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V.1 Biotoptypen und Pflanzengesellschaften

V.1.2 Kurzcharakteristika der in den Kernzonen der Untersuchungsgebiete nachgewiesenen

V.1.2.2 Therophytenrasen

(Klasse Koelerio-Corynephoretea KLIKA in KLIKA et NOWAK 1941)

In dieser Klasse sind lückige, wärme- und trockenheitsliebende, lichtbedürftige und daher konkurrenz-schwache, niedrigwüchsige Pioniergesellschaften zusammengefasst. Natürliche Bestände sind auf Dünenstandorte des Binnenlandes und der Küstenregion beschränkt (POTT 1995). Sekundäre Standorte finden die Therophytenrasen im Gebiet auf sandigen Schotterflächen, an Straßenrändern und Bö-schungsanrissen, und auch die wenigen Bestände auf Dünenkuppen bzw. Dünenanrissen sind durch Eingriffe des Menschen entstanden, weil alle Dünenstandorte im Gebiet waldfähig sind. Alle Thero-phytenrasen-Gesellschaften im Gebiet sind durch eine gemeinsame Reihe von Klassenkennarten der Koelerio-Corynephoretea (= Sedo-Scleranthetea BR.-BL. 1955 em. TH. MÜLLER 1961) gekennzeich-net, in der Säurezeiger eine wesentliche Rolle spielen. Zu nennen sind Rumex acetosella (Kleiner Sau-erampfer), Polytrichum juniperinum und Polytrichum piliferum (Haarmützenmoos), Cerastium gluti-nosum und Cerastium semidecandrum (Hornkraut). Außerdem gibt es eine gemeinsame Gruppe

säu-reliebender Begleiter mit Agrostis capillaris (Rotes Straußgras) und Hypochaeris radicata (Gewöhnli-ches Ferkelkraut), die zusammen mit einigen Grünlandarten bereits auf eine mögliche Sukzession der Therophytenrasen hin zu Magerrasen auf konsolidierten Böden oder zu mageren Grünlandgesell-schaften hinweisen.

Spergulo-Corynephoretum LIBBERT 1933 (Frühlingsspark-Silbergras-Gesellschaft, Vegetations-ta-belle 1, lfd. Nr. 1-8, Abschnitt VII.1.1)

Beschreibung: Artenarme offene Pioniergesellschaft bewegter Sandflächen mit den übersandungs-unempfindlichen Arten Silbergras (Corynephorus canescens) und Frühlings-Spörgel (Spergula mori-sonii) als kennzeichnenden Arten sowie dem Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis), der aber nicht so eng an diese Gesellschaft gebunden ist und auch in anderen Therophytenrasen vorkommt (vgl. Tabelle Therophytenfluren). Die Frühlingsspark-Silbergras-Gesellschaft bildet sehr lückig bewachsene klein-räumig verzahnte Vegetationsmosaike mit anderen Trocken- und Magerrasen oder auch kurzlebigen Ruderalgesellschaften, weshalb fast immer auch Arten aus Thero-Airion, Violion, Sisymbrion mit geringer Stetigkeit vorhanden sind. Das Silbergras ist mit seinem weitgefächerten Wurzelsystem und Etagenwuchs ein guter Sandbefestiger. Kommt der bewegte Sand im Laufe der Jahre zur Ruhe, kön-nen sich kryptogamenreiche Ausbildungen des Spergulo-Corynephoretums (vor allem mit Flechten der Gattung Cladonia) als Dauergesellschaft etablieren. Solche trittempfindlichen Bestände kommen zum Beispiel an dem etwa 70 Jahre alten Umspannwerk vor, wo von festgelegten Flugsanden flech-tenreiche Bestände der Gesellschaft mit der seltenen Cladonia cariosa beschrieben wurden (MEINUNGER & BUTTLER 1991). Meistens werden Silbergrasfluren jedoch von Heidekrautbeständen, Borstgrasrasen, randlich eindringendem Brombeergestrüpp oder am häufigsten von Sandstraußgras-Gesellschaften abgebaut, ohne dass es zur Ausbildung der flechtenreichen Dauergesellschaft kommt.

Am (vorläufigen) Ende dieser Sukzession stehen häufig artenarme Landreitgras-Bestände, die über Jahrzehnte einer Wiederbewaldung trotzen können.

Standortansprüche: Auf trockenen, sauren, humusarmen, nährstoffarmen Binnendünen und bewegten Lockersanden der Flugsanddecken mit hoher Wasserdurchlässigkeit (OBERDORFER 1978).

Gefährdung und Schutzstatus: Vorwarnliste Deutschland.

