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Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass die Markenstrategie für deutsche E-Cars auf der Analyse des bestehende Images erfolgen muss. Vor allem die Frage, inwieweit die Glaubwür-digkeit für deutsche AutobauerInnen als E-Car-HerstellerInnen gegeben ist, erscheint von zent-raler Relevanz, denn das Vertrauen in die Marke ist nach wie vor der wichtigste Aspekt beim Autokauf. Für die Markenstrategie ist daher vor allem die Frage des Imagetransfers zu klären, wie das Vertrauen der deutschen Marken auf die Markenimages der E-Cars übertragen werden kann. Ein Aspekt dabei ist, wie bei diesem Imagetransfer die Besonderheiten wichtiger Märkte wie China, Europa oder USA berücksichtigt werden können. Die theoretischen Erkenntnisse zeigen dabei, dass vor allem in China bereits ein hoher Anteil der Elektromobilität erreicht wurde und viele junge Startups in diesen Markt eintreten. Zudem weist Tesla einen erheblichen

„first move advantage“ auf, der eine entsprechende Herausforderung für die deutschen Herstel-lerInnen darstellt.

Um deutsche Automobile als Marke im Bereich der Elektromobilität zu positionieren, ist auch zu klären, welche Rolle der Verbrennungsmotor bei diesen Marken spielt – beziehungsweise wie dieser die Kaufentscheidung zu Gunsten oder entgegen der Marken beeinflusst oder in der jüngeren Vergangenheit beeinflusst hat.

Hinsichtlich der Positionierung von Marken ist die Frage der Abgrenzung der Markenimages deutscher E-Cars zu wichtigen KonkurrentInnen wie z. B. Tesla relevant. Bei diesem Aspekt zeigen sich zwei völlig gegensätzliche Positionierungen. Deutsche Automobile stehen für die traditionellen, aber kontinuierlich weiterentwickelten Technologien und verfügen über ein Jahr-zehnte lang aufgebautes Image – während Tesla erst seit wenigen Jahren auf dem Markt ist und zur Gänze auf die Elektromobilität setzt.

Da eine Marke die wesentlichen Nutzenaspekte bündelt, ist zu klären, welche Aspekte deut-scher Automobile für das Markenimage von E-Cars relevant sind, wie:

• Design außen

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• Prestige

• Verantwortung im Sinne der Nachhaltigkeit

• Technische Ausstattung

• Assistenzsysteme (z. B. IQ.Drive)

Zusätzlich sind auch die Funktionen der deutschen Automobilmarken zu beachten, um die Frage zu klären, wie diese für E-Cars genutzt werden können:

• Orientierungsfunktion: In welcher Weise die Marke Hilfe bei der Beschaffung der re-levanten Grundlagen für eine Kaufentscheidung gibt;

• Informationsfunktion: In welcher Weise bestehende Erinnerungen und Assoziationen gegeben sind;

• Vertrauensfunktion: In welcher Weise die deutsche Automarke als zuverlässig wahr-genommen wird;

• Symbolische Funktion: In welcher Weise die deutsche Automarke Lifestyle und Wert-vorstellungen unterstützt;

Als eine weitere theoretische Erkenntnis ist zu klären, welche Markenstrategie sich für den Imagetransfer deutscher AutobauerInnen zu E-Car-HerstellerInnen eignet:

• Völlige Abkoppelung der Markenimages deutscher E-Cars von der bestehenden Marke, indem ein eigener Namenszusatz geschaffen wird, der nach und nach ver-schwindet;

• Diversifikation als neuer Teil des Gesamtportfolios;

• Aufbau einer völlig eigenständigen E-Car-Marke in Verbindung mit der Dachmarke wie z. B. beim aktuellen VW ID.3, der aktuellen Marke für die Kompaktklasse bzw.

bei der geplanten Marke ID.4 für den SUV.

• Die bestehenden Modelle als E-Car positionieren, analog zum bestehenden E-Golf (z.

B. E-Cayenne, E-Fiesta, E-Astra, E-Q3 etc.)

• Beide Strategien parallel verfolgen (z. B. VW E-Golf und VW ID.3);

Im Rahmen der neuen Markenstrategie ist auch zu ergründen, welche Rolle die „digitale Marke“ spielt, die mit einer entsprechenden Präsenz im Internet und in Social Media für den Aufbau einer neuen Marke für deutsche E-Cars bzw. beim Transfer der „klassischen“ Marke genutzt wird.

