• Keine Ergebnisse gefunden

Nach Klagen aus dem Handelsstand über untätige Konsularämter, die von der Presse und in beiden Delegationen aufgegriffen wurden, führte der außerordentli-che Gesandte und bevollmächtigte Minister Frhr. v. Tesaußerordentli-chenberg im Auftrag von Außenminister Graf Kálnoky von Mai bis Ende Juli 1883 eine Inspektion von k. u. k. Konsulatsämtern in Serbien, Bulgarien, Rumänien, Ostrumelien und Kon-stantinopel durch. Teschenberg hatte den Auftrag, das Konsulatswesen insgesamt in seinen Funktionen zu überprüfen, damit Verbesserungen durchgeführt werden können. Er musste sich nach seiner Ankunft in Belgrad, So a, Plovdiv, Konstan-tinopel und Bukarest mit den dortigen Missionschefs in Verbindung setzen, um einen möglichst regen Meinungsaustausch über die Angelegenheit einzuleiten. Te-schenberg hatte das Recht, Einsicht in die Korrespondenzen der Konsulate zu nehmen und Aufklärungen zu verlangen. Besonderes Augenmerk sollte er auf An-fragen aus der Handelswelt legen und die österreichisch-ungarischen Handelsbe-lange. Sogar eine Reorganisation der Standorte der Konsulate könnte angedacht werden. Seine Ergebnisse sollten erste Anhaltspunkte für später in Aussicht zu neh-mende Verbesserungen liefern.328 Auftragsgemäß reiste Teschenberg zuerst nach Budapest, wo er vom ungarischen Ministerpräsidenten v. Tisza die Gründe seiner Unzufriedenheit über die Konsuln erfahren wollte. Doch dieser erging sich nur in Andeutungen allgemeiner Natur, bei Rumänien streifte er mehr das polizeiliche als das volkswirtschaftliche Gebiet. In jedem Konsulat sollte mindestens ein Beam-ter angestellt sein, der Ungarisch vollständig beherrschte. Wegen der Details wurde

326 AR F 8/306. Generalia A 1880–1918. Advokaten I.

327 Frhr. v. Eder an Außenminister Rechberg, Bukarest, 17. März 1863, Nr. XXXIII res. AR F 4/

224, Pe. Montlong.

328 Privatschreiben des Außenministers Kálnoky an den außerordentlichen Gesandten u. bevoll-mächtigten Minister Frhr. v. Teschenberg, Wien, 18. Mai 1883. AR F 8/I.

Teschenberg an den Hof- und Ministerialrat Fekelfallussy verwiesen. Fekelfallussy beschränkte sich ausschließlich auf Rumänien. Die Klagen bezogen sich erstens auf die Handhabung des Passwesens und die Frage nach den Aufenthaltsscheinen und zweitens auf die Frage nach der Ausbürgerung von Ungarn, welche die rumänische Regierung nicht selten mit unlauteren Mitteln zu erzwingen trachtete. Wenn die Expatriierung nicht in vollkommen korrekter Form erfolgte, hatten die Konsuln sie weiterhin als österreichisch-ungarische Untertanen zu behandeln. Beim dritten und letzten Punkt, den Zollschikanen im kleinen Grenzverkehr mit Siebenbürgen, waren der Ministerialrat und der Ministerpräsident erregt. Ungarn wollte rasche Berichterstattung, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.

Da der Handelsminister abwesend war, musste er zum Staatssekretär v. Matle-kovics gehen. Nach MatleMatle-kovics gab es im ungarischen Handelsministerium kei-nen Grund zur Beanstandung des derzeitigen Konsulatswesens. Mit dieser Mei-nung war er eher alleinstehend.

Die Kritik ging nicht von den Ministerien aus, sondern kam vom streitbaren Dr. Falk in Budapest.329

6.10.1 Sprachkenntnisse

Teschenberg musste feststellen, dass im Generalkonsulat Konstantinopel kein Funktionär Ungarisch beherrschte, obwohl häu g Zuschriften in magyarischer Sprache von ungarischen Behörden dort eintrafen. Solche Schriftstücke wurden über die k. u. k. Botschaft an das k. u. k. Dragomanat zur Übersetzung weitergelei-tet. In den k. u. k. Ämtern von Edirne, Sulina, Tulcea und Niš konnte kein Beamter Ungarisch; in Ruse beherrschte der Dragoman diese Sprache nur unvollkommen.

