• Keine Ergebnisse gefunden

Die Europäische Norm zur „Bestimmung von Vitamin B1 per HPLC“ in Lebensmitteln wurde modifiziert angewendet. Mit dieser Methode wird durch saure Hydrolyse unter Hochdruckbe-handlung Thiamin aus Lebensmitteln extrahiert, anschließend enzymatisch dephosphoryliert und quantitativ durch HPLC mit Vor- oder Nachsäulenderivatisierung als Thiochrom be-stimmt. Die stationäre Phase des HPLC-Systems bildete eine LiChrospher® RP Select B Säule mit einer Teilchengröße von 5 µm. Die Chromatographiesäule war 250 mm lang und der Durchmesser betrug 4,6 mm. Die mobile Phase bestand aus einem Methanol /Acetatpuffergemisch c(CH3COONa) = 50 mmol/L 40:60 (v/v), pH 4,0. Die Flußrate betrug 0,7 mL/min. Die Oxidation fand mit alkalischer Kaliumhexacyanoferratlösung als Vor-säulenderivatisierung statt. Die Detektion erfolgte mit einem Fluoreszenzdetektor bei einer Anregung von 366 nm und einer Emission bei 435 nm. Das Injektionsvolumen betrug 20 µL.

Die Fleischproben wurden, wie in dem Untersuchungsverfahren beschrieben, aufgearbeitet (Abb. 45). Dazu wurden 5 g einer Fleischprobe mit einer Moulinette homogenisiert. Das Fleisch wurde, wie auch der Behälter der Moulinette, abgedunkelt auf Eis gelagert. 5 g der homogenisierten Probe wurde in ein druckbeständiges Glas eingewogen und mit 75 mL 0,1 molarer Salzsäure versetzt. Der pH Wert der Proben lag bei pH 2. Die Probe wurde zur besseren Verteilung bzw. Oberflächenvergrößerung mit dem Ultra-Turrax nochmals homogenisiert. Die am Rührstab verbliebenen Reste wurden quantitativ mit 5 mL 0,1 molarer Salzsäure in das Druckglas überführt. Die Proben wurden kurz mit der Mikrowelle auf eine Temperatur von ca. 80 °C erhitzt und sofort anschließend in den vorgeheizten Autoklaven verbracht und 30 Minuten bei 121 °C autoklaviert. Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur wird der pH-Wert des Extraktes mit Natriumacetat-Lösung auf pH 4 eingestellt und je Gramm Probe werden 100 mg Takadiastase zugesetzt. Das Gemisch wird lichtgeschützt 20 h bei 42 °C im Wasserbad auf der angegebenen Temperatur gehalten. Nach dem Abkühlen wurde

131

die Lösung mit destilliertem Wasser in einen mit Alufolie ummantelten Messkolben überführt und auf 100 mL aufgefüllt.

Für die Vorsäulenderivatisierung wurde 1 mL der enzymatisch behandelten Probelösung in einem braunen Fläschchen mit 1 mL Kaliumhexacyanoferrat-Lösung, die jeden Tag frisch hergestellt wird, versetzt. Die Probe wurde 10 Sekunden mit dem Vortex geschüttelt und 1 Minute stehen gelassen. Unmittelbar danach wird die Probe in das HPLC-System mit isokratischem Eluent injiziert.

Diese Methode erwies sich als nicht zufrieden stellend, wie man auch an dem Chromato-gramm in Abbildung 85 erkennen kann. Es ist deutlich ein Matrixhügel zu erkennen, in dem sich mit großer Wahrscheinlichkeit noch proteingebundenes Thiamin befindet. Freies Thiamin ist der erste nicht abgetrennte Peak auf der linken Seite. Zu berücksichtigen ist hierbei wieder die umgekehrte Retentionsreihenfolge. Höhere Thiaminphosphate würden im Chromatogramm links neben dem Thiamin erscheinen, wobei die Gefahr erhöht ist, dass die höheren Thiaminphosphate im Totraumvolumen verloren gehen. Außerdem ist diese Methode sehr zeitaufwendig.