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Generell ist auch zu klären, wieweit bestehende und/oder neue KundInnen mit deutschen E-Cars angesprochen werden können – wie also bestehende Märkte genutzt oder darüber hinaus neue Märkte erschlossen werden können.

Diese theoretischen Erkenntnisse sind die Grundlage für die Gestaltung des Interviewleitfadens, der im Anhang dieser Arbeit dargestellt ist.

48 5 Empirischer Teil

Die in dieser Arbeit eingesetzte Methode ist der qualitativen Forschung zuzuordnen. Während es bei den mathematisch-statistischen Methoden der quantitativen Forschung vorrangig darum geht, aufgrund von festgelegten Items und repräsentativen, großen Stichproben exakte Ausprä-gungen von Variablen zu messen, ist die qualitative Forschung besonders für neue Phänomene gut geeignet. Gemäß dem Prinzip der Offenheit sollen alle mit diesen neuen Phänomenen ver-bundenen Aspekte erfasst werden. Im Gegensatz zu einer Fragebogenanalyse werden daher auch Instrumente eingesetzt, die die befragten Personen nicht in ihren Aussagen einschränken.

(vgl. Strübing 2018, S. 211; Mayring 2016, S. 19–23).

5.1.1 Das leitfadenzentrierte ExpertInneninterview

Eine in der qualitativen Forschung häufig eingesetzte Methode ist das leitfadenzentrierte Ex-pertInneninterview. Der Leitfaden beruht auf offenen (sogenannten W-)Fragen, die aufgrund des bestehenden wissenschaftlichen Kenntnisstandes formuliert werden. Zunächst wird eine offene Einstiegsfrage gestellt, in weiterer Folge werden einzelne theoriebasierte Aspekte abge-fragt, zum Ende des Interviews wird wiederum eine offene Frage gestellt, um weitere, im Ge-spräch entstandene Gedanken oder Einschätzungen der ExpertInnen zum Untersuchungsgegen-stand einzuholen (vgl. Häder 2015, S. 372; Hienerth et al. 2009, S. 120).

In der folgenden Abbildung ist der geplante Ablauf des problemzentrierten ExpertInneninter-views schematisch dargestellt. Wie diese zeigt, ist es auch erforderlich, den Leitfaden in einem Pilotinterview zu testen. Dabei stellte sich heraus, wie weit einzelne Fragen eventuell verständ-lich beziehungsweise unverständverständ-lich formuliert sind. Zusätzverständ-lich ist es der Sinn des Probeinter-views, die interviewende Person zu schulen (vgl. Mayring 2015, S. 71).

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Abbildung 29: Ablauf eines qualitativen Interviews (Mayring 2015, S. 71)

In einem weiteren Forschungsschritt werden die elektronisch ausgezeichneten Interviews wört-lich verschriftwört-licht, es werden so genannte Transkripte erstellt.

5.1.2 Die qualitative Inhaltsanalyse

Die Transkripte werden mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Diese Methode bietet die Möglichkeit, nachvollziehbar und strukturiert vorzugehen (vgl. Mayring 2015, S. 70). Die Auswertung beruht auf der Bildung von Kategorien. Aufgrund der Struktur des Interviewleit-fadens sind bereits Kategorien gegeben, die aus den einzelnen Leitfadenfragen abgeleitet wer-den. Nun werden die Aussagen der einzelnen ExpertInnen je Kategorie einander gegenüberge-stellt. Dafür werden aus den Texten die wichtigsten Kernaussagen, so genannte Paraphrasen herangezogen. Diese Vorgehensweise entspricht der so genannten zusammenfassenden Inhalts-analyse. Nach einem ersten Auswertungsdurchgang wird überprüft, wie weit die abgeleiteten Kategorien geeignet sind, die Forschungsergebnisse stimmig wiederzugeben. Wenn sich im Zuge der Auswertung eine Kategorie als ungeeignet erweist, kann diese geändert oder entfernt werden. Ebenso kann sich anhand der ExpertInnenaussagen ergeben, dass neue, im Rahmen der Theorie noch nicht genannte Aspekte hinzukommen. Für diese können dann weitere Kate-gorien entwickelt werden. In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse zusammengefasst

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und je Kategorie anhand der theoretischen Erkenntnisse diskutiert (vgl. Mayring 2015, S. 66–

71).