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2 Wissenschaftliches Schrifttum

2.1 Transmissible spongiforme Enzephalopathien (TSE)

2.1.2 Transmissible spongiforme Enzephalopathien beim Tier

Transmissible spongiforme Enzephalopathien beim Tier sind Erkrankungen des ZNS, die durch Ablagerungen der pathologischen Form des Prion-Proteins (PrPSC, PRUSINER 1982;

OESCH et al. 1985) in Form von Amyloid Plaques verursacht werden, die zum Zelltod der Nervenzellen führen (GIESE et al. 1995). Die Erkrankungen sind horizontal, transplazentar und oral über das Futter übertragbar (SCHICKER 1998). Bisher sind die nachfolgend beschriebenen TSE bei Tieren bekannt.

2.1.2.1 Scrapie (Traberkrankheit, Wetzkrankheit, Gnubberkrankheit)

Die bei Schafen und Ziegen vorkommende Erkrankung ist seit über 200 Jahren bekannt. Sie wurde erstmals 1922 von MCGOWAN beschrieben (MCGOWAN 1922). Die Erkrankung ist in Großbritannien enzootisch und betrifft jährlich 0,5 % – 1 % aller Schafe (AGUZZI u.

WEISSMANN 1997). Am häufigsten erkranken Tiere im Alter von 2 – 4 Jahren (SCHICKER 1998). Die Ansteckungswege verlaufen vertikal von dem Muttertier über die Plazenta auf das Lamm (BORCHERS et al. 2002) sowie horizontal durch das Muttertier während der Geburt und in der ersten Zeit nach der Geburt (FOOTE et al. 1993). Übertragungswege sind infektiöse innere Gewebe, wie z.B. die Milz, und kontaminierte Weiden (WISNIEWSKI. et al. 1996). Die Erkrankung verläuft protrahiert und führt nach chronischer Abmagerung sowie Festliegen zum Tod (BORCHERS 2002). Histologisch zeigen sich im Cerebellum spongiforme Degenerationen der Substancia grisea sowie damit einhergehende Astrogliose und amyloide Plaques, die aus assoziierten unlöslichen Fibrillen bestehen, und Scrapie-assoziierte Fibrillen (SAF) genannt werden (BORCHERS 2002). Zur Zeit sind 20 verschiedene Scrapie-Erreger-Stämme bekannt, die sich hinsichtlich der Dauer der

Inkubationszeit und der Ausbildung der neuropathologischen Veränderungen unterscheiden (GOLDMANN et al. 1994; SIMON 1996). Es ist bisher noch nicht eindeutig erwiesen, ob Scrapie die Ursache für BSE ist. Es gibt sowohl Studien, bei denen die Untersuchung der PrPRES – Glykoform Unterschiede zwischen Schaf-Scrapie und Schaf-BSE aufzeigen (HILL et al. 1998) und Studien, bei denen dieser Unterschied nicht nachweisbar ist (BARON et al.

1999).

2.1.2.2 Übertragbare Enzephalopathie der Nerze (transmissible mink encephalopathy-TME)

TME wurde erstmals von HARTSOUGH u. BURGER beschrieben und brach 1947 zum ersten Mal in einer Nerzzuchtfarm in den USA aus (HARTSOUGH u. BURGER 1965). TME ist weltweit sehr selten und betrifft hauptsächlich die Zuchtfähen. Obwohl die genaue Ursache nicht bekannt ist, nimmt man an, dass die Verfütterung TME-Erreger-haltiger Rinder- und Schafkadaver für den Ausbruch verantwortlich sind, da bisher nur Zuchtfähen, die mit Fleisch gefüttert wurden, erkrankt sind (BORCHERS 2002). Klinisch zeigt sich die TME als progressive neurologische Dysfunktion mit histopathologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen im ZNS-Gerwebe (BORCHERS 2002).

2.1.2.3 Chronic Wasting Disease (CWD)

Die seit 1974 bekannte CWD ist eine weitere progressive neurologische Erkrankung mit degenerativen Veränderungen im ZNS-Gewebe und wurde erstmals von WILLIAMS u.

