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Lineare und gewinkelte Moleküle in organischen Feldeffekttransistoren

Vakuum- Vakuum-niveau

6.2.3 Lineare und gewinkelte Moleküle in organischen Feldeffekttransistoren

In einem typischen Transistor ist die Source-Elektrode immer geerdet. Die Gate- bzw. Drain-Elektroden werden mit unterschiedlichen Spannungen versorgt (s. Abb. 4.2).

Zur Bestimmung der Devicecharakteristik gibt es zwei Möglichkeiten:

a) Bestimmung des Stromflusses an der Drain-Elektrode bei konstanter Gate-Spannung und zeitlich verändernder Drain-Spannung (Outputcharakteristik)

b) Bestimmung des Stromflusses an der Elektrode bei konstanter Drain-Spannung und zeitlich verändernder Gate-Drain-Spannung (Transfercharakteristik)

Prinzipiell kann aus beiden Charakteristiken die Beweglichkeit µ bestimmt werden [15, 63]. Insbesondere bei ungeordneten (amorphen) Systemen ist es häufig der Fall, dass die Be-weglichkeit eine Gate-Spannungs-Abhängigkeit (µ(Vg)) aufweist [229]. In den folgenden Abbil-dungen sind ausschließlich Transfercharakteristiken dargestellt.

In Abb. 6.27 sind dabei diese für verschiedene lineare 2,7-verknüpfte Trimere die Gate-Spannung gegen den Drain-Strom bei einer konstanten Drain-Gate-Spannung von –20V aufgetra-gen.

Abb. 6.27 Transfercharakteristik von linearen 2,7-verknüpften Verbindungen (Terfluoren, Tercarbazol, Biscarbazolylfluoren) bei –20V Drain-Spannung am frisch präparierten Film;

Vorwärts- und Rückwärts-Sweep

Der Messzyklus erfolgte hierbei für das Tercarbazol und dem Biscarbazolylfluoren von +5V nach –20V und zurück und für das Terfluoren von –10V bis –40V und zurück (die Messrich-tung ist im Falle des Terfluorens eingezeichnet). Der messbare Strom an der Drain-Elektrode setzt beim Fluorentrimer allerdings erst ab –25V. Im Falle des Tercarbazol ist dies bei –9V und des gemischten Trimers bei -4V der Fall. Alle Verbindungen zeigen dabei eine mehr

-40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5

1E-13 1E-12 1E-11 1E-10 1E-9 1E-8

N N

N

N N

MeO OMe

Drain-Strom [A]

Gate-Spannung [V]

N

N

N

N N MeO OMe

oder minder ausgeprägte Hysterese. Auf dieses Phänomen wird im Kap. 6.2.4 noch ausführ-lich eingegangen.

Eine Interpretation der Beobachtungen mag nun wie folgt gegeben werden. In Kap. 4.10 wurden die cyclovoltammetrisch bestimmten Halbstufenpotentiale solcher Verbindungen dis-kutiert. Wie man aus den ersten Halbstufenpotentialen des Tercarbazols und des Bis-(methoxycarbazolyl)-fluorens vermuten mag (s. Abb. 4.38 und Abb. 4.39) liegen deren HOMO-Niveaus deutlich höher als das des Terfluorens. Dabei mag man annehmen, dass es für das Terfluoren einer höheren Gate-Spannung bedarf, bis ein Leitungskanal ausgebildet wird. Im Idealfall sollte der organische Halbleiter für die Majoritätsladungsträger (Löcher) ohmsche Kontakte mit den Elektroden (Source und Drain) bilden [229]. Bei den typischen E-lektrodenmaterial Gold (Austrittsarbeit: -5,3 eV) sollten die HOMO-Niveaus der p-type Halb-leiter bei ~-5,4 eV oder höher liegen. Demnach ergibt sich hier für das Terfluoren eine signifi-kante Energiebarriere für die Injektion von Ladungsträgern von der Source-Elektrode in die halbleitende Schicht, die anschließend zur Grenzfläche Halbleiter/Isolator wandern. Bei den Transfercharakteristiken bei Drain-Spannung von –2V, sowie bei –20V (s. Abb. 6.27) werden vergleichbar hohe Gate-Spannungen für das Einsetzen eines Stromflusses benötigt.

