• Keine Ergebnisse gefunden

2 Wissenschaftliches Schrifttum

2.1 Transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE)

2.1.3 Transmissible spongiforme Enzephalopathien des Menschen

Bei den humanen TSE unterscheidet man zwischen der Creutzfeld-Jakob Erkrankung (CJD), der neuen Variante der Creutzfeld-Jakob Erkrankung (vCJD), Kuru, der fatalen familiären Insomnie (FFI) sowie dem Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS).

2.1.3.1 Creutzfeld-Jakob Erkrankung (CJD)

Die Creutzfeld-Jakob Erkrankung (CJD) ist die häufigste humane TSE und wurde schon von den Neurologen H. G. CREUTZFELDT (1920) und A. JAKOB (1921) erstmals beschrieben (CREUTZFELDT 1920; JAKOB 1921). Mittlerweile wird zwischen vier Typen von CJD unterschieden. Typ 1-3 werden zu den klassischen Formen der CJD (cCJD) gezählt (PARCHI et al. 1996) und man unterscheidet hier zwischen der sporadischen (90 % der Fälle), der iatrogenen (< 1 % der Fälle) und der familiären Form (5 – 10 % der Fälle) (ALPEROVITH et al. 1994). Die Inzidenz liegt weltweit bei 0,6 – 1,5 Fälle pro eine Million Einwohner und Jahr.

Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei der sporadischen CJD bei 65 Jahren, bei der familiären CJD bei 50 – 55 Jahren und bei der sehr seltenen iatrogenen Form bei etwa 30 Jahren (BROWN et al. 1984, 1992). Symptomatisch zeigt sich bei der sporadischen CJD (sCJD) eine rasch fortschreitende Demenz begleitet von Sprachstörungen, Myklonien, Hypokinese, Akinese, starker Rigidität oder Spastiken. Der Tod erfolgt bei 90 % der Patienten innerhalb eines Jahres nach Krankheitsbeginn (AGUZZI 2002). Die nicht erbliche iatrogene CJD (iCJD) und die erbliche familiäre CJD (fCJD) zeigen eine ähnliche Symptomatik.

Patienten mit einer Homozygotie für Valin oder Methionin an Codon 129 des humanen PrP-Genes (PRNP) erkranken schneller an cCJD, als Patienten mit einer Heterozygotie an diesem Genort, die mit jahrelanger Verzögerung erkranken (BAKER et al. 1991; COLLINGE et al.

1991; PALMER et al. 1991; AGUZZI 2002). Die Ursachen der iCJD sind Transplantationen

von Cornea (DUFFY et al. 1974) oder Dura mater (NISBET 1989), ungenügend sterilisierte Instrumente in der Neurochirurgie (WILL u. MATTHEWS 1982) und das Verabreichen von Wachstumshormonen aus humanen Hypophysen (BROWN 1988). Die Diagnose der cCJD am lebenden Menschen basiert auf dem klinischen Erscheinungsbild sowie dem Nachweis (a) charakteristischer Veränderungen im EEG (FEIDEN 1998; SCHICKER 1998), (b) der unspezifischen Hirnatrophie durch bildgebende Verfahren und (c) der Erhöhung bestimmter Proteingehalte im Liquor der Patienten, wie z. B. die Neuronen spezifische Enolase (NSE) und das 14.3.3-Protein (ZERR et al. 1995). Die endgültige Diagnose findet erst am toten Patienten histopathologisch anhand der Spongiose und Astrogliose in den tiefen kortikalen Schichten der Großhirnrinde sowie den plaqueartigen Ablagerungen der pathologischen Form des Prion-Proteins, die synaptisch oder perivakuolär auftreten, statt (BUDKA u.

HAINFELLNER 1996; AGUZZI 2002).

2.1.3.2 Kuru

Kuru ist eine exotische Form der CJD, die bei der „Fore“-Urbevölkerung der nördlichen Provinzen Neu Guineas vorkommt. Das klinische Erscheinungsbild zeigt Tremor, progressive zerebelläre Ataxie und Demenz. Der Tod tritt nach drei Monaten bis drei Jahren ein. Ursache ist ein ritueller Kannibalismus, der bis in die fünfziger und sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts weit verbreitet war (GAJDUSEK u. ZIGAS 1957, 1959). Die Patienten infizieren sich auf dermalem, oralem und nasalem Wege (ALPERS u. GAJDUSEK 1965).

2.1.3.3 Fatale Familiäre Insomnie (FFI)

Die Fatale Familiäre Insomnie (FFI) ist eine sehr seltene Erkrankung, die 1986 erstmals bei einer norditalienischen Familie von LUGARESI beschrieben wurde (LUGARESI et al. 1986).

Das Erkrankungsalter der Patienten liegt zwischen 40 und 60 Jahren. Symptomatisch kommt es zu Schlaflosigkeit, traumähnlichen Episoden und Gedächtnisschwund sowie zu autonomen und motorischen Störungen. Histopathologisch sind Ablagerungen der pathologischen Form des Prion-Proteins gering ausgeprägt oder fehlen ganz (AGUZZI 2002). Genetisch lässt sich bei allen Patienten an dem PrP-Gen an Position 178 eine Punktmutation nachweisen, bei der Aspartat zu Asparagin mutiert ist (PRUSINER 1998).