YOUNG beschrieben (WILLIAMS u. YOUNG 1980, 1982). CWD kommt hauptsächlich in den USA und Kanada vor und betrifft wildlebende, gezähmte Rocky Mountain Elche, Wapiti- und Maultierhirsche sowie Rehe und Elche der USA. Die auffälligsten Symptome sind Unfruchtbarkeit, chronische Auszehrung und Orientierungslosigkeit (WILLIAMS u. YOUNG 1980, 1982; BORCHERS 2002). Als Ursache für die CWD wird kontaminiertes Tiermehl aus Europa angenommen (BORCHERS 2002). Untersuchungen der PrPRES – Proteine haben ergeben, dass sich die PrPRES – Glykoformen von infizierten Rindern, Scrapie-infizierten Schafen und CWD-Scrapie-infizierten Cerviden nicht unterscheiden, aber von der PrPRES – Glykoform von BSE-infizierten Rindern gut unterscheidbar sind (RACE et al. 2002). Deshalb wird angenommen, dass CWD von Schaf-Scrapie stammt (RAYMOND et al. 2000; RACE et

al. 2002). Eine Übertragung von CWD auf den Menschen wird bisher nicht angenommen und gilt als unwahrscheinlich (BELAY et al. 2001).

2.1.2.4 Feline spongiforme Enzephalopathie (FSE)

Diese Erkrankung trat 1990 das erste Mal bei Katzen im Vereinigten Königreich auf (LEGGET et al. 1990). Auch hier wird vermutet, dass der Verzehr von PrPSC – kontaminiertem Futter die Ursache für die Erkrankung ist. Bei der Übertragung von FSE auf Mäuse, zeigen sich bei diesen BSE-ähnliche Symptome.

2.1.2.5 Bovine Spongiforme Enzephalopathie

Die bovine spongiforme Enzephalopathie ist eine Einzeltiererkrankung, die 1985 erstmals im Vereinigten Königreich aufgetreten ist (WELLS et al. 1987). In Deutschland wurde der erste BSE-Fall am 26. 11. 2000 festgestellt (STAUFENBIEL u. HÄMÄLÄINEN 2002).

Mittlerweile gibt es im Vereinigten Königreich über 183000 (OIE 2003a) und in der restlichen Welt bis insgesamt etwa 4110 (Stand: Juli 2003) amtlich gemeldete BSE-Fälle (OIE 2003b). Für die besonders starke Ausbreitung der BSE im Vereinigten Königreich sind unter anderem technische Änderungen der Tierkörper-Aufbereitung in der Tierkörperbeseitigungsanstalt eine Ursache, die im Verlauf der 70er und 80er Jahre stattgefunden haben (FRIES 2002). Mittlerweile sind die Zahlen der pro Jahr neu hinzukommenden BSE-Fälle rückläufig, was auf die Wirkung der eingeleiteten Schutz- und Kontrollmaßnahmen zurückzuführen ist (FRIES 2002). Die Inkubationszeit liegt bei 2,5 – 11 Jahren (WILESMITH u. RYAN 1992; WELLS et al. 1995; WELLS u. WILESMITH 1995).

Rinder zwischen vier und fünf Jahren erkranken am häufigsten (BRAUN 1998; SCHICKER 2001). Der Hauptinfektionsweg von BSE erfolgt oral über mit TSE-Erregern kontaminiertes Futter (SCHICKER 1998). In verschiedenen Studien ist es gelungen, durch orale Exposition von mit BSE-Agens kontaminierten Futter eine spongiforme Enzephalopathie bei Primaten (BONS et al. 1999) und Mäusen, nicht aber bei Hamstern, (RAYMOND et al. 1997) hervorzurufen. Aufgrund der Hinweise auf die orale Übertragbarkeit, wurde in der Europäischen Union die Verfütterung von Proteinen, die von Säugetieren stammen, an Wiederkäuer verboten (EU, 1994; OIE 1996, 2000). Die Infektionsroute von TSE verläuft von den peripheren Geweben zum Gehirngewebe (WILL u. IRONSIDE 1999). Die Erkrankung verläuft chronisch-progressiv. Klinisch zeigen sich Abmagerung und Milchleistungsrückgang

(AUSTIN u. SIMMONS 1993) sowie eine zunehmende Änderung des Verhaltens, der Sensibilität und des Bewegungsablaufes. Nach 2 – 6 Monaten endet die Erkrankung mit dem Tod (WILESMITH u. RYAN 1992; BRAUN et al. 1998, 1999; STAUFENBIEL u.