Daneben sind auch die Filmbildungseigenschaften der Verbindungen von Bedeutung. Der Ladungstransport zwischen der Source- und Drain-Elektrode wird dabei an solchen Bruch-stellen verlangsamt oder verhindert. Die Verhältnisse in einem realen organischen MISFETs sind u. U. komplexer als in der idealen MIS-Diode illustriert ist. Des Weiteren mögen auch Oberflächeneffekte und das Auffüllen von Fallenzuständen auch aufgrund einer mehr oder minder breiteren DOS (density of states) eine Rolle spielen [448-450].

Die wesentlichen Transistorkenndaten der linearen Verbindungen sind dabei in Tab. 6.4 zu-sammengefasst.

1) Bei VD = -20V

2) VG(off) = 0V und VG(on) = -20V bei VD = -20V

Die entsprechenden maximalen Beweglichkeiten µFET können dabei aus den Strom-Spannungskurven ermittelt werden. Die Beweglichkeiten steigen dabei in Richtung Terfluo-ren > Tercarbazol > Bismethoxy-fluoTerfluo-renylcarbazol. Bzgl. der Beweglichkeit mag es verständ-lich sein, dass das apolare Fluoren einen schlechteren Lochtransport aufweist als die stick-stoffhaltigen Trimeren. Da allerdings die Beweglichkeit i.a. gatespannungsabhängig ist [229],

Tab. 6.4 Transistorkenndaten von linearen 2,7-verknüpften Trimeren

Onset [V]1) µFET [cm2/Vs] Ion/Ioff2)

-27 1x10-5 -

-9 2x10-5 ~103

-5 6x10-5 ~104

mag das Terfluoren nicht direkt mit den beiden anderen vergleichbar sein, da diese bei einer signifikant höheren Gate-Spannung bestimmt wurde.

Die entsprechenden On/Off-Verhältnisse, wie in Tab. 6.4 aufgeführt, können hier direkt aus den Transfercharakteristiken ermittelt werden. Dabei definiert sich der On-Zustand zu den Stromfluss bei VG < 0V (bei VD = konst.). Der Off-Zustand entspricht den Strom bei VG = 0V (bei VD = konst.). Im Falle des Terfluorens kann dabei kein Off-Zustand bestimmt werden (s.

Abb. 6.27). Im Falle des Tercarbazols bestimmt sich dies zu 103 und im gemischten Trimer zu 104 bei derselben Gate(on)-Spannung (VG: –20V). Die On/Off-Verhältnisse werden bei unterschiedlichen Gate(on)-Spannungen, aber auch Gate(off)-Spannungen [243] stark variie-ren. Die On/Off-Verhältnisse sind daher eher schwierig mit den Literaturangaben zu verglei-chen [15, 63].

Zum Zusammenhang zwischen der Reinheit von Verbindungen und dem On/Off-Verhältnis:

Ein hohes Verhältnis ist ein wesentlicher Parameter. Zwischen dem On/Off-Verhältnis, der Beweglichkeit und der Leitfähigkeit gilt folgender Zusammenhang:

Gl.6.4

mit σ: Leitfähigkeit, Ci : Kapazität/Fläche des Isolators, t : Halbleiterschichtdicke, NA: induzier-te Ladungsdichinduzier-te (s. Lit. [228, 229])

Ein wesentlicher Aspekt der Gleichung ist das Verhältnis µ/σ. Dieses verhält sich nicht direkt proportional zueinander [229]. Je größer die Leitfähigkeit σ eines organischen Materials ist (aufgrund von Verunreinigung bzw. Dotierung) [60, 229], desto geringer wird das Verhältnis µ/σ und das On/Off-Verhältnis.

In einer ersten Näherung werden hier die Transfercharakteristiken herangezogen werden.

