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Theorie der ästhetischen Erziehung bei John Dewey .1 John Dewey (1859-1952): Leben und Werk .1 John Dewey (1859-1952): Leben und Werk

I. Geistesgeschichtliche Traditionen in Deutschland und Südkorea

1. Ästhetische Erfahrung, Erziehung und Bildung im Westen

1.2 Theorie der ästhetischen Erziehung bei John Dewey .1 John Dewey (1859-1952): Leben und Werk .1 John Dewey (1859-1952): Leben und Werk

John Dewey war ein US-amerikanischer pragmatischer Philosoph und Psychologe, Pädagoge und Bildungsreformer. Er wurde am 25. Oktober 1859 in der Industriestadt Burlington in Vermont als Sohn eines Geschäftsinhabers für Lebensmittel, später für Tabakwaren geboren und starb am 1. Juni 1952 in New York City. Seine Kindheit sowie Schul- und Studienzeit verbrachte er hauptsächlich in Burlington, bis er 1879 an der Universität von Vermont sein Studium absolvierte. Danach arbeitete er für zwei Jahre als High-School-Lehrer in Oil City in Pennsylvania und dann noch für ein Jahr als Dorfschullehrer in Vermont. Ab 1882 vertiefte er sein Philosophiestudium an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, wo er seine Lehrer Charles Sanders Peirce (1839-1914), Granville Stanley Hall (1846-1924) und George Sylvester Morris (1840-1889) kennenlernte. Unter dem starken Einfluss von Morris, einem Neu-Hegelianer, promovierte er 1884 mit der Arbeit „The Psychology of Kant“. 1884 bis 1894 war er als Dozent an den Universitäten von Michigan und Minnesota tätig, wo er Philosophie und Logik unterrichtete. 1894 wurde Dewey Professor und Leiter der Abteilung für Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Universität von Chicago, wo er 1896 eine Versuchsschule für Pädagogik, die ‚Laboratory School‘ gründete, um seine experimentalistisch-praxisorientierte Erziehungsmethode zu erproben. 1904 verließ er Chicago, da er Probleme mit der Verwaltung und Finanzierung der Versuchsschule hatte.

1905 nahm er eine Stelle als Philosophieprofessor an der Columbia Universität in New York City an und wurde dort 1930 emeritiert (vgl. Amos 2012, S. 267; Bohnsack 2005, S. 12-16;

Raters-Mohr 1994, S. 9f.).

19 Seine philosophischen Gedanken entwickelten sich in drei Phasen: Die erste Phase orientierte sich an deutschem idealistischen Gedankengut. In der zweiten Phase wandelte sich seine philosophische Denkweise hin zu „praktischen Problemen des Menschen“ und zu pragmatistischen oder instrumentalistischen Problemlösungen. In dieser Phase publizierte er mehrere Werke mit teils praktisch-pädagogischen Fragestellungen oder Zielsetzungen: „The School and Society“ (1899), „The Child and the Curriculum“ (1902), „Ethics“ (1908) und

„How We Think“ (1910). Die dritte Phase wurde geprägt von Deweys besonderer Erfahrungskonzeption anhand seiner Kritik der philosophischen Tradition, verstanden als

„Idealismuskritik“ sowie von seiner neuen Methode, der „neuen Metaphysik“. Die Schriften

„Experience and Nature“ (1925) und „Art as Experience“ (1934) entstanden (vgl. Amos 2012, S. 267f.; Bohnsack 2005, S. 16; Raters-Mohr 1994, S. 8-27).

1.2.2 Deweys ästhetische Theorie

Um Deweys Ästhetiktheorie zu verstehen, ist ein Blick auf seinen Demokratie- und Erfahrungsbegriff erforderlich. Demokratie ist bei Dewey nicht nur als Regierungsform sondern als umfassende Lebensweise anzusehen, die sich auf alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens erstreckt. Demokratie sichert Chancengleichheit und ermöglicht es allen Mitgliedern der Gesellschaft, freie und individuelle Personen zu werden (vgl. Bohnsack 2005, S. 43f.).

