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CH2OH

Abb. 13: Biosynthese von Thiamin und Thiaminphosphatestern(nach HAAS, 1988)

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Pflanzen und die meisten Mikroorganismen (z. B. Saccharomyces cerevisiae, Staphylococcus aureus) können Thiamin leicht aus den Vorstufen 2-Methyl-4-Amino-5-Hydroxymethyl-pyrimidin und 4-Methyl-5-(2-Hydroxyethyl)-thiazol synthetisieren (Abb. 13) (BELANGER et al., 1995; NOSAKA, 2006; SPENSER u. WHITE, 2006). Durch Versuche mit Enzympräpa-raten wurden folgende Reaktionsschritte der Thiaminsynthese nachgewiesen. Die Pyrimidin- und Thiazolkomponente (Abb. 13) werden durch ATP und Mg2+ zunächst phosphoryliert und dann in einer Mg2+-katalysierten Reaktion durch die Thiaminmonophosphatsynthetase zu TMP vereinigt, das durch Hydrolyse zu Thiamin umgebaut wird (HAAS, 1988).

Zur Thiaminsynthese ist eine Reihe von Mikroorganismen befähigt (SPENSER u. WHITE, 1997). Viele Mikroorganismen synthetisieren Thiamin selbständig (z. B. Escherischia coli, Bacillus subtilis), während andere nur die Pyrimidin- (Mucor ramminanus) oder die Thiazol-Komponente (Brucella sp.) selbst produzieren können und somit die entsprechend andere Vorstufe im Nährmedium benötigen (MAKARCHIKOV et al., 2003). Einige Mikroorganismen können weder die eine noch die andere Vorstufe selbst bereitstellen und sind somit auf beide angewiesen. Die weitere Reaktion zum TDP kann somit auf zwei unterschiedlichen Wegen stattfinden (SPENSER u. WHITE, 1997).

Aerobe Bakterien und Hefen sind nicht in der Lage aus TMP direkt durch Phosphorylierung TDP zu synthetisieren. Bei diesem Weg muss TMP erst zu Thiamin dephosphoryliert werden, um anschließend mit Pyrophosphat (PP) zu TDP umgesetzt zu werden. Vergleichend dazu sind Enterobakterien in der Lage direkt aus TMP TDP zu synthetisieren (SPENSER u.

WHITE, 1997).

ABDERHALDEN und ABDERHALDEN haben bereits (1938) gezeigt, dass eine B1 -Avitaminose bei Tauben durch die gleichzeitige Verabreichung der Thiazol- und der Pyrimidinkomponente geheilt werden kann. Daraus wurde geschlossen, dass auch der Taubenorganismus zur Vitamin-B1-Synthese befähigt ist.

23 2.5. Physiologie

Die Resorption von Thiamin kann aktiv und passiv erfolgen. Dies hängt von der aufgenom-menen Thiaminkonzentration ab. Bei niedrigen Konzentrationen im Lebens- bzw. Futtermittel wird das Thiamin über einen Na+- abhängigen aktiven Transportmechanismus aufgenommen.

Bei hohen Konzentrationen von Thiamin wird es durch passive Diffusion aufgenommen (RINDI u. LAFORENZA, 2000; EGI u. KAWASAKI, 2003; HOFFMAN, 2006).

Die gastrointestinale Resorption von alimentärem Vitamin B1 findet nach vorausgegangener Dephosphorylierung durch unspezifische Phosphatasen hauptsächlich im proximalen Jejunum statt (SAID, 2003). Für das mit der Nahrung aufgenommene Vitamin B1 wird ein dosis-abhängiger dualer Transportmechanismus angenommen. Es erfolgt eine aktive Energie- und natriumabhängige Resorption bei Konzentrationen unterhalb 2 µmol/L durch einen aktiven Carriermechanismus entgegen des Konzentrationsgefälles und oberhalb von 2 µmol/L durch passive Diffusion, d. h. natriumunabhängig (RINDI u. VENTURA, 1972; RINDI u.

LAFORENZA, 2000; EGI u. KAWASAKI, 2003).

Lipidlösliche Formen wie die Allithiamine, die sich unter physiologischen Bedingungen spontan aus Allicin, dem Wirkstoff aus Knoblauch und Zwiebeln, und Thiamin bilden können (TERNES et al., 2007), werden sehr gut und ausschließlich über passive Diffusion nahezu vollständig aus dem Darmtrakt resorbiert (BAKER u. FRANK, 1976).

