• Keine Ergebnisse gefunden

Ladungstransport in organischen Materialien

Damit ein organisches Material eine Leitfähigkeit eines Halbleiters oder eines (metallischen) Leiters aufweist, bedarf es einer Konjugation, wie beim PANI, PPP oder PA (s. Abb.1.3).

Die ohmsche Leitfähigkeit eines Materials ist definiert zu:

Gl.1.1

mit n: Ladungsträgerdichte, e: Elementarladung und µ: Beweglichkeit der Ladungsträger.

Die treibende Kraft, damit sich ein Ladungsträger in eine Richtung bewegt, ist das elektrische Feld E. Für die Stromdichte j eines ohmschen Materials ergibt sich [121]:

mit E = U/d Gl.1.2

mit U: Spannung und d: Schichtdicke.

Konjugierte organische Materialien zeigen bei moderaten elektrischen Feldern ohmsches Verhalten [122]. Die hohe Leitfähigkeit bei dotierten organischen Materialien ist u.a. auf eine hohe Ladungsträgerdichte n zurückzuführen. Undotierte Materialien zeichnen sich allerdings im Vergleich zu anorganischen (Halb-)Leitern sowohl durch eine geringe Ladungsträgerdich-te n als auch durch moderaLadungsträgerdich-te bis niedrige BeweglichkeiLadungsträgerdich-ten µ aus [122]. Hochreine organische Verbindungen sind daher als Halbleiter oder als Isolatoren anzusehen.

Die Natur des Ladungstransports in organischen Materialien ist allerdings grundlegend an-ders, auch wenn die beiden Gleichungen der klassischen Physik in einem gewissen Bereich gültig sind.

Allgemein geht man davon aus, dass in einem Festkörper die einzelnen Potentiale der Ato-me überlappen und dabei eine Bänderstruktur ausbilden. Dies gilt dann, wenn die Bindungs-kräfte zwischen den beteiligten Atomen groß sind. Diese sind allerdings zwischen einzelnen organischen Molekülen in einem Festkörper vergleichsweise schwach (van der Waals-artig) und deren Überlappunsintegrale sind gering [122]. Sie bilden daher - wenn überhaupt - Band-strukturen mit geringer Breite (~10 meV). Dies bedeutet, dass anstelle von Valenz- und Lei-tungsbändern diskrete HOMO- und LUMO-Niveaus treten [123].

Ein Ladungsträger wird dabei - selbst in einem perfekten Einkristall - an jedem einzelnen Gitterpunkt gestreut [123]. Ein derartiger Ladungsträger kann sich also nicht mehr ‚frei bewe-gen’. Dieser muss jedes Mal mit einer bestimmten Aktivierungsenergie von Molekül zu Mole-kül ‚hüpfen’ (hopping). Dadurch wird klar, dass der kohärente Bandtransport gegenüber dem inkohärenten Hoppingtransport, der wesentlich schnellere ist.

Allerdings mehreren sich in letzter Zeit die Indizien, dass ein bandartiger Transport in organi-schen Materialien möglich ist [122].

Historisch betrachtet war es u.a. Kepler, der 1960 eine beachtliche Beweglichkeit von La-dungsträgern in organischen Materialien bestimmte (Anthraceneinkristallen: µ+: 3 cm2/Vs bei Raumtemperatur) [124]. Tieftemperaturmessung war messtechnisch bedingt nicht möglich.

µ σ

=ne

.

E

ne

j = µ

1984 berichtete Karl von einer Löcherbeweglichkeit in Naphthalineinkristallen von 400 cm2/Vs bei 10 K [125]. Auch in anderen Verbindungen konnte er eine hohe

Geschwindig-keit der Ladungsträger, die nahe an die von ‚freien’ Elektronen (~106 cm/s) heranreichte, beobachten, so dass ein Bandtransport nicht ausgeschlossen wurde [125, 126]. Neben kürzlich berichteten Beweglichkeiten von bis zu 105 cm2/Vs an Pentaceneinkristallen bei tiefen Tem-peraturen wurde zudem die Bandbreite zu ~400 meV bestimmt [127, 128]*). Neue theoretische Berechnungen berichten übereinstimmend von Bandbreiten von ~600 meV für das Pentacen

[129-132]. Die mögliche intrinsische Beweglichkeit von pentacen-basierenden Transistoren bei Raumtemperatur könnte dabei theoretisch bis zu 75 cm2/Vs betragen [133], wobei dies kei-neswegs mit einem Hoppingprozess vereinbar wäre.