132

Diese Aufarbeitung wurde vier Mal wiederholt und es zeigte sich jedes Mal das gleiche Chromatogramm. Diese Messungen sind nicht auswertbar. Selbst durch Filtration mit einem Whatman Glasfaser-Mikrofilter mit einer Rückhaltegröße von 1,6 µm wurde keine signifikante Verbesserung erzielt. Die Taka-Diastase wurde zur Spaltung der Thiaminphosphatester in freies Thiamin eingesetzt. Sie wurde nach dem Abwiegen in destilliertem Wasser gelöst, um eine gleichmäßige Verteilung in der Probe zu gewährleisten.

Auch eine Verdoppelung der Enzymmenge erbrachte kein erwünschtes Ergebnis. Ebenso wurde auch die Inkubationszeit von 16 h bis 24 h mit unterschiedlicher Temperatureinwirkung von 37 °C bis zu 46 °C variiert. Gute Ergebnisse lieferte eine Inkubationszeit von 20 h bei einer Temperatur von 38 °C. Eine vollständige Dephosphorylierung fand allein mit Taka-Diastase bei den Schweinefleischproben nicht statt.

Abb. 85: Das Chromatogramm zeigt eine Schweinefleischprobe nach der zuvor beschriebenen Methode mit einem großen Matrixhügel.

Abb. 86: Dieses Chromatogramm zeigt den deutlich abgegrenzten Peak einer Thiaminstandardsubstanz ohne weitere Zusätze unter den oben beschriebenen Bedingungen nach LFGB § 64 zum Vergleich.

Thiamin Matrix

Time (min)

133

Da Clara-Diastase im Gegensatz zu Taka-Diastase laut RETTENMAIER et al. (1978) eine verbesserte enzymatische Wirkung aufweisen soll, insbesondere die dephosphorylierende Wirkung, wurde Clara-Diastase anstelle von Taka-Diastase eingesetzt. Auch eine bessere Proteaseaktivität wird der Clara-Diastase im Vergleich zur Takadiastase zugeschrieben (NDAW et al., 2000). Blindwertversuche nur mit Clara-Diastase zeigten keine Anwesenheit von Thiamin. Auch die mobile Phase wurde verändert, nachdem sich gezeigt hat, dass die Chromatogramme (Abb. 87) mit dem Methanol/Acetatpuffergemisch im Gegensatz zu der mobilen Phase mit Methanol/Phosphatpuffer (50mM) viel zu flache bzw. keine Chromatogramme erzeugte.

Abb. 87: Chromatogramme von zwei unterschiedlichen mobilen Phasen; Oben:

Methanol/Acetatpuffer (50 mM); unten: Methanol/Phosphatpuffer (50 mM). Injiziert wurde jeweils dieselbe Probe mit BrCN oxidiert; stationäre Phase: LiChrospher Select B

Thiamin

Time (min)

134

Da Bromcyan laut RATANAUBOLCHAI et al. (1980) eine deutlich bessere Oxidationswirkung im Vergleich zu Kaliumhexacyanoferrat aufweist, wurde parallel zu der Oxidation mit Kaliumhexacyanoferrat ein zweiter aliquoter Teil der Probe mit Bromcyan oxidiert, was zu einem deutlich besseren Thiaminpeak führte (Abb. 89).

Abb. 88: Chromatogramm mit Zusatz an 10 mL Clara-Diastase (6 %) zur Schweinefleischprobe ohne Aufreinigung über die Festphase. Eine Trennung ist erkennbar.

Zu beachten ist die umgekehrte Retentionsreihenfolge. Eine vollständige Umsetzung fand auch hier nicht statt.

135

Aus dem Chromatogramm (Abb. 89) lässt sich erkennen, dass im linken Bereich noch nicht umgesetztes Thiamindiphosphat oder Thiaminmonophosphat vorhanden sein muss. Um eine bessere Auftrennung zu erreichen wurde der mobilen Phase 10 % Wasser zugegeben. Die mit Bromcyan oxidierten Proben wurden auch zusätzlich, wie in der Methode nach POEL (2008) beschrieben über das gekoppelte Festphasensystem gegeben, um die Proben von störenden Matrixbestandteilen zu befreien.

Bei der Verwendung von Bromcyan als Oxidationsmittel ist darauf hinzuweisen, dass es im Vergleich zu Kaliumhexacyanoferrat hochgiftig ist, was der Grund dafür sein könnte, dass häufig Kaliumhexacyanoferrat als Oxidationsmittel eingesetzt wird.

