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Triticum Secale Triticosecale Hordeum Avena Weizen Roggen Triticale Gerste Hafer

Abb. 21: Phylogenie der Getreidearten (nach BELITZ et al., 2001)

2.8.2. Aufbau der Getreidepflanze

Die Getreidepflanze gliedert sich entsprechend dem Gräsertypus in Wurzel, Spross und Blü-tenstand. Die Getreidearten lassen sich aufgrund ihrer Blüte, Farbe und oberirdischen Pflan-zenteile leicht voneinander unterscheiden. Weizen, Roggen, Gerste und Triticale bilden eine Ähre, Hafer eine Rispe (FRANKE, 1997).

Die Wurzeln besitzen zwei Funktionen für die Pflanze. Zum einen dienen sie der Veranke-rung der Pflanze im Boden und zum anderen der Aufnahme der im Boden gelösten Nährstoffe und Wasser. Die Getreidepflanze bildet für diesen Vorgang eine unterschiedliche Zahl von Hauptwurzeln aus, die sich weiterhin verzweigen, um so ein großes Durchdringen des Bodens zu ermöglichen (Abb. 22) (NULTSCH, 1996; SITTE et al., 2002).

Der sich aus dem Boden entwickelnde Sproß mit seinen drei Grundorganen Achse, Blatt und Wurzel entwickelt sich bei Weizen, Roggen, Triticale, Hafer und Gerste zum Getreidehalm

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(NULTSCH, 1996). Die Achse wird durch die Knoten (Nodien) gegliedert, die den Halm im Inneren durch eine Querwand nochmals unterteilen. An den Knoten sitzen die Blattanlagen.

Die Bereiche zwischen den Knoten werden als Internodien bezeichnet und sind blattfrei.

Dieser spezifische Halmaufbau trägt zur Standfestigkeit der Getreidepflanze bei (NULTSCH, 1996; FRANKE, 1997; SITTE et al., 2002).

Abb. 22: Schematischer Aufbau einer Pflanze (SITTE et al., 2002)

Unmittelbar oberhalb des Hypokotyls (Abb. 22) entwickelt sich die Getreidepflanze aus dem Boden. Durch Auswachsen der Achselknospen erfolgt die Verzweigung der Sprossachse und es werden weitere Nebensprossen gebildet (NULTSCH, 1996). Je nach Art, Sorte und Ernäh-rungsbedingungen der Pflanze erfolgt eine Bestockung mit 3 - 5 Sproßachsen. Für das Er-tragspotential ist die Anzahl der sich entwickelnden ährentragenden Getreidehalme von wirt-schaftlicher Bedeutung (FRANKE, 1997).

Im Keimling (Embryo) des keimenden Getreidekornes wird zunächst der Blattspross von der Keimscheide (Koleoptile) schützend umhüllt (Abb. 25). Diese durchbohrt beim Keimen die Samen- und Fruchthaut des Saatkornes und durchdringt die Erdoberfläche (Abb. 26). Es folgt eine Seitentriebbildung (Bestockung). Danach beginnen die Pflanzen die Halme zu schieben

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und zu schossen, um danach die Blütenstände zu bilden. Alle grünen Chlorophyll enthaltene Anteile, vorwiegend die Blätter, sind bereits zur Photosynthese befähigt. Durch diese erfolgt die Assimilatbildung als Grundlage für sämtliche Wachstumsprozesse in der Pflanze sowie Speicherprozesse im heranreifenden Samen. Dabei werden Zucker zu Stärke polykondensiert, welche in den Speicherorganen als Reservestoff deponiert wird (RICHTER, 1988;

NULTSCH, 1996).

Alle Getreidearten besitzen sowohl männliche (Staubblätter) als auch weibliche Anlagen (Fruchtknoten) in einer Blüte. Bei den Gräsern werden die einzelnen Blüten zu Ährchen zu-sammengefasst, die dann eine Ähre oder Rispe bilden (SITTE et al., 2002). Seitlich umgeben ist ein solches Ährchen von zwei schützenden Hüllspelzen (Abb. 23) (FRANKE, 1997, SITTE et al., 2002). Dann folgen die Deckspelzen als Tragblätter der Einzelblüten, diese können an ihrer Spitze eine feste Granne entwickeln (SITTE et al., 2002).

Abb. 23: a) Teilblütenstand von Gerste;ds = Deckspelze, hs = Hüllspelze b) zweizeilig, c) vierzeilig, d) sechszeilig (FRANKE, 1997)

Die Hüllspelzen des Getreides besitzen keine Grannen, aber die Deckspelze kann, je nach Getreideart, keine bis kurze Grannen, wie bei Weizen (Abb. 24 a), mittellange Grannen wie bei Triticale und Roggen (Abb. 24 b) oder sehr lange Grannen wie bei den meisten Gersten (Abb. 24 c) ausbilden. Hafer bildet keine Grannen aus.

b c d

a

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Abb. 24: Getreideähren: a) Weizen, b) Roggen c) Gerste (FRANKE, 1997)

Den größten Kornanteil und die höchsten durchschnittlichen Einzelkorngewichte finden sich in der Mitte der reifen Ähre (SEIBEL, 2005).

Im unteren Drittel und in der Mitte beginnt das Aufblühen der einzelnen Blütchen in einer Ähre. Bei konstant warmem Wetter blüht der Gesamtbestand der Getreideähren innerhalb weniger Tage auf (Seibel, 2005). Die Getreidepflanze kann je nach Witterungsbedingungen besonders anfällig für Krankheitserreger (z. B. Fusariose bei Weizen) sein, was negative Auswirkungen auf die Stabilität der Pflanze haben und zu vorzeitigem Abknicken der Getreidehalme führen kann (NULTSCH, 1996; EISENBRAND u. SCHREIER, 2006).

