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Elementare Bewegungserziehung

2.1.1 Fallbeispiel: Frau Bauer

2.1.1.1 Die musikalische Arbeit im Kindergarten

Für die musikalische Arbeit beschränkt sich Frau Bauers Erziehungseinrichtung nicht auf ein bestimmtes musikpädagogisches Konzept, sondern arbeitet im Rahmen des Orientierungsplans in Baden-Württemberg, der die erzieherische Arbeit und Bildungsbereiche in Kindertageseinrichtungen umfasst. Frau Bauer gewinnt demnach Freiräume für die Umsetzung der zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen und übernimmt die Verantwortung für eigenständiges musikalisches Gestalten:

Also es wäre mir nicht bekannt, dass wir ein musikpädagogisches Konzept haben, nach dem wir arbeiten. [...] Also wir arbeiten oft mit Instrumenten, aber wir arbeiten jetzt nicht nach dem Prinzip von Carl Orff. (Transkription des Interviews mit Frau Bauer, Z. 415-424)

Die musikalische Arbeit findet nach Frau Bauer sowohl begleitend zu anderen Aktivitäten als auch als eigener Programmpunkt statt. Zu den täglichen Musikangeboten gehören die gesungenen Lieder sowie Rhythmuserfahrungen z. B. Klatsch- und Stampfübungen, die als Rituale im Morgenkreis fest verankert sind. Es gibt nach Frau Bauer weitere wichtige

38 Alle Namen der Interviewpartnerinnen sind im Folgenden zur Anonymisierung geändert.

182 Elemente für die musikalische Arbeit:

• Klanggeschichten;

• kleine Konzerte;

• fachübergreifende Projekte;

• rhythmisch-musikalische Erziehung (kurz: Rhythmik).

Zu den Klanggeschichten führt Frau Bauer aus: „Aber es gibt auch Zeiten, wo wir das gezielt machen. Wo wir das nur anbieten.“ (Frau Bauer, Z. 130f.) Klanggeschichten werden demnach besonders als gezieltes Angebot eingesetzt. Zunächst versucht Frau Bauer, in einer Motivations- und Erprobungsphase auf spielerische Weise den Umgang mit den Instrumenten aufzufrischen: „Wenn ich jetzt z. B. mal eine Klanggeschichte mit den Kindern machen möchte und sie haben schon lange nicht mehr mit den Instrumenten gespielt, dann schauen wir uns erstmal wieder die Instrumente an, probieren sie aus, lassen sie experimentieren mit den Instrumenten [...]“ (Frau Bauer, Z. 525-527) Als nächstes werde ein Thema gewählt und eine Geschichte entwickelt: „Und dann kommt das Angebot. [...] Dann kommt manchmal, vielleicht wenn es um eine Katze geht, hat man vielleicht ein Kuscheltier dabei und das ist die Katze. Dann baut man erst die Geschichte auf [...]“ (Frau Bauer, Z. 530-532) Als letzter Schritt werden gemeinsam mit den Kindern die passenden Geräusche und Klänge für die Geschichte gesucht: „[Man] macht sich dann nach und nach mit den Kindern zusammen Gedanken, welches Geräusch könnte man jetzt hier nehmen, welches Geräusch sollte es machen und baut es dann so nach und nach mit den Kindern gemeinsam auf.“ (Frau Bauer, Z.

532-534)

Ein fester Bestandteil sind nach Frau Bauer kleine Konzerte bei regulären Festen in ihrer Einrichtung, wie z. B. Sommerfest sowie Nikolaus-, Weihnachts- und Osterfeier. Lieder und Musikstücke mit Instrumenten werden eingeübt und vor den Eltern aufgeführt. Einübung und Aufführung sind aktive musikalische Tätigkeiten und eine besondere Erfahrung. Hinzu kommt die Anerkennung durch die Eltern als positiver Impuls. Daneben gibt es weitere Gelegenheiten, bei denen die Kinder musikalische Darbietungen hören können, wie z. B.

durch Kooperation mit Eltern und externen Musikern.

183 Den fachübergreifenden Projekten können nach Frau Bauer folgende Bereiche zugeordnet werden:

• Musik und Fremdsprachen;

• Musik und bildende Kunst;

• Musik und Theater.