So interessant derartige Beweglichkeiten von Ladungsträgern für halbleitende org. Bauteile wären, so schwierig wäre die technische Umsetzung solcher Einkristalle zu einem Device.

Eine Verminderung der morphologischen Ordnung führt dazu, dass der Ladungstransport von den langsamen Hoppingprozessen dominiert wird. In einem ungeordneten Material ist ein wie auch immer gearteter Bandtransport vollkommen ausgeschlossen [122].

1.2.1 Ladungsträger in organischen Halbleitern - Polaronen

In einem Metall sind die Ladungsträger Elektronen. Aus chemischer Sicht mag man aufgrund der resultierenden metallischen Bindung (formal: M+[2e-]M+) von einem ‚Elektronengas’ aus-gehen. Je nach Besetzungsgrad der Bänder spricht man bei Halbleitern von Elektronen- o-der Löchertransport (Defektelektronen) [121].

Der typische Ladungsträger in einem organischen Material ist ein sog. Polaron. Aus chemi-scher Sicht mag dies als ein Radikalkation (Loch) oder Radikalanion (Elektron) verstanden werden, wobei sich das Loch oder das Elektron in einem reversiblen Redoxprozess bewegt

[134].

Abb.1.9 Positives und negatives Polaron durch Aufnahme bzw. Abgabe eines Elektrons ins LUMO- bzw. HOMO-Niveau; dabei entstehen neue Zustände innerhalb der Bandlücke; ein negatives Bipolaron entspricht quasi einem Dianion [135]

Nach Holstein, der das Polaronkonzept einführte, ergibt sich eine ähnliche Vorstellung. Ein Ladungsträger bewirkt dabei eine Polarisierung seiner Umgebung, was zu einer Gitterdefor-mation (oder Molekülverzerrung) führt. Unter einem kleinen (lokalisierten) Polaron (small polaron) versteht man dabei die Einheit aus einem verzerrten Molekül und einem Elektron (Loch) mit einer entsprechenden Polaronbindungsenergie [136]. Daraus resultieren neue

*) Die zitierten Artikel stehen unter dem Verdacht der Irreführung der wissenschaftlichen Gesellschaft.

Dabei werden u.a. (Teile der) Ergebnisse der Publikationen in Frage gestellt. Siehe hierzu den Kom-missionsbericht unter: www.lucent.com/news_events/pdf/researchreview.pdf

HOMO

-stände, die oberhalb bzw. unterhalb des HOMOs bzw. des LUMOs zum liegen kommen (s.

Abb. 1.9) [26, 135].

1.2.2 Modelle für den Ladungstransport [137]

In den meisten Fällen kann man annehmen, dass der Ladungstransport in organischen Ma-terialien via Hüpfprozesse stattfindet. Das Hüpfen einer Ladung von Molekül zu Molekül nötigt eine Aktivierungsenergie. Typische Aktivierungsenergien in amorphen Systemen be-wegen sich zwischen 0.4 und 0.6 eV [123]. Die Beweglichkeit µ ist daher von der Temperatur und dem elektrischen Feld abhängig. Um Beweglichkeit bzgl. ihrer Feld- und Temperaturab-hängigkeit korrekt zu beschreiben, wurde eine Reihe von Modellen entwickelt. Modelle die-nen allerdings nicht nur dazu eidie-nen Sachverhalt physikalisch bzgl. der relevanten Parameter so genau wie möglich wiederzugeben, sondern auch - aufgrund der gemachten Annahmen - eine Vorstellung zu liefern, wie sich Moleküle verhalten sollten. Hierzu sind kurz die zwei gängigsten Modelle vorgestellt.

