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Elementare Bewegungserziehung

1.6.1 Musikpädagogische Elemente Maria Montessoris

1.6 Maria Montessori (1870-1952)

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Die Musikerziehung nimmt in der Montessori-Pädagogik eine bedeutende Rolle ein.

Montessori legt großen Wert auf ein musikalisches Umfeld als Voraussetzung für die Einführung in die Musik:

Der kurze Hinweis auf die musikalische Erziehung in diesem Buch beruht nicht auf einer geringen Wertschätzung der Musik in der Erziehung, sondern darauf, daß kleinen Kindern lediglich eine Einführung in die Musik gegeben werden kann, ihre Entwicklung erfolgt etwas später. Der Erfolg ist außerdem damit verbunden, daß in der Umgebung des Kindes musiziert wird, so daß eine Umgebung entsteht, in der sich musikalischer „Sinn“ und

„Musikverstand“ entwickeln lassen. (Montessori 1969, S. 315)

Die ErzieherInnen haben die Aufgabe, „dem Kind die Musik zu vermitteln“, „[ihm] die Musik nahe zu bringen [und] ihm eine musikalische Umgebung zu schaffen“ (Montessori 2006, S. 20), „in der das Kind jeden Tag die Möglichkeit musikalischer Anregungen erhält“ (Meyer/Rodermund 2001, S. 17).

Im Zentrum von Montessoris Musikdidaktik steht besonders der Sinnesbereich mit Sinnesübungen: die Erziehung und Sensibilisierung der Sinne, speziell die Hörerziehung (vgl.

Lee, Kwan-Seop 2004, S. 113). Gemäß einer Idee von Itard und Séguin kann die kognitive Entwicklung der Kinder (sowohl „geistig zurückgebliebener“ als auch „normaler“ Kinder) durch die Sinnesschulung gefördert werden.

1.6.1 Musikpädagogische Elemente Maria Montessoris

Die Musikdidaktik wird in vier Bereiche eingeteilt, die vom Einfachen zum Schweren stufenweise erlernbar sind: Gehörsensibilisierung → Rhythmische Sensibilisierung → Melodische Sensibilisierung → Vermittlung von musiktheoretischem Wissen (vgl.

Montessori 1969, S. 315-322).

29 Zu Maria Montessoris Leben und Werk siehe oben Kapitel III. 1.2.1.

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1.6.1.1 Gehörsensibilisierung

Montessori betont die Bedeutung der Gehörsensibilisierung als wichtigen Bestandteil der musikalischen Erziehung. Die Hörerziehung als Voraussetzung bzw. als „vorbereitende Übungen“ soll dem Kind ermöglichen, das „Verständnis der Musik“ und den „musikalischen Sinn“ zu verbessern bzw. die notwendige Grundlage für die musikalische Erziehung zu bilden und damit Fortschritte anzubahnen (vgl. Berg 2006, S. 38-40).

Ein erstes Ziel der Gehörschulung besteht in der Vorbereitung der Sprachfähigkeit. Die Aufmerksamkeit wird auf die menschliche Stimme gerichtet (vgl. Montessori 1913, S. 191).

In weiteren Differenzierungen ist das Ziel:

[Das] Ohr des Kindes in Beziehung auf die Geräusche zu erziehen, so daß das Kind sich daran gewöhnt, jedes leise Geräusch zu unterscheiden und es mit Tönen zu vergleichen, gegen grelle und unordentliche Geräusche Widerwille zu empfinden. Solche Sinneserziehung hat auch den Wert, daß sie den ästhetischen Geschmack bildet und in sehr beachtenswerter Weise zu Zwecken der praktischen Disziplin ausgebeutet werden kann.

( Montessori 1913, S. 192)

Die Gehörsensibilisierung kann durch das Musikhören und Stilleübungen intensiv gefördert und geschult werden. Die Stille ist „eine positive Eroberung, die durch Erkenntnis und Übung erreicht werden soll“ (Montessori 1969, S. 195). Stilleübungen stellen „Ruhe“ und

„Ordnung“ her und führen zu einer Verfeinerung der Sinneswahrnehmungen von Reizen:

Eine Ausbildung des Gehörs hat ihren Ausgangspunkt in der „Stille“, wenn sie von der

„Unbeweglichkeit“ ausgeht, um zur Wahrnehmung der durch Bewegungen verursachten Geräusche oder Klänge zu kommen. [...] Stille ist auch die Suche nach „kollektiven Bemühungen“, denn alle in einem Raum befindlichen Dinge (oder Menschen) müssen absolut unbeweglich sein, damit darin Stille herrscht. (Montessori 1969, S. 150)

Für die Gehörsensibilisierung entwickelte Montessori spezielles Arbeitsmaterial: die

„Geräuschdosen“ und „Glocken“ im Umfang einer Oktave. Die Geräuschdosen bestehen aus zweimal sechs Dosen jeweils mit rotem oder blauem Deckel, die mit je sechs verschiedenen Materialien wie Steinen, Sand, Reis und Nüssen gefüllt sind und beim Schütteln verschiedene Geräusche erzeugen. Jeder Dose der einen Farbe wird nach Gehör das passende Gegenstück der anderen Farbe zugeordnet. Das ab drei Jahren geeignete Material soll die Wahrnehmung und Unterscheidung von Geräuschen fördern (vgl. Hedderich 2005, S. 73-75). Die Glocken

