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Anforderungsprofil der Zielmoleküle

TFPA-Bu TFTP-Bu TFPA-Hex

4. Flüssigkristalline Verbindungen auf der Basis von Fluorenen und Carbazolen

4.2 Anforderungsprofil der Zielmoleküle

Nach dem oben gesagten sollen die Zielmoleküle, welche als aktives Material in organischen Transistoren eingesetzt werden sollen, unter folgenden Aspekten synthetisiert werden:

Sie sollen luft- und lagerstabile Verbindungen sein. Denn organische Transistoren, die in einem low-performance Bereich eingesetzt werden sollen, dürfen material-, aber v.a. pro-zesstechnisch nicht kostenintensiv sein. Aufwendige Verkapselungstechniken können daher nicht zum Einsatz kommen. Die energetischen Niveaus sollen angepasst sein. Dies beinhal-tet sowohl eine Angleichung des HOMO-Niveaus an das Elektrodenmaterial, wie Gold oder PEDOT. Injektionsbarrieren sollen dabei minimiert werden. Nach dem o. g. wird aber auch

S S

n

S n

S

S n

Regioreguläres P3HT

PTV F8T2

S S

die Stabilität der Verbindung von energetischen Lagen beeinflusst. Als wesentliches Feature, soll das Material eine höhere morphologische Ordnung aufweisen, wodurch bessere Beweg-lichkeiten erreicht werden sollen.

Flüssigkristalle mögen unter Umständen gegenüber mikrokristallinen Verbindungen in elekt-ronischen Dünnschichtbauteilen den Vorteil der leichteren

• Filmbildung: mikrokristalline Systeme können hohe Oberflächenrauhigkeiten aufgrund von Kristallitwachstum und Massentransport zwischen Kristalliten besitzen; letzteres kann zur starken Filminhomogenitäten mit Filmunterberechung führen; Coatingpro-zesse führen meist zu homogenen und gleichförmigen Filmen

• Filmstabilität: polykristalline Systeme mit Korngrenzen sind häufig stark brüchig;

Filmhomogenität in spannungsfreien nichtkristallinen Systemen führt zu dem flexible-ren Film

• Prozessierbarkeit: niedermolekulare, mikrokristalline Systeme werden zumeist aufge-dampft oder via Precursormaterialien auf das Substrat gebracht; dagegen können Polymere mit teilkristalliner Morphologie, wie das P3HT, oder niedermolekulare und polymere flüssigkristalline Systeme mit Coatingprozesse aufgebracht werden.

Der Orientierungsgrad, aber v.a. die Ausrichtung ist in mikrokristallinen Systemen nur be-dingt steuerbar. Zwar ist der Orientierungsgrad innerhalb eines Kristallits hoch, die Ausrich-tung der einzelnen Kristallite ist i.a. aber statistisch verteilt. Der Orientierungsgrad in flüssig-kristallinen Systemen ist durch Temperprozesse in der flüssigkristalline Phase beeinflussbar.

Die Ausrichtung der konjugierten Einheiten auf einer Substartoberfläche ist durch Orientie-rungsschichten steuerbar. Dabei kann man anstelle einer statistischen Multidomänenstruktur nur eine Monodomäne mit gezielter Ausrichtung und Anordnung der Moleküle erhalten. Kon-zeptionell sollen die Verbindungen anstelle einer mikrokristallinen Morphologie flüssigkristal-line Phasen aufweisen.

Wie oben erwähnt, kommen sowohl niedermolekulare als auch polymere flüssigkristalline Systeme zum Einsatz. Der Orientierungsgrad in flüssigkristallinen Systemen kann durch Temperprozesse gesteuert werden. Eine zeitlich zunehmende Orientierung in einer flüssig-kristallinen Phase wird dabei von der Viskosität des Systems beeinflusst, so dass die typi-scherweise stark viskoelastischen ‚Polymerschmelzen’ i. G. zu den niedrigviskosen nieder-molekularen Verbindungen schlechter orientierbar sind. Daneben sind auch die Unterschiede zwischen Polymeren und niedermolekularen Verbindungen wie z.B. Verteilung von physikali-schen Eigenschaften und Endgruppenproblematik, wie in Kap.3, diskutiert zu berücksichti-gen. Niedermolekulare, flüssigkristalline Systeme erhalten daher den Vorzug gegenüber po-lymeren Verbindungen.