HÄMÄLÄINEN 2002). Bei natürlich erworbener BSE sind PrPSC in den dorsalen Wurzelganglien und im Knochenmark nachweisbar, während bei experimentell erworbener BSE auch im distalen Ileum PrPSC nachweisbar sind (COLLEE u. BRADLEY 1997; WILL u.

IRONSIDE 1999). Labordiagnostisch (d.h. in Vollblut, Blutserum, Harn, Pansen, Liquor cerebrospinalis) lassen sich keine diagnostisch relevanten Veränderungen feststellen (BRAUN et al. 1998a, 2001; SCHICKER 2001). Differentialdiagnostisch sind folgende Krankheiten abzuklären (STAUFENBIEL u. HÄMÄLÄINEN 2002): Tetanie, nervöse Form der Ketose, Gebärparese, Cerebrocorticalnekrose (CCN), hepatogene Enzephalopathie, Leberkoma, Urämie, Bleivergiftung, Tollwut, Tetanus, Botulismus, Listeriose, Aujeszkysche Krankheit, infektiöse septikämische thrombosierende Meningo-Enzephalo-Myelitis (ISTMEM) und sporadische ZNS-Erkrankungen mit einer Enzephalitis. Zur Diagnose der BSE am lebenden Tier wird von BRAUN et al. (1997, 1998a, 1998b) ein Untersuchungsgang beschrieben, dessen Schwerpunkte auf der Untersuchung der Körperhaltung, dem Bewegungsablauf und dem Verhalten der Tiere gegenüber akustischen, optischen und taktilen Reizen liegen. Jedoch ist bei der Anwendung dieses Testes bei Tieren mit schwacher oder untypischer Symptomatik ein erhebliches Maß an Erfahrung notwendig (GROSCHUP u.

STOLZE 2002). Momentan noch nicht verfügbare Testverfahren am lebenden Tier stützen sich auf (a) den Nachweis von PrPSC im Blut, z.B. durch die Flouressenz-Korrelations-Spektroskopie oder die „Protein-Misfolding-Cyclic-Amplification“-Reaktion, (b) den Nachweis von Surrogatmarkern, (c) den Nachweis von Protein 14-3-3 im Liquor cerebrospinalis oder (d) den Nachweis von PrPSC im Urin (GROSCHUP u. STOLZE 2002).

Beim toten Tier stützt sich die Diagnose auf den Nachweis der pathologischen Form des Prion-Proteins (PrPSC) und die Histopathologie (GROSCHUP u. STOLZE 2002). Bei der Diagnose einer TSE mittels PrPSC nutzt man bestimmte Eigenschaften des PrPSC (z.B.: Proteinase K-Resistenz, die glykolysierte Form, molekulares Gewicht der unglykolysierten Form), um die einzelnen TSE voneinander zu unterscheiden (JEFFREY et al. 2001a).

BSE kann auch bei Schafen vorkommen. Untersuchungen mit experimentell infizierten Schafen (FOSTER et al. 1993, 1996, 2001a, 2001b) haben gezeigt, dass bei Schaf-BSE der für Scrapie typische Hautjuckreiz fehlt (FOSTER et al. 2001a, 2001b). Bei BSE ist die PrPSC

-Akkumulation im zentralen und peripheren Nervengewebe nachweisbar. Bei Scrapie kommt die PrPSC-Akkumulation zusätzlich in fast allen lymphoiden Geweben, wie z.B. der Milz, vor (FOSTER et al. 2001b). Experimentell ist es gelungen, bei Schafen BSE auf oralem Wege über kontaminiertes Futter hervorzurufen (FOSTER et al. 2001c; JEFFREY et al. 2001). Ob BSE auch natürlich bei Schafen vorkommt, ist zur Zeit nicht bekannt, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden (FERGUSON et al. 2002).