163 umfassen den Tonraum einer Oktave von C bis C. Ein Glockensatz ist weiß und schwarz gekennzeichnet, entsprechend den Klaviertasten (insgesamt 13 Glocken), der andere Satz ist neutral braun. Es gibt zwei Grundübungen. Bei der einen werden den bereits richtig angeordneten weißen und schwarzen Glocken die passenden braunen zugeordnet. Bei der anderen Übung werden die braunen Glocken untereinander geordnet. Im ersten Fall geht es um Tongleichheit, im zweiten um höher und tiefer (vgl. Hedderich 2005, S. 70-73).

1.6.1.2 Rhythmische Sensibilisierung

Durch den Einfluss von Èmile Jaques-Dalcroze hat die rhythmisch-musikalische Erziehung (kurz: Rhythmik) einen hohen Stellenwert in Montessoris Musikdidaktik:

Die Dalcroze-Methode war für Maria Montessori wahrscheinlich reizvoll, da in ihr physiognomische und psychologische Erkenntnisse der Zeit zum Wohl des Kindes verbunden und in praktischer Anwendung zum Ausdruck gebracht wurden.

(Meyer/Rodermund 2001, S. 26)

Die rhythmisch-motorische Sensibilisierung soll dem Kind ermöglichen, die Koordination und Kontrolle der Bewegungen zu verbessern. Dazu gehören die bereits erwähnten Stilleübungen sowie außerdem das „Gehen auf der Linie“ (vgl. Holtstiege 1989, S. 98f.):

Rhythmus und rhythmische Gymnastik. - Die motorische Schulung zur rhythmischen Gymnastik ist in der „das Gehen auf der Linie“ genannten Übung zu sehen, bei der kleine Kinder ein ganz sicheres Gleichgewicht erwerben und gleichzeitig lernen, Fuß- und Handbewegungen zu kontrollieren. (Montessori 1969, S. 316)

Die beiden Bewegungsformen (langsames) Gehen und Laufen werden von den Drei- bis Vierjährigen bevorzugt. Wenn das gleichmäßige Gehen eingeübt ist, kann die begleitende Musik hinzutreten. Beim Gehen und Laufen beginnen die Kinder nach einer bestimmten Zeit von sich aus, auf den Takt zu reagieren und bewegen sich vielfach sogar tänzerisch zum Takt (vgl. Montessori 1969, S. 316-319).

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1.6.1.3 Melodische Sensibilisierung

Die musikalische Erziehung der Kinder wird zunächst mit Klängen und Rhythmen begonnen und entwickelt sich weiter mit der Stimme und mit Instrumenten. Die melodische Schulung bzw. „das Studium von Melodie und Harmonie“ kann dadurch unterstützt werden, dass die Kinder Lieder singen und kleine Konzerte mit einfachen melodischen Instrumenten geben.

Einzelübungen und Zusammenarbeit in Gruppen sind erforderlich für diese Musikvorträge.

Dabei können die Kinder „ein wahres musikalisches Empfinden“ entwickeln (vgl. Montessori 1969, S. 319). Für die melodische Sensibilisierung können auch die Glocken aus dem Sinnesmaterial verwendet werden (vgl. Berg 2006, S. 39).

1.6.1.4 Vermittlung von musiktheoretischem Wissen

„Lesen und Schreiben der Musik. - Eine Einführung in das Notenschreiben ist allerdings auch in den ‚Kinderhäusern‘ möglich. Sie stützt sich auf die Sinnesübungen, die darin bestehen, musikalische Klänge der Glocken zu erkennen, die bei einer ersten Übung paarweise zusammengestellt und danach abgestuft geordnet werden.“ (Montessori 1969, S. 320)

Die musikalische Erziehung soll letztlich auch dazu führen, dem Kind musiktheoretisches Wissen zu vermitteln. Die Kinder erlernen die Grundlage für die Musiktheorie bzw.

musikalische Begriffe, wie z. B. Töne, Tonnamen sowie Lesen und Schreiben der Note im Liniensystem. Ein doppeltes Notensystem (als Vorstufe des Klaviersystems mit Violin- und Bassschlüssel) kann später, im Grundschulalter verwendet werden (vgl. Montessori 1969, S.

320-322). Die Kinder erwerben so die Grundlage für einen souveränen und reflektierten Umgang mit Musik (vgl. Berg 2006, S. 42).

Zur Vermittlung von musiktheoretischem Wissen dienen außerdem die Klangstäbe, die Montessori 1914 entwickelt hat. 25 Klangstäbe sind entsprechend den Klaviertasten zu zwei Oktaven angeordnet. Dadurch wird es möglich, Tonleitern und Melodien in allen verschiedenen Tonarten zu spielen. Die Struktur von Tetrachorden und das Prinzip des Quintenzirkels kann erkundet werden (vgl. Meyer/Rodermund 2001, S. 28).

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2. Traditionelle Musikformen im Elementarbereich

2.1 Deutschland

2.1.1 Volksmusik in der Musikerziehung