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6.2.1 Das Patientenkollektiv

Um die Vergleichbarkeit der Patientengruppen zu gew¨ahrleisten, wurden die Patienten nach Geschlecht, Alter und Erkrankungsdauer gematcht. Da der Schwerpunkt dieser Ar-beit auf der Untersuchung der Motorik lag, war es von Bedeutung, dass sich die Gruppen in ihren motorischen F¨ahigkeiten, mit Ausnahme des Freezings, nicht wesentlich unter-schieden [173, 182]. Motorisch gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Pati-entengruppen in ihrer motorischen Beeintr¨achtigung im UPDRS III und ihrer H¨andigkeit [187]. Sie litten unter keinen Beeintr¨achtigungen ihrer Beweglichkeit mit Ausnahme des IPS. Die Symptome dieser Erkrankung unterschieden sich nicht in ihrer Seitenbetonung [16, 241]. Alle Patienten waren vom akinetisch-rigiden Typ. Die Messungen wurden nicht durch Verminderung der kognitiven Leistungsf¨ahigkeit [80] oder der Motivation in Fol-ge einer Depression beeinflusst [106, 200]. Die Vergleichbarkeit des Patientenkollektivs entsprach damit den Standards ¨ahnlicher Freezingstudien [250, 253]. Die Selektion des akinetisch-rigiden Subtyps war von Bedeutung, um Artefakte des Tremors in der Mes-sung der oberen Extremit¨at zu vermindern. Patienten dieses Subtyps zeigten h¨aufiger FOG als Patienten vom tremor-dominaten Subtyp [133]. Es gibt zurzeit keine Studie, die untersucht, ob akinetisch-rigide Patienten ebenfalls mehr FOUL aufweisen als

tremor-dominante Patienten. Folglich ist unbekannt, ob in dieser von uns durchgef ¨uhrten Studie durch Bevorzugung der akinetisch-rigiden Patienten FOG und FOUL vermehrt auftraten.

Die Gruppenzuordnung der Patienten wurden nach dem aus dem Englischen: freezing of gait questionnaire (FOG-Q) durchgef ¨uhrt. Dies ist ein valides Werkzeug, welches die Patienten nach ihrer subjektiven Einsch¨atzung den Gruppen Freezer oder Nicht-Freezer zuordnet [95]. Diese subjektive Zuordnung kann durch verschiedene patientenbezogene Faktoren, wie unzureichendes Verst¨andnis des Symptoms, teilweise ungenau sein [223]

und sollte f ¨ur Studien verifiziert werden. Hierzu wurde ein Gehtest verwendet, welcher FOG in verschiedenen Situationen provoziert [210]. Die Ergebnisse dieses Tests werden sp¨ater diskutiert. Die Gangtestungen wurden per Video aufgezeichnet und verblindet durch zwei unabh¨angige erfahrene Kliniker ausgewertet. Somit wurde sichergestellt, dass in der sp¨ateren Bewegungsanalyse nur Patienten mit verifiziertem FOG und der damit einhergehenden motorischen Einschr¨ankung ausgewertet wurden. Das nun ermit-telte Patientenkollektiv betrug elf Patienten, welche individuell mit Kontrollpatienten mit Morbus Parkinson ohne FOG gematcht werden konnten. Patienten mit FOG zeigten kein ON-FOG. Folglich wurde ein gut kontrolliertes Patientenkollektiv f ¨ur diese Studie zusammengestellt. Dabei wurden die aktuellen Standards in der Erforschung von FOG eingehalten [175].