Ein typischer organischer Transistor ist ein Festkörperbauteil. Soll daher ein Material ver-wendet werden, welches eine flüssigkristalline Ordnung aufweist, so muss der momentane morphologische Zustand der flüssigkristallinen Phase in einer gleichwertigen festen Phase fixiert werden.

Dazu können die zwei folgenden Konzepte bedacht werden.

a) Prinzipiell ist es möglich eine flüssigkristalline Phase so zu unterkühlen (ohne dass eine Rekristallisation oder ein weiterer Phasenübergang auftritt), bis diese durch Unterschreiten

eines Glasübergangs bei einer Glasübergangstemperatur einen Festzustand erreicht. Dabei bleibt der momentane flüssigkristalline, anisotrope Charakter erhalten [368, 369]. Dieses thermi-sche Verhalten wird zur Orientierung und dem Einfrieren des nematithermi-schen Zustandes bei konjugierten Polymeren wie dem Polydioctylfluoren PFO [348, 349] oder dem Polyfluorenbisthi-ophencopolymer F8TB [240, 370] ausgenutzt. Dies ist dabei nicht nur auf Polymere beschränkt.

Die flüssigkristalline Phase einer niedermolekularen Substanz kann ebenso durch Unterküh-lung unter den Glasübergang eingefroren werden. Zu beachten gilt, dass die Glasübergangs-temperatur so hoch liegen muss, dass bei RaumGlasübergangs-temperatur eine mögliche Änderung des morphologischen Zustandes aufgrund von Relaxationsprozessen, wie z.B. eine Kristallisati-on, unterbunden wird. Der Zusammenhang zwischen dem Erreichen eines Glasüberganges, die Höhe der Glasübergangstemperatur und die hinreichend morphologische Stabilität unter-halb der Glasübergangstemperatur ist dabei ähnlich wie bei den organischen Gläsern ausge-führt (s. Kap. 3). Um eine feste anisotrope Phase von niedermolekularen Verbindungen zu erhalten sind diese Parameter in vergleichbarer Weise essentiell.

b) Eine weitere Möglichkeit liegt in der permanenten Fixierung der flüssigkristallinen Phase.

Dies gelingt mittels einer chemischen Vernetzungsreaktion im geordneten flüssigkristallinen Phasenbereich. Bei einer hinreichend schnellen Reaktion wird ebenfalls aus dem momenta-nen anisotropen fluiden Zustand ein äquivalenter fester Zustand erhalten [371]. Niedermoleku-lare flüssigkristalline Verbindungen, welche eine permanente Fixierung einer geordneten Phase durch chemische Reaktion erlauben werden, als Reaktivmesogene bezeichnet.

Nachfolgend werden die wesentlichen Eigenschaften solcher Reaktivmesogene vorgestellt.

4.2.1 Reaktivmesogene

Unter Reaktivmesogene versteht man wohldefinierte niedermolekulare oder oligomere flüs-sigkristalline Verbindungen mit vernetzbaren Gruppen, deren momentaner morphologischer Zustand durch Polymerisation permanent in ein Netzwerk fixiert werden kann. Reaktivmeso-gene sind demnach eine Unterklasse der Flüssigkristalle.

Der Durchbruch der Flüssigkristalle liegt den heutzutage gängigen Flüssigkristalldisplays zugrunde. Zur Visualisierung von Bildern bedarf es der Schaltung eines jeden einzelnen Pi-xels. Dies gelingt mit niedrigviskosen Systemen. Daher kommen niedermolekulare Verbin-dungen zum Einsatz.

Dennoch sind aufgrund ihrer anisotropen Eigenschaften feste Phasen von flüssigkristallinen Verbindungen von Interesse. Insbesondere die optischen Eigenschaften der cholesterischen Phasen ermöglichen eine Reihe interessanter Anwendungen, wie z.B. als Effektpigmente [372,

373] oder Breitbandpolarisatoren [374].

Zwar war die Polymerisation von monofunktionellen niedermolekularen Flüssigkristallen be-reits längere Zeit bekannt, allerdings konnte Phasenänderung und Phasenseparation wäh-rend der Polymerisation beobachtet werden. D.h. die optischen Eigenschaften der Polymere sind nicht mehr mit denen der Monomere vergleichbar.