Auf den Flugsanddecken des Rhein-Main-Gebietes besitzt die Gesellschaft einen ihrer disjunkten Verbreitungsschwerpunkte außerhalb des norddeutschen Tieflands und ist hier nach eigener Einschät-zung gefährdet. Kurzzeitig kann sich die Gesellschaft auf geeigneten Sandstandorten zwar im Zuge von Bautätigkeit oder an Sandentnahmestellen ausbreiten, trotzdem gehen immer wieder (potenzielle) Standorte vor allem durch Überbauung dauerhaft verloren. Da sowohl offene Binnendünen als auch Trockenrasen nach § 15d HENatG geschützt sind, unterliegen sowohl die aktuellen Vorkommen als auch die wichtigsten potenziellen Standorte der Gesellschaft einem gesetzlichen Schutz. Silbergrasflu-ren auf bodensauSilbergrasflu-ren Binnendünen gehöSilbergrasflu-ren zudem zum FFH-LRT 2330.

Gefährdungsursachen: Überbauung, Aufforstung, so genannte Rekultivierungsmaßnahmen mit Ge-hölzanpflanzung, Nährstoffeintrag.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Schwanheim: Kleinflächige Vorkommen im Bereich des Kel-sterbacher Mittelfeldes (Biotopkomplex 2).

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Kelsterbach: Zerstreute kleinflächige Vorkommen in der „Feld-flur Kelsterbach“ (Biotopkomplex 2) und in den Randbereichen des „Kelsterbacher Waldes“ (Biotop-komplex 3): beim Umspannwerk, auf Dünenresten der Freileitungstrasse, am stillgelegten Bahngleis am Kelsterbacher Ortsrand, im Ticona-Werk.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Mörfelden: Im Gebiet sehr selten und kleinflächig, so an einem Waldrand nördlich Gewerbegebiet Walldorf und saumartig auf dem Gelände der Startbahn 18-West.

Airetum praecocis KRAUSCH 1967 inklusive Airo caryophylleae-Festucetum ovinae TX. ex KORNECK 1974 (Gesellschaft des Frühen Schmielenhafers und des Nelken-Schmielenhafers, Vegeta-tionstabelle 1, lfd. Nr. 9-16, Abschnitt VI.1.1)

Beschreibung: Niedrigwüchsige, in der Regel kleinflächig auftretende Pioniergesellschaft mit der an-nuellen, ausgesprochen subatlantisch verbreiteten Aira praecox (Früher Schmielenhafer) als Kennart.

Das Airetum praecocis kann in regenreichen Sommern in großen Beständen auftreten, ist in ungünsti-gen (trockenen) Jahren dageungünsti-gen in seiner Entwicklung gehemmt und dann nur fragmentarisch entwik-kelt. Wie beim Spergulo-Corynephoretum kann auch beim Airetum praecocis eine flechtenlose und

eine flechtenreiche Ausbildungsform unterschieden werden, die als floristisches Übergreifen entspre-chend flechtenloser oder flechtenreicher Untergesellschaften benachbarter Silbergrasgesellschaften gewertet werden kann (POTT 1995). Dokumentiert wurde ein solches flechtenreiches Airetum praeco-cis mit der Vegetationsaufnahme Nr. 16. Gemeinsam mit der namensgebenden Assoziationskennart kommen meistens auch die zweite Schmielenhaferart Aira caryophyllaea sowie Verbandskennarten des Thero-Airion wie Filago minima (Kleines Filzkraut) vor.

Standortansprüche: Auf schwach humosen Sandböden an verdichteten, aber nur schwach betretenen Standorten auf sandigem Schotter oder offenem Sand der Flugsanddecken.

Gefährdung und Schutzstatus: Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands 3.

Im Rhein-Main-Gebiet ist die Gesellschaft nach eigener Einschätzung gefährdet. Kurzzeitig kann sich die Phytozönose auf geeigneten Sandstandorten zwar im Zuge von Bautätigkeit oder an Sandentnah-mestellen ausbreiten, trotzdem gehen immer wieder (potenzielle) Standorte vor allem durch Überbau-ung dauerhaft verloren. Trockenrasen, zu denen die Gesellschaft gehört, sind zwar nach § 15d HENatG geschützt, das Airetum praecocis kommt jedoch anders als das Spergulo-Corynephoretum häufiger auf anthropogenen Sekundärstandorten wie Böschungsanrissen, Wegrändern und auf Indu-strieanlagen vor. Es wird wegen seines häufig sehr kleinflächigen Vorkommens leicht übersehen oder unterschreitet den Darstellungsmaßstab in Planverfahren. Bestände der Gesellschaft auf bodensauren Binnendünen gehören zudem zum FFH-LRT 2330.

