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Ziel war es den Verlust an Thiamin in den ersten 24 Stunden und den darauf folgenden Anstieg aufzuklären. Als Ausgangslage dienen die ermittelten Werte durch die Methode nach POEL (2008). Der durchschnittliche ermittelte Anfangsgehalt betrug 159,97 ± 12,51 nmol/g zum Messzeitpunkt 0 h. Bereits nach 6 Stunden sank der Gehalt auf ca. 78 %, nach 24 Stun-den signifikant auf nur ca. 35 % des Anfangsgehaltes ab. Nach 48 StunStun-den begann der Gehalt langsam wieder anzusteigen. In zuvor gemessenen Proben steigt der Thiamingehalt im weite-ren zeitlichen Verlauf bis zu 216 Stunden auf fast bis zu 52 % des Ausgangsgehaltes wieder an (Kap. 4.4.1., Abb. 76).

Untersuchungen derselben Schweinefleischprobe nach der LFGB § 64 Methode im zeitlichen Verlauf ergab durch Oxidation mit Kaliumhexacyanoferrat deutlich niedrigere Anfangsgehal-te von nur 25 %, die dann im weiAnfangsgehal-teren Verlauf leicht bis auf 40 % des AnfangsgehalAnfangsgehal-tes wie-der anstiegen, um dann wiewie-der abzufallen. Hier macht sich wiewie-der die schlechte Oxidations-wirkung von Kaliumhexacyanoferrat bemerkbar. Bessere Ergebnisse konnten mit der Oxida-tion mit Bromcyan erzielt werden. Diese Untersuchung ergab ein Anfangsgehalt von 110 nmol/g, welches ca. 70 % im Vergleich zu der aufgearbeiteten Probe nach POEL (2008)

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ausmacht. Dieser stieg sogar geringfügig in den ersten 6 Stunden an, und fiel nach 24 Stunden auf 54 % des Anfangsgehaltes ab. Nach weiteren 24 h stieg der Gehalt auf ca. 69 % des ursprünglichen Anfangsgehaltes in der Probe wieder an. Nach weiteren 24 Stunden konnte nochmals ein geringfügiger Anstieg festgestellt werden (Kap. 8.4., Tab. 63). Da es sich bei den untersuchten Proben um Aliquots derselben Fleischprobe handelt konnte gezeigt werden, dass mit Bromcyan nach 48 Stunden fast 23 nmol/g mehr Gesamtthiamin im Vergleich zu der Methode nach POEL (2008) aus der Probe freigesetzt werden konnte (Abb. 96). Auch nach 72 Stunden konnte ein Gehalt von ca. 70 % der Ausgangsprobe ermittelt werden (Kap. 4.4.1., Tab. 14). Diese Untersuchung bestätigt den Verdacht, dass noch weiteres proteingebundenes Thiamin in der Schweinefleischprobe vorliegt, welches durch die Extraktion mit Trichloressigsäure nicht erfasst wird.

Der anfängliche signifikante Verlust ist dadurch erklärbar, dass zum Zeitpunkt der ersten Analyse 0,5 h p. m. ein sehr hoher Thiamintriphosphatanteil von durchschnittlich 84 % und ein Thiamindiphosphatanteil von ca. 15 % vorlag. Diese Thiaminphosphatester sind deutlich instabiler als Thiamin oder Thiaminmonophosphat und unterliegen einem schnellem Abbau, sodass innerhalb der ersten 6 Stunden Thiaminverluste durch Lichteinfluss, Temperatur-schwankung (nicht schnell genügendes Runterkühlen der Fleischproben auf dem Transport vom Schlachthof bis zum Institut), auftreten können. Bereits nach 6 Stunden Kühllagerung bei 4 °C zeigt sich auch ein deutlich anderes Verhältnis der vorliegenden Thiaminphosphatester. Thiamintriphosphat liegt zu diesem Zeitpunkt nur noch mit 55 % und Thiamindiphosphat mit einem signifikant erhöhten Gehalt von 40 % vor. Im weiteren Unter-suchungsverlauf zeigen sich weiterhin deutliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Thiaminphosphatester. Nach 30 Stunden liegt Thiamintriphosphat nur noch in Spuren und Thiamin und Thiamindiphosphat fast zu gleichen Anteilen von 42 % bis 44 % und ein gerin-ger Anteil als Thiaminmonophosphat vor. Zum Ende der Messung nach 216 Stunden liegen über 93 % Thiamin, fast 6 % Thiamindiphosphat und ein unter 1 % liegender Anteil an Thiaminmonophosphat vor. JANITZ beschreibt bereits (1981), dass der Fortschrittsgrad der autolytischen Veränderungen des Fleisches die Mengenveränderungen an Thiamin im Fleisch beeinflussen. Die Veränderungen müssen wahrscheinlich mit den metabolischen Umwand-lungen des Fleisches nach dem klinischen Tod des Tieres in Verbindung stehen. Der Abbau des Gehaltes der Thiaminphosphate von 99 % im frisch geschlachteten Fleisch auf 7 %

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phatgebundenes Thiamin nach 216 h spricht nach JANITZ (1981) für die Beteiligung des Vi-tamins an der Umwandlung der Kohlenhydrate im Fleisch nach der Schlachtung. In dem Maße wie die Autolyse zunimmt, erfolgt eine Erschö-pfung der energetischen Reserven des Fleisches und seine biologische Aktivität hört auf. Thiamin kann von den metabolischen Verbindungen freigesetzt werden, was zu einem An-stieg des freien Thiamins führt.

