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Die Automobilindustrie stellt in vielen westlichen Gesellschaften eine der Schlüsselindustrien dar, die sich vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg rasch weiter entwickeln konnten. Auf der Grundlage standardisierter Massenproduktion konnten stabile Wachstumsraten erzeugt werden, wodurch der Automobilsektor zu einem wirtschaftlichen Aushängeschild wurde. Gleichzeitig entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten die Automobilität zum wichtigsten soziokultu-rellen Leitbild. Der private Pkw, wie der millionenfach verkaufte Volkswagen Käfer, wurde zum Symbol für Wohlstand und Fortschritt (Köhler 2019, S. 11). Diese zunächst einfachen Motive wurden in den folgenden Jahrzehnten zunehmend ausdifferenziert, woraus die einzel-nen Herstellermarken eine jeweils eigene Positionierung entwickelten, die über Jahrzehnte im Wesentlichen beibehalten wurde, wie in der folgenden Abbildung dargestellt ist (Meffert et al.

2014, S. 221f.).

Die Abbildung zeigt, wie innerhalb der Dimensionen „Unabhängigkeit und Freiheit“, „gesell-schaftliche Stellung“, „Persönlichkeit/Individualität“ sowie den Faktoren „Preis und Umwelt“

und besonderen Interessen wie „SchnellfahrerIn“ ein Feld aufgespannt wird, in dem die Positi-onen der einzelnen Marken verortet werden können.

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Abbildung 21: Positionierung im AutomobilsektorVW 96 ( Meffert, 2014, S. 222)

In weiterer Folge kam es zu einer Aufwertung der inhaltlichen Dimensionen des Markenleit-bildes bei den HerstellerInnen, damit wurde nicht nur die Identifikation der KundInnen gestärkt, sondern auch nach innen ins Unternehmen gerichtet die Motivation und Identifikation des Per-sonals. Die Markenimages wurden hinsichtlich Dimensionen

• Gebrauchssicherheit

• Kaufsicherheit

• Fahrspaß

• Komfort

• Sportlichkeit oder

• Verantwortung

geschärft. Die Abstimmung der einzelnen Portfolios der Herstellerunternehmen erfolgte nicht nur innerhalb der eigenen Marke, sondern auch gegenüber den anderen Marken. Parallel zu der zunehmenden Differenzierung dieser Markenimages steigt auch die Fähigkeit zur Wahrneh-mung dieser differenzierten Images seitens der KundInnen (vgl. Meffert et al. 2014, S. 222).

Aus der Sicht der NachfragerInnen besitzen die Automobilmarken vier Funktionen:

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• Orientierungsfunktion

• Informationsfunktion

• Vertrauensfunktion

• Symbolische Funktion

Die Orientierungsfunktion dient bei der Beschaffung der relevanten Informationen für eine Kaufentscheidung. Mit der Präsenz einer starken Marke wird diese Orientierung verbessert und die Identifikation mit der Automarke beschleunigt. Infolge erfolgt auch eine einfachere Ent-scheidungsfindung, da die mit der Marke bereits gespeicherte Informationen rasch aufgerufen werden können. Zudem bestehen vielfach Erinnerungen an bereits erlebte Erfahrungen mit der Automarke. Bei positiven Assoziationen wird auch das Vertrauen mit der Marke gestärkt und damit das Risiko der Kaufentscheidung reduziert. Bei Automarken werden seit jeher auch die damit verbundenen Wertvorstellungen und Lebensstile über das Markenimage im sozialen Um-feld kommuniziert. Aus diesem Umstand wird die symbolische Funktion generiert, die insge-samt von zunehmender Bedeutung für die Kaufentscheidung ist. Daher spielt sie auch beim Aufbau und bei der Führung einer Automobilmarke eine zentrale Rolle, vor allem vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die technischen Basisfunktionen zunehmend als selbstver-ständlich und damit austauschbar wahrgenommen werden (vgl. Wallentowitz et al. 2009, S. 75).

