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Thermische Eigenschaften der Modellverbindungen

TFPA-Bu TFTP-Bu TFPA-Hex

4. Flüssigkristalline Verbindungen auf der Basis von Fluorenen und Carbazolen

4.3 Trimere Modellverbindungen

4.3.2 Thermische Eigenschaften der Modellverbindungen

Ein wichtiger Aspekt bei diesen Modellverbindungen ist die Charakterisierung ihrer thermi-schen Eigenschaften und insbesondere ihres Phasenverhaltens. Dabei soll der Frage nach-gegangen werden, ob eine Struktur-Eigenschaftsbeziehung - hier Anordnung und Verknüp-fungsmuster mit einem flüssigkristallinen Phasenverhalten - hergestellt werden kann. Neben einer flüssigkristallinen Phase ist es ebenso von Bedeutung, ob durch Unterkühlen der flüs-sigkristallinen Phase, ohne Rekristallisation der Verbindung, der Glasübergang unterschritten werden kann.

Das Phasenverhalten der Verbindungen wurde mittels DSC und Polarisationsmikroskopie untersucht.

Wie in Kap. 4.2.1.2 erwähnt, soll eine Alkylsubstitution u.a. Einfluss auf das Phasenverhalten und die Phasenübergangstemperaturen haben.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es ein weiterer Vorzug von Kreuzkupplungsreaktionen (Suzukikupplung) ist, wohldefinierte lineare Verbindungen mit einem sehr variablen und komplexen Alkylsubstitutionsmuster zu synthetisieren. Wie später gezeigt wird, haben die Alkylsubstituenten und das Muster erheblichen Einfluss auf das Phasenverhalten.

Die Problematik gestaltet sich hier anders, denn die einzelnen Verbindungen sollen bezüg-lich ihrer Alkylsubstitutionsmuster und in ihrer räumbezüg-lichen Ausdehnung vergleichbar sein. Die gesamte räumliche Struktur hat Einfluss auf das Achsenverhältnis (Länge/Breite) und daher auf die Ausbildung einer flüssigkristallinen Phase.

Bezüglich der Bausteine ist dies nicht trivial, da die Carbazole in der 9-Position monoalkyliert und die Fluorene in der 9-Position dialkyliert sind. Zudem ist, unter Bezug auf Abb. 4.12, der sterische Anspruch der Alkylgruppen in Fluorenen größer als in Carbazolen. Bezüglich der verschiedenen Anordnungen von Carbazolen und Fluorenen in den Modellverbindungen soll in jeder Verbindung ein ähnliches Verhalten der Alkylgruppen vorliegen.

Konzeptionell erfolgte die Synthese so, dass jedes Carbazol oder Fluoren die gleiche Anzahl an Alkylkohlenstoffen besitzt (Carbazol: 1x8C und Fluoren: 2x4C). Daneben wurden anstelle von linearen n-Octylketten die sperrigeren 2-Ethylhexyl-Ketten in den Carbazolen verwendet.

Diese sollten in ihrer räumlichen Ausdehnung eher mit den Dibutylketten vergleichbar sein.

Daneben soll durch die Verwendung von Ethylhexyl-Ketten - aufgrund der Sperrigkeit und des chiralen Zentrums an der Verzweigung (Diastereomerengemisch) - eine Unterkühlung der flüssigkristallinen Phase leichter möglich sein.

In Tabelle 4.1 sind die Strukturen, die Verknüpfungsmuster und die Phasenübergänge dar-gestellt. Die Übergänge wurden aus den 2. Aufheizkurven von DSC-Messungen ermittelt.

Die Bezeichnung des Verknüpfungsmusters erfolgt in Anlehnung an die Schreibweise für homologe Reihen. Diese beschreibt präziser, was häufig als linear oder gewinkelt bezeichnet wird.

Bezüglich der Phasenübergänge der Verbindungen, wie in Tab. 4.1 dargestellt, sind lediglich Glasübergänge und eine flüssigkristalline Phase detektierbar. Von allen Verbindungen zeigte nur 2a ein polymorphes Schmelzverhalten beim 1. Aufheizen. Bei allen weiteren Heiz- und Abkühlkurven sind keine Schmelz- oder Rekristallisationsenthalpien beobachtbar.

