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Die Therapie des FOGs gestaltet sich schwierig, da die pathophysiologische Erforschung am Anfang steht und es kein einheitliches Konzept der Ursachenkl¨arung gibt [182]. FOG

ist nicht mit Bradykinesie, Tremor oder Rigidit¨at assoziiert [92, 17]. Bradykinese kann durch dopaminerge Stimulation verbessert werden, wohingegen dies nicht immer auf Freezing zutrifft [17]. Bei OFF-FOG sind L-Dopa und Dopaminagonisten in der Lage die H¨aufigkeit und die Dauer von Freezingepisoden zu verringern. In der Regel ist Free-zing in fr ¨uhen Stadien des IPS durch Dopamin oder Dopagonisten behandelbar [161].

Im Laufe der Erkrankung nimmt diese Sensibilit¨at allerdings ab [25, 92, 161, 215] und eine Behandlung der Freezingepisoden gestaltet sich schwierig [52]. Falls das Freezing nicht auf Dopamin sensibel ist, sind die therapeutischen Optionen gering. Die Ursache k ¨onnte schlicht in einer Unterdosierung der Medikation liegen. Folglich sollte ein Ver-such die Medikamentendosis zu erh ¨ohen nicht unterlassen werden (Pseudo-ON-FOG) [52]. Die Optimierung der dopaminergen Medikation bleibt folglich die wichtigste Be-handlungsoption f ¨ur FOG [182]. Weitere vereinzelt erfolgreiche Optionen sind aktuell Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, wie z. B. Methylphenidat, Amantadin, Donecepil und einige Antidepressiva [53, 54, 140]. Die Injektion von Botulinumtoxin in die Wadenmuskulatur wird wegen erh ¨ohter Sturzgefahr nicht mehr durchgef ¨uhrt [98].

Im Falle von ON-Freezing hilft die Verringerung der dopaminergen Medikation [182].

Dabei sollte die Balance zwischen dopaminerger Medikation, welche wichtig ist, um die Kardninalysmptome ausreichend zu kontrollieren und einem f ¨ur den Patienten noch er-tr¨aglichen Freezingniveau gewahrt werden. Gegenstand experimenteller Studien ist die Therapie mit L-DOPS und Amantadin [84, 128].

Als weitere Option bleibt die Tiefe Hirnstimulation. Indikationen zur THS bei FOG be-finden sich zurzeit in Untersuchung. Die THS wird in sp¨ateren Erkrankungsstadien des Morbus Parkinson bei zunehmenden Wirkfluktuationen und zunehmenden dopaminer-gen Dyskinesien eingesetzt [51, 212]. Nach STN-THS kann die dopaminerge Medikation erheblich reduziert werden. Ebenfalls werden die OFF-Zeiten verringert [79, 85]. Prim¨ar wirkt sich die STN-THS positiv auf die klassischen Kardinalsymptome wie Bradykinese, Tremor, Rigor und weniger auf die posturale Instabilit¨at aus [72]. Die Stimulation des STN mit einer Frequenz von 130Hz und einer Impulsbreite von 60µs hat sich als erfolgreiche Therapie f ¨ur Freezingpatienten herausgestellt, welche vorher ein gutes Ansprechen auf L-Dopa zeigten [75, 163]. So vergr ¨oßert STN-THS die Schrittl¨ange bei Freezern und ver-mindert damit die Wahrscheinlichkeit f ¨ur das Auftreten von FOG. Eine neuere Studie konnte eine Verringerung von FOG durch STN-THS bei OFF-Freezern sechs und zw ¨olf Monate nach Implantation demonstrieren [251]. Eine genauere Ausf ¨uhrung der Therapie durch THS erfolgt in einem sp¨ateren Kapitel und wird daher an dieser Stelle nicht weiter vertieft.

Weitere Therapieoptionen mit guten Ergebnissen beinhalten die Physiotherapie und die Nutzung auditorischer oder optischer Signale [33, 172, 222]. So helfen Metronome als externe Taktgeber die Aufmerksamkeit der Patienten auf den Gehakt zu lenken und somit das Schreiten aufrecht zu halten. Visuell werden modifizierte Gehst ¨ocke eingesetzt, an denen ein ausklappbarer Stock, invertierter Gehstock [56], oder ein Laser befestigt ist [59]. Brillen, welche via Laser Linien auf den Boden projizieren, zeigen sich ebenfalls

wir-kungsvoll [242]. Hier wird als optisches Signal ein Strich auf den Boden projiziert, ¨uber welchen der Patient steigen kann. Interne Taktgeber, bei welchen Patienten ihre Auf-merksamkeit auf das Gehen lenken, zum Beispiel durch z¨ahlen, k ¨onnen ebenfalls helfen [199]. Ein erh ¨ohter Stresslevel, zum Beispiel beim Arzt, kann FOG ebenfalls vermindern [199, 221]. Diese Methoden stellen Optionen dar, um die Patienten in ihren Alltag zu unterst ¨utzen. Physiotherapeutische Ans¨atze beinhalten Training von Muskulatur, Koor-dination, Gleichgewicht und den Einsatz rhythmischer Musik, wie Tango [62, 100]. Ein neu entwickelter physiotherapeutischer Ansatz ist die

” Lee-Silverman-Voice-Treatment-BIG-Methode“ bei der das Training zur Ausf ¨uhrung von großamplitudigen Bewegungen im Vordergrund steht. Das Ziel ist die kleinamplitudigen FOG-induzierenden Bewegun-gen der Patienten zu vermeiden und damit das Auftreten von FOG zu verringern [66].

