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Wie die theoretischen Erkenntnisse gezeigt haben, bietet eine Markenstrategie preispolitischen Spielraum, ermöglicht eine differenzierte Marktbearbeitung und die Erschließung von Wachs-tumspotenzialen, sie sorgt für Wertsteigerung und dauerhafte KundInnenbindung. Die Ergeb-nisse der Empirie bestätigen diese Thesen, die ExpertInnen sind davon überzeugt, dass es den deutschen HerstellerInnen gelingen kann, ihre Marken im Rahmen des Transfers zur E-Mobi-lität, vor allem gegenüber Tesla, erfolgreich abzugrenzen. Diese Abgrenzung beruht hauptsäch-lich auf dem qualitativen Vorsprung der deutschen Automobile. Insgesamt ist dabei die ganz-heitliche Wahrnehmung durch den/die KundIn wichtig, die bei den deutschen HerstellerInnen aufgrund der hohen Produktqualität und Performance in hohem Maße gegeben ist.

Diese empirische Erkenntnis bestätigt auch die Theorie der Markenbindung –„Advantage“, der Grad der Markenbindung auf Stufe vier der Markenpyramide bedeutet, dass die Marke bereits eine hervorragende Position hinsichtlich ihres kognitiv-rationalen Grundnutzens erreicht hat,

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wie auch psychologische und soziale Attribute im Sinne des Zusatznutzens aufbauen konnte.

Von dieser günstigen Position können die deutschen HerstellerInnen grundsätzlich auf dem weltweiten Markt ausgehen.

Im Einzelnen sind bei Fahrzeugen laut Theorie die Nutzenaspekte Design außen und innen, Verbrauch, Reichweite, Leistung, Beschleunigung, Wartungs-, Instandhaltungsaufwand, Fahr-spaß, technische Ausstattung, Assistenzsysteme, Komfort, Prestige und Verantwortung im Sinne der Nachhaltigkeit relevant. Diese Nutzenaspekte gelten laut Empirie auch für Elektro-fahrzeuge, wobei der Motor beim Elektrofahrzeug als Differenzierungsmerkmal nicht so ent-scheidend ist wie beim Verbrennungsmotor. Für die Marketingkommunikation sind beim Elekt-roauto die Daten im Zusammenhang mit der Leistung und der Beschleunigung zentral. Einer der vorrangigsten Nutzenaspekte ist für die ExpertInnen das Außendesign. Das ist vor allem darin begründet, dass es für die Entscheidung die höchste Relevanz hat, sich in weiterer Folge näher mit einem neuen Modell und seinen Eigenschaften zu beschäftigen. Im Gegensatz dazu liegt die Bedeutung des Innendesigns in einem Erlebnis- bzw. Wohlfühlfaktor, von dem die KundInnen während der jahrelangen Fahrten mit ihren Autos profitieren. In Folge wird damit eine Bindung an das Fahrzeug und die zugehörige Marke erreicht. Diese Wohlfühlfaktoren be-ruhen nicht nur auf dem optischen Ambiente, sondern auch auf haptischen Erfahrungen mit dem Interieur oder den Fahrgeräuschen. Dieses Kriterium wird z. B. von Tesla im Gegensatz zu den deutschen Konkurrenzmodellen unzureichend erfüllt. Während der Verbrauch beim Verbrennungsmotor noch ein entscheidendes Kriterium war, spielt beim Elektroauto in der ak-tuellen Situation vor allem die Reichweite noch eine wichtige Rolle, diese ist jedoch nicht allein kaufentscheidend. Es wird eher davon ausgegangen, dass diese eine Mindestanforderung ist, die je nach individueller Vorstellung der KundInnen erfüllt werden muss. In naher Zukunft werden aber alle Modelle diese Mindestanforderung erfüllen, die Reichweite scheidet daher auf längere Sicht als Wettbewerbsfaktor aus.

