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Ladungstransport in organischen Bauteilen

TFPA-Bu TFTP-Bu TFPA-Hex

4. Flüssigkristalline Verbindungen auf der Basis von Fluorenen und Carbazolen

4.1 Ladungstransport in organischen Bauteilen

Der Ladungsträgertransport ist ein wesentlicher Aspekt in allen (opto)elektronischen Bautei-len. Je größer die Beweglichkeit µ ist, desto effizienter ist das Device [122]. Dabei muss je nach Art des Bauteils ein Kompromiss zwischen den weiteren Anforderungen an das Materi-al und dem Transport gefunden werden. In organischen Transistoren ist eine sehr hohe La-dungsträgerbeweglichkeit der essentielle Parameter, ohne den ein akzeptabler Devicebetrieb nicht vorstellbar ist.

4.1.1 Morphologie und Beweglichkeit

Wie erwähnt ist die Ordnung in einem System ein wichtiger Faktor zum Erreichen einer ho-hen Ladungsträgerbeweglichkeit. Der Zusammenhang zwischo-hen der Beweglichkeit und der Ordnung ist allerdings komplex. Physikalisch kann bis dato die Beweglichkeit µ nicht voll-ständig mit allen beeinflussenden Parametern beschrieben werden [122]. Hier sind kurz die Grenzen und Möglichkeiten der Beweglichkeit im Bezug zur Ordnung erläutert. Bezüglich der Ordnung in organischen Materialien seien zwei Extreme betrachtet: der amorphe und der kristalline Zustand.

Ein amorphes Material zeichnet sich durch vollkommene Regellosigkeit der Moleküle zuein-ander aus. Die physikalischen Eigenschaften, wie auch der Ladungstransport, sind im All-gemeinen isotrop. Bezüglich des Ladungstransports müssen dabei die Ladungen in einem inkohärenten Prozess von Molekül zu Molekül springen. Diese so genannten Hoppingpro-zesse sind thermisch aktiviert und vergleichsweise langsam. Physikalisch wird die Ladungs-trägerbeweglichkeit von amorphen Systemen häufig mit dem Bässlerformalismus

beschrie-ben [123, 139]. Amorphe Materialien können dabei mittels Time-of-flight bestimmte Beweglich-keiten (µTOF) von bis zu 10-2 cm2/Vs erreichen [137] (zur Time-of-flight-Methode s. Lit. [140]).

Nach Garnier mögen sich typische Beweglichkeiten in organischen Transistoren (µFET) auf der Basis amorpher Systeme zwischen 10-8 und 10-4 cm2/Vs bewegen [60]. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass man dabei auch Beweglichkeiten (µFET) im Bereich von ~10-3 cm2/Vs erreichen kann [239, 241].

Im Gegensatz zu den amorphen Systemen sind die physikalischen Eigenschaften von Ein-kristallen anisotrop. In EinEin-kristallen gibt es eine bevorzugte Raumrichtung für den Transport von Ladungen. Zudem darf angenommen werden, dass neben einem thermisch aktivierten Hoppingprozess noch ein kohärenter bandartiger Transport auftreten kann. Dabei berichtete Karl bereits 1984 von Beweglichkeiten (µTOF) von 400 cm2/Vs bei 10K in Naphthalineinkristal-len [351]. Im Falle von Pentaceneinkristallen ist dies bei tiefen Temperaturen der dominierende Prozess. Bei Raumtemperatur hingegen werden typische Beweglichkeiten von nur einigen cm2/Vs erreicht [127, 128]*). Die Beweglichkeit in Einkristallen ist somit um mehrere Größenord-nungen höher als die von amorphen Systemen.

Im Hinblick auf eine mögliche Anwendung von organischen Feldeffekttransistoren (s. Kap.

1.4) werden die Beweglichkeiten von Ladungsträgern in amorphen Systemen praktisch als nicht ausreichend angesehen [60] (s. auch Kap. 5). Die technische Realisierung von organi-schen Transistoren auf der Basis von Einkristallen ist allerdings mit einem großen Aufwand verbunden. Polykristalline oder flüssigkristalline Systeme liegen bezüglich des Ordnungsgra-des zwischen den beiden Extremen. Organische Transistoren auf dieser Basis sind tech-nisch realisierbar.

Abb.4.1 Schematische Darstellung von Ordnung und Beweglichkeit in org. Materialien Eine theoretische Beschreibung, wie bei amorphen oder einkristallinen Systemen ist aller-dings schwierig [122]. Wie oben dargestellt ist die Beweglichkeit nicht einfach nur von der Morphologie abhängig. Eine bestimmte Vorzugsrichtung und die komplexen Verhältnisse beim Ladungstransport sind ausschlaggebend für die Effizienz des Devices [122]. Vor diesem Hintergrund werden nun die gängigsten Materialien in organischen Transistoren vorgestellt.