6.2.2 Ganganalyse

Mit dem Gehtest nach Schaafsma et al. (2003) [210] wurde das Patientenkollektiv in ve-rifizierte Freezer- und Nicht-Freezergruppen unterteilt. Dieser Test wurde gew¨ahlt, da er f ¨unf FOG induzierende Faktoren einschließt: Ganginitiierung, weite Passagen, enge Passagen, das Erreichen eines Ziels und Rotation [210]. Es wurden ¨ahnliche Tests zur Freezinginduktion entwickelt, diese beinhalten ebenfalls diese Elemente [221, 223]. Eine Testdurchf ¨uhrung bei maximaler Ganggeschwindigkeit h¨atte eine h ¨ohere Rate an Free-zingdetektion erm ¨oglicht, da Bewegungen mit kleiner Amplitude [37, 115] und hoher Geschwindigkeit vermehrt Freezing verursachen [223]. In dieser Studie sollte Freezing allerdings nicht in Extremsituationen der Patienten sondern in allt¨aglichen Situationen getestet werden. Die Durchf ¨uhrung der Tests bei schneller, aber nicht maximaler Ge-schwindigkeit, st ¨utzt die Ergebnisse dieser Studie, da die selektierten Patienten FOG und FOUL unter Alltagsbedingungen zeigten. Dies setzt ein starkes Defizit im Vergleich zu den Nicht-Freezern voraus. Gem¨aß des Matchings des Patientenkollektivs ist dieses De-fizit der herausragende Punkt, in welchem sich die Gruppen unterschieden und sollte in den motorischen Tests deutlich werden.

Der in den Gangmessungen verwendete Leonardo Mechanograph© ist ein f ¨ur Gangtes-tungen validiertes Werkzeug [247, 248], mit dem sich eine Vielzahl von Gangparametern ermitteln lassen. Dieser Apparat wurde genutzt, um die Gangvariabilit¨at zu ermitteln.

Der Nachteil des Mechanographs ist seine mit 6m f ¨ur Gangtestungen kurze L¨ange. In anderen Freezingstudien werden Gangl¨angen von 20m bevorzugt [104, 141], um das Ge-hen ausreicGe-hend zu analysieren. In dieser Studie wurde die Anzahl der Testdurchl¨aufe

erh ¨oht (n=16), um eine ausreichende Strecke zur Auswertung zur Verf ¨ugung zu haben. So konnte eine ausreichende Folge von 15 Schritten, wie bei Hausdorffet al. (2003) [104] aus-gewertet werden. Zur Verminderung der Artefakte der Ganginitierung und -beendigung wurden die ersten und letzten Schritte der Analyse entfernt, was somit den Standards der Gang- und Freezingforschung entspricht [104, 141]. Ebenfalls wurden vorhandene Freezingepisoden aus der Analyse entfernt. Die Analyse beschr¨ankt sich somit auf einen st ¨orungsfreien Gang der Patienten. W¨ahrend der Gangtestung wurde ein T ¨urrahmen in den Test eingebaut, um Freezingepisoden zu provozieren. Dieser T ¨urrahmen erh ¨ohte sehr wahrscheinlich die Variabilit¨at des Ganges und hat die Ergebnisse dieser Analyse beeinflusst [41, 40]. Um diesen artifiziellen Einfluss zu vermindern wurden aus allen zu analysierenden Schritten 15 durch einen automatisierten Algorithmus mit Matlabsoft-ware randomisiert ausgew¨ahlt und analysiert. So wurden die Anforderungen an die Ganganalyse in der aktuellen Freezingforschung eingehalten.

6.2.3 Messung der oberen Extremit ¨at

Die Motorikmessung der oberen Extremit¨at wurde mit einem validierten 3D-Ultraschall Bewegungsanalyseger¨at (Zebris©) durchgef ¨uhrt [146, 148, 149]. Die beiden gew¨ahlten Be-wegungstypen, Fingertapping und Diadochokinese, stammen aus der allt¨aglichen Praxis der Parkinsonuntersuchung [96] und wurden aufgrund der klinisch neurologischen Re-levanz gew¨ahlt. Das Fingertapping und die Diadochokinese der Unterarme sind ausrei-chend mit dem Zebrisger¨at f ¨ur gesunde Probanden und Patienten mit Morbus Parkinson untersucht worden [110, 120, 239]. Beide Bewegungen wurden ohne auditorische oder visuelle Taktgeber durchgef ¨uhrt, um die Bewegungen durch interne Rhythmusgenera-tion (mediale Schleife), ¨ahnlich der Gangtestung, zu erzeugen [180, 261]. Somit sind die Oberarmbewegungen und die Gangtestung in der Dimension der Bewegungsge-nerierung miteinander vergleichbar. Alle Bewegungen wurden folglich ohne artifiziell externes Feedback durchgef ¨uhrt. Dies ist von Bedeutung, da Freezing durch interne und externe Signale beeinflusst wird [115, 172, 249, 259] und das Auftreten von Freezinge-pisoden unterdr ¨ucken kann. Zur Ermittlung der Beweglichkeit der Patienten wurden die Bewegungssegmente mit FOUL aus der Analyse entfernt. Somit ist die Analyse der Oberarmbewegungen nicht durch FOUL-Artefakte beeinflusst und durch die gleichen Untersuchungs- und Analysemethoden mit der Beweglichkeit der Beine vergleichbar.