Im Konsulat Sulina verstand man auch kein Deutsch. Verwundert stellte Teschen-berg fest, dass der Leiter des k. u. k. Amtes in Edirne, Konsul Cingria, ein Beamter der alten Schule, der aus dem Kanzleifach übernommen wurde, kein Türkisch ver-stehe, wo im Verkehr mit den Behörden die Kenntnis der türkischen Sprache noch immer als ein wesentliches Erfordernis rascher Abwicklung der Amtsgeschäfte be-trachtet werden musste.330 Die Zuschriften aus den österreichisch-ungarischen Kolonien erfolgten nicht nur in magyarischer Sprache, sondern auch auf Italie-nisch, Kroatisch, Serbisch oder einer anderen Sprache der Monarchie. Da nicht in jedem untergeordneten Amt jedes Schriftstück übersetzt werden konnte, ver-gingen in einzelnen Fällen Monate, bis Übersetzungen angefertigt wurden und

329 Teschenberg an Außenminister Kálnoky, Budapest, 22. Mai 1883, Privatschreiben. AR F 8/I.

330 AR F 8/I.

Reaktionen folgten. Teschenberg regte an, dass untergeordnete Ämter Deutsch korrespondieren sollten. Das ungarische Handelsministerium korrespondierte mit dem Konsulat Ruse in deutscher Sprache.

6.10.2 Einschränkung der Sonderrechte

Im damaligen Bulgarien und in Ostrumelien versuchten die Behörden die Kapitu-lationen, die noch aus der Zeit des Osmanischen Reiches stammten und fremden Staatsangehörigen Sonderrechte einräumten, einzuschränken und Steuern einzu-heben. Klagen über die Steuerverhältnisse existierten in Vidin, So a, Varna und Ruse. Bulgarische Behörden schikanierten nicht nur mit Staats- und Munizipal-steuern, sondern behinderten den österreichisch-ungarischen Handel. Nur in So-a konnte wirksSo-am dSo-agegen eingeschritten werden. Der GenerSo-algouverneur von Ostrumelien berücksichtigte Einsprüche eher als Bulgarien, weil er Bundesgenos-sen brauchte. In Vidin waren die Kapitulationen dagegen noch voll in Geltung.

Das k. u. k. Konsulat übte hier noch seine unbeschränkte Jurisdiktion über ös-terreichisch-ungarische Untertanen aus, ebenso die Passpolizei. Bei Ansuchen um Amtshilfe war die Zusammenarbeit mit bulgarischen Behörden unbefriedigend.

Die österreichisch-ungarische Handelskammer in Konstantinopel lehnte es aus-drücklich ab, Auskünfte über die Kreditfähigkeit türkischer Firmen zu geben. Das dortige Generalkonsulat besorgte das vorsichtig. Inkassoaufträge kamen in dieses sehr selten, wurden aber abgelehnt, wenn es sich um fremde Untertanen handelte.

Vom Konsulat Edirne wurden Inkassos bereitwillig angenommen. Da das Konsu-lat Ansehen genoss, waren Inkassos auch bei türkischen Untertanen fast immer erfolgreich.

Zu kurze Dienstzeiten an einem Ort waren ungünstig für den Handelsstand.

Deshalb sollten in Belgrad die maßgeblichen Persönlichkeiten nicht zu rasch ge-wechselt werden, weil sonst keine große Vertrautheit mit den handelspolitischen Platzverhältnissen entstehen konnte. Der Schriftverkehr mit dem Konsulat in Bel-grad war enorm. Vom 1. Jänner bis zum 15. Mai 1883 waren im Einlauf 4.021 Geschäftsstücke verzeichnet.

6.10.3 Weitere Beobachtungen

Die Verbindung von Konsulargeschäft mit diplomatischer Agentie in So a sollte nach Teschenberg gelöst werden. Die österreichisch-ungarische Kolonie, in der es radikalsozialistische und panslawistische Elemente gab, hatte ein unerfreuliches Verhältnis zum Leiter des Generalkonsulates von So a, Frhr. v. Biegeleben, woran einige Konsularfunktionäre mitschuldig gewesen sein dürften. Die Kolonie machte

Biegeleben als Leiter des Generalkonsulates für Verhaftungen von Landsleuten ver-antwortlich.331In So a kritisierte Teschenberg, dass die dortige katholische Schule zwar von Österreich-Ungarn subventioniert wurde, aber unter dem französischen Kultusprotektorat stand. In Plovdiv hatte die Donaumonarchie hauptsächlich den Bau des Hospitals gezahlt und eine Druckerei aus Österreich hingeliefert, aber Frankreich übernahm das Protektorat. Deshalb saß am Fronleichnamsfest der fran-zösische Konsul unter einem Thronhimmel und der österreichische Vertreter im Kirchenschiff.332

331 Teschenberg an Gf. Kálnoky, So a, 3. Juni 1883, Nr. 3A; So a, 4. Juni 1883, Nr. 3C. AR F 8/I.

332 Teschenberg an Gf. Kálnoky, Plovdiv, 9. Juni 1883, Nr. 4D. AR F8/I.