Seither wurden auch die Forschungsaktivitäten der Automobilindustrie erweitert, um die psy-chologischen Aspekte der Marken näher zu erforschen. So wurden seit den 2000er Jahren Mag-netresonanz-Tomographen eingesetzt, um die Gehirnaktivitäten der FahrerInnen zu erforschen, während sie auf verschiedene Weise mit einem Automobil interagieren, um zum Beispiel zu erkennen, in welcher Form und durch welche Reize das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert wird (vgl. Esch/Möll 2019, S. 80).

So gelang es den AutomobilherstellerInnen, mit ihren Marken einen hohen Grad der emotiona-len Aktivierung zu erreichen, die bis hin zu einer Art der „Liebesbeziehung“ reicht. Wie die folgende Abbildung zeigt, hält der Automobilmarkt mit 70,6 % gleich nach den Lebensmittel-marken diese Beziehungsform mit den Konsumierenden (vgl. Langner et al. 2017, S. 1340).

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Abbildung 22: Marken-Liebesbeziehung zum Automobil (Langner, 2017, S. 1340)

Ein wichtiger Aspekt bei internationalen Marken, wie es die meisten Automarken sind, ist auch die Wechselbeziehung zur Kultur. So wird über das Markenimage vor allem hinsichtlich der psychologischen Aspekte eine Kultur aufgebaut. Diese Kultur steht in Austauschbeziehung mit den Zielländern. Dabei kann sie zum Markenbotschafter ihres Herkunftslandes werden, wie zum Beispiel anhand des Erfolges deutscher Automobile in China ersichtlich ist. Andererseits muss beim Launch einer Marke auch auf die kulturellen Besonderheiten des Ziellandes Rück-sicht genommen werden (vgl. Esch/Langner 2019, S. 188).

Daher spielt aufgrund der internationalen Märkte für die Automobile auch die Entwicklung eines Markennamens eine zentrale Rolle, in dem die für das Image gewünschten Assoziationen gebündelt werden. Dafür sind jedoch auch linguistische und kulturelle Aspekte im globalen Kontext zu beachten, wie vor allem die zahlreichen Pannen zeigen, die in diesem Zusammen-hang von den Herstellerunternehmen verursacht wurden und so zu einem extrem teuren Re-launch der Marke geführt haben. Die Unternehmen hatten verabsäumt, sich vor allem mit der umgangssprachlichen Bedeutung ihrer Markennamen in den verschiedenen Regionen der Ziel-länder auseinanderzusetzen (vgl. Sander/Altobelli 2019, S. 577, siehe Tabelle).

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Unternehmen Automarke Land/Sprache Assoziation

General Motors Nova Spanisch „no va“,

funktio-niert nicht

Ford Pinto Brasilien „kleiner Penis“

Ford Fiera Spanien „hässliche alte

Frau“

Toyota MR2 Frankreich „merde“, Scheiße

Mitsubishi Pajero Spanien „Wichser“

Fiat Uno Finnland „Trottel“

Daewoo Espero Spanisch „ich hoffe“ (…dass

das Auto fährt)

Tabelle 1: Pannen bei Entwicklung und Launch von Automarken (eigene Darstellung)

Neben dem Markennamen gibt es auch viele weitere Aspekte, die bei der internationalen Mar-kenführung bei Automobilen beachtet werden müssen. Neben der oben erwähnten Sprache sind dies unterschiedliche Bedeutungen von Formen, Farben und Symbolen. Daher können Auto-mobilmarken international nicht standardisiert geführt werden, sondern es müssen unterschied-liche Varianten produziert werden, die letztlich auch zu differenzierten Markenpositionierun-gen führen (vgl. Sander/Altobelli 2019, S. 577).