4.1.2 Materialien in organischen Feldeffekttransistoren

Tatsächlich lassen sich - aus chemischer Sicht - die Materialien in effizienten organischen Transistoren auf wenige Strukturelemente reduzieren. Dennoch kann ein und dasselbe Ma-terial deutliche Unterschiede in der Ladungsträgerbeweglichkeit aufweisen. Um zu verstehen

*) Die zitierten Artikel stehen unter dem Verdacht der Irreführung der wissenschaftlichen Gesellschaft.

Dabei werden u.a. (Teile der) Ergebnisse der Publikationen in Frage gestellt. Siehe hierzu den Kom-missionsbericht unter: www.lucent.com/news_events/pdf/researchreview.pdf

amorph flussigkristallin polykristallin einkristallin Ordnung:

Beweglichkeit:

Mechanismus:

~10-8-10-3 ~10-4-10-1 ~10-4-100 ~100 cm2/Vs Hopping Hooping+bandartiger Transport

gut schlecht

Prozessierbarkeit:

wie dies zustande kommt, ist zunächst die Transportrichtung in einem org. Transistor darge-stellt. Anschließend soll hervorgehoben werden, inwiefern die Ordnung Einfluss auf die Transistoreffizienz hat. Da die Morphologie von Substanzen prozesstechnisch gesteuert werden kann, erfolgt die Einteilung in niedermolekulare und polymere Substanzklassen.

Ein org. Transistor ist ein Halbleiterbauteil mit einer Dreielektrodenanordnung, nämlich ce, Drain und Gate (s. Abb. 4.2). Der organische Halbleiter befindet sich zwischen den Sour-ce und Drain-Elektroden. Von der Gate-Elektrode ist dieser durch eine Isolatorschicht ge-trennt. Legt man nun eine Spannung an der Drain-Elektrode an, wobei die Source-Elektrode geerdet ist, baut sich ein elektrisches Feld in Richtung Source-Drain auf. Elektrische Ladun-gen beweLadun-gen sich immer in Ausdehnungsrichtung des Feldes. Die Gate-Elektrode mag da-bei als ein Schalter aufgefasst werden. Ohne angelegte Spannung an der Gate-Elektrode verhält sich die halbleitende Schicht wie ein Isolator (Off-Zustand). Bei angelegter Spannung werden zusätzlich Ladungen in die Halbleiterschicht induziert [229]. Die organische Schicht wird leitend (On-Zustand).

Abb.4.2 Schematischer Aufbau eines organischen Transistors; der Pfeil deutet die Richtung der Bewegung von Ladungsträgern an; der Ladungstransport findet v.a. an der Grenzfläche Isolator/Halbleiter statt (s. auch Kap. 1.4.3)

Das effizienteste Device erhält man dann, wenn ein geordnetes Material derart aufgebracht ist, dass sich die maximale Beweglichkeit in dem anisotropen Festkörper in Source-Drain-Richtung ergibt.

Transistoren aus niedermolekularen Verbindungen sind häufig polykristallin. Dabei werden in organischen Feldeffekttransistoren Acene als aktives Material verwendet. Eine gängige Ver-bindung hierbei ist das Pentacen. Die Beweglichkeiten variieren dabei vom amorphen Zu-stand bis hin zum Einkristall im Bereich von 10-8-100 cm2/Vs [15]. Eine polykristalline Morpho-logie des Pentacens kann dabei entweder durch Aufdampfen von Pentacen oder Beschich-ten des Transistorsubstrates mit einem Precursorpentacen (s. Lit. [229]) und anschließender Konversion zum Pentacen erhalten werden. Die Transistorbeweglichkeiten aus Precursor-pentacen erhaltenen Devices bewegen sich um ~10-2 cm2/Vs [229]. Transistoren aus aufge-dampften Pentacenen erreichen Beweglichkeiten im Bereich von >1 cm2/Vs [210, 221, 238, 359]. Daneben wurden Oligothiophene, insbesondere von Garnier und Horowitz [60, 228, 231], intensiv auf Transistoraktivität untersucht. Die gängigste Verbindung hier ist das Sexithiophen. Dabei zeigte sich, dass dessen Morphologie und damit die Beweglichkeit stark von den thermi-schen Bedingungen abhängig sind. Solche Verbindungen zeigen polymorphes Verhalten mit unterschiedlichen Kristallmodifikationen [360]. Dabei können Transistorbeweglichkeiten für das Sexithiophen von 2 x 10-3 cm2/Vs (gleichförmige Kristallite) bis zu 3 x 10-1 cm2/Vs (Einkristall) erhalten werden [60]. Wesentlich für eine hohe Beweglichkeit ist die Ausrichtung der Moleküle senkrecht zur Substratoberfläche (2,5 x 10-2 cm2/Vs) anstelle einer parallelen Anordnung

(6 x 10-3 cm2/Vs) [60, 231]. Daraus resultiert eine effiziente π−π-Überlappung in Source-Drain-Richtung.

