaftlicher Betriebe (ZA-ÖB).

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Zürich/Ettenhausen.

Nemecek, T., Huguenin, O., Dubois, D. und Gaillard, G., 2011: Life cycle assessment of Swiss farming systems: I. Integrated and organic farming. Agricultural Systems, 104: 217-232.

Reinhardt, G., Gärtner, S., Münch, J. und Häfele, S., 2009: Ökologische Optimierung regional erzeugter Lebensmittel: Energie- und Klimabilanzen. ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Heidelberg.