Diese Differenzierung wird jedoch auch als Qualitätsmerkmal für Automarken eingesetzt, zum Beispiel wenn verschiedene Extras ohne Aufpreis angeboten werden. Insgesamt zeichnet sich der internationale Automobilmarkt durch ein hohes Maß an Markentreue aus, wobei die Her-stellerunternehmen ihren Images möglichst treu bleiben müssen und den Markenkern nur ge-ringfügig verändern dürfen. Dies zeigt das Beispiel Mercedes Benz, in den Jahren 1987 bis 1995 versuchte der Vorstandsvorsitzende Edzard Reuter die Marke in Richtung eines Techno-logiekonzerns auch im Bereich der Luft- und Raumfahrt auszuweiten, was sich jedoch als nicht kompatibel mit dem Markenkern herausstellte (vgl. Runia et al. 2018, S. 132–136, 87).

38 4.2 Historischer Überblick der Marke

Die Marke Volkswagen tritt erstmals mit dem Produkt Käfer in Erscheinung. Dieser wurde als Musterprojekt von den deutschen NationalsozialistInnen ab 1934 entwickelt. Mit der Marke

„Volkswagen“ sollte kommuniziert werden, dass dieses Fahrzeug für eine breite Masse der Be-völkerung erschwinglich ist (vgl. Volkswagen 2020, Onlinequelle, siehe Abbildung).

Abbildung 23: VW Käfer Baujahr 1934 (Volkswagen 2020)

1938 wurde in Wolfsburg die neue VW-Zentrale errichtet. Aufgrund der Kriegsaktivitäten fan-den hier jedoch zunächst Rüstungstätigkeiten statt. Nach dem Krieg beginnt im Jahr 1945 die Serienfertigung des Käfers, ab 1950 wird der Bus und Lieferwagen (daher der später auch als Marke eingetragene Name „Bully“) in den Markt eingeführt, in den 1970er Jahren wird das Portfolio auf die Modelle Passat, Scirocco, Golf und Polo ausgeweitet (vgl. Volkswagen 2020, Onlinequelle).

Bis in die Mitte der 1990er Jahre war die Marke Volkswagen seit ihrem rasanten Aufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg eher im unteren Preissegment und als Basistransportmittel positioniert.

Die Marke wurde mit dem Slogan „Da weiß man, was man hat“ kommuniziert, der also weniger auf emotionale, sondern vor allem auf rationale Entscheidungsfaktoren abzielt (vgl. Meffert et al. 2014, S. 222).

Eine besondere emotionale Rolle in der Geschichte der Marke Volkswagen spielt der VW Golf.

Hier ist über die vom Konzern kommunizierten Botschaften hinaus eine eigenständige Marken-kultur entstanden, in dem die BesitzerInnen des Golf GTI ihr Bild der Marke, ihre Bewertungen und Bedeutungen im öffentlichen Raum kundgetan haben und es bis heute tun. In den 1980er Jahren beginnt eine starke internationale Expansion der Marke Volkswagen, die mit der Flexi-bilisierung der Fertigungssysteme und mit internationalen Kooperationen einhergeht (vgl. Hell-mann 2019, S. 334).

39 4.3 Aktueller Status der Marke

Aktuell repräsentiert die Marke Volkswagen den größten Autobauer Europas und eines der weltweit führenden Automobilunternehmen mit einem Marktanteil von 12,9 %. Wie bereits in Kapitel zwei erwähnt, führt der Volkswagen Konzern mittlerweile zwölf Marken aus sieben europäischen Ländern. Diese Marken repräsentieren im Gesamtportfolio unterschiedliche Cha-raktere. Neben dem Kerngeschäft der Automobilherstellung wurde die Marke auch auf Finanz-dienstleistungen ausgeweitet (vgl. Volkswagen 2020, Onlinequelle).

