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Transkriptionelle Regulation des mal Regulons - MalT und sein Induktor Maltotriose

2. Einleitung

2.5. Transkriptionelle Regulation des mal Regulons - MalT und sein Induktor Maltotriose

Vor 47 Jahren entdeckten Jacob und Monod (Jacob and Monod 1961) die induzierbare Synthese der Lac-Enzyme in E. coli, die seitdem unsere Denkweise über die differentielle Genexpression geprägt hat. Das vorgestellte Operon-Modell über die Regulation der Genexpression in Prokaryoten definiert Begriffe wie Promotor, Operator und Repressor. Der vorgestellte Mechanismus postulierte eine Interaktion des Induktors mit dem Repressor, die das Abfallen des Repressors vom Operator bewirkt, und damit Genexpression erlaubt.

In der Folge wurden weitere Modellsysteme erforscht, die nun nicht nur negativ von Repressoren, sondern auch positiv von Aktivatoren reguliert wurden. Eines der ersten Beispiele hierfür war das Arabinosesystem aus E. coli, das im Gegensatz zum von Jacob und Monod vorgestellten lac-Operon sowohl negativ, als auch positiv reguliert wird (Engelsberg and Wilcox 1974, Schleif 1996). Das Maltosesystem aus E. coli war das erste System, von dem man annahm, dass es ausschließlich unter positiver Kontrolle steht (Hofnung 1974, Schwartz 1967). Die Vorstellung, dass die Mechanismen der Genregulation auf einer einfachen negativen oder positiven Rückkopplungsschleife beruhen, und das Regulatorprotein gleichzeitig der Sensor für das Vorhandensein des jeweiligen Zuckers ist, hielt sich bis in die 70er Jahre hinein. Heute wissen wir, dass es abgesehen von diesen Regulationsmechanismen noch weitere komplexe Netzwerke gibt, die unterschiedliche Signale oder Informationen wie zum Beispiel die Verfügbarkeit von verschiedenen Kohlenstoffquellen oder den Gesamtzustand des Stoffwechsels einer Zelle dazu benützen, um gezielt die Transkription oder Aktivität von Effektorproteinen zu regulieren (Stock et al. 2000, Smolen et al. 2000).

Das Phänomen der Katabolitenrepression ist ein komplexer Mechanismus, bei dem die Aufnahme einer bestimmten Kohlenstoffquelle und ebenfalls die Transkription der hierfür notwendigen Gene durch die Anwesenheit einer bevorzugten Kohlenstoffquelle (z. B. Glukose) solange unterdrückt wird, bis diese aufgebraucht ist (Wanner et al. 1978, Postma et al. 1993). In E. coli beruht dies auf der fehlenden Aktivierung cAMP/CAP-abhängig (catabolite activator protein) transkribierter Gene.

Glukose vermittelte Katabolitenrepression wird durch den Transport von Glukose durch das Phospho-Transferase-System (PTS) ausgelöst. Das Glukose-PTS besteht aus verschiedenen allgemeinen, cytoplasmatischen Komponenten: HPr (heatstable oder Histidin carrying protein, ptsH) und EI (Enzym I, ptsI) und aus den substratspezifischen Komponenten EIIAGlc, EIIBGlc und EIICGlc. EIIAGlc liegt frei vor, wohingegen EIIBGlc membrangebunden und EIICGlc in der Membran vorliegt.