Gefährdungsursachen: Überbauung, Aufforstung, so genannte Rekultivierungsmaßnahmen mit Ge-hölzanpflanzung, Nährstoffeintrag.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Schwanheim: Nur kleinflächig an Forstwegrändern nördlich des Flughafens (Biotopkomplex 1).

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Kelsterbach: Vor allem auf offenen Sandflächen am Rande des Kelsterbacher Waldes (Biotopkomplex 3): an der Ticona-Pipeline und im Ticona-Werk sowie an Bö-schungen der Ticona-Straße, im Kelsterbacher Umpannwerk.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Mörfelden: Kein Nachweis.

Filagini-Vulpietum bromoidis OBERDORFER 1938 nom. mutat. propos.und verwandte ruderale Thero-Airion-Gesellschaften (Gesellschaft des Trespen-Federschwingels und ruderale Kleinschmie-len-Rasen, Vegetationstabelle 1, lfd. Nr. 17-23, Abschnitt VI.1.1)

Beschreibung: Subatlantisch-submediterran verbreitete niedrigwüchsige, lückige und relativ artenrei-che Pioniergesellschaften mit Aira caryophyllaea (Nelken-Schmielenhafer) und Vulpia myuros (Mäu-seschwanz-Federschwingel). Die eigentlich kennzeichnende zweite Federschwingelart Vulpia bromoi-des kommt zwar im Gebiet vor, konnte aber mit den Vegetationsaufnahmen nicht belegt werden. Ne-ben diesen kommen weitere Verbandskennarten des Thero-Airion vor wie Ornithopus perpusillus (Mäusewicke), Filago minima (Kleines Filzkraut) und Teesdalia nudicaulis (Bauernsenf). Häufiger als in den beiden vorigen Gesellschaften dringen in die Federschwingel-Rasen annuelle Ruderalarten vor allem aus dem Verband Sisymbrion ein, was sich aber weniger in den Deckungsgraden als vielmehr in den Artenzahlen ausdrückt. Die Sukzession der Federschwingel-Rasen geht dann meistens über Rude-ralgesellschaften trocken-warmer Standorte der Onopordetalia oder der Agropyretalia schnell in eine lockere Gebüschsukzession über.

Standortansprüche: Auf Sand- und Kiesbrachflächen bzw. auf sandig-kiesigen Rohböden.

Gefährdung und Schutzstatus: Die in der Roten Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands als Filagini-Vulpietum bromoides OBERDORFER 1938 nom. mutat. propos. bezeichneten artenreicheren Trespenfederschwingel-Rasen sind dort als gefährdet verzeichnet, während unter dem Namen Vul-pietum myuri PHILIPPI 1973 die wohl ruderaler gefassten Mäusefederschwingel-Rasen als ungefährdet verzeichnet sind. Es ist aber zu beachten, dass die ruderalen Vulpia myuros-Bestände zum Beispiel auf Bahnhöfen nicht ins Thero-Airion gehören, sondern als Derivatgesellschaften verschiedener Klassen einzustufen sind (POTT 1995). Im Rhein-Main-Gebiet sind die Thero-Airion-Federschwingelrasen einschließlich derjenigen mit geringen Deckungsanteilen von Ruderalarten, nicht jedoch die Vulpia-myuros-Derivatbestände nach eigener Einschätzung ebenfalls gefährdet. Bestände der Gesellschaft auf bodensauren Binnendünen gehören zudem zum FFH-LRT 2330.

Gefährdungsursachen: Überbauung, Aufforstung, so genannte Rekultivierungsmaßnahmen mit Ge-hölzanpflanzung, Nährstoffeintrag.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Schwanheim: Kleinflächig an Wegrändern und Böschungen im Schwanheimer Wald (Biotopkomplex 1) sowie im Umfeld der ICE-Trasse nördlich des Flughafens.

(Biotopkomplex 5).

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Kelsterbach: Auf offenen, meist ruderalisierten Sand- und Kies-böden und Schotterflächen im Ticona-Werk und dessen Umgebung, auf der Freileitungsstrasse, im Kelsterbacher Südpark als Rasengesellschaft und in der Feldflur Kelsterbach auf jungen Ackerbra-chen.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Mörfelden: weit verbreitet an Weg- und Waldrändern, auf dem Flughafengelände sowie auf der RWE-Freileitungstrasse.