Wie auch die Konkurrenzunternehmen, ist Volkswagen von den aktuellen Herausforderungen der internationalen Markenführung betroffen. Ein wesentlicher Faktor dafür ist die Digitalisie-rung (siehe dazu auch Abschnitt 0). Damit werden die Marktbedingungen veränderlicher, in-dem das Verhalten der Konsumierenden hybrider wird. Das Markenmanagement muss darauf reagieren, indem es komplexer wird und rascher auf die aktuellen Erfordernisse eingeht, dabei aber dem Markenkern treu bleibt. Diese Reaktionen bestehen meist in einer Produktdifferen-zierung, bei der nicht nur markenstrategische Überlegungen, sondern auch Kostenaspekte be-rücksichtigt werden müssen. Ein Beispiel des Volkswagen Konzerns sind die Marken VW Sha-ran und Seat Alhambra, die in wesentlichen Grundzügen baugleich sind, um positive Kosten-effekte zu erzeugen. Die Produktdifferenzierung ist jedoch nicht nur mit Chancen, sondern auch mit Risiken verbunden, so kam es durch die übermäßige Gleichheit der Produkte Sharan und Alhambra zu Erosionseffekten der Markenidentitäten, sogenannter „Kannibalisierung“. Zusätz-lich kann eine zu große Vielfalt der Marken auf KundInnenseite für Verwirrung sorgen (vgl.

Meffert et al. 2019, S. 396–402).

Folgende Aspekte sind bei einer Veränderung des VW-Markenportfolios zu beachten:

• Es genügt nicht, nur eine neue Variante einzuführen, sondern die ganze Markenarchi-tektur muss neu ausgerichtet werden.

• Die betroffenen Marken müssen im Rahmen eines Re-Brandings auf die neuen Ziele ausgerichtet werden.

• Ziel muss immer sein, ein neues Konsumentensegment zu erschließen

• Durch die steigende Komplexität müssen Konsolidierungsmaßnahmen („Streamli-ning“) umgesetzt werden (siehe folgende Abbildung).

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Abbildung 24: Konsolidierung von Marken (Meffert, 2019, S. 405)

Am Beispiel der Volkswagen E-Cars sind daher ebenfalls alle vier Ansätze erforderlich, um die Marke Volkswagen insgesamt und die Produkte im Besonderen nicht zu schädigen. Für die damit verbundenen konkreten Überlegungen wird im folgenden Abschnitt zunächst der aktuelle Status der VW E-Cars dargelegt.

4.4 Aktueller Markenstatus bei E-Cars

Die aktuellen VW-Marken im Bereich Elektromobilität werden mit dem Markenzusatz „ID.“

geführt. Zentral positioniert ist dabei das vollelektrische Modell „ID.3“ in der Kompaktklasse, wie in folgender Abbildung zu sehen.

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Abbildung 25: VW E-Car „ID.3“ (Volkswagen 2020)

Preislich ist das Modell1 bei 36.490 Euro positioniert, der Verbrauch liegt bei 15,4 bis 16,2 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, also durchschnittlich 15,8 kW/h. Zusätzlich ist das Modell mit bis zu 2.000 Euro vom Bund gefördert (E-Mobilitäts-Bonus). Laut E-Control Österreich beträgt der durchschnittlich Strom-Preis 20,26 Cent, damit sind für die VerbraucherInnen Kos-ten von etwa 15,8 * 0,2026 = 3,22 Euro zu rechnen, liegen also selbst bei einem niedrigen Ölpreis deutlich unter den Kosten von Modellen mit traditionellen Verbrennungsmotoren.

Abbildung 26: Stromkosten 2020 (E-Control 2020)

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Das Modell ist vor allem für die täglichen Fahrten ins Büro positioniert, mit allen erforderlichen zusätzlichen Wegen (Einkaufen, Kinder zur Schule bringen etc.), was mit einer Batterieladung bei allen Batteriegrößen leicht zu bewältigen ist. Als weiteres Merkmal wird das einfache Hand-ling beschrieben, ohne Schalten und Verzögerungen erfolgt eine konstante Beschleunigung. Als weiterer Aspekt werden ein Sprachassistent und die Integration der IQ.Drive Komponenten kommuniziert. Der Sprachassistent ist der Marke „ID“ zugeordnet und reagiert auf „Hallo ID“, in Folge lassen sich alle Systeme (Radio, Navigation, Telefon) aktivieren und steuern. An eher untergeordneter Stelle wird das Ladekonzept kommuniziert, wobei der richtige Umgang mit der Batterie erläutert wird, um die Lebensdauer zu erhöhen. Zusätzlich spielt der Aspekt der Klimaneutralität bei der Kommunikation der Marke ID eine wichtige Rolle. Der Konzern gibt an, das Modell „bilanziell CO2-neutral“ übergeben zu können, was aufgrund gesenkter CO2

Emissionen in der Fertigung realisiert werden könne (vgl. Volkswagen 2020, Onlinequelle).