Ausgehend vom Phosphoenolpyruvat (PEP) wird ein Phosphatrest über die Enzyme HPr, EI und EIIAGlc auf EIIBCGlc (ptsG) übertragen. Bei Transport von Glukose durch das Glukose-spezifische PTS wird dann die Phosphatgruppe von EIIBCGlc –P auf die transportierte Glukose übertragen, wodurch diese in Glukose-6-Phosphat umgewandelt wird. Die Phosphorylierung von EI setzt die

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Dimerisierung des Proteins voraus, was den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dieser Phosphorylierungskaskade darstellt. Durch die zuckerabhängige Dephosphorylierung (Transport und Phosphorylierung von Glukose), beziehungsweise die PEP-abhängige Phosphorylierung, liegen die PTS-Proteine entweder vermehrt in der dephosphorylierten, oder vorwiegend in der phosphorylierten Form vor. Unter Bedingungen, bei denen EIIAGlc hauptsächlich in dephosphorylierter Form vorliegt (wenn z. B. Glukose transportiert wird), wird die Adenylatcyclase nicht aktiviert. Die Adenylatcyclase katalysiert die Bildung von cyclischem AMP (cAMP) aus ATP (und wird von phosphorylierten EIIAGlc stimuliert) (Review von Botsford and Harman 1992, Postma et al. 1993). cAMP wird von CAP (catabolite activator protein), einem Transkriptionsfaktor, gebunden und ermöglicht dann die Transkription vieler Gene. Bei Transport von Glukose liegt EIIAGlc hauptsächlich in der dephosphorylierten Form vor, daher ist der cAMP/CAP-Spiegel gering und reicht nicht aus, um die meisten der cAMP/CAP-abhängigen Gene zu aktivieren. Unter diesen Genen sind solche, die für Proteine kodieren, die für den Transport und den Abbau alternativer Kohlenstoffquellen gebraucht werden. Dazu gehören unter anderem auch Gene des Maltose-Regulons (malT, und die Gene welche für das Transportsystem malEFG kodieren. Abbildung 6) (Chapon 1982 a/b, Postma et al. 1993).

Wenn EIIAGlc hauptsächlich in der dephosphorylierten Form vorliegt kommt es außerem zu einem weiteren Phänomen, dem Induktorausschluss („inducer exclusion“). Dabei bindet dephosphoryliertes EIIAGlc an Permeasen oder Enzyme verschiedener nicht-PTS-Systeme und verhindert daduch die Aufnahme der entsprechenden Substrate. Darunter befinden sich auch ABC-Transporter (z.B. das Maltosesystem) (Richet and Søgaard-Andersen 1994, Chapon 1982 a/b, Postma et al. 1993).

Abbildung 6: Schematische Darstellung von Katabolitenrepression und Induktorausschluss

Dargestellt werden die Proteine des Glukose-PTS (EIIBCGlc, EIIAGlc), die allgemeinen löslichen Komponenten des PTS (HPr, EI), die Adenylatcyclase (CyA), das Maltose ABC-Transportsystem (Maltosebindeprotein MBP,

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Membrankomponenten MalF/G, ATPase-Untereinheit MalK) und das „catabolite activator protein“ CAP. Pfeile mit (+) und (-) bedeuten positiven oder negativen Einfluss den die entsprechenden PTS-Proteine auf andere Transportsysteme oder Enzyme ausüben. P kennzeichnet die Phosphorylierung eines Proteins. PEP steht für Phosphoenolpyruvat, Mal für Maltose, Glc für Glukose und Glc-6-P für Glukose-6-Phosphat. Die Phosphorylierungskaskade findet ausgehend von PEP über EI, HPr und EIIA auf EIIB statt. Von hier aus wird der Phosphatrest dann auf die transportierte Glukose übertragen.

Innerhalb der letzten Jahre kam ein weiteres großes Feld der Regulation in den Focus der Wissenschaft: kleine, nicht-kodierende RNA Moleküle. Diese kleinen regulatorischen RNAs können sowohl die Aktivität von Proteinen beeinflussen, als auch auf die Stabilität und Translation von mRNAs einwirken. Sie wurden bei vielen verschiedenen Organismen gefunden wobei sie bei Bakterien in zwei unterschiedliche Klassen eingeteilt werden: Die erste, bisher weitaus größere Gruppe (mit bisher mindestens 20 Mitgliedern in E. coli) wirkt über die Basenpaarung mit der jeweiligen Ziel-mRNA, und beeinflusst somit die Stabilität und die Translation dieser mRNA. So führt beispielsweise die Akkumulierung von Phospho-Zuckern wie Glukose-6-Phosphat zu einer schnellen Degradierung der ptsG mRNA, die für den Haupt-Glukosetransporter IICBGlc kodiert (Morita et al.