Tab.4.1 Phasenverhalten der Modellverbindungen

Trimer Verknüpfungs-Muster1)

Phasenverhalten

2-3) [°C]

1a 2,2’:7’,2’’ g 64 i

1b 2,3’:6’,2’’ g 70 i

2a 2,2’:7’,2’’ g 53 n 81 i

2b 3,2’:7’,3’’ g 51 i

1) In Anlehnung an die Schreibweise für Homologe (z.B.: [2,2’:7’,2’’]Terfluoren); hier dient sie zur Ver-deutlichung der Verknüpfung zwischen den einzelnen Aromaten

2) Daten aus DSC-Messungen (2.Aufheizen; Heizrate: 10K/min; unter N2-Atmosphere) 3) g: Glasübergang; n: nematisch; i: isotrop

Zur Interpretation der Glasübergangstemperaturen wird an dieser Stelle an Naitos Theorie zur Bildung von organischen Gläsern verwiesen, welche bereits in Kap. 3.5.1.1 beschrieben wurde. Verantwortlich für die Lage der Glasübergangstemperatur sind eine Materialklassen-konstante, Molekülgröße, sowie der entropische Beitrag aufgrund von konformativen Anord-nungsmöglichkeiten. Die Molekülgröße bzw. das Molekulargewicht ist dabei in allen Verbin-dungen nahezu gleich. Ausschlaggebend ist, wie Kap. 3.5.1.2 ausführlich dargelegt, der Bei-trag der Alkylgruppen. Betrachtet man die Verbindungen 1a und 1b, so unterscheiden sich diese lediglich in ihrem Verknüpfungsmuster. Die Anordnung der Aromaten und das Alkyl-substitutionsmuster ist dasselbe. Analoges gilt für 2a und 2b. Dabei zeigt sich, dass die Glasübergangstemperaturen sehr ähnlich sind. Sie differieren um 6°C bzw. 1°C.

N

N

N N

N N

Vor allem im Falle 2a und 2b zeigt sich, dass das Verknüpfungsmuster für die Lage des Tgs eine untergeordnete Rolle spielt. Betrachtet man im Gegensatz dazu die beiden linearen Verbindungen 1a und 2a mit identischem Verknüpfungsmuster, so differieren die Glasüber-gangstemperaturen um 9°C. Demnach sind die konformativen Beiträge, die von den ver-schiedenen Alkylmustern herrühren unterschiedlich. Der Beitrag der von einer Ethylhe-xylgruppe herrührt ist größer als der von Dibutylgruppen. Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die beiden gewinkelten Verbindungen 1b mit 2b sowohl in Alkylmuster, Anordnung und Verknüpfung. Die Tg-Differenz beträgt hier bereits 19°C. Analog dazu ist dies auf die unter-schiedliche Alkylsubstitution zurückzuführen. Allerdings mag hier die deutlich globulärere Struktur der Verbindung 1b eine Rolle spielen.

Bezüglich dem flüssigkristallinen Phasenverhalten ist aus Tab. 4.1 zu entnehmen, dass le-diglich das 2,2’:7’,2’’ verknüpfte Trimer 2a einen flüssigkristallinen Phasenübergang mit einer Phasenbreite von ca. 30°C aufweist. Die Klärenthalpie beträgt ∆Hn.i 1,33 kJ/mol. Die DSC-Kurve der 2. Aufheizkurve von 2a ist in Abb. 4.15 dargestellt.

Abb. 4.15 DSC-Kurve von 2a (Aufheiz- und Abkühlrate: 10K/min; unter N2)

Polarisationsmikroskopische Untersuchungen bestätigten die flüssigkristalline Phase. Die Schlierentextur lässt dabei auf eine nematische Phase schließen. Die gewinkelten Verbin-dungen 1b und 2b zeigen erwartungsgemäß isotropes Verhalten. Beim linearen Trimer 1a wurde allerdings weder in den DSC-Kurven noch polarisationsmikroskopisch eine LC-Phase gefunden. Tatsächlich sind bis dato auch keine einfachen 2,2’:7’,2’’-Terfluorene oder 2,2’:7’,2’’-Tercarbazole [307] bekannt, die flüssigkristallines Verhalten zeigen. Es hat den An-schein, als ob neben dem linearen Aufbau auch die Anordnung der Aromaten eine Rolle spielt.

Zusammenfassend gilt es festzustellen:

Die Lage der Glasübergangstemperaturen ist deutlich von der Art der Alkylsubstituenten und dem Muster der Alkylsubstitution abhängig. Gewinkelte Trimere ergeben organische Gläser.

Flüssigkristalline Phasen werden mit linearen Verbindungen ermöglicht (Verknüpfungsmus-ter). Die Ausbildung einer flüssigkristallinen Phase ist allerdings von einem bestimmten An-ordnungsmuster der Aromaten abhängig (s. Abb. 4.16).

50 100 150 200 250

N N

Tg: 52°C Tg: 53°C

Ti,n: 77°C

Temperatur [°C]

Tn,i: 80°C

2a endo

exo

2. Aufheizen

2. Abkühlen

Abb.4.16 Anordnungsmöglichkeiten von symmetrischen 2,2’;7’,2’’-verknüpften (linearen) Trimeren mit Carbazol- (C) und Fluoreneinheiten (F) und bis dato bekanntes Phasenverhal-ten (nach wiederholPhasenverhal-ten Aufheizen)