Neue Ans¨atze beinhalten physiotherapeutisches Training mit Hilfe von therapieassis-tierenden Robotern, um die Patienten optimal zu trainieren und die Physiotherapeuten dabei k ¨orperlich zu entlasten [15, 142].

Entstehung von Freezing

3.1 Neuronale Ver ¨anderungen bei Freezern

Nun werden einige potentielle neuronale Regionen n¨aher beleuchtet, welche durch eine Sch¨adigung oder pathologische Aktivierung zu Freezinggenese beisteuern k ¨onnten.

Innerhalb der grauen Substanz des R ¨uckenmarks befinden sich neuronale Netzwer-ke, welche durch rhythmische Aktivierung von Agonisten und Antagonisten eine un-abh¨angige Steuerung von Bewegungen ¨ubernehmen. Diese werden als zentrale Rhyth-musgeneratoren (CPG) bezeichnet [57]. Die CPGs k ¨onnen unabh¨angig vom Kortex, wie in dezerebrierten Katzen gezeigt wurde, das Gehen, Traben und Galoppieren der Katze steuern, solange sich das Tier auf einer Ebene ohne Hindernisse fortbewegt, also keine supraspinale Kontrolle ben ¨otigt [257]. Bei Freezern w¨are eine Sch¨adigung dieser CPGs denkbar, da kurz vor und w¨ahrend des FOG keine koordinierte rhythmische Kontrolle der agnonistischen und antagonistischen Muskulatur erfolgt [178, 182, 267]. Da es keine Hinweise pathologischer Ver¨anderungen der CPGs beim Morbus Parkinson gibt, wird eine Sch¨adigung bei Freezern in supraspinalen Zentren vermutet [182]. Diese supraspi-nale Kontrolle ist f ¨ur die Initiierung und Anpassung des Ganges an die Anforderungen der Umgebung verantwortlich. Die wichtigen supraspinalen Zentren sind die pontome-dull¨are Formatio reticularis, das mesenzephalische Lokomotionszentrum (MLZ), welches den Nucleus pedunculopontinus (PPN) einschließt, die Basalganglien, der frontale Kor-tex sowie parietale und occipitale Regionen. Beteiligte Strukturen im Freezingnetzwerk wurden durch neuronale L¨asionen (Tabelle 3.1.) und bildgebende Verfahren ermittelt. Bei den bildgebenden Verfahren wurden Ver¨anderungen in Volumina bestimmter Hirnstruk-turen durch voxel-basierte Morphometrie (VBM) ermittelt (Tabelle 3.2.). Positronenemis-sionstomographie (PET) konnte unterschiedliche Stoffwechselaktivit¨aten (Tabelle 3.3.), Diffusion Tensor Imaging (DTI) unterschiedlich ausgepr¨agte Faserverbindungen (Tabel-le 3.3.), funktionel(Tabel-le Magnetresonanztomographie (fMRT) und Sing(Tabel-le-Photon-Emission- Single-Photon-Emission-Computer-Tomographie (SPECT) verschiedene Aktivierungsmuster zwischen Freezern und Nicht-Freezern demonstrieren (Tabelle3.3.). Zum ¨Uberblick dieser Studien folgen nun einige Tabellen.

Tabelle 3.1: ¨Ubersicht von Artikeln zu neuronalen L¨asionen, die FOG induzieren Publikation L¨asionsort/-art Entstandene Pathologie

L¨asionen im STN

Ferraye et al. (2008) [75] STN-THS STN-THS induzierte FOG in 11 von 163 implantierten Patienten

Tommasi et al. (2007) [240] deplatzierte Lage von STN-THS-Elektrode (zu weit anterior-medial)

FOG, welches sich nach Anderung der Elektroden-¨ lage besserte - vermutlich waren pallidale Projektio-nen zum PPN verantwort-lich

L¨asionen im PPN

Kuo et al. (2008) [132] bilateraler Infarkt im PPN

FOG trat nach dem Infarkt auf

Masdeu et al. (1994) [154] Blutung in ponto-medull¨arer Kreu-zung, PPN

Gang- und Standunf¨ahig-keit

L¨asionen der Basalganglien

Nakajima et al. (2013) [170] vasogenes ¨Odem bilateral in den Basalganglien

¨odemabh¨angiges reversi-bles FOG

Kim et al. (2001) [127] anterior mediale L¨asion des Glo-bus pallidus

FOG

Shahar et al. (2012) [216] Odem im Globus¨ pallidus pars in-ternus

reversibles FOG nach Odem¨

Tabelle 3.1: ¨Ubersicht von Artikeln zu neuronalen L¨asionen, die FOG induzieren Publikation L¨asionsort/-art Entstandene Pathologie