Neben dem an zentraler Stelle positionierten ID.3 besteht die Markenfamilie ID künftig auch aus dem ID.4, einem vollelektrischen SUV, der sich noch im Entwicklungsstadium befindet, zur Zeit kann nur ein getarnter Prototyp angesehen werden.

Abbildung 27: VW SUV ID.4 (Volkswagen, 2020)

Damit erfolgt die Positionierung der Marke ID vor allem im Bereich der Kompaktklasse und ist auf ein eher weiblich ausgerichtetes Zielpublikum mit nachhaltigen Wertvorstellungen und höherem Einkommen ausgerichtet, das zudem gegenüber neuen Technologien aufgeschlossen ist – bei gleichzeitiger Affinität gegenüber der traditionellem Marke VW, was über das Front-design ersichtlich ist, bei dem das VW-Logo dominiert.Die Marke ID.3 wird hier überhaupt

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nicht ersichtlich, damit erinnert die Front an die bestehenden etablierten Marken Golf und Polo.

Nur am Heck ist das Logo erkenntlich, in Kombination mit dem VW-Logo.

Abbildung 28: VW ID.3 Front- und Heck-Design (Volkswagen 2020)

Problematisch für das Markenportfolio ist, dass VW auch den „e-Golf“ in vollelektrischer Form im Sortiment führt, damit also ein unmittelbares Konkurrenzprodukt im eigenen Hause auf den Markt bringt (siehe Tabelle im folgenden Abschnitt).

Im folgenden Abschnitt erfolgt eine Verortung der Marke ID.3 im Konkurrenzumfeld. Um das Verfahren zu vereinfachen, werden nur Modelle in den Vergleich einbezogen, die aufgrund der Größe der Klasse des ID.3 zuordenbar sind. Kleinere, „exotische“ AnbieterInnen wie die ein-gangs erwähnten chinesischen Startups sind aufgrund ihrer noch nicht relevanten weltweiten Marktposition im Vergleich ebenfalls noch nicht berücksichtigt, wie auch andere Nischenan-bieterInnen, für die erheblich andere technische Voraussetzungen bestehen, wie z. B. in Indien.

Ebenso wurden Hybridmodelle aus dem Vergleich ausgeschlossen.

4.5 Konkurrenzumfeld E-Cars

In folgender Tabelle sind die AnbieterInnen von E-Cars in der kompakten Mittelklasse auf-grund der wichtigsten Kriterien einander gegenübergestellt.

44 Herstellermarke Produktmarke Reichweite

In km

Preis2 Besonderheiten, Kommentar

Hyundai Kona Elektro 484 40.795 Höchster Preis

Kia e-Niro 455 38.105

Opel Ampera-e 520 39.330 Hohe Reichweite

Peugeot e-208 340 29.682

Tabelle 2: Vergleich kompakte Mittelkasse vollelektrisch (eigene Darstellung)

Wie die Tabelle zeigt, bestehen bei den einzelnen Modellen erhebliche Abweichungen bei den Reichweiten und Preisen. Die Marke VW ID mit dem Modell ID.3 liegt im Vergleich im mitt-leren bis höheren Preissegment, weist aber überdurchschnittliche Werte bei der Reichweite auf.

Aufgrund des trotz des Abgasskandals immer noch sehr gutem Image der Herstellermarke VW, die gemeinsam mit ID.3 kommuniziert wird, liegt damit hinsichtlich dieser Kriterien eine gute Ausgangsposition vor.