Abb. 89: Chromatogramm von Schweinefleischextrakt mit Bromcyan als Oxidationsmittel mit Zusatz von 10 mL Claradiastase-Lösung (6%). Im linken Bereich des Chromatogramms zeigt sich noch eine Schulter in der wahrscheinlich noch nicht umgesetztes TDP vorhanden ist.

136

Der Zusatz an Wasser zeigt eine Verbesserung der Auftrennung der Probe, ist jedoch noch nicht optimal. Durch Messung und damit Vergleich der Standardlösungen, konnte gezeigt werden, dass es sich bei dem linken Peak (Abb. 90) um noch nicht vollständig umgesetztes Thiamindiphosphat handelt. Es ist davon auszugehen, dass die Dephosphorylierung von Thiaminmonophosphat zu freiem Thiamin durch die lange enzymatische Inkubation vollständig stattgefunden hat.

Die Trennung auf der LiChrospher Select B-Säule verschlechterte sich zunehmend, sodass auf eine LiChrospher 100-5 RP 18 e HPLC-Säule gewechselt wurde. Die Chromatogramme verbesserten sich deutlich. Nur noch ein geringer Anteil an Thiamindiphosphat wurde nicht dephosphoryliert und war vorhanden. Eine weitere Problematik ergab sich bei der Messung mit frischem Schweinefleisch 0,5 h p. m. Trotz hydrolytischem Aufschluss mit anschließend enzymatischer Behandlung waren die höheren Thiaminphosphate immer noch vorhanden und wurden nicht dephosphorylisiert. Das Ausmaß der fehlenden Umsetzung ist deutlich mit der Oxidation mit BrCN (Abb. 92) zu erkennen, während man mit Kaliumhexacyanoferrat (Abb.

91) fälschlicherweise den Eindruck haben könnte, dass fast ausschließlich freies Thiamin vorliegt. Bei genauer Betrachtung erkennt man aber, dass nur ein geringer Teil an freiem Thiamin vorhanden ist und der größte Anteil aus den phosphatgebundenen Formen besteht.

Abb. 90: Chromatogramm Schweine-fleisch mit BrCN oxidiert und über Festphase gegeben. Mobile Phase Methanol/Phosphatpuffer 65:35 (v/v).

Immer noch keine vollständige Umsetzung, aber schon deutlich besser als in Abb. 88.

137

Abb. 91: Chromatogramm einer frischen Abb. 92: Chromatogramm einer frischen Schweinefleischprobe 0,5 h p. m. Schweinefleischprobe 0,5 h p. m.

Oxidation mit KHexa Oxidation mit BrCN Clara-Diastasezusatz Clara-Diastasezusatz

LiChrospher 100-5 RP 18ec LiChrospher 100-5 RP 18ec Methanol/Phosphatpuffer 65:35 (v/v) Methanol/Phosphatpuffer 65:35 (v/v)

Wie in den Abbildungen 91 und 92 gut zu erkennen ist, erhält man mit der LiChrospher 100-5 RP-18ec und dem geänderten Eluenten relativ gute chromatographische Ergebnisse. Auch die unterschiedliche Oxidationswirkung von Kaliumhexacyanoferrat im Vergleich zu Bromcyan ist gut zu erkennen.

Da immer noch kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht wurde, wurde die Probenaufbereitung weiter optimiert, indem zu dem Enzym Clara-Diastase auch noch in weiteren Proben 5 mL Pepsin (10 %) und in anderen zusätzlich 5 mL Papain (10 %) zugesetzt, um proteingebundenes Thiamin aus der Proteinbindung freizusetzen. Die Einstellung des optimalen pH-Wertes der jeweiligen Enzyme wurde berücksichtigt und die Proben mit Zusatz an Pepsin auf pH 4 und die Proben mit Papain auf pH 4,5 eingestellt. Die Proben wurden ebenfalls einerseits mit Kaliumhexacyanoferrat (Abb. 93) und andererseits mit Bromcyan (Abb. 94) oxidiert.

Artefakt

138

Der Zusatz an Pepsin zur Clara-Diastase zeigte eine geringgradige Verbesserung des Aufschlusses. Die Versuche mit Papain ergaben ähnliche Ergebnisse. Da Papain eine geringere Proteaseaktivität aufweist als Pepsin (NDAW et al., 2000) und die Ergebnisse geringgradig schlechter waren, wurden die weiteren Versuche mit Zusatz an Pepsin durchgeführt.