Auf die Frage, ob die Musikangebote auch mit anderen Bildungs- und Entwicklungsfeldern verknüpft werden, führt Frau Bauer als erstes Beispiel Musik und Fremdsprachen an. Dabei wird auch die Lebenssituation der Kinder berücksichtigt:

Also wir haben auch mal ein Projekt gehabt. Da haben wir geschaut, aus welchen Ländern kommen denn unsere Eltern. Denn nicht alle Eltern sind hier in Deutschland geboren und dann haben wir uns das angeschaut. Und es gab auch Kinder aus Amerika und Kinder, wo die Eltern einfach aus England zu uns kamen und seit dieser Zeit, da bieten wir auch englische Lieder an. [...] Oder was wir auch haben: Wir haben Morgenlieder mit verschiedenen Sprachen, wo man „Guten Morgen“ auf verschiedenen Sprachen sagt und das wird dann auch manchmal in Verbindung einfach auch gemacht. [...] Also wir haben jetzt keine extra Englischstunde für die Kinder, aber wir binden das mit ein. (Frau Bauer, Z. 150-159)

Frau Bauer sieht diese Musikangebote als positiv an, da sie dazu beitragen könnten, Fremdsprachen leichter kennen zu lernen. Im Anschluss daran beschreibt Frau Bauer, wie sie Musik und bildende Kunst verbindet: „Wir haben [...] Bilder gemalt. Haben uns auch von Künstlern Bilder angeschaut und dazu Musik laufen lassen und mal zur Musik gemalt.“ (Frau Bauer, Z. 163-165)

Als letztes Beispiel werden Theaterbesuche und -vorstellungen angeführt. Musik wird in den besuchten Theatervorstellungen meistens als Begleitung eingesetzt und steht nicht im Vordergrund. Die Kinder erleben die Musik dabei eher passiv. Vereinzelt finden aber auch Musiktheateraufführungen statt, bei denen die Kinder aktiv am musikalischen Geschehen teilnehmen: „Bei dem Musiktheater, bei dem wir letztes Jahr waren, da war es so, dass die Kinder auch mitmachen konnten. Also sie haben auch Musikinstrumente in die Hand bekommen, durften es begleiten und haben Lieder gelernt während diesem Theater. Da ist es

184 so im Vordergrund.“ (Frau Bauer, Z. 208-211)

Bei der musikalischen Erziehung berücksichtigt Frau Bauer Situation sowie Interesse und Bedürfnisse der Kinder, ihr Ansatz ist somit situationsorientiert, kindorientiert bzw.

Adressaten-orientiert. Sie begrüßt die Eigeninitiative der Kinder, wenn sie von sich aus anfangen, ein Lied zu singen:

Aber es gibt auch immer wieder Situationen, wenn wir zum Beispiel draußen sind, spazieren gehen oder in den Wald oder so und die Kinder fangen an ein Lied zu singen. Entweder ein Lied, wo wir gelernt haben im Kindergarten oder auch ein Lied, wo sie von zu Hause kennen, dann singen wir auch mal mit oder hören wir uns das mal an und sagen: „O das hast du ganz toll gemacht.“ (Frau Bauer, Z. 108-112)

Frau Bauer beschreibt die Gruppenstrukturen bei der musikalischen Erziehung. Sie verwendet sowohl altershomogene als auch altersgemischte Angebote. Als Vorteil für die altershomogene Gruppe führt sie an: „Wenn man in altershomogenen Gruppen ist kann man einfach auf das spezielle Entwicklungsstadium der Kinder eingehen und auch in der Entwicklung zu der Musikerziehung kann man dann besser darauf eingehen.“ (Frau Bauer, Z.

498-500) Frau Bauer bietet beispielsweise eigene Programme für die Vorschüler und die anderen Altersstufen an, wie z. B. Klanggeschichten für die Mittleren. Die altersgemischte Gruppe orientiert sich an dem sozialen Lernen: „[In] altersgemischten Gruppen können die Kleineren von den Großen lernen. Und es ist schön, wenn sie sich einfach da was abgucken und sie wachsen da über sich hinaus, die Kleineren.“ (Frau Bauer, Z. 511-513)

Bei der musikalischen Erziehung lässt Frau Bauer die Kinder Rhythmik- sowie Orff-Instrumente verwenden, wie z. B. Trommel und Klangstab. Die Kinder erfahren eine erste Einführung in den Umgang mit Instrumenten:

„[Sie] lernen mit Rhythmikinstrumenten umzugehen. Mit einer Trommel, mit einem Klangstab und solchen Dingen lernen sie einfach sorgfältig umzugehen und auch wie man diese verwendet und benutzt. [...] Es gibt ja unterschiedliche Handhabungen. Das eine spiele ich mit der Hand. Das andere, da werden die Klangstäbe aufeinander geklopft.“ (Frau Bauer, Z. 431-436)

Die Instrumente Gitarre und Klavier werden in der Einrichtung nicht regulär verwendet und auch nicht gelehrt. Als technisches Hilfsmittel beim Erlernen von Liedern kommt ein

CD-185 Spieler zum Einsatz. Bei der Vorbereitung auf Musikangebote nutzt Frau Bauer auch das Internet wie z. B. Foren für Erzieherinnen und Materialien für Klanggeschichten.

2.1.1.2 Musikalische Fachkompetenz und Schwerpunkte des pädagogischen