Die Verwendung von bifunktionellen polymerisierbaren Flüssigkristallen, wie von Broer vor-gestellt [375, 376], ermöglichte eine thermische oder photochemische Fixierung der flüssigkri-stallinen Phase des Monomers. Eine solche Verbindung ist demnach zu den Reaktivmeso-genen zu zählen. In unserer Arbeitsgruppe wurden derartige Reaktivmesogene von K.

Kürschner [372] und T. Pfeuffer [373] weiterentwickelt (Abb. 4.7).

Abb. 4.7 Beispiele nematischer Reaktivmesogene [371-373] und deren Phasenverhalten; cr:

kristallin, g: Glasübergang, n: nematisch, i: isotrop

Aus den obigen Beispielen (Abb. 4.7) sollen nun folgende und im Hinblick auf diese Arbeit relevante Struktur-Eigenschafts-Beziehungen abgeleitet werden. Während das Mono-BTB zunächst bei 86°C schmilzt zeigen sowohl das Twin- als auch das Tripel-Molekül einen Glasübergang unterhalb von Raumtemperatur. D.h. die Tendenz zur Unterkühlung einer flüssigkristallinen Phase steigt mit dem Molekulargewicht. Die Stabilität der Phase, was be-deutet, dass keine Phasenänderung während Lagerung auftritt, ist mit der Struktur aber auch mit der Größe des Moleküls verknüpft. So ist das Twinmolekül für 6h und das Tripelmolekül über 9 Monate lagerstabil ohne zu rekristallisieren [377]. Wesentlich ist, dass die effektive Brei-te der flüssigkristallinen Phase im Falle des Twins und des Tripelmoleküls weitaus breiBrei-ter als für die Monoverbindung ist. Dabei wird eine flexiblere Wahl der Polymerisationstemperatur ermöglicht, ohne dass Rekristallisation befürchtet werden muss.

4.2.1.1 Vorteile der photochemischen Fixierung

Reaktivmesogene können - wie in der Polymerchemie üblich - mit unterschiedlichen Initiator-systemen polymerisiert werden. Dabei hat die Polymerisation von Reaktivmesogenen unter Verwendung von Photoinitiatoren und Licht eine Reihe von Vorteilen gegenüber einer ther-misch initiierten Polymerisation.

Unter Verwendung von Photoinitiatoren kann das System nahezu unabhängig von der Tem-peratur innerhalb des flüssigkristallinen Phasenbereichs polymerisiert werden [378]. Limitie-rend ist allerdings die Viskosität. Diese ist bei moderaten Temperaturen (Raumtemperatur) hoch, was einen ‚vollständigen’ Umsatz verhindert.

Die freie Temperaturwahl ermöglicht aber auch eine Orientierung der Reaktivmesogene durch Temperprozesse in einem Bereich, in dem eine thermische Initiierung vermieden wer-den kann.

Die photochemische Polymerisation, z.B. von Acrylaten, ist zudem sehr schnell. Hohe Um-sätze werden in dünnen Filmen bereits nach wenigen Sekunden erreicht. Dies verhindert eine Reorganisation der Mesogene bzw. Phasenseparation, so dass der momentane mor-phologische Zustand eingefroren wird [371].

Im Gegensatz zur thermischen Polymerisation, bei der i.a. das gesamte Substrat geheizt wird, kann die photochemische Polymerisation lokal initiiert werden. Dabei können durch

O

Maskentechnik sehr feine Strukturen erhalten werden. Das Material verhält sich dabei wie ein Negativresist.

Das prozesstechnische Prinzip von Orientierung und photolithographischer Strukturierung ist in Abbildung 4.8 dargestellt.

4.8 Prinzip der Orientierung und Photostrukturierung von Reaktivmesogenen

Die Strukturierung des aktiven Materials eines organischen Transistors ist ein sehr wichtiger Aspekt zur Herstellung komplexer integrierter Schaltkreise.

4.2.1.2 Konjugierte Reaktivmesogene

Die in Abb. 4.7. dargestellten Reaktivmesogene sind allerdings nicht für elektronische Bau-teile geeignet. Solche Verbindungen transportieren keine Ladungen. Benötigt werden daher neben der flüssigkristallinen Phase eine hinreichende Konjugation innerhalb des Moleküls, sowie geeignete elektronische Niveaus. In Abb. 4.9 ist ein solches Reaktivmesogen schema-tisch dargestellt.

