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Ansatzpunkte für Verbesserungen Rindermast

3. Rindermast

3.9. Ansatzpunkte für Verbesserungen Rindermast

I) Klare Zieldefinition

Im Unterschied zu Geflügel- und Schweinemastsystemen können mit Rindermastsystemen verschiedene Ziele verfolgt und erfüllt werden. Neben der Produktion von Fleisch können Rinder auch der Bewirtschaftung extensiver Grünflächen dienen und so einen Beitrag zur Erhaltung von Wiesen und Weiden mit hoher Biodiversität leisten. Gleichzeitig kann mit Wiederkäuern wie Rindern Fleisch produziert werden, ohne für den Menschen nutzbare Nahrungsmittel als Kraftfutter einsetzen zu müssen. So können für den Menschen sonst nicht zugängliche Nahrungsquellen erschlossen werden und es entsteht keine direkte Nahrungsmittelkonkurrenz zwischen Mensch und Tier.

Solch verschiedene Ziele gleichzeitig zu erfüllen ist eine Herausforderung, umso mehr zum Teil Trade-offs zwischen den einzelnen Massnahmen bestehen. Um ein vorhandenes Rindermastsystem zu optimieren bzw. ein optimales System zu gestalten ist deshalb von vornherein eine klare Zieldefinition nötig.

Insbesondere die Ziele maximale Produktivität und Bewirtschaftung von extensivem Grünland können kaum gleichzeitig erfüllt werden: Um eine maximale Produktivität zu erreichen, ist sehr energiereiches Futter, also eine Ration mit hohem Kraftfutteranteil, am geeignetsten. Dies bringt aber einen entsprechenden Einsatz von Ackerflächen und meist auch Ressourcen in Form von Mineraldüngern mit sich. Bezüglich des Energiebedarfs schneiden solch intensive Systeme generell relativ gut ab, da die so erzielten hohen Zuwachsraten zu einer kurzen Mastdauer und einem entsprechend niedrigen Energiebedarf pro kg produziertes Fleisch führen.

Bei einer grasbasierten Fütterung bedingt der niedrigere Energiegehalt im Futter schlechtere Zuwachsraten bzw. einen höheren Flächenbedarf, um die nötige Futtermenge zu erzeugen. Dafür muss aber kein Ackerland eingesetzt, sondern es können für den Menschen sonst unproduktive Flächen genutzt werden.

Solche grasbasierten Mastsysteme können auch – je nach Art und Menge der eingesetzten Produktionsmittel – bezüglich Energiebedarf günstiger abschneiden als intensive Systeme. Dies ist aber nur zu erreichen, wenn die Systeme eine sehr hohe Extensivität aufweisen und praktisch keine externen Produktionsmittel verwenden, was nur unter günstigen klimatischen Bedingungen (z. B. keine Futterkonservierung infolge Winterperiode) möglich ist. Sehr extensive Systeme haben aber meist auch sehr geringe Zuwächse und demzufolge eine lange Mastdauer, was hohe Methanemissionen mit sich bringt (siehe Resultate System Brasilien).

Je nach gesetzter Zieldefinition sind also verschiedene Rahmenbedingungen gegeben, innerhalb derer die Optimierung zu erfolgen hat. Je nach definiertem System sind dabei andere Umweltwirkungen im Mittelpunkt und unterschiedliche Massnahmen nötig. Tabelle 23 zeigt ein Beispiel von unterschiedlichen Ansatzpunkten und Massnahmen für Verbesserungen anhand eines kraftfutter- und eines grasbasierten Mastsystems.

Tabelle 23: Ansatzpunkte für Verbesserungen und mögliche Massnahmen von zwei verschiedenen

- hohe Produktivität, wo möglich - gezielt extensive Flächen

bewirtschaften, um die Biodiversität zu fördern

etc.

II) Mutterkuhsysteme

Mutterkuhsysteme sind vor allem auf die Ziele Tierwohl und Grünlandnutzung ausgerichtet. In diesen Systemen werden die Mastkälber und –rinder zusammen mit dem Muttertier gehalten und saugen direkt bei der Mutterkuh. Die Fütterung ist in der Regel grasbasiert. Da die Mutterkuh dabei nur der Fleischproduktion dient und keine Milch für den menschlichen Konsum produziert, werden ihre Umweltwirkungen ganz der Fleischproduktion angerechnet, was im Vergleich zu Grossviehmastsystemen zum Teil höhere Umweltwirkungen verursacht. Um diese zu reduzieren, sind zusätzliche Massnahmen nötig. Eine Möglichkeit wäre ein maximaler Grad an Extensivität – eine Reduktion des Bedarfs an Gebäuden und Maschinen auf das absolute Minimum kann z. B. den Energiebedarf NE beträchtlich reduzieren. Bei einer grasbasierten Fütterung spielt auch die Futterkonservierung eine wichtige Rolle für den nicht-erneuerbaren Energiebedarf. Künstliche Heutrocknung ist sehr energieintensiv und sollte wo immer möglich vermieden bzw. mit erneuerbaren Energiequellen (z. B. Sonnenkollektoren) betrieben werden.

Sehr wichtig ist auch eine optimale Nutzung des Grünlandes. Eine möglichst hohe Produktivität senkt den Flächenbedarf, führt in der Regel aber zu höheren Ammoniak- und Nitratemissionen. Eine grosse Stärke von Mutterkuhsystemen kann die Pflege von extensiven Wiesen und Weiden sein. Wird dies als klares Ziel definiert, sollte der Anteil an intensivem Grünland so klein wie möglich sein, dafür sollten mehr extensive Flächen genutzt werden. Diese sollten zielgerichtet im Hinblick auf eine maximale Biodiversität bewirtschaftet werden. Ein möglichst hoher Anteil an Weide senkt dabei die Ammoniakemissionen. Werden die Tiere dazu noch gesömmert, wird ein wichtiger Beitrag zur Offenhaltung der landwirtschaftlichen Flächen im Berggebiet geleistet, wodurch die Biodiversität im Schweizer Alpenraum profitiert.