2003). Dies geschieht unter der Beteiligung von RNase E und dem Degradasom (Morita et al. 2004).

Die Destabilisierung der ptsG mRNA wird durch eine kleine Antisense-RNA verursacht, SgrS, deren Synthese durch Phospho-Zucker Stress induziert wird (Kimata et al. 2001, Vanderpool and Gottesman 2004). Kleine RNAs fungieren somit als post-transkriptionelle Regulatoren der Genexpression (Gottesman 2002, Gottesman 2004, Storz et al. 2004). Bei dieser Klasse der RNAs ist ein RNA-Chaperon-Protein, Hfq, an der Regulation beteiligt. Die zweite Klasse von RNAs verändert die Aktivität von Proteinen. Gut untersuchte Beispiele in E. coli sind CsrB uns CsrC, zwei RNAs die an CsrA, einen translationellen Protein-Regulator, binden und dadurch inhibieren (Gudapaty et al. 2001, Jackson et al. 2002).

Im Folgenden soll die Rolle von MalT, dem zentralen Aktivator aller mal Gene, beschrieben werden, der ein Schlüsselelement in einem komplizierten Regulationsnetzwerk darstellt (Boos and Böhm 2000).

Mit einem Molekulargewicht von 103 kDa ist MalT ein ungewöhnlich großer Transkriptionsfaktor, unter dessen Kontrolle alle mal Gene stehen (Richet and Raibaud 1989). MalT Mutanten exprimieren nahezu keinerlei mal Gene und sie können nicht mehr auf Maltose wachsen. Einzige Ausnahme bildet malZ, dessen Synthese nicht nur von MalT kontrolliert wird, sondern unter Osmostress auch unabhängig von MalT induziert wird (Boos and Shuman 1998, Dippel et al. 2005). Von MalT wurde schon vor längerer Zeit angenommen, dass es in der Zelle in einem Gleichgewicht von zwei unterschiedlichen Formen vorliegt, und dass aktives MalT an spezifische MalT-Boxen bindet und so die Transkription der Zielgene stimuliert (Schwartz 1987). Die inaktive, monomere Form wird durch Bindung des Induktors Maltotriose in die oligomere, aktive Form überführt (Schreiber and Richet 1999). In Wildtyp Stämmen entsteht aufgrund der Enzymaktivitäten der Amylomaltase MalQ und der

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Maltodextrinphosphorylase MalP ständig neue Maltotriose, welche als Induktor für MalT wirkt, das dann die Transkription der mal Gene induziert.