Aufgrund der internationalen Märkte für die Automobile spielt, wie theoretisch dargelegt, auch die jeweilige Positionierung der Marken eine zentrale Rolle, in dem die für das Image relevan-ten Assoziationen gebündelt werden. Dafür sind jedoch auch kulturelle Aspekte im globalen Kontext zu beachten. Ein theoretisch dargelegter Aspekt dabei ist, beim Imagetransfer die Be-sonderheiten wichtiger Märkte wie China, Europa oder USA zu berücksichtigen. Die theoreti-schen Erkenntnisse zeigen dabei, dass vor allem in China bereits ein hoher Anteil bei der Elekt-romobilität erreicht wurde und viele junge Startups in diesen Markt eintreten. Zudem weist Tesla einen erheblichen „first mover advantage“ auf, der eine erhebliche Herausforderung für die deutschen HerstellerInnen darstellt.

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Diese Theorieerkenntnisse werden im Wesentlichen von den befragten ExpertInnen bestätigt und anhand einzelner Aussagen illustriert. So sind in China nach Ansicht der meisten Exper-tInnen die Imageaspekte von Prestige, Komfort und Zuverlässigkeit ebenso wie in den meisten anderen Märkten relevant. Diese müssen auch beim Transfer hin zur E-Mobilität als zentrale Faktoren bestehen bleiben. Der ebenfalls wichtige US-Markt zeigt für die ExpertInnen vor al-lem zwei Besonderheiten: Einerseits stehen Assoziationen wie Freiheit, Unabhängigkeit und Leistung auch heute noch an vorderster Stelle, der US-Markt ist durch die Präsenz von Tesla im Vergleich mit Europa bereits stärker vom Wandel hin zur E-Mobilität durchdrungen. Ande-rerseits haben die AmerikanerInnen im Vergleich mit den EuropäerInnen und ChinesInnen nach wie vor eine stärke Skepsis gegenüber nachhaltigen Technologien – wobei diese Gegebenheiten je nach Bundestaat stark variieren.

Im Rahmen der Erhebungen zu aktuellen Aspekten der Markenstrategie war es aufgrund der Theorieerkenntnisse ein Ziel, mittels der Empirie zu ergründen, welche Rolle die „digitale Marke“ spielt, die mit einer entsprechenden Präsenz im Internet und in Social Media für den Aufbau einer neuen Marke für deutsche E-Cars bzw. beim Transfer der „klassischen“ Marke genutzt wird. Die zunehmende Bedeutung dieser digitalen Strategie wurde weitgehend bestä-tigt. Die befragten ExpertInnen sind einhellig der Meinung, dass die digitale Präsenz und die digitale Markenbildung bereits heute unverzichtbar sind, um die weltweiten und immer IT-af-fineren Zielgruppen effektiv zu erreichen. Dafür müssen die analogen und digitalen Kontakt-punkte verbunden werden, um die jeweiligen Informations- und Kommunikationsbedürfnisse professionell zu bedienen. Diese Vernetzung muss sowohl aus der Perspektive der KundInnen wie auch der HerstellerInnen durchgängig sein, also dem Prinzip des Omni-Channel Marke-tings entsprechen, auch wenn dieser Begriff von den ExpertInnen nicht explizit genannt wurde.

Zusätzlich sollte mittels der Empirie auch herausgefunden werden, wieweit bestehende oder neue KundInnen mit deutschen E-Cars angesprochen werden können. Es sollte die Frage ge-klärt werden, wie bestehende Märkte genutzt oder darüber hinaus neue Märkte erschlossen wer-den. Die ExpertInnen erwähnen bei den NeukundInnen in Europa übereinstimmend den Patri-otismus und die Qualität der deutschen HerstellerInnen als wesentliche Motive, die seit jeher relevant sind und auch in Zukunft bestehen werden. Zusätzlich kann davon ausgegangen wer-den, dass mit den E-Cars auch neue, besonders mit nachhaltigen Werten ausgestattete Personen erreicht werden können.

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6 Beantwortung der empirischen Subforschungsfragen

Einleitend wurden folgende drei empirische Subforschungsfragen formuliert:

• Wie bewerten ExpertInnen Imagetransfer Strategien, eignen sich diese für die deut-sche Automobilindustrie in Bezug auf E-Cars?

• Wie bewerten ExpertInnen markenkommunikative Maßnahmen, mit denen die deut-sche Automobilindustrie den „first move advantage“ von Tesla kompensieren kann?

• Wie bewerten ExpertInnen einzelne Markenaspekte für den Imagetransfer der deut-schen HerstellerInnen?

Diese empirischen Subforschungsfragen werden in den folgenden Abschnitten beantwortet.