Neben den polykristallinen niedermolekularen Verbindungen sind auch flüssigkristalline Ver-bindungen, wie das α,ω-Dihexylsexithiophen bekannt. Dieses zeigt eine Beweglichkeit von 8 x 10-2 cm2/Vs [60, 231]. Hierbei haben die Alkylketten einen wesentlichen Einfluss. Zum einen fördern diese aufgrund von Alkyl-Alkyl-Wechselwirkungen eine dichtere Packung der Se-xithiopheneinheiten und eine weitreichende Ordnung, zum anderen richten sich die Moleküle auf, so dass wiederum eine senkrechte Orientierung zur Substratoberfläche vorliegt [231].

Abb. 4.3 Gängige konjugierte niedermolekulare Verbindungen für organische Transistoren Neben den niedermolekularen Verbindungen werden auch halbleitenden Polymere als Mate-rial in organischen Feldeffekttransistoren verwendet. Die gängigsten Polymere weisen Thiophene als Strukturelement auf.

Das in organischen FETs zurzeit wohl am häufigsten eingesetzte Polymer ist das hexylthiophen) (P3HT). Insbesondere die Orientierung von regioregularen Poly(3-alkylthiophenen) ergibt effiziente Devices. Die Beweglichkeit variiert dabei von 10-4 cm2/Vs bis nahezu 10-1 cm2/Vs [71, 74, 76, 361, 362]. Röntgenographische Untersuchungen zeigen, dass es sich um eine mikrokristalline Morphologie mit einer lamellenartigen Anordnung der Polyhe-xylthiophene handelt [361]. Limitierend bezüglich des Ladungstransports sind zunächst die amorphen Bereiche, die die Ladungsträger in einer thermisch aktivierten Hoppingbewegung überwinden müssen. Des weiteren konnte aus winkelabhängigen Röntgenuntersuchungen festgestellt werden, dass es zwei Orientierungsmöglichkeiten im regioregularen Poly(3-hexylthiophen) gibt [361]. Diese, in Abb. 4.4 schematisch dargestellten Anordnungen, sind zum einen eine senkrechte und zum anderen eine parallele Anordnung des konjugierten aromati-schen Systems zum Substrat (Im Gegensatz zu den niedermolekularen Thiophenen 6T und DH6T, wo sich die Moleküllangsachse senkrecht zum Substrat ausrichtet, bleibt hier in bei-den Fällen das Polymerrückrat an sich in der Ebene des Substrates.).

Abb.4.4 Orientierungsmöglichkeiten von regioregularen Poly(3-hexylthiophen); die Bewe-gungsrichtung der Ladungsträger erfolgt quer zum Substrat (s. Abb. 4.2) [361]

µFET = 5 x 10-2cm2/Vs µFET = 2 x 10-4cm2/Vs

S S

S S

S S

S S

S S

S S

α,ω-Dihexylsexithiophen (DH6T) Sexithiophen (6T)

Pentacen

Dabei zeigte sich, dass die Beweglichkeit im senkrecht angeordneten System (Abb. 4.4 links) aufgrund der günstigen π-Überlappung in Richtung Source-Drain eine um mehr als 2 Größenordnungen höhere Beweglichkeit aufweist als in Systemen mit parallel angeordneter Ausrichtung (Abb. 4.4 rechts). Im parallel geordneten System kommt erschwerend hinzu, dass die in Source-Drain-Richtung liegenden lamellenartigen Alkylketten wie eine Isolator-schicht wirken. Der transportbestimmende Faktor ist daher ein hoppingartiger Prozess [363]. Die Art der Orientierung von Polyhexylthiophen ist von mehren Faktoren abhängig: Zum ei-nen zählt dazu der Grad der Regioregularität und zum anderen die Prozesstechnik (Spin Coating versus Casting) [363]. Senkrechte Orientierung erhält man je höher Regioregularität des Polymeren und je langsamer das Prozessverfahren ist. Bei Castingprozessen verdampft das Lösungsmittel langsamer als bei Spincoatprozessen. Die günstigere (senkrechte) An-ordnung ist daher auf eine zeitlich ermöglichte Relaxation zurückzuführen [363]. Es ist daher verständlich, dass der Dampfdruck des Lösungsmittels eine Rolle spielt. Filme, die unter der Verwendung von verschiedenen Lösungsmitteln hergestellt wurden, können die Beweglich-keit um zwei Größenordnungen beeinflussen [63].

Des weiteren fördern auch hier hydrophobisierte Oberflächen eine Alkylwechselwirkung mit dem Substrat und folglich die senkrechte Anordnung der Moleküle [62, 74].