Diese zeigen, dass der Drainstrom bei VG = 0V für praktisch alle Verbindungen sehr ähnlich ist (s. auch unten). Bei keiner Gate-Spannung (VG=0V) erhält man Drainströme von wenigen Picoampere (±1 Größenordnung) (s. Abb. 6.27). Demnach besitzen die Verbindungen eine geringe Leitfähigkeit und daher eine ‚vergleichbare’ hohe Reinheit bzw. einen geringen Do-pinglevel.

Es bleibt festzuhalten:

In linearen 2,7-verknüpften Trimeren sinkt die Onset-Spannung und steigt die Beweglichkeit in der Reihe Terfluoren > Tercarbazol > Bismethoxyfluorenylcarbazol.

Dies mag auf eine Diskrepanz zwischen den HOMO-Niveaus der Verbindungen und der Austrittsarbeit der Source- bzw. Drain-Elektroden zurückzuführen sein. Ebenso mögen die Filmbildungseigenschaften eine Rolle spielen. Beides führt zu energetischen Barrieren bzw.

fehlenden ohmschen Kontakten, die eine Injektion von Ladungsträgern oder deren Transport erschweren.

Die Reinheit der Verbindungen ist vergleichbar und die Beweglichkeitsunterschiede nicht auf verschiedene Dopinglevels zurückzuführen. Solche linearen 2,7-verknüpften Trimere sind zunächst als mehr oder minder elektronenreiche para-Phenylene aufzufassen. Nachfolgend werden solche linearen Verbindungen mit den mehr oder minder gewinkelten und unter-schiedlich konjugierten Trimeren verglichen. Die Transfercharakterisitiken bei Drain-Spannungen von –2V und –20V sind in Abb. 6.28 und Abb. 6.29 dargestellt. Die wesentli-chen Transistordaten sind in Tab. 6.5 dargestellt.

2

Abb. 6.28 Transfercharakteristik von gewinkelten Verbindungen: 3,6-verknüpftes Tercarbazol (gestrichelte Linien) und 2,7-Bis(Carbazol-3-yl)fluoren (kompakte Linien) bei –2V und –20V Drain-Spannung am frisch präparierten Film; Vorwärts-Sweep

Abb. 6.29 Transfercharakteristik von gewinkelten und linearen Verbindungen: 2,7-Bis(Carbazol-3-yl)fluoren und 2,7-Bis(Carbazol-2-yl)fluoren bei –2V und –20V Drain-Spannung am frisch präparierten Film; Vorwärts-Sweep

Die Onset-Spannungen der Verbindungen liegen bei einer Drain-Spannung VD von –2V nahe bei einer Gate-SpannungVG von 0V. Bei steigender Drain-Spannung (-20V) verschieben sich diese nur leicht zu negativen Gate-Spannungen mit zunehmender Linearität der Moleküle.

Dies mag zumindest als Indiz für eine akzeptable Filmbildung gelten. Ebenso sind die HO-MO-Niveaus besser an die Goldelektroden angepasst. Auch ist der Drainstrom bei VG=0V und VD=-2V bei allen Verbindungen im geringen Picoamperebereich. Ionische Einflüsse (Do-ping) sind wohl bei allen Verbindungen sehr ähnlich und vernachlässigbar. Das 3,6-verknüpfte Tercarbazol zeigt allerdings eine schlechtere Beweglichkeit als die gemischt ver-knüpften Verbindungen. Im Vergleich mit dem 2,7-verver-knüpften Tercarbazol sogar ein

-20 -15 -10 -5 0 5

1E-12 1E-11 1E-10 1E-9

1E-8 VD: -20V

N N

N N

MeO OMe

Drain-Strom [A]

Gate-Spannung [V]

VD: -2V

-20 -15 -10 -5 0 5

1E-12 1E-11 1E-10 1E-9 1E-8

N N N

N N

Drain-Strom [A]

Gate-Spannung [V]

VD: -2V VD: -20V

N N OMe MeO

N N

N

N N

schlechteres On/Off-Verhältnis. Es gilt zu erwähnen, dass ein 3,6-verknüpftes Polycarbazol ähnlich zum dem Verhalten des 3,6-Tercarbazols ist. Die Beweglichkeit ist bei dem Polymer gerade um einen Faktor 2 größer. Aufgrund der wesentlichen besseren Filmbildung von Po-lymeren sind also solche Transistorkennlinien offensichtlich charakteristisch für 3,6-verknüpfte Carbazole.