2.1.3.4 Gerstmann-Sträussler-Scheinker Syndrom (GSS)

Das Gerstmann-Sträussler-Scheinker Syndrom (GSS) wurde 1928 erstmals von GERSTMANN beschrieben (GERSTMANN 1928). Die Inzidenz liegt weltweit bei 1:108 Erkrankungen pro Einwohner und Jahr. Das Erkrankungsalter wird mit durchschnittlich 40 Jahren angegeben. Die Erkrankung dauert etwa fünf Jahre. Klinisch sind spinozerebelläre Ataxie mit Blickparesen, Pyramidenbahnzeichen und Demenz zu beobachten.

Histopathologisch sind im Kleinhirn und im Großhirn multizentrische, plaqueartige Ablagerungen der pathologischen Form des Prion-Proteins nachweisbar (AGUZZI 2002).

Genetische Ursache der Erkrankung ist eine Punktmutation im Codon 102 in einem der PRNP-Allele, bei der Prolin zu Leucin wird (HSIAO et al 1989). Später wurden noch andere Mutationen im PRNP-Leseraster gefunden, die GSS auslösen (HSIAO et al. 1992; AGUZZI 2002).

2.1.3.5 Neue Variante der Creutzfeld-Jakob Erkrankung (vCJD)

Die neue Variante der CJD (vCJD) ist der vierte Typ der CJD (COLLINGE et al. 1996; HILL et al. 1999). Die Erstbeschreibungen dieser Erkrankung fanden 1995 durch BRITTON et al.

und BATEMAN et al. sowie 1996 durch WILL et al. im Vereinigten Königreich (BATEMAN et al. 1995; BRITTON et al. 1995; WILL et al. 1996) und kurze Zeit später in Frankreich durch CHAZOT et al. statt (CHAZOT et al. 1996). vCJD kommt bisher nur in Ländern vor, in denen auch BSE auftritt und wurde zeitlich versetzt zur BSE am häufigsten in Großbritannien diagnostiziert (STOLTENBURG-DIDINGER 2002). Im Unterschied zur cCJD betrifft die vCJD junge Menschen. Bisher bekannt gewordene klinische Fälle traten im Alter zwischen 12 und 52 Jahren auf (COUSENS et al. 1999). Im Gegensatz zur cCJD stehen bei der vCJD klinisch zunächst Persönlichkeitsstörungen oder Psychosen im Vordergrund. Im späteren Krankheitsstadium kommen Demenz, Dysästhesie und Ataxie hinzu (FEIDEN 1998;

AGUZZI 2002). Bei der vCJD sind keine charakteristischen EEG-Veränderungen nachweisbar. Die Erkrankungsdauer scheint im Vergleich zu den cCJD verlängert zu sein, da der Tod der Patienten durchschnittlich nicht nach etwa 12 Monaten, sondern erst nach 14 Monaten eintritt (KRETZSCHMAR et al. 1996). Histopathologisch zeigt sich bei den plaqueartigen Ablagerungen der PrPSC bei der vCJD eine Besonderheit: um die plaqueartigen Ablagerungen findet sich ein Ring aus spongiformen Veränderungen, die man aufgrund der blumenartigen Form „floride Plaques“ nennt (WILL u. ZEIDLER 1996; DORMONT 2002).

Genetisch weisen alle Patienten mit vCJD eine Homozygotie für Methionin im Codon 129 des PrP-Genes auf. Versuche mit transgenen Mäusen, die humanes PrP exprimieren, dass an Codon 129 homozygot für Methionin ist, zeigen den neuropathologischen und molekularen Phänotyp von vCJD, unabhängig davon, ob die Mäuse mit BSE- oder vCJD-Prionen infiziert worden sind (ASANTE et al. 2002).

Zur Zeit wird diskutiert, dass der Eintrag von erregerhaltigen Rohstoffen in den Lebensmittelkreislauf eine Ursache für vCJD sein kann (WILL et al. 1996; BONS et al. 1997, 1999; COULTHART u. CASHMAN 2001; HILDEBRANDT et al. 2001). Hinweise darauf geben (a) das zeitlich versetzte Auftreten von BSE bei Rindern und vCJD beim Menschen in Ländern mit hoher BSE-Inzidenz (COUSENS et al. 2001), (b) die TSE-Infektiosität boviner Gewebe im Bioassay (FRASER u. FOSTER 1994; WELLS et al. 1998, 1999;

HILDEBRANDT et al. 2001), (c) die biologische und biochemische Typisierung der einzelnen TSE-Stämme (COLLINGE et al. 1996; BRUCE et al. 1997; HILL et al. 1997;

SCOTT et al. 1999), (d) die Ähnlichkeit des Glykolysierungsprofils und des Molekulargewichts des unverdauten Restes der pathologischen Form des Prion-Proteins (PrPRES) zwischen der BSE-Form und der vCJD-Form (BRUCE et al. 1993, 1994, 1997;

COLLINGE et al. 1996; HILL et al. 1997; MCLEAN et al. 1998; IRONSIDE et al. 2000;

BUDKA et al. 2002) sowie (e) die Ähnlichkeit der Pathologie von vCJD und sekundär passagierten BSE (LASMÉZAS et al. 1996, 2001; WILL et al. 1996, 2000; ZEIDLER et al.

2000).