Daneben wurde auch Polythiophenvinylen (PTV) in organischen Transistoren eingesetzt.

Dabei bestimmte man die max. Beweglichkeit zu 0.22 cm2/Vs [364]*). Die unterschiedlichen Beweglichkeiten wurden hier der Konjugationslänge des PTVs in Abhängigkeit von der Kon-version des ursprünglichen Precursorpolymers zugeschrieben [364]. Bezüglich der Morpholo-gie dieses Thiophenpolymers ist bis dato wenig bekannt.

Interessanter ist das flüssigkristalline Fluorenbisthiophencopolymer F8T2. Hierbei konnten Beweglichkeit in organischen Transistoren von 0,01-0,02 cm2/Vs erreicht werden [240]. Anders als beim mikrokristallinen P3HT bedarf es hier einer Orientierungsschicht, um effiziente F8T2-Transistoren zu erhalten. Im Falle einer solchen Monodomänestruktur erhält man hohe Beweglichkeiten, falls das Polymerrückgrat parallel zur Source-Drain-Richtung ausgerichtet ist [240]. Bei einer Orientierung senkrecht zur Source-Drain-Richtung verringert sich die Be-weglichkeit um eine Größenordnung (1-2 x 10-3 cm2/Vs). Dieses Verhältnis der Beweglichkei-ten ist dabei ähnlich zu dem dichroitischen Verhältnis bzgl. der Absorption der Monodomä-nen (dichroitisches Verhältnis: Verhältnis der Intensitäten von parallel (0°) zu senkrecht (90°) absorbiertem oder emittiertem Licht). In Transistoren auf F8T2-Basis mit einer Multidomä-nenstruktur sind mit Beweglichkeiten mit 3-5 x 10-3 cm2/Vs um einen Faktor 2-3 größer als in senkrecht orientierten Domänen. Demnach spielen hier die Grenzflächen zwischen den Do-mänen eine untergeordnete Rolle im Gegensatz zu den Korngrenzen von polykristallinen Filmen [240].

Anders als bei P3HT oder den o. g. niedermolekularen Verbindungen ist hier die Effizienz des Devices nicht auf eine effiziente π−π−Überlappung zwischen den Molekülen (intermole-kularer Ladungstransport) [361] zurückzuführen, sondern auf die hohe Beweglichkeit von La-dungsträgern entlang des Polymerrückgrates (intramolekularer Ladungstransport) [240]. Im Falle des F8T2s sind die Hüpfprozesse zwischen den einzelnen Polymerketten (intermoleku-lare Ladungstransport) der limitierende Faktor für die Beweglichkeit [240].

*) Diese Beweglichkeit konnte allerdings bis dato nicht reproduziert werden

Abb. 4.5 Häufig in organischen Transistoren eingesetzte Polymere auf Thiophenbasis;

P3HT: Poly(3-hexylthiophen), PTV: Poly(thiophenvinylen); F8T2: Poly(9,9-dioctylfluoren-co-bithiophen)

Allgemein haben organische Transistoren auf der Basis von Thiophenderivaten den Nachteil, dass die Performance des Transistors sich an Luft verschlechtert. Dieses Phänomen wird dabei auf ein Sauerstoffdoping der halbleitenden Schicht zurückgeführt [63, 229, 365]. Nach Ent-fernung des Sauerstoffs im Vakuum kann man wiederum die ursprünglichen Transistorkenn-linien [229] oder unter Umständen günstigere Kennlinien erhalten [365]. Der Vorgang sei dem-nach reversibel.

Daneben berichtet Sirringhaus et. al. von einer augenscheinlichen Degradation selbst im Vakuum von Transistoren auf der Basis von Bis(dithienothiophen) [243].

Nach Bao et. al. neigen organische Materialien mit hochliegenden HOMO-Niveaus und ge-ringen Bandlücken leicht zur Photooxidation und daher zur Degradation des Devices [366]. I.V.

zu solchen Materialien sei das niedermolekulare 5,5’-Bis(fluoren-2-yl)-2,2-’bithiophen für mindestens 2 Monate an Luft und unter permanenter Lichteinstrahlung lagerstabil [366]. Diese mikrokristalline Verbindung (s. Abb. 4.6) besitzt dabei eine Transistorbeweglichkeit von 0,02-0,03 cm2/Vs bei Raumtemperatur [366]. Alkylierung der endständigen 7-Positionen der Fluore-ne hat dabei keiFluore-nen Einfluss auf die Beweglichkeit. Dagegen verringert die Alkylierung in der 9-Position des Fluorens die Beweglichkeit um mindestens eine Größenordnung [367].

Abb.4.6 Struktur von 5,5’-Bis(fluoren-2-yl)-2,2’-bithiophen [366]