6.2.4 Ermittlung von Freezingepisoden der oberen Extremit ¨at

Die Auswertung der FOUL-Episoden erfolgte via Matlabanalyse© um die Ergebnisse

¨ahnlich der Gangdaten zu quantifizieren. Die Begrenzungsparameter wurden in Anleh-nung an die Arbeit von Vercruysse et al. (2012) gew¨ahlt [253]. Diese Parameter haben sich in dieser Analyse zur Identifizierung von FOULs in Fingertappingtestungen bew¨ahrt.

Eine Amplitudenreduktion von 50% und eine Zeitbegrenzung von minimal 0,5s wurden gew¨ahlt. Eine minimale Zeitspanne f ¨ur die FOUL-Dauer wurde gew¨ahlt, um geringe

Be-wegungsartefakte aus der Analyse auszuschließen. Da es in FOUL-Episoden in circa 70%

einen Sequenzeffekt gibt [253] wurden alle detektieren FOULs visuell von zwei Ratern auf diesen kontrolliert und erst dann in die Datenauswertung einbezogen. Die Methodik der FOUL-Analyse befindet sich in Entwicklung und bedarf weiterer Verfeinerung. In dieser Studie erfolgte die Detektion nach dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand [175, 180, 250, 253, 261, 270].

6.2.5 Untersuchung des Effektes von Levodopa

Der Behandlungserfolg von FOG wird zurzeit kritisch hinterfragt [53, 54, 76]. Der the-rapeutische Bedarf und der Effekt von Levodopa auf FOUL ist noch nicht ausreichend untersucht [270]. Folglich wurde eine Untersuchung des medikament ¨osen Erfolgs von Levodopa auf FOG und FOUL in diese Studie integriert. Dazu wurde die Medikation zw ¨olf Stunden vor Beginn des Experiments abgesetzt. Diese Zeitdauer wird h¨aufig in kli-nischen Studien des Morbus Parkinson angewendet [104, 253, 261]. Mit einer Zeitdauer von mindestens zw ¨olf Stunden Levodopaentzug wird die Belastung der Patienten gering gehalten, da sie nach dem Schlafen nachts ¨ahnlichen Bedingungen ausgesetzt sind. Eine l¨angere Zeitdauer ohne Einnahme der Parkinsonmedikation w ¨urde aus experimentellen Gesichtspunkten bevorzugt, da die Halbwertszeiten der Dopaminagonisten l¨anger sein k ¨onnen [34, 35] und somit noch einen Effekt w¨ahrend der Testung aus ¨uben k ¨onnten. Dies ist ethisch jedoch nicht zu vertreten. Es besteht bei Levodopaentzug, wenn auch selten, die Gefahr einer akinetischen Krise und somit wurde der Levodopaentzug auf zw ¨olf Stun-den beschr¨ankt. Die Testungen im Medikamenten-OFF und Medikamenten-ON wurStun-den in dieser Reihenfolge durchgef ¨uhrt, um die Belastung der Patienten zu verringern und dass Medikamenten-ON mit einer standardisierten L-Dopadosis zu kontrollieren. Ein geringer ¨Ubungseffekt ließe die motorischen Verbesserungen in der zweiten Testung er-kl¨aren. Da bei allen Testungen der oberen Extremit¨at kein Effekt auf die zeitlichen und r¨aumlichen Dimensionen der Motorik beobachtet worden ist, ist dieser dort irrelevant.

Der Effekt von Levodopa auf die TTD (aus dem Englischen: total travel distance) der oberen Extremit¨at ist so groß, dass er sich nicht mit einem simplen ¨Ubungseffekt erkl¨aren l¨asst. Den Gang betreffend ist ausreichend belegt, dass Levodopa die Schrittl¨ange verbes-sert [31, 32]. Die Abnahme der Schrittl¨angenvarianz der Freezer war nach Levodopa nicht signifikant (nachα-Korrektur), zeigte allerdings einen Trend. Bei den Nicht-Freezern war keine Verbesserung in der Schrittl¨angenvarianz zu beobachten.