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Mögliche Exposition des Menschen mit BSE-Erreger-haltigem Gewebe und

2 Wissenschaftliches Schrifttum

2.3 Mögliche Exposition des Menschen mit BSE-Erreger-haltigem Gewebe und

Die Kontrolle der Lebensmittel und die Überwachung der Lebensmittelherstellung ist wichtig für den Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie, die aus wirtschaftlichen Gründen auf das Vertrauen der Verbraucher in ihre Produkte angewiesen ist (ANKLAM u.

BATTAGLIA 2001). Lebensmittelqualität und Lebensmittelsicherheit sind eng miteinander verbunden. Im Umgang mit Lebensmitteln ist eine zuverlässige Risikoeinschätzung wichtig für ein angemessenes Risikomanagement (ANKLAM u. BATTAGLIA 2001). Jedoch werden Lebensmittel aus Kostengründen bestimmte unerwünschte Zutaten zugesetzt oder verfälscht, die dann bei sehr fein zerkleinerten Produkten durch histologische Methoden nur sehr schwer detektierbar sind (LUMLEY 1996; MILLER 1991). Dies gilt im Besonderen auch für ZNS-Material, das zu den SRM gehören kann (WENISCH et al. 1999; LÜCKER et al. 2001). Im Hinblick auf den vorbeugenden Verbraucherschutz ist die mögliche Gefährdung der humanen Gesundheit durch Aufnahme von TSE-Erreger-haltigem Material zu beachten. Mögliche Gefahren gehen von kontaminierten Fleisch und Fleischerzeugnissen, Arzneimitteln (EU 2002d) und der Arbeit mit erregerhaltigem Material (ANONYM 2001c, 2001d) aus.

2.3.1 Kontamination von Schlachtprodukten mit ZNS-Gewebe

Untersuchungen zur Kontamination der Gewebe des Rindes mit bovinem ZNS-Gewebe während des Schlachtprozesses haben ergeben, dass diese nicht ausgeschlossen werden kann (LÜCKER et al. 2002). Es ist durchaus möglich, dass Fleisch während der Schlachtung mit ZNS-Gewebe verunreinigt wird (KELLY et al. 2000, BROWN et al. 2001). Mehrere Studien haben gezeigt, dass mechanische Einwirkung, wie z.B. durch verschiedenste Bolzenschussgeräte (SCHMIDT et al. 1999), ZNS-Gewebe zerreißen kann und somit Emboli aus Gehirngewebe in die Blutbahn gelangen können (BAUER et al. 1996; GARLAND et al.

1996; SCHMIDT et al. 1999; HORLACHER et al. 2002). In einer Studie mit Pseudomonas fluorescens als Marker-Organismus für die Verteilung der ZNS-Emboli im Schlachttier wurde ZNS-Gewebe im Blut, den Organen und in der Muskulatur nachgewiesen. Die Verteilung des Marker-Organismus im Schlachttier fand besonders nach dem Bolzenschuss, dem Entbluten und der Teilung des Schlachtkörpers statt (DALY 2002). Ein Kontaminationsrisiko besteht somit bei Blut, Lunge, Arteria pulmonaris sowie rechtem Atrium und Ventrikel des Herzens (SSC 2001, 2002). Dennoch ist die Menge der entstandenen Emboli sehr gering (ANIL et al.

1999, 2002; LÜCKER et al. 2002). Die Menge an ZNS-Gewebe, die möglicherweise beim Endverbraucher in Fleisch und Fleischerzeugnissen vorkommt, wird durch die weiteren nachgelagerten technologischen Prozeduren in der Lebensmittelkette sowie von Konsumgewohnheiten der Endverbraucher sehr beeinflusst (LÜCKER et al. 2002). Die Gewebe, die im Falle einer TSE-Erkrankung potentiell eine hohe TSE-Erregerdichte aufweisen können, werden als SRM bezeichnet. Diese Gewebe von Rindern, Schafen und Ziegen müssen unschädlich entsorgt werden und dürfen nicht in die Lebensmittel- sowie Futtermittelkette gelangen (EU 2001b, 2002), da von diesen Geweben im Fall einer Infektion eine hohe Gefahr der TSE-Verbreitung ausgehen kann (EU 1997, 2000b, 2001b). Im Tierexperiment an Mäusen hat sich 0,5 g ZNS-Gewebe als minimale Infektionsdosis für eine intrazerebrale Infektion herausgestellt (MAIGNIEN et al. 1999).

Nach der Spaltung der Tierkörper in Hälften mit einer Bandsäge konnten ZNS-Gewebeteile auf der Tierkörperoberfläche, dem Auffangschalenwasser und den Schürzen des Schlachtpersonals gefunden werden (HELPS et al. 2001). Bisher ist bereits die Anwendung von Rückenmarkszerstörern untersagt (EU 2000). Neue Methoden der Tierkörperteilung sind zur Zeit in der Erprobungsphase (TROEGER 2001).