Der e-Golf erscheint aufgrund der geringen Reichweite höchstens für den Stadtverkehr geeig-net, ist aber fast gleich teuer wie die Pro Performance Version des ID.3. Damit liegt ein „Über-gangsprodukt“ vor, mit dem die etablierte Produktmarke aufgrund des jahrzehntelang gefestig-ten Images noch ein letztes Mal ausgeschöpft wird.

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4.6 Theoretische markenstrategische Ansätze für deutsche E-Cars

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass die Markenstrategie für deutsche E-Cars auf der Analyse des bestehende Images erfolgen muss. Vor allem die Frage, inwieweit die Glaubwür-digkeit für deutsche AutobauerInnen als E-Car-HerstellerInnen gegeben ist, erscheint von zent-raler Relevanz, denn das Vertrauen in die Marke ist nach wie vor der wichtigste Aspekt beim Autokauf. Für die Markenstrategie ist daher vor allem die Frage des Imagetransfers zu klären, wie das Vertrauen der deutschen Marken auf die Markenimages der E-Cars übertragen werden kann. Ein Aspekt dabei ist, wie bei diesem Imagetransfer die Besonderheiten wichtiger Märkte wie China, Europa oder USA berücksichtigt werden können. Die theoretischen Erkenntnisse zeigen dabei, dass vor allem in China bereits ein hoher Anteil der Elektromobilität erreicht wurde und viele junge Startups in diesen Markt eintreten. Zudem weist Tesla einen erheblichen

„first move advantage“ auf, der eine entsprechende Herausforderung für die deutschen Herstel-lerInnen darstellt.

Um deutsche Automobile als Marke im Bereich der Elektromobilität zu positionieren, ist auch zu klären, welche Rolle der Verbrennungsmotor bei diesen Marken spielt – beziehungsweise wie dieser die Kaufentscheidung zu Gunsten oder entgegen der Marken beeinflusst oder in der jüngeren Vergangenheit beeinflusst hat.

Hinsichtlich der Positionierung von Marken ist die Frage der Abgrenzung der Markenimages deutscher E-Cars zu wichtigen KonkurrentInnen wie z. B. Tesla relevant. Bei diesem Aspekt zeigen sich zwei völlig gegensätzliche Positionierungen. Deutsche Automobile stehen für die traditionellen, aber kontinuierlich weiterentwickelten Technologien und verfügen über ein Jahr-zehnte lang aufgebautes Image – während Tesla erst seit wenigen Jahren auf dem Markt ist und zur Gänze auf die Elektromobilität setzt.

Da eine Marke die wesentlichen Nutzenaspekte bündelt, ist zu klären, welche Aspekte deut-scher Automobile für das Markenimage von E-Cars relevant sind, wie:

• Design außen

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• Prestige

• Verantwortung im Sinne der Nachhaltigkeit

• Technische Ausstattung

• Assistenzsysteme (z. B. IQ.Drive)

Zusätzlich sind auch die Funktionen der deutschen Automobilmarken zu beachten, um die Frage zu klären, wie diese für E-Cars genutzt werden können:

• Orientierungsfunktion: In welcher Weise die Marke Hilfe bei der Beschaffung der re-levanten Grundlagen für eine Kaufentscheidung gibt;

• Informationsfunktion: In welcher Weise bestehende Erinnerungen und Assoziationen gegeben sind;

• Vertrauensfunktion: In welcher Weise die deutsche Automarke als zuverlässig wahr-genommen wird;

• Symbolische Funktion: In welcher Weise die deutsche Automarke Lifestyle und Wert-vorstellungen unterstützt;

Als eine weitere theoretische Erkenntnis ist zu klären, welche Markenstrategie sich für den Imagetransfer deutscher AutobauerInnen zu E-Car-HerstellerInnen eignet:

• Völlige Abkoppelung der Markenimages deutscher E-Cars von der bestehenden Marke, indem ein eigener Namenszusatz geschaffen wird, der nach und nach ver-schwindet;

• Diversifikation als neuer Teil des Gesamtportfolios;

• Aufbau einer völlig eigenständigen E-Car-Marke in Verbindung mit der Dachmarke wie z. B. beim aktuellen VW ID.3, der aktuellen Marke für die Kompaktklasse bzw.

bei der geplanten Marke ID.4 für den SUV.