Zur optimalen Nutzung des Grünlandes gehört auch eine möglichst hohe Grasverwertung durch die Tiere.

Dies bedeutet einerseits eine Minimierung der Verluste, andererseits die züchterische Weiterentwicklung der Grundfutteraufnahmekapazität und –verwertung.

Überlegt werden könnten auch alternative Systeme, wo z. B. neben dem Fleisch auch noch die Milch der Mutterkuh genutzt würde. Damit würde ein Teil der Umweltlast der Mutterkuh auf die Milch übergehen.

Auch denkbar ist eine Erhöhung des Schlachtalters der Mutterkuhkälber mit einer entsprechenden Ausmastphase. Das zusätzliche Wachstum könnte so die Umweltwirkungen pro kg Fleisch insgesamt reduzieren.

All diese alternativen Systeme müssten aber noch bezüglich ihrer Wirkungen auf die Umwelt und weitere Nachhaltigkeitskriterien untersucht werden, um ihr Optimierungspotenzial abzuschätzen. Allgemein ist eine grundsätzliche Analyse der Mutterkuhhaltung nötig um abzuklären, ob und wie sich die Umweltwirkungen der voll der Fleischproduktion angerechneten Mutterkuh kompensieren liessen. Die einzelbetrieblichen Ergebnisse aus dem Projekt ZA-ÖB (Hersener et al., 2011) zeigen, dass zwischen Mutterkuh-Betrieben deutliche Unterschiede hinsichtlich ihren Umweltwirkungen bestehen. Dies deutet auf ein mögliches Optimierungspotenzial hin. Eine Analyse von Betrieben mit besonders tiefen Umweltwirkungen könnte wertvolle Hinweise für die Optimierung dieser Produktionsform liefern.

III) Einsatz von Soja

Der Einsatz von Soja kann in den Herkunftsländern zur Abholzung von Tropenwäldern und Zerstörung von artenreichen Savannen führen. Sojaeinsatz in der Rindermast sollte deshalb möglichst vermieden werden, insofern der Verdacht einer solchen Abholzung besteht. Sind Eiweissträger nötig, können alternativ einheimische Körnerleguminosen eingesetzt werden. Baumgartner et al. (2008) haben den Ersatz von Soja durch europäische Körnerleguminosen in verschiedenen Tierproduktionssystemen untersucht. Dabei wurde festgehalten, dass beim Ersatz von Soja die ganze Ration angepasst werden muss, was – je nach deren Zusammensetzung – die Umweltwirkungen sowohl senken als auch erhöhen kann. Will oder kann man nicht auf den Einsatz von Soja verzichten, ist auf eine entsprechende Zertifizierung zu achten. Hierbei existieren je nach Zertifikat unterschiedliche Kriterien bezüglich Abholzung, was bei der Auswahl des Zertifikates beachtet werden sollte.

IV) Flugtransporte

Generell trägt die landwirtschaftliche Produktion am meisten zur Umweltwirkung der Rindermast bei.

Transporte spielen praktisch keine Rolle, wichtig ist nicht wo, sondern wie produziert wird. Eine Ausnahme bilden Flugtransporte. Diese erhöhen den Energiebedarf NE, das Treibhauspotenzial und die Humantoxizität pro kg Fleisch deutlich und sollten vermieden werden.

V) Schlachtung, Verarbeitung, Verpackung

Nach den Flugtransporten ist der wichtigste Faktor innerhalb der nachgelagerten Stufen die Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung, wobei vor allem die Bereiche Energieverbrauch, Wasserverbrauch und Verpackungsmaterial relevant sind. Hier wäre beispielsweise der Einsatz erneuerbarer Energien ein wichtiger Ansatzpunkt.

VI) Zusammenhang Milch- und Fleischproduktion

Die Erzeugung von einem Kilogramm Milchprotein ist wesentlich weniger umweltbelastend als die Erzeugung von einem Kilogramm Protein aus Rindfleisch (de Vries und de Boer, 2010). Aus Umweltsicht ist daher die Nutzung des Graslandes durch Milchvieh der Fleischproduktion vorzuziehen. Eine Verschiebung des Konsums vom Rindfleisch hin zu Milchprodukten mit einer entsprechenden Anpassung der Rindviehhaltung könnte deren Umweltwirkungen deutlich senken. Der Zusammenhang zwischen Milchproduktion und Rindermast ist noch kaum mittels Ökobilanzen untersucht und würde eine vertiefte Betrachtung verdienen.

Generell sollte man sich bewusst sein, dass die Rindermast stark mit der Milchproduktion verflochten ist und Änderungen in einem System auch zu Änderungen im anderen System führen. Eine Steigerung der Milchleistung führt z. B. zu weniger Milchkühen, womit dann auch weniger Kälber aus der Milchproduktion für die Rindermast zur Verfügung stehen. Umgekehrt erhöht eine Reduktion der Milchleistung pro Kuh bei gleich bleibender total produzierter Milchmenge die für die Mast verfügbaren Kälber. Um die Umweltwirkungen der Rinderproduktion zu optimieren, sollten deshalb immer beide Systeme in einer Gesamtanalyse betrachtet werden.