Weiterhin ist Fleisch, dass von Tieren einer Kohorte aus einem Bestand mit einem amtlichen BSE-Fall stammt, nach §17 (1) 1 des LMBG als ein nicht zum Verzehr geeignetes Lebensmittel zu erklären und zu beschlagnahmen (ANONYM 1994). Für die weitere Reduktion des Eintrages an SRM in die Nahrungsmittelkette während der Schlachtung wird folgendes für die Zukunft empfohlen (nach SCHÜTT-ABRAHAM 2002):

(a) den gesamten Kopf, Blut, Lunge und Herz zu SRM zu erklären, wenn bei der Schlachtung ein penetrierendes Bolzenschussgerät verwendet wird (BgVV 2001a);

(b) die Zunge nur dann als Lebensmittel zu verwenden, wenn sie hygienisch entnommen werden konnte und auf die Außen- und Innenwäsche des Kopfes verzichtet wurde (BgVV 2001b);

(c) Verzicht auf die Längsspaltung der Tierkörper im Schlachtbetrieb (BgVV 2001c);

(d) Darmkonvolut inklusive Darmgekröse bei Rindern jeden Alters als SRM zu betrachten (BgVV 2001d), da auch im Darm von oral infizierten Kälbern sechs Monate nach der Applikation BSE-Infektiosität nachgewiesen werden konnte (WELLS et al. 1994);

(e) alle Geräte und Einrichtungen, die mit BSE-positiven Tieren in Berührung gekommen sind, als kontaminiert anzusehen. Dieses gilt besonders für die Geräte, die zur Betäubung (Bolzenschussgerät), zum Absetzen und zur Bearbeitung des Kopfes, zum Längsspalten der Wirbelsäule und zum Herauslösen des Rückenmarks verwendet werden (BgVV 2001b).

2.3.2 Verwendung von ZNS-Gewebe und ZNS-Gewebe haltigem Rohmaterial bei der Herstellung von Fleischerzeugnissen

ZNS-Gewebe kann durch den Einsatz von Hartseparatorenfleisch und die Verwendung von Gehirngewebe über die Verarbeitungstechnologie in Fleischerzeugnisse gelangen.

Hartseparatorenfleisch ist mechanisch von Knochengewebe befreites Restfleisch. Dieser Rohstoff wurde anstelle von sehnenreichem Rindfleisch bei Brüh- und Kochwürsten sowie streichfähigen Rohwürsten eingesetzt (HILDEBRANDT et al. 2001). Da in der Vergangenheit Hartseparatorenfleisch aus Rinderwirbelknochen verwendet wurde, ist nun der Schädel, d.h. der Kopfknochen ohne Unterkiefer und Zunge einschließlich Gehirn und Augen, die Mandeln sowie das Rückenmark von über 12 Monate alten Rindern zu Konfiskat erklärt worden, dass in der Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden muss (ANONYM 2003).

Ebenso dürfen Rückenwirbel und Röhrenknochen nicht der maschinellen Restfleischgewinnung zugeführt werden (EU 2000). Zudem muss die Verwendung von Separatorenfleisch in der Zutatenliste der Fleischerzeugnisse kenntlich gemacht werden (z.B.:„mit Schweineseparatorenfleisch“) (EU 2001g, 2002d).

Innereien, wie u.a. das Gehirn sind gute Emulgatoren und wurden bei der Herstellung von Leberwurst einfacher Qualität häufig verwendet (HILDEBRANDT et al. 2001). Laut den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches war die Verwendung von Gehirngewebe in regionalen Wurstspezialitäten erlaubt, wie z.B. bei der Bregenwurst (ANONYM 1998). Allerdings wurde wegen der leichten Zugänglichkeit bei der Schlachtung hauptsächlich Schweinegehirn verwendet. Seit der Änderung der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches im Oktober 2001 ist die Verwendung Hirn, Rückenmark, Bries, Milz, mit Ausnahme von Schweinemilz, Schweinemicker und Speiseröhre zur Herstellung von Fleischerzeugnissen verboten (ANONYM 2001e). Durch den Verkauf von bovinem Fettgewebe an Fettschmelzen kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass vor der Änderung der Leitsätze für Fleisch und

Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches, Lebensmittel mit Fettfraktionen aus Rindergehirn hergestellt worden sind (HILDEBRANDT et al., 2001).

Es bestehen viele Möglichkeiten, dass möglicherweise TSE-Erreger-haltiges Material beabsichtigt und unbeabsichtigt in die Lebensmittel- sowie Futtermittelkette gelangt.

Aufgrund der Tatsache, dass vCJD sehr wahrscheinlich mit BSE assoziiert ist (ALMOND u.

PATTISON 1997), erscheint es wichtig, insbesonders ZNS-Gewebe in Lebensmitteln detektieren zu können (LÜCKER et al. 1999, 2001; EU 2001b). Deswegen ist es hinsichtlich des vorbeugenden Verbraucherschutzes und zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung von TSE von großer Bedeutung, derartige Tests zu entwickeln (WEYANDT 2001).

Eine chronologische Übersicht über die Gemeinschaftsvorschriften bezüglich BSE ist bei der EU unter der Adresse http://europa.eu.int/comm/food/fs/bse/legislation_de.hmtl abrufbar (EU 2003).