Das reife Getreidekorn stellt die Tochtergeneration der Getreidepflanze (Abb. 25) dar (SITTE et al. 2002), in dem Reservestoffe im Nährstoffgewebe gespeichert werden und nach Befruchtung als Saatgut erneut wieder Verwendung finden kann. Im reifen Zustand, bei einem Wassergehalt von nur 6 – 12 %, ist der Stoffwechsel stark reduziert und befindet sich im Ruhezustand (FRANKE, 1997).

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Abb. 25: Weizenkorn im Längs- und Querschnitt (nach FRANKE, 1997)

Bei günstigen Temperaturbedingungen und ausreichender Bodenfeuchtigkeit können nach der Aussaat die Getreidekörner keimen, indem sie Wasser aufnehmen und aufquellen. Bis die Pflanze in der Lage ist, Photosynthese zu betreiben, versorgt sie sich aus den gespeicherten Nährstoffen im Samenkorn (Fette im Embryo, Kohlenhydrate im Endosperm) selbst. Die Körner können bis zu 50 % ihrer Eigenmasse aufquellen. Die Wasseraufnahme und der Quellvorgang induzieren im Getreidekorn die in der Keimruhe latent vorhandenen Stoffwech-selvorgänge. Enzymaktivierung, Reservestoffmobilisierung und Induktion von Wachstums-prozessen wird durch pflanzliche Hormone (Phytohormone) stimuliert (FRANKE, 1997;

SITTE et al. 2002). Als erstes entwickelt sich die Keimwurzel, die durch die Mikropyle austritt und die Wurzelspitze zu wachsen beginnt. Danach entwickelt sich der Blattkeim, der dann die Erdoberfläche erreicht. Mit der Entwicklung des ersten Blattes, ist der Keimling zur Assimilation befähigt (FRANKE, 1997). Hohe Vitaminkonzentrationen finden sich daher in den, chlorophyllhaltigen, grünen Parenchymzellen, sowie in den keimenden Pflänzchen, wo die Synthesen mit hoher Geschwindigkeit stattfinden. In den unterirdischen Stämmen und Wurzeln ist die Pflanze aufgrund geringerer chemischer Aktivität vitaminarm, ebenso in den Kotyledonen und im Endosperm (Abb. 28) (RICHTER, 1988).

Keimpflanzen sind ernährungsphysiologisch besonders wertvoll und werden z. B. in der Diätetik (Weizen- und Sojakeimlinge) genutzt. Getreidekeimlinge dienen auch im Frühjahr als Kraftfutter für das Vieh (LIEBEREI u. REISDORF, 2007).

a = Aleuronschicht ra = Keimwurzel es = Endosperm sc = Schildchen f = Rückenfurche sp = Sproßscheitel fs = Furchenwand wh = Wurzelhaube fsw = Fruchtschale ze = Zylinderepithel

h = Haare mk = Mesokotyl

kp = Koleoptile kr = Koleorhiza mi = Mikropyle pb = Primärblatt

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Der Grundkörper Thiamin muss vom Menschen und einigen Tierarten als lebenswichtiges Vitamin mit der Nahrung aufgenommen werden. Hierbei spielt der Beitrag der Pflanzen, insbesondere Getreide, eine wichtige Rolle, denn ihre Zellen verfügen über die Fähigkeit zur Biosynthese von TDP (SITTE et al., 2002).

Die Thiaminbindungsaktivität und der Stoffwechsel in Getreidekeimlingen wurden von GOLDA et al. (2004) unter anderem am Beispiel von Hafer untersucht. Es wird betont, dass die Thiaminbindungsproteine eine mögliche Lagerungsfunktion aufweisen. Das Korn wurde 6 Tage im Dunkeln zum Keimen gebracht. Dabei ergibt sich während der Keimung eine Abnahme der Thiaminbindungsaktivität um fast 50 %. Diese wurde mit SDS-PAGE ermittelt.

Der Gesamtthiamingehalt sank ebenfalls schnell um 20 – 40 % während der ersten drei Tage.

Bei der Untersuchung ermittelten sie das Vorhandensein von Thiamin, TMP und TDP als auch die Anwesenheit von dem Enzym Thiaminphosphatsynthetase.

Abb. 26: Schematische Darstellung der Entwicklungsstadien des Getreides. Codierung nach BBCH-Skala.

(Quelle: LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NRW, 2008)

Die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Getreidepflanze (Abb. 26) werden nach der BBCH-Skala (Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Bundessortenamt und Chemische Industrie) nach einem Code eingeteilt. Die Bedeutung des Codes ist in Tabelle 7 dargestellt.

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Tab. 7: Entwicklungsstadien im Getreide (Quelle: LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NRW, 2008)

Code EC Stadium Beschreibung Bemerkung

0 Keimung 0-0 Keimung bis zum Auflaufen

1 Blattentwicklung

Bestockung kann ab Stadium 13 erfolgen

Haupttriebe beginnen sich zu strecken 1-Knoten-Stadium

2-Knoten-Stadium usw.

Erscheinen des letzten Blattes (Fahnenblatt) Fahnenblatt voll entwickelt

Ende Ährenschieben Ähre vollständig sichtbar

6 Blüte

Mitte Milchreife Korninhalt wässrig

Korninhalt milchig Korn hart, kaum zu brechen

9 Absterben 92

97 Totreife

Pflanze abgestorben Körner nicht mehr zu brechen

Halme brechen zusammen