Desweiteren wird aufgezeigt, dass proteingebundenes Thiamin instabiler und damit einen größeren thermischen Abbau aufweist als freies Thiamin. Dies könnte einen weiteren Verlust von freiem Thiamin zur Folge haben, welches den Gehalt minimiert.

Abb. 96: Vergleich der Bestimmungsmethode nach POEL (2008) vs.

mod. LFGB § 64-Methode, Anstieg nach 24 h p. m.

Durch die parallele Untersuchung ist es gelungen, in derselben Schweinefleischprobe durch Optimierung der eingesetzten Enzyme (Kap. 8.4., Tab. 64), HPLC-Säulen und mobilen Phasen noch mehr Thiamin aus der Schweinefleischmatrix freizusetzen (Abb. 96). Dieses Ergebnis unterstützt die Hypothese, dass noch proteingebundenes Thiamin oder in anderen Bindungsformen vorliegendes Thiamin in der Probe vorhanden sein muss. ÖTLES beschreibt (1991) das Vorkommen von Protein-Allyldiamindisulfid gebundenem Thiamin, welches er zusätzlich mit Cystein als Reduktionsmittel versetzt, um Thiamin aus der Verbindung freizusetzen. Dabei könnte es sich um eine weitere Thiaminbindungsform im Fleisch handeln, die durch Trichloressigsäure und die verwendeten Enzyme nicht erfasst wird und den tatsächlichen Gehalt an Thiamin theoretisch erhöhen würden. Dieser Sachverhalt wurde in dieser Arbeit nicht überprüft.

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Weiterhin gilt es zu überlegen, ob gerade im frischen geschlachteten Schweinefleisch protein-gebundene Bindungsformen des Thiamins während der Transformationsprozesse entstehen oder sich auch umwandeln, so dass es mit der nach POEL (2008) beschriebenen Aufschluss-methode nicht möglich ist das Thiamin und die Thiaminphosphate vollständig zu erfassen.

Allerdings besteht in dieser Methode der Vorteil, dass die Aufarbeitung sehr schnell erfolgt, so dass der Verlust schon weitestgehend minimiert wird. Bei den Aufschlussmethoden nach LFGB § 64 oder mikrobiologisch ist immer ein immenser Zeitaufwand von mindestens 20 h und eine erhebliche Temperatureinwirkung notwendig, die zwangsläufig zu Thiaminverlusten führen können.

Desweiteren ist zu überlegen, wie viel Thiamin bei der Lagerung von Schweinefleisch, z. B.

beim Schlachter, in der Metzgerei durch den Fleischsaft verloren geht, obwohl es doch als ein wichtiger Thiaminlieferant angepriesen wird. Nach unseren Ergebnissen sinkt der Thiamingehalt bereits nach 24 h auf fast die Hälfte des Anfangsgehaltes. Danach steigt er zwar wieder etwas an, aber ein Verlust von 30 – 40 % ist nachweisbar. Dieser Verlust ist bei der Herstellung von Gulasch oder Schnitzel noch größer, da der Fleischsaft schneller austreten kann und mit ihm Thiamin verloren geht. Zu diesem Sachverhalt des Thiaminverlustes sind weiterführende Untersuchungen in diesem Institut vorgesehen.

Bei den Getreideproben stellt sich dieses Problem nicht in dem Ausmaß wie bei Schweine-fleisch, da die Aufbereitungsmethode einfach ist und auch die enzymatische Aufbereitung, selbst mit Takadiastase vollständig erfolgt. Das Getreide und auch die Hefen unterliegen nicht so rasanten Umbauvorgängen, wie sie beim Schweinefleisch vorkommen. Dieser Unterschied liegt sicherlich in der Herkunft, da tierische Organismen nach dem Tod autolytische Prozesse durchlaufen. Bei den Getreiden kommt es darauf an, eine möglichst große Oberfläche zu er-halten, ohne durch zu starke Reibungseinwirkung bereits beim Mahlvorgang Thiamin zu verlieren, um das Thiamin, welches eventuell durch die zunehmende Stärkeeinlagerung maskiert wird, zugänglich zu machen. Das reife Korn geht in den Ruhezustand über, das frisch geschlachtete Schweinefleisch durchläuft Reifungsprozesse.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass für Schweinefleisch eine Methode entwickelt wurde, die es ermöglicht weiteres gebundenes Thiamin, welches durch die Extraktion mit Trichloressigsäure nicht erfasst wird, durch den optimierten enzymatischen Aufschluss

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freizusetzen und mit dem gekoppelten HPLC-System ohne Störsubstanzen zu bestimmen.

Auch ein direkter Vergleich derselben Probe ist mit den beiden beschriebenen Methoden somit möglich.