Abb. 4.9 Allgemeines Materialdesign von Reaktivmesogenen

Dabei gilt es drei wesentliche Aspekte zu beachten:

• das stächenförmige konjugierte Mesogen

• die Alkylsubstitution und

• die photovernetzbaren Gruppen Coating von

Reaktivme-sogenen auf eine Orien-tierungsschicht

Orientierung der Meso-gene durch Tempern in eine Monodomäne

Photopolymerisation der Reaktivmesogene mit Maskentechnik Orientierte Netzwerk-

und Reaktivmesogenbe-reiche

Strukturiertes orientiertes Netzwerk nach Entfernen der Reaktivmesogene

starrer stäbchenförm iger Kern

Spacer

photovernetzbare Gruppe

löslichkeitsfördernede G ruppen

starrer stäbchenförm iger Kern

Spacer

photovernetzbare Gruppe

löslichkeitsfördernede G ruppen

Konjugiertes Mesogen:

Die Basis ist ein starrer stäbchenförmiger Kern, der das eigentliche Mesogen (flüssigkristalli-ne Einheit) bildet. Im Sin(flüssigkristalli-ne der Konjugation bedarf es paraverknüpfter Strukturen und gege-benenfalls eine Berücksichtigung elektronenreicher Heteroatome. Bezüglich des Mesogens muss auf eine hinreichend lange und wenig verzweigte Grundstruktur wert gelegt werden.

Nach Florys Gittertheorie wird ein Längen-Breitenverhältnis von mindestens 6,4 benötigt [379,

380].

Alkylsubstitution:

Betrachtet man klassisch konjugierte Einheiten, wie das Sexiphenyl, so ist dieses zwar linear und konjugiert, allerdings weist es auch einen stark kristallinen Charakter mit hohen Über-gangstemperaturen und einer geringen Löslichkeit auf [94]. Das Einführen von Alkylsubsti-tuenten hat Einfluss auf die Löslichkeit, homogene Filmbildung, aber auch auf das Phasen-verhalten und die Phasenübergangstemperaturen. Allerdings hat sich gezeigt, dass Alkyl-substitution bei Polyparaphenylen eine zunehmende Verdrillung der Aromaten hervorruft. Die Konjugation wird erheblich verringert oder sogar total unterbunden.

Photovernetzbare Gruppen:

Schließlich bedarf es der Einführung von mindestens zwei funktionellen photovernetzbaren Gruppen. Diese sind über flexible Abstandshalter (Spacer) mit dem Mesogen verbunden.

Damit soll eine Verdrillung des Mesogens (aus der Orientierungsrichtung) während der Po-lymerisation, was mit einer Verringerung des Orientierungsgrades verbunden ist, vermieden werden.

Bis dato ist vergleichsweise wenig über flüssigkristalline, konjugierte Reaktivmesogene be-kannt.

Bacher et. al. Beschrieb dabei die Synthese und Orientierung von photovernetzbaren Oli-gophenylenvinylenen [381] und Conteret et. al. mit der Orientierung und Vernetzung von einem Reaktivmesogen auf der Basis eines 2,7-Bis[5-(phenyl)-thien-2-yl]fluorens [382]. Daneben wur-den insbesondere in unserer Arbeitsgruppe von M. Jandke und H. Thiem konjugierte Reak-tivmesogene hergestellt. Die Arbeiten umfassten die Synthese von Mesogenen auf der Basis von konjugierten Oligofluorenen, sowie deren Orientierung zu einer Monodomäne auf Sub-straten [90, 383].

Ein Reaktivmesogen auf Fluorenbasis mit einer breiten nematischen Phase ist in Abb. 4.10 dargestellt. Das dargestellte Quinquefluorenderivat besitzt einen Glasübergang bei –10°C sowie einen Klärpunkt bei 123°C [90, 384].

Abb. 4.10 Pentameres, 2,7-verknüpftes Fluorenderivat mit Bisacrylatendgruppen (Reaktiv-mesogen). Der Tg liegt bei –10°C und der Klärpunkt der nematischen Phase bei 123°C Eine derartige Verbindung ist - wie später gezeigt wird - aus verschiedenen Gründen nicht für den Einsatz in organischen Transistoren geeignet. Solche Reaktivmesogene wurden als blaue Emitter für OLEDs zur Erzeugung von linear polarisiertem Licht konzipiert [90, 383, 384].

O O

O O O O

An dieser Stelle wird zunächst das Phasenverhalten bzgl. der Orientierbarkeit von Reaktiv-mesogenen erläutert.