L¨asionen im Kortex

Della Sala et al. (2002) [46] L¨asion des SMA Gangapraxie

Abk ¨urzungen: THS (Tiefe Hirnstimulation), PPN (Nucleus pedunculopontinus), SMA (Supplement¨ar motorisches Areal), STN (Nucleus subthalamicus)

Tabelle 3.2: ¨Ubersicht von Artikeln zur Reduktion der grauen Substanz bei Freezern im Vergleich zu Nicht-Freezern

Publikation Methodik Entstandene Pathologie

Kostic et al. (2012) [130] VBM frontale und parietale Atrophie der grauen Substanz, welche mit FOG und exekutiver Dysfunktion asso-ziiert ist

Tessitore et al. (2012) [235] VBM Atrophie der grauen Substanz im linken Cuneus, Precuneus, Gyrus lingualis, posterioren Cingulum Snijders et al. (2011) [224] VBM Atrophie im MLZ

Herman et al. (2013) [109] VBM Atrophie der grauen Substanz im Lobus parietalis inferior und Gyrus angularis, FOG war assoziiert mit dem Volumen des Nucleus cauda-tus

Sunwoo et al. (2013) [230] VBM vermindertes thalamisches Volu-men bei Freezern

Abk ¨urzungen: MLZ (mesencephalisches Lokomotionszentrum), VBM (voxel-basierte Mor-phometrie)

Tabelle 3.3: ¨Ubersicht von Artikeln zur Bildgebung im Vergleich von Freezern und Nicht-Freezern

Publikation Methodik Entstandene Pathologie

Bartels et al. (2006) [18] FDOPA-PET, FDG-PET

niedrigere FDOPA- und erh ¨ohte FDG-Aufnahme im Putamen, Auf-nahme FDOPA, FDG im Nucleus caudatus reduziert, FDG Aufnah-me im rechten parietalen Kortex vermindert

Youn et al. (2012) [269] DTI Verminderung der fraktionellen Anisotropiewerte bilateral f ¨ur PPN, superiorer Pr¨amotorkortex, rechtes orbitofrontales Areal, linker SMA Fling et al. (2013) [78] DTI Verminderung der Konnektivit¨at

in der rechten Hemisph¨are von PPN, Cerebellum, Thalamus, Fron-talkortex, Pr¨afrontalkortex

Tessitore et al. (2012) [236] RS-fMRI Verminderte Verbindung im rech-ten fronto-parietalem Netzwerk (besonders im rechten Gyrus fron-talis medialis, Gyrus angularis) und im visuellem Netzwerk (besonders im Gyrus occipitotemporalis) Schweder et al. (2010) [214] DTI verminderte Konnektivit¨at von

PPN zu Cerebellum, vermehrt sichtbare Fasern in der Kreuzung des kortikopontinen Traktes in der anterioren Pons

Cremers et al. (2012) [42] fMRI - BOLD negative Korrelation zu Gangst ¨orung und Aktivit¨at in Pr¨a-SMA, rechter Sulcus intrapa-rietalis, Lobus parietalis superior

Tabelle 3.3: ¨Ubersicht von Artikeln zur Bildgebung im Vergleich von Freezern und Nicht-Freezern

Publikation Methodik Entstandene Pathologie Snijders et al. (2011) [224] MI fMRT

-BOLD

erh ¨ohte Aktivit¨at im MLZ, verring-erte Aktivit¨at im SMA und poste-rioren Arealen des Lobus parietalis Shine et al. (2013) [218] VR Aufgabe

-fMRT - BOLD

niedrigeres BOLD-Signal bilateral in der anterioren Insula, ventra-len Striatum, Pr¨a-SMA und linkem STN w¨ahrend indirekter kognitiver Signale

Shine et al. (2013) [219] VR Aufgabe-fMRT

funktionelle Entkopplung von kog-nitiven Kontrollnetzwerken und Basalganliennetzwerken, Korrelati-on dieser mit Motorblockaden Imamura et al. (2012) [116] SPECT - rzBF erh ¨ohter rzBF im orbitofrontalen

Kortex (Brodmann-Areal 10,11) und cingul¨aren Motor-Areal (Brodmann-Areal 32)

Abk ¨urzungen: BOLD (aus dem Englischen: blood oxygenation level dependent), DTI (aus dem Englischen: diffusion tensor imaging), FDG (Fluorodeoxyglucose), FDOPA (18 [F]-Fluoro-Levodopa), fMRI (aus dem Englischen: functional magnetic resonance image-ry), PET (Positronenemissionstomographie), PPN (Nucleus pedunculopontinus), SMA (Supplement¨ar motorisches Areal), SPECT (aus dem Englischen: single-photon emission computed tomography), rzBF (regionaler zerebraler Blutfluss), RS (aus dem Englischen:

resting state), VBM (voxel-basierte Morphometrie), VR (virtuelle Realit¨at)