Agrostis vinealis-Basalgesellschaft Thero-Airion inklusive Agrostis capillaris-[Koelerio-Corynephoretea]-Bestände (Sandstraußgras-Gesellschaft und Rotstraußgras-reiche Therophytenra-sen, Vegetationstabelle 1, lfd. Nr. 24-29, Abschnitt VI.1.1)

Beschreibung: Oft als geschlossene Folgegesellschaft der Silbergrasflur auftretender grasreicher Sandtrockenrasen, der auch als floristisch sehr schwach gekennzeichnete Assoziation (Agrostietum vinealis KOBENZA 1930 corr. KRATZERT et DENGLER 1999) aufgefasst werden kann. Die namenge-bende Art Agrostis vinealis ist aber wohl besser als eine Klassenkennart mit sehr weiter Standortsam-plitude aufzufassen. Das Sandstraußgras tritt im Gebiet gerne zusammen mit Schafschwingel (Festuca ovina agg.), Rotschwingel (Festuca rubra) und Rotem Straußgras (Agrostis capillaris) auf. Wie die anderen Therophytenrasen wächst auch der Sandstraußgras-Rasen meistens im kleinräumigen Vegata-tionsmosaik mit anderen Sandtrockenrasen und deshalb kommen fast immer auch noch andere Koele-rio-Corynephoretea-Arten darin vor.

Standortansprüche: Auf festgelegten Binnendünen und sommertrockenen humusarmen Flugsandbö-den.

Gefährdung und Schutzstatus: Rote Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands 3; im Rhein-Main-Gebiet ist die Phytozönose nach eigener Einschätzung gefährdet.

Bestände der Gesellschaft auf bodensauren Binnendünen gehören zum FFH-LRT 2330.

Gefährdungsursachen: Überbauung, Aufforstung, so genannte Rekultivierungsmaßnahmen mit Ge-hölzanpflanzung, Nährstoffeintrag.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Schwanheim: Kleinflächig an sandigen Böschungen entlang der ICE-Strecke nördlich des Flughafens (Biotopkompolex 5).

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Kelsterbach: Auf der Freileitungstrasse, im Kelsterbacher Um-spannwerk, im Ticona-Werk, an den Böschungen der Ticona-Straße.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Mörfelden: auf den sandigen Offenlandflächen des Startbahn 18-West-Geländes und auf der RWE-Freileitungstrasse weit verbreitet.

Jasione montana-Basalgesellschaft Koelerio-Corynephoretea (Gesellschaft der Berg-Sandrapunzel, Vegetationstabelle 1, lfd. Nr. 30, 31, Abschnitt VI.1.1)

Beschreibung: Abbaugesellschaft der Silbergrasflur und von Thero-Airion-Gesellschaften, die im Ge-biet eine standörtliche und floristische Ähnlichkeit mit dem Sandstraußgras-Rasen zeigt, von dem sie sich vor allem im Fehlen von Agrostis vinealis und höheren Deckungsgraden von Jasione montana unterscheiden lässt. Neben der Berg-Sandrapunzel sind zahlreiche Therophyten am Bestandsaufbau beteiligt. Häufige Begleitarten sind Cerastium glutinosum (Bleiches Hornkraut), Rumex acetosella (Kleiner Sauerampfer), Trifolium arvense (Hasen-Klee) und Agrostis capillaris (Rotes Straußgras).

Einzelne Ruderalarten wie Erigeron annuus (Einjähriger Feinstrahl) und Elymus repens (Gemeine Quecke) deuten bereits eine gewisse Nährstoffbeeinflussung der Standorte an. Die Gesellschaft besitzt Pioniercharakter und findet sich vor allem auf gestörten Sand- und Kiesböden, an frisch abgeschobe-nen Böschungen sowie an Wegrändern.

Standortansprüche: Auf festgelegten Binnendünen und sommertrockenen humusarmen Flugsandbö-den.

Gefährdung und Schutzstatus: In der Roten Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands nicht aufge-führt, dort vermutlich mit dem Agrostietum vinealis vereinigt und dann als gefährdet eingestuft; im Rhein-Main-Gebiet ist die Gesellschaft nach eigener Einschätzung ebenfalls gefährdet.

Gefährdungsursachen: Überbauung, Aufforstung, so genannte Rekultivierungsmaßnahmen mit Ge-hölzanpflanzung, Nährstoffeintrag.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Schwanheim: Kleinflächig an Böschungen, Wegrändern und frisch abgeschobenen Sand- und Schotterflächen (Biotopkomplexe 1 und 5).

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Kelsterbach: Kein Nachweis.

Vorkommen im Untersuchungsgebiet Mörfelden: Kein Nachweis.