Die Phasenübergänge von Reaktivmesogenen befinden sich in einem moderaten Tempera-turbereich (s. o.) und sind auch häufig durch Alkylsubstitution einstellbar. Für Reaktivmeso-gene sind die niedrigen Klärtemperaturen auch nötig, um vorzeitige Polymerisation durch thermische Initiierung zu vermeiden. Niedrige Glasübergangstemperaturen haben den Vorteil der leichteren Verarbeitbarkeit und der besseren Filmbildung. Materialien mit hohen Glas-übergangstemperaturen führen zu brüchigeren Filmen.

Daneben ermöglichen die niedrigen Klärpunkte Temperprozesse zur Orientierung bei mode-raten Temperaturen (~100°C; s. o.). Der Vergleich zu den konjugierten Polymeren – hier Polyfluoren oder Polyfluorencopolymere - zeigt, dass eine isotrope Phase aufgrund der ho-hen Klärtemperaturen nicht immer erreicht wird. Im Falle des Poly(9,9-dioctylfluorens) wer-den dünne Schichten bei ca. 200°C unter Sauerstoffausschluss getempert [349], um Oxidation der 9-Position zu vermeiden (s. dazu Kap. 3.6.4). Im Falle des Fluorenbithiophenpolymers F8T2 (s. Abb. 4.5) wird dabei sogar bei 275-285°C für 1-15min getempert [240, 370]. Derart ho-he Temperaturen werden benötigt, um eine Kristallisation der verschiedenen Polymere zu vermeiden. Zudem ist die hohe Viskosität von Polymeren ungünstig bei der Orientierung zu einer Monodomäne. Die typische niedrigere Viskosität oberhalb der Glasübergangstempera-tur der niedermolekularen Nematen im Vergleich zu Polymeren bewirkt eine schnellere und effektivere Ausrichtung der Moleküle. Effekte, die bei Polymeren aus entropischen Gründen (Knäuelcharakter) hervorgerufen werden, können dabei vermieden werden.

Die Orientierung von solchen Oligofluorenen zu einer Monodomäne bedarf einer Orientie-rungsschicht, wie beispielsweise geriebene Polyimidschichten [90, 384] oder Photoorientie-rungsschichten [382, 383]. Anschließendes Tempern der Fluorene auf solchen Schichten kurz unterhalb des Klärpunktes und Abschrecken führt zu einer orientierten Monodomäne [90, 383,

384].

Dabei kann ein dichroitisches Verhältnis bzgl. der Emission (Quotient der Lichtintensitäten parallel und senkrecht zur Orientierungsrichtung: I/I II

)

von mehr als 20 in der Photolumines-zenz erhalten werden [385].

4.2.2 Materialauswahl

Bezüglich des Anforderungsprofils, wie in 4.2 dargestellt, und dem Hintergrund der bekann-ten Reaktivmesogenen auf Fluorenbasis (Kap.4.2.1.2) wird nun das Materialkonzept vorge-stellt.

Im Zuge von Transistoruntersuchungen bei Phillips in Eindhoven haben sich amorphe Terfluorene, aber auch flüssigkristalline Quinquefluorene (s. Abb. 4.10) als ineffektiv herausgestellt. Dies liegt v.a. an den relativ niedrigen HOMONiveaus von schätzungsweise -5.8 eV bis -6.0 eV. Bezüglich der Austrittsarbeit von Gold von -5.3 eV, welches hier als Elekt-rodenmaterial verwendet wird, ergibt dies eine Barriere von mehr als 0.5 eV. Dabei konnte erst nach Anlegen von einer Source-Spannung von 20 V eine Transistoraktivität festgestellt werden. Des Weiteren gilt zu beachten, dass i.a. reine Fluorene keine exzellenten Lochleiter sind. Daher waren die bestimmten Transistorbeweglichkeiten gering.

Konzeptionell sollen dabei unter Erhalt der starren, stäbchenförmigen Kernstruktur weitere elektronenreichere, konjugierte Bausteine als nur der Fluorengrundkörper zum Einsatz kom-men. Von den verschiedenen Polyfluorenen ist bekannt, dass neben dem Copolymeren mit Bisthiopheneinheiten auch Copolymere mit aromatischen Aminen hohe Lochbeweglichkeiten besitzen [386]. Durch geschickte Copolymerisation kann demnach die Lage des HOMO-Niveaus als auch die intrinsische Löcherbeweglichkeit gesteuert werden [386]. Aufgrund einer möglichen Instabilität von Thiophenen haben wir uns daher für elektronenreiche aromatische Amineinheiten entschieden. Aromatische Amine werden seit langer Zeit unverkapselt auf-grund ihrer Stabilität und der effizienten löchertransportierenden Eigenschaften in Photolei-tertrommeln eingesetzt [65, 137].