John Dewey betont in seinem Buch „Art as Experience“ (1934), dass Kunst nicht nur für die Eliten sei und übt dort auch Kritik an der Trennung zwischen Kunst und alltäglicher Erfahrung. Er versucht daher, Kunst mehr im Alltag zu verankern und dadurch die ästhetischen Dimensionen und Erfahrungsräume zu erweitern:

Die Zweige der Kunst, denen der Durchschnittsmensch unserer Tage vitalstes Interesse entgegenbringt, werden von ihm nicht zur Kunst gezählt: Zum Beispiel Filme, moderne Tanzmusik, Comics und allzu oft auch Zeitungsberichte über Lasterhöhlen, Morde und Gangstergeschichten. Denn wenn das, was er unter Kunst versteht, in Museum und Galerie verbannt wird, so sucht der nicht zu unterdrückende Wunsch nach Genuß seine Befriedigung in den Möglichkeiten, die die Umgebung des Alltags bietet. (Dewey 1980, S. 12)

20 Seine ästhetische Konzeption orientiert sich nicht primär an den Kunstwerken, sondern an den gemachten Erfahrungen des Menschen. Er unterstreicht hierbei die Rolle der Kunst als Gegenstand der Erfahrung:

Niemand wird bestreiten, daß der Parthenon ein hervorragendes Kunstwerk ist. Ästhetische Bedeutung erhält er jedoch erst, sobald er in einem Menschen eine Erfahrung bewirkt.

(Dewey 1980, S. 10)

Das Machen von ästhetischen Erfahrungen ist für Dewey ein soziales Verhalten, das zumindest teilweise auf einübbaren Gewohnheiten (habits) beruht (vgl. Dietrich u. a. 2012, S.

50f.). Dewey unterscheidet dabei zwei Arten von Gewohnheiten: passive und aktive. Passive Gewohnheiten bilden eine eher niedrige Stufe sozialer Anpassung und sind die Grundlage für die komplexeren aktiven Gewohnheiten. Diese wiederum sind keine starren Verhaltensmuster, sondern ermöglichen Veränderung und Gestaltung. Sie sind Schlüsselqualifikationen in einer modernen dynamischen Gesellschaft (vgl. Dietrich u. a. 2012, S. 53f.).

Erfahrung allgemein (experience) ist nach Dewey das Erwerben von prägenden Eindrücken und ihre Verknüpfung zu bedeutsamen Sinneinheiten. Dabei spielt sowohl die praktische, als auch die rationale und emotionale Ebene eine Rolle. Außerdem unterscheidet Dewey zwischen primärer und sekundärer Erfahrung: Erstere entspricht dem unmittelbaren, gefühlten Eindruck, letztere dem reflexiv gewonnenen Bewusstsein dieses Eindrucks (vgl.

Dietrich u. a. 2012, S. 54-57).

Innerhalb der Erfahrungen unterscheiden sich die ästhetischen nicht radikal von allen übrigen.

Sie sind allerdings gegenüber diesen „geläutert und verdichtet“. Das Moment des Integrierten und Ganzheitlichen ist besonders hervorgehoben (vgl. Dietrich u. a. 2012, S. 58-60).

Auch für den Bildungsbegriff ist Deweys Ansatz von Bedeutung. Bildung ist nicht primär als Ziel ästhetischer Erfahrungen zu sehen, sondern als Prozess, an dem ästhetisches Erfahren unmittelbar Anteil hat. Die ästhetische Erfahrung steht damit neben anderen grundlegenden Weltzugängen wie intellektueller, praktischer und sozialer Erfahrungsweise. Ästhetische Erfahrungen ermöglichen aufgrund ihrer intensiven sinnlichen Qualität jedoch in besonderer Weise, das routinierte Denken aufzubrechen: Objekte ästhetischer Erfahrung lassen sich nicht ohne Weiteres in gewohnten Begriffsschemata erfassen. Sie ermuntern zu einer neugierigen

21 und offenen Haltung gegenüber der Welt (vgl. Dietrich u. a. 2012, S. 60f.).

22

2. Die Li-Yue-Lehre (禮樂, Ritus-Musik-Lehre) in Ostasien

2.1 Die Entwicklung der Li-Yue-Lehre (禮樂, Ritus-Musik-Lehre) im