1) Bei VD = -2V

2) VG(off) = 0V und VG(on) = -20V bei VD = -20V

Die Anzahl der Alkylkohlenstoffe der hier diskutierten drei Verbindungen ist vergleichbar.

Diese haben zwar keinen Einfluss auf die elektronischen Niveaus, mögen aber als mehr oder minder isolierender Ballast wirken. Ein solcher Ballast kann u. U. den Ladungstransport sig-nifikant vermindern [74, 361]. Unter der allgemein anerkannten Annahme, dass es sich hier um Hoppingprozesse handelt, mag dann das 3,6-verknüpfte-Tercarbazol eine etwas breitere DOS besitzen. Diese wäre auf eine etwas größere Unordnung zurückzuführen, welches mit der Molekülstruktur vereinbar wäre.

Im Gegensatz dazu allerdings mag das flüssigkristalline Bis(methoxycarbazol-2-yl)fluoren zwar eine Multi-Domänenstruktur besitzen, ein signifikanter Beitrag zum Ladungstransport aufgrund einer höheren morphologischen Ordnung ist allerdings nicht direkt beobachtbar.

Dies ist allerdings auch nicht weiter verwunderlich, muss man hier doch annehmen, dass die Mesogene planar auf der Oberfläche zum Liegen kommen. Der Vergleich mit ebenfalls pla-nar angeordneten regioregularen Polyhexylthiophen (P3HT) mit mikrokristalliner Struktur zeigt, dass sich die Beweglichkeit hier in den nichtoptimierten Device nicht einmal um eine Größenordnung unterscheidet (s. Abb. 4.4) [71, 74, 361]. Wie ebenfalls in Kap. 4.1.2 im Falle des nematischen Fluorenbithiophencopolymers (F8T2) dargestellt ist die Beweglichkeit in einer planaren, flüssigkristallinen Multidomänenstruktur nicht wesentlich günstiger als die ungünstige quer zu Source und Drain orientierte planare Monodomäne [240]. Eine Erhöhung

Tab. 6.5 Transistorkenndaten unterschiedlich verknüpfter Trimere

Onset [V]1) µFET [cm2/Vs] Ion/Ioff2)

0 2x10-5 400

0 6,7x10-5 ~104

-1 6x10-5 ~104

der Ladungsträgerbeweglichkeit in einem nematischen System bedarf einer gezielten Aus-richtung der Mesogene.

Abschließend gilt es festzustellen, dass das Einsetzen einer Transistoraktivität in trimeren Verbindungen mit zunehmender Anpassung der HOMO-Niveaus an das Elektrodenmaterial und günstigerer Filmbildungseigenschaften steigt. Homogene Filmbildung kann hier prak-tisch nur mit entsprechenden Alkylkettenlängen gesteuert werden.

Das dann solche Alkylketten auch als Ballast wirken können, mag dann eher in der Beweg-lichkeit von stärker gewinkelten Verbindungen auftreten. Zunehmende Linearität erweist sich dann, möglicherweise aufgrund einer allgemein günstigeren π-π-Überlappung, bei vergleich-baren HOMO-Niveaus als günstiger. Ein flüssigkristalliner Charakter hat allerdings in solchen planaren Multidomänenstrukturen eher geringe Auswirkung.

Ein wesentlicher Punkt ist ebenfalls, dass alle Charakteristiken in gewisser Hinsicht sehr ähnlich sind. Die typische elektrochemische Instabilität von 2-verknüpften Carbazolen, wie in den cyclovoltammetrischen Untersuchungen festgestellt (s. Kap. 4.10), würde aufgrund von Reaktion in den entsprechenden 3-Positionen eine deutliche Veränderung des Material und insbesondere der Konjugation bedeuten. Daraus sind schließlich vermehrt Fallenzustände zu erwarten, die die Ladungsträgerbeweglichkeit negativ beeinflussen können. Signifikante Än-derungen in der Transistoraktivität sind allerdings nicht direkt auszumachen.