• Die bestehenden Modelle als E-Car positionieren, analog zum bestehenden E-Golf (z.

B. E-Cayenne, E-Fiesta, E-Astra, E-Q3 etc.)

• Beide Strategien parallel verfolgen (z. B. VW E-Golf und VW ID.3);

Im Rahmen der neuen Markenstrategie ist auch zu ergründen, welche Rolle die „digitale Marke“ spielt, die mit einer entsprechenden Präsenz im Internet und in Social Media für den Aufbau einer neuen Marke für deutsche E-Cars bzw. beim Transfer der „klassischen“ Marke genutzt wird.

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Generell ist auch zu klären, wieweit bestehende und/oder neue KundInnen mit deutschen E-Cars angesprochen werden können – wie also bestehende Märkte genutzt oder darüber hinaus neue Märkte erschlossen werden können.

Diese theoretischen Erkenntnisse sind die Grundlage für die Gestaltung des Interviewleitfadens, der im Anhang dieser Arbeit dargestellt ist.

48 5 Empirischer Teil

Die in dieser Arbeit eingesetzte Methode ist der qualitativen Forschung zuzuordnen. Während es bei den mathematisch-statistischen Methoden der quantitativen Forschung vorrangig darum geht, aufgrund von festgelegten Items und repräsentativen, großen Stichproben exakte Ausprä-gungen von Variablen zu messen, ist die qualitative Forschung besonders für neue Phänomene gut geeignet. Gemäß dem Prinzip der Offenheit sollen alle mit diesen neuen Phänomenen ver-bundenen Aspekte erfasst werden. Im Gegensatz zu einer Fragebogenanalyse werden daher auch Instrumente eingesetzt, die die befragten Personen nicht in ihren Aussagen einschränken.

(vgl. Strübing 2018, S. 211; Mayring 2016, S. 19–23).

5.1.1 Das leitfadenzentrierte ExpertInneninterview

Eine in der qualitativen Forschung häufig eingesetzte Methode ist das leitfadenzentrierte Ex-pertInneninterview. Der Leitfaden beruht auf offenen (sogenannten W-)Fragen, die aufgrund des bestehenden wissenschaftlichen Kenntnisstandes formuliert werden. Zunächst wird eine offene Einstiegsfrage gestellt, in weiterer Folge werden einzelne theoriebasierte Aspekte abge-fragt, zum Ende des Interviews wird wiederum eine offene Frage gestellt, um weitere, im Ge-spräch entstandene Gedanken oder Einschätzungen der ExpertInnen zum Untersuchungsgegen-stand einzuholen (vgl. Häder 2015, S. 372; Hienerth et al. 2009, S. 120).

In der folgenden Abbildung ist der geplante Ablauf des problemzentrierten ExpertInneninter-views schematisch dargestellt. Wie diese zeigt, ist es auch erforderlich, den Leitfaden in einem Pilotinterview zu testen. Dabei stellte sich heraus, wie weit einzelne Fragen eventuell verständ-lich beziehungsweise unverständverständ-lich formuliert sind. Zusätzverständ-lich ist es der Sinn des Probeinter-views, die interviewende Person zu schulen (vgl. Mayring 2015, S. 71).

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Abbildung 29: Ablauf eines qualitativen Interviews (Mayring 2015, S. 71)

In einem weiteren Forschungsschritt werden die elektronisch ausgezeichneten Interviews wört-lich verschriftwört-licht, es werden so genannte Transkripte erstellt.

5.1.2 Die qualitative Inhaltsanalyse

Die Transkripte werden mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Diese Methode bietet die Möglichkeit, nachvollziehbar und strukturiert vorzugehen (vgl. Mayring 2015, S. 70). Die

Die Transkripte werden mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Diese Methode bietet die Möglichkeit, nachvollziehbar und strukturiert vorzugehen (vgl. Mayring 2015, S. 70). Die