Der Poole-Frenkel-Effekt [137, 138]

Bei dem Poole-Frenkel-Modell (PF) handelt es sich um ein sehr allgemeines und vergleichs-weise recht wenig anschauliches Modell. Dieses beschreibt die Erniedrigung der Ionisations-energie einer Ladung in einem Coulombpotential, wenn ein elektrisches Feld angelegt wird, welches also das Tunneln einer Ladung durch die Barriere ermöglicht.

Abb.1.10 Coulombpotential: ohne (gestrichelt) und mit (Linie) angelegten elektr. Feld (E:

Energie; r: Abstand); das Absenken der Barriere erleichtert das Tunneln von Ladungsträgern

[138]

Im Allgemeinen kann man damit die Feldabhängigkeit der Beweglichkeit eines Materials aus-reichend beschreiben.

µ ~ exp(βPFE1/2/kT) Gl.1.3

mit βPF: PF-Faktor; E: elektrisches Feld, k: Boltzmankonstante und T: Temperatur.

Bässlerformalismus [123, 137, 139, 140]

Das wohl am weitest verbreitete Modell, um die Beweglichkeit in einem amorphen System zu beschreiben, ist der Bässlerformalismus. Ausgangspunkt des Formalismus ist die Annahme von lokalisierten Transportzuständen in ungeordneten Systemen, wobei polaronische Effekte vernachlässigbar sind. In einen solchen System ohne Fernordnung ergeben sich aufgrund von Ion-Dipol- oder Dipol-Dipol-Wechselwirkungen Fluktuationen sowohl energetischer als

r E

auch räumlicher Art. Die Fluktuation der energetisch diskreten Zustande wird mit einer gauß-förmigen Verteilung angenommen (s. Abb. 1.11). Die Breite σ (Standardabweichung) der statistisch verteilten Zustände (DOS: density of states) beträgt typischerweise 0.1 eV [141, 142].

Abb. 1.11 unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen Molekülen führt zu einer Dichte der energetischen Zustände mit gaußförmiger Verteilung (sowohl bzgl. des HOMOs als auch des LUMOs) [134]

Während die energetische Unordnung den temperaturabhängigen Teil beschreibt, wird mit der so genannten positionellen Unordnung die Feldabhängigkeit eingeführt. Diese beschreibt das Verhalten der Überlappungsintegrale und Positionen von Molekülen zueinander, wel-ches in einem amorphen System ebenfalls statistisch ist. Die Feldabhängigkeit ist ähnlich wie bei dem Poole-Frenkel-Effekt (s. o.). Bei einer doppelten Extrapolation, nämlich der ab-soluten Temperatur gegen unendlich und dem elektr. Feld gegen null, erhält man den so genannten µ0-Wert. Diese hypothetische Beweglichkeit mag als eine max. erreichbare Be-weglichkeit angesehen werden. Solche µ0-Werte bewegen sich für amorphe Materialien typi-scherweise zwischen 0,1 und 10-4 cm2/Vs. In niedermolekularen Verbindungen variieren die Löcherbeweglichkeiten (µ+) zwischen 10-2 und 10-6cm2/Vs [80]. Sie sind demnach mindestens um 2 Größenordnungen kleiner als in Einkristallen und können auch unter günstigsten Um-ständen nicht erreicht werden. Die Elektronenbeweglichkeiten (µ-)sind i.a. noch geringer [143,

144]. Dies liegt v.a. an einer breiteren DOS aufgrund der stärkeren Dipolmomente in typischen Elektronenleitern [145-147].

Um demnach zu hohen Beweglichkeiten zu gelangen, sollten Moleküle mit starken Dipol-momenten vermieden werden. Ebenso führen eine räumlich gleichwertige Umgebung, sowie eine räumliche dichtere Packung der Moleküle zu höheren Beweglichkeiten.