Während des mukosalen Transports finden Phosphorylierungs- und Dephosphorylierungs- reaktionen unter ATP-Verbrauch statt. Dabei gelangt das Thiamin über die Pfortader in die Leber und über den enterohepatischen Kreislauf in tiefere Darmregionen, in denen es kaum rückresorbiert wird. Die nachfolgende natriumunabhängige intrazelluläre Phosphorylierung ist der geschwindigkeitslimitierende Schritt im aktiven Transport in und durch die Mukosa-zelle (RINDI u. VENTURA, 1972; RINDI u. LAFORENZA, 2000; SAID, 2003). Nach Passage durch die Bürstensaummembran der Darmmukosa akkumuliert Thiamin im Zytoplasma durch die Aktivität der Thiaminpyrophosphokinase als TDP und kann nur nach Dephos-phorylierung über TMP zum freien Thiamin die Zelle wieder verlassen (RINDI u.

LAFORENZA, 2000). Der prozentuale Anteil an resorbiertem Thiamin ist hierbei umso größer, je niedriger die applizierte Dosis ist (HOFFMAN, 2006).

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Durch Versuche an Ratten mit radioaktiv markiertem Thiamin wurde die Verteilung von freiem Thiamin und Thiaminphosphorsäureestern im Dünndarminhalt und an der Darmwand, Pfortader- und peripherem Blut sowie in der Leber bestimmt. Mit diesem Versuch konnte nachgewiesen werden, dass Thiamin schon überwiegend im Dünndarmlumen nahezu restlos in der Dünndarmwand phosphoryliert wird (SANDER u. GASSMANN, 1967).

Im Pfortaderblut findet auf Grund der Einwirkung von Phosphatase eine teilweise Hydrolyse und in der Leber schließlich erneut eine Veresterung mit Phosphorsäure statt. Aus der charak-teristischen Radioaktivität von Darminhalt, Darmwand und Pfortaderblut geht hervor, dass die Resorption von Thiamin gegen ein Konzentrationsgefälle stattfindet. Durch Ligatur des Gal-len- und Pankreasganges wird die Resorption von Thiamin gehemmt. Die gleichfalls eintre-tende Beeinträchtigung der Thiaminphosphorylierung im Darmlumen ist auf die Ausschaltung einer im Pankreassaft anwesenden Thiaminpyrophosphokinase zurückzuführen, deren Nach-weis in Inkubationsversuchen mit isolierten Dünndarmschleifen erbracht wurde (SANDNER u. GASSMANN, 1967).

Der Transport des Thiamins in den Pfortaderkreislauf der Leber findet vorwiegend durch die Erythrozyten statt, dort liegen über 90 % des Gesamtthiamins als TDP vor. Nur ca. 10 % des Thiamins wird im Plasma, in freier Form und auch an Albumin gebunden, transportiert (LEE et al., 1991; TALLAKSEN et al., 1992; BETTENDORF et al., 1996b). Das Pfortadersystem ermöglicht eine schnelle Metabolisierung des von der Darmschleimhaut resorbierten Thia-mins zu TDP durch die Thiamindiphosphokinase. Während die Leber nur freies Thiamin auf-nimmt, können Herz, Niere und Gehirn auch TMP aufnehmen. Hier finden sich auch, neben der Muskulatur, die höchsten Thiaminkonzentrationen aufgrund der hohen Stoffwechselakti-vität. Vorwiegend in der Leber und teilweise in der Muskulatur findet erneut eine fast vollständige Phosphorylierung des Thiamins zu TDP, mitunter bis zum TTP statt (HAAS, 1988).

Im Vollblut ist Thiamin ungleichmäßig verteilt, und zwar zu 15 % in den Leukozyten, 75 % in den Erythrozyten und 10 % im Plasma, wo es hauptsächlich an Albumin gebunden ist (COOPER u. PINCUS, 1979). Nach der Aufnahme von hohen Thiamindosen ist die Bindungskapazität überschritten, so dass überschüssiges Thiamin über die Nieren ausgeschieden wird (RINDI u. LAFORENZA, 2000; HOFFMAN, 2006).