In den Abbildungen 93 und 94 ist wieder deutlich zu erkennen, dass Bromcyan im Gegensatz zu Kaliumhexacyanoferrat einen besseren Umsatz der Thiaminphosphate zu freiem Thiamin zeigt. Da noch nicht alle Phosphate vollständig abgespalten waren, folgte der Zusatz an saurer Phosphatase zur Clara-Diastase und Pepsin, um eine vollständige Umsetzung der Thiaminphosphate zu erreichen, was in Abbildung 95 dargestellt ist.

Abb. 93: Chromatogramm von Schweinefleischextrakt mit Zusatz an Clara-Diastase und Pepsin, oxidiert mit Kaliumhexacyanoferrat LiChrospher 100-5 RP 18ec

Methanol/Phosphatpuffer 65:35 (v/v)

Abb. 94: Chromatogramm von Schweinefleischextrakt mit Zusatz an Clara-Diastase und Pepsin, oxidiert mit Bromcyan

LiChrospher 100-5 RP 18ec

Methanol/Phosphatpuffer 65:35 (v/v)

139

Abb. 95: Chromatogramm einer enzymatisch optimierten Schweinefleischprobe 0,5 h p.m.,

Oxidation mit Bromcyan Mobile Phase: ACN/Phosphatpuffer

Stationäre Phase: C8-NH2-Säulen

Da der Oxidationsschritt und die Aufreinigung über die Festphasenkombination genauso durchgeführt wurde wie die regulären Proben, wurde die Überlegung angestellt die aufbereite-ten Proben in das HPLC-Gradienaufbereite-tensystem mit der Säulenkombination NH2-C8 zu injizieren.

Der Vorteil besteht darin, sowohl die sofort nach der Methode nach POEL (2008) aufgearbei-teten Schweinefleischproben direkt mit den Proben der modifizierten LFGB § 64 Methode vergleichen zu können, ohne jedesmal die HPLC-Säulen und die Laufmittel zu wechseln. Ein direkter Vergleich der Chromatogramme ist daher möglich und die Trennung der Thiaminphosphatester im Chromatogramm ist gewährleistet (Abb. 95). Es ist deutlich zu er-kennen, ob noch Thiaminphosphate in der Probe vorhanden sind, da die Retentionsreihenfol-ge umRetentionsreihenfol-gekehrt ist und Thiamin zuerst und danach alle weitere Thiaminphosphatester auf dem Chromatogramm erscheinen. Die Peaks beginnen nur zu koeluieren, wenn die NH2-Säule zu altern beginnt. Bei der Umstellung auf die Methode nach POEL (2008), zeigte sich wie be-reits in den Abbildungen 79 und 80 im Kapitel 4.4.3. beschrieben, dass ein alleiniger Zusatz

140

an Clara-Diastase bei frisch geschlachtetem Schweinefleisch 0,5 h p. m. nicht ausreicht. Ein geringer Zusatz an Phosphatase zur Clara-Diastase reichte ebenfalls nicht aus, um alle Phos-phatester zu freiem Thiamin umzusetzen. Daher wurde der Zusatz an saurer Phosphatase wie-terhin erhöht und Pepsin zugegeben bis eine vollständige Abspaltung vorhanden war (Anhang 8.4., Tab. 64). Diese Methode führte zu guten Ergebnissen. Desweiteren ist es möglich die C-8-HPLC-Säule, wie beschrieben durch eine LiChrospher RP-18ec-Säule zu ersetzen. Der Unterschied besteht in der Retentionszeit. Die einzelnen Thiochromderivate retendieren 5 Minuten früher, als bei der C-8-Säule. Die Kalibration muss ebenfalls bei Ersatz der unpolaren HPLC-Säule neu erfolgen. Nach längerem Gebrauch der Säule kann es allerdings dazu führen, wenn die NH2-Säule deutlich in ihrer Leistung nachlässt, dass die Peaks zu eng beieinander liegen. Dies ist bei der C-8-Säule nicht so schnell der Fall, da die Thiochromderivate zum Teil 10 bis 15 Minuten auseinanderliegen. Diese neu entwickelte Methode führte zu sehr gut auswertbaren Ergebnissen. Die verschiedenen Enzymkombina-tionen und deren Ergebnis sind im Anhang 8.4. in Tabelle 64 dargestellt.