Punktmutationen von MalT deuten ebenfalls auf die oben beschriebene Wirkungsweise des Aktivators hin. Diese malTc Mutanten zeigen eine Konstitutivität der mal Gene, so dass anzunehmen ist, dass MalT entweder eine erhöhte Affinität für den Induktor aufweist, oder unabhängig vom Induktor aktiv wird. Zusätzlich zur Bindung des Induktors Maltotriose (Kd ca. 20 µM) ist für die vollständige Aktivierung und Oligomerisierung von MalT außerdem noch die Bindung, nicht aber die Hydrolyse, von ATP notwendig (Kd ca. 0,4 µM) (Dardonville and Raibaud 1990, Raibaud and Richet 1987, Richet and Raibaud 1987). Weitere Argumente für eine Bindung der aktiven, multimeren Form von MalT an die Zielpromotoren lieferte die Kooperativität der Bindung an die in den Promotoren vorhandenen MalT-Boxen. Außerdem konnte auch für die Promotorbindung von MalT eine Abhängigkeit von der Anwesenheit der beiden Effektoren Maltotriose und ATP nachgewiesen werden (Richet and Raibaud 1987). Die MalT-Boxen beinhalten eine bestimmte Konsensussequenz (5`- GGGGA(G/T)GAGG- 3`), die sich nicht in der sonst üblichen -35 Region der Gene befindet, sondern im -37,5 oder -38,5 Bereich der MalT-abhängigen Gene (Vidal-Ingigliardi et al. 1991). Zusätzlich zu den für die Transkriptionsaktivierung notwendigen Effektoren Maltotriose und ATP unterliegen unter anderem malT selbst (beziehungsweise die malA Region) und die Gene die für das ABC-Transportsystem kodieren malEFGK (beziehungsweise die malB Region), der vorhin beschriebenen Katabolitenrepression und werden somit nur in der Anwesenheit von einem Komplex aus cAMP und dem catabolite activator protein (CAP) transkribiert (Richet and Søgaard-Andersen 1994, Chapon 1982 a/b, Postma et al. 1993). Die Expression von MalT wird also in der Gegenwart von Glukose reprimiert.

Die von MalT aktivierten Gene des mal Systems liegen auf verschiedenen Loci des E. coli Genoms.

Die malB Region bei 91,4 min beinhaltet die Gene die für die Transportproteine kodieren. Sie sind in zwei divergent transkribierten Operonen (malEFG und malK, lamB, malM) angeordnet. MalP und malQ liegen zusammen mit dem gegenläufig orientierten malT auf der malA Region bei 76,5 min. Die Gene, welche für MalZ und MalS kodieren, befinden sich auf getrennten Loci bei 9,1 min (malZ) und bei 80,5 min (malS) (Abbildung 7).

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Abbildung 7: Genetische Organisation des Maltose-Regulons in E. coli.

Obere Skizze: malA Region bei 76,5 Minuten. Die einzelnen Gene werden durch schwarz umrandete Kästen dargestellt. Die MalT-Bindestelle ist in gelb als Strich dargestellt. Die cAMP/CAP-Bindestelle wird durch einen blauen Strich symbolisiert.

Die schwarzen Pfeile stellen den Transkriptionsstart dar. Die Skizze ist nicht maßstabsgetreu in Bezug auf die Länge der Gene.

Mittlere Skizzen: malZ bei 9,1 Minuten und malS bei 80,5 Minuten. Die Gene werden durch schwarz umrandete Kästen dargestellt. Die MalT-Bindestelle ist in gelb als Strich dargestellt. Der schwarze Pfeil stellt den Transkriptionsstart dar. Die Skizze ist nicht maßstabsgetreu in Bezug auf die Länge der Gene.

Untere Skizze: malB Region bei 91,4 Minuten. Die einzelnen Gene werden durch schwarz umrandete Kästen dargestellt. Die MalT-Bindestellen sind in gelb als Strich dargestellt. Die cAMP/CAP-Bindestellen werden durch einen blauen Strich symbolisiert. Die schwarzen Pfeile stellen den Transkriptionsstart dar. Die Skizze ist nicht maßstabsgetreu in Bezug auf die Länge der Gene.

Bisher konnte nur ein Teil der Struktur von MalT gelöst werden (Steegborn et al. 2001). Das gesamte Protein besteht aus vier Domänen (DT1-DT4). Die konservierten Sequenzmotive zur ATP-Bindung, Walker A und Walker B, befinden sich in der N-terminal lokalisierten Domäne 1 (DT1, aa 1-242).

DT4 (aa 808 ff) bildet ein DNA-bindendes Helix-Turn-Helix-Motiv. Die beiden dazwischenliegenden Domänen DT2 (aa 243-437) und DT3 (aa 438-807) scheinen für die Maltotriosebindung und die Oligomerisierung verantwortlich zu sein (Danot 2001).

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2.6. Die Aktivität von MalT wird durch direkte