Die Struktur und die Art der Verknüpfung der aromatischen Aminbausteine sind essentiell für das Ausbilden einer flüssigkristalline Phase.

Abb. 4.11 Verschiedene aromatische Aminbausteine: N,N-Diphenylaminophenyl, Carbazol-3-yl und Carbazol-2-yl; die Umrandung soll die Überlappung dieser konjugierten Einheit mit einer weiteren linearen starren Einheit (Mesogen) symbolisieren

Hierzu kommen Bausteine auf der Basis von Triphenylamin, 3-verknüpften Carbazolen und 2-verknüpften Carbazolen in Frage.

Triphenylamine haben aufgrund ihrer trigonal symmetrischen Struktur keinen stäbchenförmi-gen Charakter und sind aufgrund der Stickstoffinversion vergleichsweise flexibel. Tripheny-lamine sind daher als Mesogenbausteine ungeeignet. Carbazole sind im Vergleich zu Triphenylaminen die anisometrischeren und steiferen Verbindungen. Carbazole, die in 3-Position verknüpft werden, führen allerdings zu gewinkelten Strukturen. Konjugierte Verbin-dungen auf solcher Basis sind eher nicht flüssigkristallin. Ein 2-verknüpftes Carbazol sollte aufgrund desselben Verknüpfungsmusters wie in reinen Fluorenoligomeren zu flüssigkristal-linen Phasen führen.

Zur Verdeutlichung wurden semiquantenmechanische Kalkulationen (MSI CERIUS 3.5 mit MOPAC (AM1)-Kalkulation) an Modellverbindungen mit verschieden verknüpften Carbazole durchgeführt.

In Abb. 4.12 sind die Strukturen von 2,7-Bis-[9-ethyl-7-methoxycarbazol-2-yl-]9,9-di(n-butyl)-fluoren und 2,7-Bis-[9-ethyl-6-methoxycarbazol-3-yl-]9,9-di(n-butyl)-2,7-Bis-[9-ethyl-7-methoxycarbazol-2-yl-]9,9-di(n-butyl)-fluoren dargestellt. Diese zeigen, dass das aromatische Gerüst bei einem 3-verknüpften Carbazol eher eine bananen-förmige Struktur aufweist. Im Falle des 2-verknüpften Carbazols erhält man zwar eine ver-drillte, aber weitestgehend lineare Struktur. Eine flüssigkristalline Phase ist daher nur bei letzteren zu erwarten.

Die beim Modelling erhaltenen Gasphasenstrukturen dienen lediglich als Anhaltspunkt. Es können keine Aussagen über das tatsächliche Festkörperverhalten (Verdrillungswinkel zwi-schen den Fluorenen/Carbazolen und Alkylkettenausrichtung) erhalten werden.

N

N R

N R

Abb.4.12 Computergestütztes Modelling (MOPAC (AM1)-Kalkulation) von Bis(methoxycarbazolyl)-fluorenen mit 2- oder 3-verknüpften Carbazolen

Der Aufbau solcher aromatischer trimerer Moleküle mit Fluoren- und Carbazolbausteinen bedingt eine Aryl-Aryl-Kupplung. Die effiziente Synthese von wohldefinierten Verbindungen mit unterschiedlichen aromatischen Bausteinen bedingt einen so genannten Kreuzkupp-lungsschritt. Die einzelnen Kupplungsreaktionen wurden bereits in Kap.3.3 ausführlich dar-gestellt.

Der Aufbau eines Reaktivmesogenes bedarf allerdings zusätzlich effizienterer Syntheseme-thoden. Das in Abb. 4.10 dargestellte Fluoren-Reaktivmesogen wird in einer komplexen neunstufigen Synthese hergestellt. Dabei beträgt allein die Gesamtausbeute der letzten drei Stufen nur 3% (Kupplung zum Mesogen und Einführung der photopolymerisierbaren Grup-pen) [90]. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung einer effizienten Synthese-strategie, die in hohen Ausbeuten zu verschiedenen flüssigkristallinen Verbindungen führt.